Übergabe des wirtschaftlichen Eigentums als Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 675/04 eingebracht. Mit Beschluss vom 4.10.2004 an den VwGH abgetreten. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0250 eingebracht. Mit Erk. v. 30.6.2005 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Am 20. September 1999 schlossen die Übergeber M. Sch. und J. Sch einerseits und B. K. als Übernehmerin andererseits folgenden auszugweise wiedergegebenen Übergabsvertrag:
"I.
M. und J. Sch., im folgenden kurz Übergeber genannt, sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Gst 354/29, vorgetragen in EZ X, GB Y. Auf dieser Liegenschaft ist die Pension M. errichtet, diese Pension stand seit Errichtung des Hauses und Gründung des Beherbergungsbetriebes im wirtschaftlichen Eigentum von J. Sch., ebenso das von J. Sch. betriebene Taxigewerbe.
II.
Der von J. Sch. betriebene Pensionsbetrieb und der von J. Sch. betriebene Taxibetrieb sind Gegenstand dieses Vertrages, zumal diese Betriebe in das wirtschaftliche Eigentum der Übernehmerin mit 01.01.1999 übergegangen sind. Festgehalten wird daher, daß die im Erdgeschoß liegende abgeschlossene Wohnung samt Terrasse von diesem Vertrag nicht umfaßt ist, da diese Wohnung ständig von den Übergebern privat genutzt wurde, ebenso nicht umfaßt sind der von den Übergebern privat genutzte Kellerraum , sowie zwei Abstellplätze für den PKW.
V.
J. Sch. übergibt nunmehr das wirtschaftliche Eigentum an der Pension M., sowie die an dem zur Ausübung des Taxigewerbes notwendigen Fahrzeuge, an ihre Tochter B. K., geb. Sch., die diese Wirtschaftsgüter übernimmt und den Betrieb im Sinne ihrer Eltern fortführen wird. M. Sch. als Hälfteeigentümer der gesamten Liegenschaft stimmt dieser Unternehmensübergabe zu.
VI.
Die Übernehmerin klärt, daß ihr die Vertragsliegenschaft zur Gänze bekannt ist, sie kennt sämtliche Lasten und Rechte die mit der Ausübung des Penionsbetriebes verbunden sind, ebenso ist ihr der Grundbuchsstand, insbesondere das zugunsten der Raiffeisenbank Z einverleibte Pfandrecht bis zum Höchstbetrag S 3.250.000,-- bekannt. Die Übernehmerin verpflichtet sich, sämtliche Verbindlichkeiten, die mit den Betrieben, die ihr übergeben werden, zusammenhängen, ebenso die Hypothekarschuld der Raiffeisenbank Z, in ihr eigenes Zahlungsversprechen zu übernehmen und so zurückzuerstatten, daß die Übergeber schad- und klaglos gehalten werden.
VII.
Die Übergeber beabsichtigen spätestens mit ihrem Tod die Liegenschaft auch zivilrechtlich an die Übernehmerin zu übertragen. Zur Absicherung der Übernehmerin willigen die Übergeber M. Sch. und J. Sch. ein, daß auf der Vertragsliegenschaft das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB für ihre Tochter B. K., geb. Sch. grundbücherlich einverleibt wird.
IX.
Die Übernehmerin erklärt, daß ihr die Liegenschaft zur Gänze bekannt ist, sie verzichtet daher auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen welcher Art immer, weiters auf die Anfechtung dieses Vertrages wegen Irrtum oder Zwang.
X.
Sämtliche mit Errichtung dieses Vertrages verbundenen Steuern, Kosten und Gebühren, trägt die Übernehmerin.
XI.
Sohin erteilen beide Vertragsteile ihre ausdrückliche Einwilligung, daß in der Liegenschaft EZ X GB Y, nachstehende Eintragung bewilligt und vollzogen wird:
Die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes gemäß § 364 c ABGB für B. K., geb. Sch., geb. 31.03.1961."
Als Folge von ergänzenden Sachverhaltserhebungen des Finanzamtes teilte die Übernehmerin B. K. mit, dass zum 1. Jänner 1999 der Einheitswert des Grundstückes EZ X 1,312.000 S betrage, der Wert der übrigen Wirtschaftsgüter wurden mit 1,077.203 S und die Schulden mit 3.456.032 S angegeben.
Mit dem gegenständlichen Bescheid vom 27. Jänner 2003 wurde ausgehend von einer mittels Verhältnisrechnung ermittelten Gegenleistung von 2,937.617,65 S die Grunderwerbsteuer mit 4.269,67 € festgesetzt. Diese Vorschreibung stützte sich auf folgende Begründung: "Die auf die Liegenschaft entfallenden Leistungen- Erwerberin wird auch wirtschaftliche Eigentümerin der Betriebsliegenschaft- unterliegen der Grunderwerbsteuer. Verkehrswert geschätzt 6,500.000,--"
Gegen diesen Grunderwerbsteuerbescheid richtet sich die vorliegende Berufung im Wesentlichen mit der Begründung, keiner der in § 1 GrEStG erwähnten Rechtsvorgänge liege im Streitfall vor, denn B. K. habe keinerlei Rechte an der Liegenschaft, sie könne diese weder verwerten, noch belasten und gar nicht veräußern. Die sachliche Richtigkeit des geschätzten Verkehrswertes und die Ermittlung der Bemessungsgrundlage blieb unbestritten.
Die abweisliche Berufungsvorentscheidung stützte sich auf die Begründung, dass im Übergabevertrag vom 20. September 1999 ausdrücklich festgehalten werde, dass das wirtschaftliche Eigentum an der Pension M. an die Tochter B. K. übertragen werde. Dieser Ansicht folge auch die Übernehmerin selbst, welche dem Finanzamt gegenüber in der Teilwerterklärung des Betriebes die Betriebsliegenschaft als Aktivvermögen angeführt habe. Es werde der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht, da es der Erwerberin durch den Übergabevertrag ermöglicht werde, die Liegenschaft wirtschaftlich wie ein Eigentümer zu nutzen.
Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Als Replik auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung wurde darin noch vorgebracht, Voraussetzung für das Vorliegen des Tatbestandes gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG wäre, dass die B. K. über die Liegenschaft verfügen und diese auf eigene Rechnung verwerten könnte. Eine Verwertung sei aber ausgeschlossen, könne doch B. K. die Liegenschaft weder belasten, noch veräußern, noch verpachten, ja nicht einmal langfristig Mietverträge abschließen. Die Bw. habe lediglich das Recht, diese Liegenschaft im Rahmen der Zimmervermietung zu nutzen, ein Recht zu einer Verwertung stehe ihr nicht zu. Wollte man sich der Ansicht des Finanzamtes anschließen, so würde jeder Pachtvertrag, jede Einräumung eines Fruchtgenussrechtes, ja sogar jede Einräumung des Wohnrechtes den Tatbestand nach § 1 Abs. 2 GrEStG erfüllen. Diese Rechtsansicht stehe im Widerspruch zum Gesetzestext, da weder der Pächter, noch der Fruchtnießer, noch der Wohnungsberechtigte das Recht habe, die Liegenschaft "zu verwerten".
Über die Berufung wurde erwogen:
Im gegenständlichen Berufungsverfahren besteht allein Streit darüber, ob durch den im Übergabsvertrag vom 20. September 1999 vereinbarten Übergang des "wirtschaftlichen Eigentums an der Pension M" ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1987 verwirklicht wurde.
Nach § 1 Abs. 2 GrEStG 1987, BGBl. Nr. 309/1987 idgF unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Anerkannter Zweck dieser Gesetzesstelle ist es, jene Grundstücksumsätze zu erfassen, die den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 so nahe kommen, dass sie es wie diese ermöglichen, sich den Wert der Grundstücke für eigene Rechnung nutzbar zu machen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987, Rz 250 zu § 1 GrEStG 1987, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).
An Sachverhalt war auf Grund der Bestimmungen des Übergabsvertrages davon auszugehen, dass die Übergeber M.und J. Sch. je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft GSt 354/29 vorgetragen in EZ X GB Y sind. Auf dieser Liegenschaft ist die Pension M. errichtet. Aus § 297 ABGB geht der Grundsatz des bürgerlichen Rechts hervor, dass das Eigentum am Grund und Boden vom Eigentum am darauf errichteten Gebäude nicht getrennt werden kann (superficies solo cedit). Wenn laut Übergabsvertrag die Pension M. im wirtschaftlichen Eigentum der J. Sch. stand, dann trifft dies in gleicher Weise auf die Liegenschaft zu. J. Sch. hat mit Zustimmung ihres Ehemannes M. Sch. ua. das ihr seit der Errichtung des Hauses und Gründung des Beherbergungsbetriebes zustehende wirtschaftliche Eigentum an der Pension M. mit dem vorliegenden Rechtsvorgang an ihre Tochter B. K. übertragen. Die Übernehmerin ihrerseits verpflichtete sich, sämtliche Verbindlichkeiten, die mit der Ausübung der beiden übergebenen Betriebe zusammenhingen und ebenso die Hypothekarschuld in ihr eigenes Zahlungsversprechen zu übernehmen und so zurückzuerstatten, dass die Übergeber schad- und klaglos gehalten werden. In dieser vertraglich übernommenen Verpflichtung zur (privativen) Schuldübernahme besteht daher die Gegenleistung für die Übergabe der im Übergabsvertrag bezeichneten Wirtschaftsgüter, wobei zum Beherbergungsbetrieb das in Punkt I des Übergabsvertrages bezeichnete Grundstück gehörte (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987, Rz 69, 75 zu § 5 GrEStG 1987). Das Finanzamt hat dann mittels Verhältnisrechnung jene Gegenleistung ermittelt, die anteilig auf die Übertragung der Liegenschaft entfällt.
Wenn nun im Vorlageantrag als Replik auf die diesbezügliche Begründung der Berufungsvorentscheidung die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 1 Abs. 2 GrEStG letztlich mit dem Vorbringen bestritten wird, die Bw. könne über die Liegenschaft nicht verfügen und diese auf eigene Rechnung nicht verwerten, dann steht diesem Vorbringen Folgendes entgegen.
§ 1 Abs. 2 GrEStG hat einen selbständigen und - gegenüber den Tatbeständen im § 1 Abs. 1 GrEStG- subsidiären (Ersatz)Tatbestand zum Inhalt. Dieser Tatbestand stellt darauf ab, ob der maßgebliche Rechtsvorgang es einem anderen als dem Eigentümer rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG ist sohin von der Verfügungsmacht, welche der zivilrechtliche Eigentumsbegriff verschafft, verschieden. Gemeinsames Merkmal der Erwerbsvorgänge des § 1 GrEStG ist der Rechtsträgerwechsel bezüglich eines Grundstückes im Sinne des § 2 GrEStG. Der Erwerbsvorgang muss darauf gerichtet sein oder darin bestehen, dass das Grundstück von einem Rechtsträger auf einen anderen übergeht. Ein derartiger Wechsel in der Zuordnung ist auch für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2 GrEStG erforderlich, wobei allerdings dieser Wechsel in der Grundstückszuordnung unterhalb der Ebene eines Eigentümerwechsels stattfindet. Die Vorschrift soll solche Erwerbsvorgänge erfassen, die vom Wechsel im Eigentum abgesehen den in § 1 Abs. 1 GrEStG beschriebenen Erwerbsvorgängen so nahe kommen, dass sie es wie diese dem Erwerber ermöglichen, sich den Wert des Grundstückes für eigene Rechnung nutzbar zu machen. Da der Gesetzgeber hiebei nicht auf bestimmte Typen von Rechtsvorgängen abstellt, mit denen Verwertungsbefugnisse eingeräumt werden können, kommt es bei den Anwendungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 2 GrEStG auf die Umstände des Einzelfalles an. Welche Befugnisse in ihrer Gesamtheit die Verwertungsmöglichkeit ausmachen, bestimmt das Grunderwerbsteuergesetz nicht (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, GrEStG 1987, Rz 247 zu § 1 GrEStG 1987 und die dort angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung). Unter der Verschaffung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verwertungsmacht ist die Übertragung aller oder einzelner aus dem Eigentumsrecht fließenden Machtbefugnisse über ein Grundstück an den Ermächtigten mit Ausnahme des Eigentumsrechtes selbst, also ohne Übertragung des Übertragungsanspruches zu verstehen. Das Tatbestandsmerkmal "Verwertung auf eigene Rechnung" wird durch jede Art der Verwertungsmöglichkeit erfüllt, wobei (gleich wie beim Eigentümer) zwei Möglichkeiten der Verwertung bestehen, nämlich die Nutzung und die Veräußerung. Verwertung im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG bedeutet also nicht, dass ein Grundstück auf eigene Rechnung verkauft werden muss.
Aus der Gesamtsicht der Bestimmungen des Übergabsvertrages folgt für die Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles, dass mit diesem Rechtsvorgang ausdrücklich das wirtschaftliche Eigentum an der Pension M. auf die übernehmende Bw. übertragen wurde. Ab dem Übergabezeitpunkt 1. Jänner 1999 stand daher der Bw. hinsichtlich der von der Übergabe umfassten Vertragsliegenschaft die Nutzungsmöglichkeit dieser Pension im Rahmen des ab diesem Zeitpunkt von ihr betriebenen Pensionsbetriebes zu, wodurch die Tatbestandsvoraussetzung "Verwertung auf eigene Rechnung" verwirklicht wurde. Der Einwand, weder der Pächter, noch der Fruchtnießer, noch der Wohnungsberechtigten habe das Recht, die Liegenschaft "zu verwerten" übersieht dabei, dass der Bw. eben gerade nicht eine derartige Rechtsstellung zukam, sondern ihr ausdrücklich das wirtschaftliche Eigentum an der Liegenschaft (Fremdenpension) übergeben wurde und sie sich im Gegenzug dazu zur (privativen) Schuldübernahme der Hypothek und der anderen Verbindlichkeiten gegenüber den beiden Übergebern verpflichtete. Dieser Zusammenhang zwischen der Übergabe und der Schuldübernahme zeigt aber wohl deutlich auf, dass durch die Übergabe des wirtschaftlichen Eigentums ein Rechtsträgerwechsel hinsichtlich der Liegenschaft herbeigeführt wurde, in dem die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit über das inländische Grundstück im Rahmen der Fortführung des Pensionsbetriebes nunmehr bei der Bw. lag. Zur Verstärkung und Absicherung dieser ihr durch die Übertragung des bloßen wirtschaftlichen Eigentums zukommenden Rechtsposition willigten die beiden Übergeber überdies ein, dass auf der Vertragsliegenschaft ein Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 364 c ABGB für ihre Tochter B. K. grundbücherlich einverleibt wird. Dadurch begaben sich die zivilrechtlichen Eigentümer aber der ihnen bisher zukommenden Möglichkeit der Verwertung der Liegenschaft auf eigene Rechnung durch Verkauf. Aus dem Zusammenhalt der Übergabe des wirtschaftlichen Eigentums verbunden mit dem Belastungs- und Veräußerungsverbot, und der Übernahme der Schulden als Gegenleistung für diesen Übergang erlangte die Bw. in Bezug auf das Grundstück jedenfalls eine andere (Verwertungs)Macht als dies ein bloßer Bestand- oder Servitutsberechtigter ausüben könnte. Außerdem wurde in diesem Punkt VII noch ausdrücklich festgehalten, dass "die Übergeber beabsichtigen, spätestens mit ihrem Tod die Liegenschaft auch zivilrechtlich an die Übernehmerin zu übertragen". Diese Vertragslage spricht gegen die Stichhaltigkeit des Vorbringens, nach dem Ableben beider Eigentümer würden voraussichtlich beide Töchter Miteigentümer der Liegenschaft werden. Überdies sind nach § 1 Abs. 4 GrEStG die (gegenständliche) Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums und die etwaige nachfolgende Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums hinsichtlich der Tatbestandsverwirklichung als jeweils eigenständig zu behandelnde Rechtsvorgänge getrennt zu beurteilen; bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 Abs. 4 letzter Satz GrEStG kommt es aber dann bei der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums zu einer Anrechnung der für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums erhobenen Grunderwerbsteuer. Wenn also der spätere Rechtsvorgang keine höhere Gegenleistung als der jetzige Rechtsvorgang aufweist, kann vom späteren Rechtsvorgang keine weitere Grunderwerbsteuer vorgeschrieben werden, wenn bei beiden Rechtsvorgängen dieselben Personen Vertragspartner sind (VwGH 27.5.1999, 98/16/0404-0307). Auf diese Rechtslage wird im Zusammenhang mit diesem Berufungsfall vorsorglich hingewiesen.
In Ansehung der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen wurde durch die vereinbarte Übergabe des wirtschaftlichen Eigentums an der Pension M. hinsichtlich der Vertragsliegenschaft Gst 354/29, EZ. X GB Y der grunderwerbsteuerpflichtige Tatbestand nach § 1 Abs. 2 GrEStG verwirklicht. Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer war daher rechtens.
Was die Ermittlung der Bemessungsgrundlage anlangt, wird - obwohl gegen die betragsmäßige Richtigkeit der Bemessungsgrundlage keine Einwände erhoben und diese damit außer Streit stand - bloß der Vollständigkeit halber noch festgehalten, dass das Finanzamt bei der dabei anzustellenden Verhältnisrechnung den Verkehrswert der Liegenschaft mit 6.500.000 S geschätzt hat. Dabei ist das Finanzamt vom Einheitswert der Liegenschaft ausgegangen und hat diesen mit dem Faktor 5 linear vervielfacht. Es ist eine allgemein bekannte Erfahrungstatsache, dass die Einheitswerte für bebaute und unbebaute Grundstücke nur einen Bruchteil des Verkehrswertes ausmachen. Im Hinblick auf die mannigfachen Umstände, die den gemeinen Wert einer Liegenschaft zu beeinflussen vermögen, ist eine lineare Vervielfachung des Einheitswertes zur Ermittlung des gemeinen Wertes ungeeignet (VwGH 30.5.1994, 93/16/0093). Allerdings blieb im Gegenstandsfall die betragsmäßige Höhe des vom Finanzamt auf diese Weise geschätzten und der Bw. im Wege der Bescheidbegründung vorgehaltenen Verkehrswertes von 6,500.000 S im weiteren Verfahren vollkommen unwidersprochen und damit unbeanstandet. Dies rechtfertigt die begründete Schlussfolgerung, dass im vorliegenden Fall der vom Finanzamt auf diese Weise geschätzte Verkehrswert des Fremdenheimes (Hotel- Garni M.) von der Bw. selbst als sachlich angemessen bzw. jedenfalls als nicht zu hoch angesetzt angesehen wurde. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz sieht folglich keine Veranlassung, von sich aus die sachliche Richtigkeit des geschätzten Verkehrswertes in Zweifel zu ziehen. Ausgehend von diesem Verkehrswert und den "übrigen Wirtschaftsgüter" ergab sich auf Grund der Verhältnisrechnung, dass 85 % der übernommenen Schulden von 3,456.032 S auf die übergebene Liegenschaft entfielen. Dies führte zu der vom Finanzamt ermittelten Bemessungsgrundlage. Die Berechnung der Bemessungsgrundlage und die Festsetzung der Grunderwerbsteuer war daher rechtens. Es war somit wir im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Innsbruck, 14. April 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte: | wirtschaftliches Eigentum, Verwertungsmöglichkeit |
Verweise: | Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3 Teil, GrEStG 1987, RZ 247, 250 zu § 1 GrEStG |