UFS RV/0463-G/02

UFSRV/0463-G/0226.3.2004

Pendlerpauschale: die Wegzeit richtet sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten.

 

Entscheidungstext

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw. war in den Berufungsjahren bei der Fa. STEWEAG in Graz, Leonhardgürtel 10, als technischer Angestellter beschäftigt.

Zwecks Abgeltung seiner Ausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hat der Bw. eine Erklärung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Pauschbetrages vorgelegt und es wurde vom Arbeitgeber ab dem Lohnzahlungszeitraum Juli 1998 der Pauschbetrag (großes Pendlerpauschale) berücksichtigt.

Vom Finanzamt Feldbach wurde im Zuge der Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für die Berufungsjahre nur das kleine Pendlerpauschale in Ansatz gebracht.

Als Begründung für das Jahr 1998 wurde auf die diesbezügliche telefonische Besprechung hingewiesen. Für das Jahr 1999 wurde eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO mit der Begründung durchgeführt, dass vom Arbeitgeber ein berichtigter oder neuer Lohnzettel übermittelt wurde. Die Arbeitnehmerveranlagung 2000 wurde unter Berücksichtigung des kleinen Pendlerpauschales durchgeführt.

Mit Schriftsatz vom 18. September 2001 wurde das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und zusammenfassend ausgeführt:

Mir wurde mündlich mitgeteilt, dass das Finanzamt der Ansicht sei, dass die Benützung eines öffentlichen Massenbeförderungsmittel zumutbar sei, da für eine Wegstrecke von über 40 Kilometer eine Wegzeit von 2,5 Stunden nicht überschritten werde. Diese Wegzeit werde deshalb nicht überschritten, weil Gehzeiten nicht einzubeziehen seien, sondern fiktiv die Fahrzeit mit dem PKW oder Fahrrad für die Fußstrecke von der Wohnung zur Haltestelle heranzuziehen sei. Dem Fachbuch für Lohnsteuer sei auch zu entnehmen, dass man unter Wegzeit jenen Zeitaufwand verstehe, den der Arbeitnehmer vom Verlassen seiner Wohnung bis zum Arbeitsbeginn aufwende und es seien auch die Gehzeiten mit einzubeziehen. Dass für eine Fußstrecke zum/vom öffentlichen Verkehrsmittel der kürzere Zeitaufwand einer PKW- oder Fahrradfahrt heranzuziehen sei, sei nicht ersichtlich.

Die Wegzeit wurde folgend dargestellt:

Fußweg Wohnort Schweinz - Haltestelle Ottendorf 03,5 km 52,5 Min.

Fahrt Ottendorf - Graz St. Leonhard 46,0 km 75,0 Min

Fußweg bis zur Arbeitsstätte 02,0 km 30,0 Min

Gesamtwegzeit somit 2 Stunden 42,5 Minuten.

Nach dieser Berechnung sei klargestellt, dass die zumutbare Wegzeit von 2,5 Stunden überschritten sei und daher das große Pendlerpauschale zustehe.

Das Finanzamt wies die Berufung für die Jahre 1998 bis 2000 einzeln mit Berufungsvorentscheidungen vom 23. November 2001 als unbegründet ab.

In den Begründungen wurde zusammenfassend ausgeführt, dass sich die ganze Wegzeit auf ca. 2 Stunden belaufe und von objektiven Verhältnissen auszugehen sei. Eine Unzumutbarkeit sei erst dann gegeben, wenn auf der überwiegenden Wegstrecke kein öffentliches Verkehrsmittel fahre, ansonsten seien die Anfahrtszeiten mit einem Transportmittel zur Haltestelle und nicht nur allein die Gehzeiten einzubeziehen.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 begehrte der Bw., die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Als Begründung wurde auf die Ausführungen im Berufungsschreiben verwiesen.

 

Mit Bericht vom 25. Juni 2002 legte das Finanzamt Feldbach die Berufung der Finanzlandesdirektion für Steiermark zur Entscheidung vor. Bis 31. Dezember 2002 erfolgte keine Erledigung der Berufung durch die Finanzlandesdirektion.

Gemäß § 323 Abs. 10 iVm § 260 BAO ist zur Entscheidung über die Berufung nunmehr der unabhängige Finanzsenat zuständig.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht. Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend gegeben sein.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 Kilometer und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 genannten Pauschbeträge zu berücksichtigen.

Bei einer Fahrtstrecke von

20 km bis 40 km

5.280 S jährlich

40 km bis 60 km

10.560 S jährlich

über 60 km

15.840 S jährlich

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 an Stelle der Pauschbeträge nach lit. b leg. cit. folgende (jährliche) Pauschbeträge berücksichtigt:

Bei einer einfachen Fahrtstrecke von

2 km bis 20 km

2.880 S jährlich

20 km bis 40 km

11.520 S jährlich

40 km bis 60 km

20.160 S jährlich

über 60 km

28.800 S jährlich

Ausgaben des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zählen nach dieser Gesetzesstelle - analog zu den Betriebsausgaben - bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu den abzugsfähigen Werbungskosten (VwGH 26.6.1990, 87/14/0024). Anders als bei den betrieblichen Einkünften sind sie jedoch hier pauschaliert (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band I, § 16 Tz. 100).

Strittig ist, ob für die Fahrt zwischen Wohnort und Dienstort das große Pendlerpauschale (Bw.) oder das kleine Pendlerpauschale (FA) zur Anwendung kommt. Der Bw. vermeint, dass ihm die Benützung des Massenbeförderungsmittels wegen Überschreitung der zumutbaren Wegzeit unzumutbar sei.

Unzumutbarkeit der Benützung von Massenverkehrsmitteln ist dann gegeben, wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenverkehrsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (zB bei Nachtarbeit) verkehrt.

Die Bw. ist bei der Steweag in Graz beschäftigt und hat gleitende Dienstzeit. Die Busverbindung von Ottendorf nach Graz beginnt um 04.43 Uhr und erfolgt in etwa im halb- bzw. dreiviertel- Stundentakt.

Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels gilt weiters als nicht zumutbar, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:

Einfache Wegstrecke

Zumutbare Wegzeit

unter 20 km

1,5 Stunden

ab 20 km

2 Stunden

ab 40 km

2,5 Stunden

(MR Mag. Wilhelm Schuch, Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - Pendler-Pauschale, ÖStZ 1988, S 316).

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei der Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird (vgl. Doralt, a.a.O., § 16 Tz. 108).

Bei gleitender Arbeitszeit ist von einer optimalen Anpassung der Arbeitszeit an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels auszugehen; Wartezeiten zwischen Ankunft bei der Arbeitsstätte und Arbeitsbeginn sind daher idR bei einer gleitenden Arbeitszeit nicht zu berücksichtigen (Doralt, a.a.O., § 16 Tz. 108; Schuch, a.a.O., S 317).

Die Wegstrecke bemisst sich im Falle der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels nach den Tarifkilometern zuzüglich Anfahrts- oder Gehwege zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegstellen (vgl. Doralt, a.a.O., § 16 Tz. 109).

Im gegenständlichen Fall ist als optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel die Zurücklegung der Wegstrecke zwischen S. (Wohnort) und O. (Bus Haltestelle) mit dem Auto (ca. 3,5 km) und der restlichen Fahrtstrecke von O. nach Graz. (46 km) mit dem Bus zu unterstellen. Von der Bus Haltestelle St. Leonhard/LKH bis Leonhardgürtel 10 fährt die Straßenbahnlinie 7.

Der Bus fährt (lt. aktuellem Fahrplan) von O. um 04.43 Uhr (1. Fahrt) ab und kommt in Graz/St. Leonhard/LKH um 05.40 Uhr an. Um 05.52 Uhr fährt die Straßenbahnlinie 7 bis Leonhardgürtel 10 (Haltestelle Leonhardplatz) mit der Ankunftszeit um 05.57 Uhr.

Die Wegzeit setzt sich daher wie folgt zusammen:

Fußmarsch (nach der Berechnung des Bw.) 52,5 Minuten

Fahrzeit (Bus) 57,0 Minuten

Wartezeit (auf die Straßenbahn) 12,0 Minuten

Fahrzeit (Straßenbahn) 05,0 Minuten

Das ergibt zusammen eine Wegzeit von 124,5 Minuten.

Der unabhängige Finanzsenat hat in seiner Entscheidung aber von den objektiven Umständen auszugehen. Diese wurden im Telefonat mit dem Bw. am 25. März 2004 festgestellt, worin der Bw. ausgeführt hat, dass die Wegstrecke ohnehin mit dem privaten PKW zurückgelegt wird, was wiederum die Anfahrtszeit (Fußmarsch) auf ca. 15 Minuten verkürzt. Diese 15 Minuten wurden auch der Berechnung des Finanzamtes Feldbach zu Grunde gelegt.

Die Berechnung der zumutbaren Wegzeit liegt somit beträchtlich unter 2,5 Stunden.

Dem Bw. war daher - nach Ansicht des UFS - die Benützung eines Massenbeförderungsmittels durchaus zumutbar. Wenn er jedoch der zeitlichen Flexibilität, die die Benützung eines Autos bietet, den Vorzug gibt, so ist dies seine persönliche Entscheidung, die nicht im Wege der Werbungskosten zu einer Steuerminderung führen kann.

Die Berufung war daher wie aus dem Spruch ersichtlich abzuweisen.

Graz, 26. März 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, Massenbeförderungsmittel, zumutbar, Lohnzahlungszeitraum, zumutbare Wegzeit, tatsächliche Verhältnisse, fiktive Gehzeit

Verweise:

VwGH 26.06.1990, 87/14/0024

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