UFS RV/0825-W/02

UFSRV/0825-W/022.3.2004

Fahrtkosten für Fortbildungsveranstaltungen sind Werbungskosten, soweit sie nicht durch das Pendlerpauschale abgedeckt sind

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des ER. gegen den Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe in Euro sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe und dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist als Beamter beim Finanzamt A in Wien tätig. Für die Fahrtstrecke Wohnort - Arbeitsstätte steht dem Bw. ein Pendlerpauschale zu.

Für das Jahr 1998 reichte der Bw. die Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung ein und beantragte ua folgende Werbungskosten:

Fortbildungskosten:

Fortbildungslehrgang in Wien Schnirchgasse vom 2.-20. 2.1998

Kilometergeld

R (Wohnort) - Schnirchgasse - R

 
 

150 km x 9 Tage x 4,90 S

= 6.615,00

Seminar in Wien Oberlaa Kurbadstraße am 19.3.1998

Kilometergeld

R - Kurbadstraße - R

 
 

138 km x 1 Tag x 4,90 S

= 676,20

Spezialseminar in Wien Erdbergstraße vom 15. - 19.6.1998

Kilometergeld

R - Erdbergstraße - R

 
 

150 km x 5 Tage x 4,90 S

= 3.675,00

Summe Fortbildungskosten:

10.966,20

Das Finanzamt anerkannte die oa Werbungskosten nicht. Zur Begründung führte es aus, dass der Dienstort (Wien) und die Kursorte (Wien) ident seien und daher für diese Fahrtstrecken keine Kilometergelder als Werbungskosten gewährt werden könnten. Die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte sei mit der Gewährung des Pendlerpauschales abgegolten.

In seiner gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhobenen Berufung führte der Bw. im wesentlichen aus:

Im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung seien von ihm Fortbildungkosten, richtigerweise Fahrtkosten, geltend gemacht worden, die mit dem lapidarem Hinweis "da Ihr Dienstort Wien und die Kursorte ebenfalls Wien sind, konnten für diese Fahrtstrecken keine Kilometergelder als Werbungskosten gewährt werden (Strecke Wohnung - Arbeitsstätte mit der Gewährung des Pendlerpauschales abgegolten)" nicht als Werbungskosten anerkannt worden seien.

Er sei Betriebsprüfer und sein Arbeitsplatz (Planstelle, Dienstort, Arbeitsstätte) sei im Finanzamt A, an dem er regelmäßig für seinen Dienstgeber tätig werde. Zusätzlich werde er als Betriebsprüfer im Außendienst bei verschiedenen Unternehmern (Abgabepflichtigen) bzw. deren Steuerberatern in Wien und Niederösterreich tätig.

Die im Zusammenhang mit dem Außendienst stehenden anfallenden zusätzlichen Kosten, würden dem Bw. vom Dienstgeber im Zuge der monatlich abzugebenden Reiserechnungen (Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel, Kosten für die Benutzung des eigenen KFZ- Km-Geld, Tagesdiäten) ersetzt.

Die geltend gemachten Fahrtkosten seien ihm vom Dienstgeber nicht ersetzt worden, würden aber in unmittelbarem Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit stehen.

Seitens des Finanzamtes werde die Anerkennung der Fahrtkosten mit dem Hinweis "Strecke Wohnung - Arbeitsstätte mit der Gewährung des Pendlerpauschales abgegolten; Dienstort und Kursort ident", versagt.

Aus der abweisenden Begründung gehe hervor, dass das Finanzamt nicht zwischen Dienstort (politischer Gemeinde Wien), Kursort (verschiedene Adressen in Wien) und Arbeitsstätte (Finanzamt A ) unterscheide, sondern alles in einen Topf werfe.

Dazu sei bemerkt, dass es keinen Hinweis in der einschlägigen Literatur gebe, der den Begriff "Arbeitsstätte" mit dem des "Dienstortes" (im Sinne von politischer Gemeinde gleichsetze) und nur aus diesem Grund anerkenne das Finanzamt offensichtlich den angefallenen Aufwand nicht.

Außer Streit stehe, dass das Pendlerpauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gewährt werde. In seinem Falle seien das Fahrten zwischen Wohnadresse und Finanzamt A.

Die Umkehrung des obigen sei aber, dass alle anderen beruflichen Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien, nicht mit dem Pendlerpauschale abgegolten seien.

Dass die Fahrtziele der vom Bw. geltend gemachten Kosten zufällig in Wien seien, könne keinen negativen Einfluss auf den Anspruch auf Anerkennung der Fahrtkosten haben, da diese Ziele nicht ident mit seiner Arbeitsstätte (Dienstort), der sich bekanntlich beim Finanzamt A befinde, seien.

Der Literatur sei zu entnehmen, dass Arbeitsstätte (Dienstort) jener Ort sei, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig werde; als Arbeitsstätte ein Büro, eine Betriebsstätte, ein Werksgelände, ein Lager oder Ähnliches gelte.

Daher könne unter Arbeitsstätte nicht das Gebiet einer politischen Gemeinde gezählt werden.

Seitens des FA könne auch nicht angenommen werden, dass eine neue oder zweite Arbeitsstätte mit dem Besuch eines ein- bzw. zweiwöchigen Kurses begründet werde, da die Literatur bzw. Verwaltungspraxis von einem "vollen Kalendermonat" ausgehe.

Und nur wenn eine Arbeitsstätte vorliege, seien die Fahrten von der Wohnung dorthin und retour, Fahrten, die mit dem Verkehrsabsetzbetrag bzw. eines Pendlerpauschales abgegolten seien.

Aus den Ausführungen und der Literatur (Lohnsteuerrichtlinien 1999, Fahrtkosten Seite 80, Tz 287 ff) ergebe sich, dass die Fahrtkosten zu Recht geltend gemacht worden seien.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw. hat seine Arbeitsstätte beim Finanzamt A in Wien.

Unbestritten ist auch, dass der Bw. 3 Fortbildungkurse, die beruflich veranlasst waren, in Wien besucht hat. Die Fortbildungkurse fanden nicht am Finanzamt A, sondern an anderen Orten in Wien statt.

Strittig ist, ob die Fahrtkosten zu diesen Fortbildungsveranstaltungen als Werbungskosten geltend gemacht werden können oder bereits durch das Pendlerpauschale abgegolten sind.

Von folgenden gesetzlichen Bestimmungen ist auszugehen:

Werbungskosten gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 leg cit sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag bzw. den Pauschbeträgen nach lit b und c abgegolten.

In der näheren Auslegung der oa Bestimmungen werden in der Literatur und Judikatur folgende Auffassungen vertreten:

Beruflich veranlasste Fahrtaufwendungen sind - unabhängig vom Vorliegen einer Reise - stets in ihrer tatsächlichen Höhe gemäß § 16 Abs 1 leg. cit. als Werbungskosten anzusetzen, wobei eine Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld in vielen Fällen zu einem zutreffenden Ergebnis führt (vgl VwGH 28.03.2000, 97/14/0103).

Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Fahrtkosten in ihrer tatsächlichen Höhe zu berücksichtigen sind, enthält § 16 Abs 1 Z 6 leg. cit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Derartige Fahrtaufwendungen werden aus Vereinfachungsgründen in pauschaler Form mit dem Verkehrsabsetzbetrag bzw. dem Pendlerpauschale abgegolten. Kennzeichnend für diese

Fahrten ist, dass sie mit dem Ziel unternommen werden, die Arbeitsstätte aufzusuchen bzw. von dieser in die Wohnung zurückzukehren (vgl VwGH 28.03.2000, 97/14/0103).

Dem Umstand, dass eine Fortbildungseinrichtung auf dem Weg zur Arbeitsstätte gelegen ist oder von der Arbeitsstätte aus in kürzerer Entfernung als vom Wohnort aus erreicht werden kann, kommt im Rahmen der Beweiswürdigung Bedeutung zu. Nämlich für die Frage, ob die Fahrten zusätzlich angefallen sind oder mit dem Aufsuchen der Arbeitstätte bzw. der Heimfahrt von dieser verbunden wurden. Im Erkenntnis 28.03.2000, 97/14/0103 führt der VwGH aus, dass die zeitliche Lagerung der Fortbildungskurse (z.B an arbeitsfreien Samstagen) für die Glaubhaftmachung, ob die Fahrten zusätzlich angefallen sind, durchaus ein angemessenes Abgrenzungskriterium ist.

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Fahrtkosten zu den Fortbildungskursen zusätzlich oder zumindest teilweise zusätzlich angefallen sein müssen.

Der Bw. besuchte, wie aus den Aufstellungen ersichtlich, die Fortbildungsveranstaltungen während der Arbeitswoche, an denen er Dienst zu verrichten hatte.

Der Besuch einer Fortbildungsveranstaltung ist für einen Beamten gemäß § 58 BDG Dienstpflicht, wenn es die dienstlichen Interessen erfordern. Die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen ist daher eine Form der Dienstpflicht, die an der Arbeitsstätte oder an einem anderen Ort erfüllt werden kann. Wie auch die Erläuterungen zu § 58 BDG ausführen, werden diese Lehrveranstaltungen in der Regel in der Normaldienstzeit stattfinden (vgl Fellner, BDG , Beamten - Dienstrecht, § 58 Fußnote ErläutRV BlgNR 15.GP). Folglich ist die Teilnahme beruflich veranlasster Fortbildungungsveranstaltungen, die während der Arbeitswoche stattfinden und für die keine Freizeit bzw. Urlaub in Anspruch genommen werden muss, in der Regel Dienstzeit.

Der Besuch einer Fortbildungsveranstaltung, die nicht an der Arbeitsstätte abgehalten wird, ist daher mit einer Dienstreise vergleichbar.

Kennzeichnend für eine Dienstreise ist, dass der Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers die Arbeitstätte verlässt und den Zielort seiner Dienstreise aufsucht.

Bei Dienstreisen gilt nun hinsichtlich des Pendlerpauschales und der Fahrtkosten für Dienstreisen folgendes:

Für die Gewährung des Pendlerpauschales müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum überwiegend gegeben sein. Für einen vollen Kalendermonat können 20 Arbeitstage angenommen werden, sodass ein Pendlerpauschale dann zusteht, wenn im Kalendermonat die Strecke Wohnung - Arbeitstätte und zurück an mehr als 10 Tagen im Monat zurückgelegt wird. Zu berücksichtigen ist das Pendlerpauschale auch für Feiertage, Krankenstandstage, Urlaubsstage. Steht das Pendlerpauschale daher in der Regel zu, dann tritt durch solche Zeiträume keine Änderung ein (vgl. LStR 1992 § 16 RZ 149; ausführlich LStR 1999 Rz 250; Sailer/Bernold/Mertens/Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2001, § 16 L 250). Arbeitsstätte ist jener Ort, an dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber regelmäßig tätig wird.

Werden Dienstreisen unmittelbar von der Wohnung aus begonnen, scheiden die Tage der Dienstreise grundsätzlich aus. Für die Ermittlung der Voraussetzungen für das Pendlerpauschale, insbesondere des Überwiegens der Fahrten Wohnung und Arbeitsstätte im Lohnzahlungszeitraum, sind jedoch folgende Dienstreisetage zu berücksichtigen: Bei Berechnung der Dienstreiseersätze vom Arbeitsort aus werden der Tag des Beginns der Dienstreise und der Tag der Beendigung der Dienstreise berücksichtigt, auch dann, wenn die Arbeitsstätte an diesen Tagen nicht zur Verrichtung von Innendienst aufgesucht wird (vgl LStR 1992 § 16 Rz 159; ist ident mit LStR 1999 Rz 264; Sailer/Bernold/Mertens/Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2001, § 16 L 264).

Für Dienstreisen gilt gemäß § 26 Z 4 EStG 1988, dass Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) gezahlt werden, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Gemäß dieser Bestimmung liegt eine Dienstreise vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte usw.) zur Durchführung von Dienstvorrichtungen verlässt. Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, Familienwohnsitz). Enthält eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs 5 Z 1 bis 6 EStG 1988 eine besondere Regelung des Begriffes Dienstreise, ist diese Regelung anzuwenden. Gemäß § 26 Z 4 lit. a EStG 1988 sind als Kilometergelder höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen.

Bei Verwendung des eigenen PKW sind Dienstreiseersätze steuerfrei. Beruflich bedingte Fahrtkosten, die nicht oder nicht vollständig seitens des Dienstgebers ersetzt werden, können als Werbungskosten allgemeiner Art gemäß § 16 Abs 1 EStG geltend gemacht werden (VwGH 8.10.1998, 97/15/0073).

Bei unzureichender oder fehlender Ersatzleistung können daher Kilometergelder als Differenzwerbungskosten geltend gemacht werden. Bei Berechnung von Reiseersätzen vom Arbeitsort aus bzw. zurück ist bei eintägiger Dienstreise das Pendlerpauschale zu gewähren und können Kilometergelder als Werbungskosten bei Verwendung des Privat-PKW verrechnet werden, jedoch nicht für die Strecke Wohnung - Arbeitstätte und zurück (vgl. LStR 1992 § 16 Rz 161 Variante 3; ist ident mit LStR 1999 § 16 Rz 266 Variante 3; Sailer/Bernold/Mertens/Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2001, § 16 L 266 Variante 3).

Dies gründet sich darauf, dass die Dienstreise vom Arbeitsort aus angetreten wird, und nur die zusätzlichen Kosten, die dem Dienstnehmer für die Dienstreise erwachsen und nicht seitens seines Dienstgebers ersetzt werden, als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Es steht aber einem Steuerpflichtigen, der vor Antritt der Dienstreise die Arbeitsstätte aufzusuchen hat oder aufsucht, frei diese mit dem PKW oder mit öffentlichem Verkehrsmitteln aufzusuchen. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind immer mit dem Verkehrsabsetzbetrag bzw. Pendlerpauschale abgegolten. Die Dienstreise wird vom Arbeitsort aus angetreten und beendet. Daher sind auch nur die Differenzen zwischen den Kostenersätzen seitens des Dienstgebers und Kosten die dem Steuerpflichtigen ab dem Dienstort zusätzlich erwachsen steuerlich als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Diesem Fall ist jener Sachverhalt, bei dem die Dienstreise faktisch von zu Hause angetreten wird und der Arbeitsort an diesem Tag nicht aufgesucht wird, insoweit gleichzuhalten als nur Zusatzkosten, die durch die Dienstreise entstehen, als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Selbst wenn der Arbeitnehmer Kostenersätze für die Dienstreise nur vom Arbeitsort aus berechnet erhält, auch wenn er den Arbeitsort nicht aufsucht, sind nur die Zusatzkosten für die Dienstreise als Werbungskosten absetzbar.

Da der Dienstort nicht aufgesucht wird, sind die faktischen Zusatzkosten anhand von Abweichungen der Strecke Wohnung - Arbeitsstätte zu der Strecke Wohnung - Zielort der Dienstreise zu ermitteln, da - wie ausgeführt - die Strecke Wohnung - Arbeitsort immer durch den Verkehrsabsetzbetrag bzw. das Pendlerpauschale abgegolten ist. Da annähernd die tatsächlichen Zusatzkosten zu ermitteln sind, sind keine Zusatzkosten für die Dienstreise vom Arbeitsort aus zu ermitteln, sondern die Differenz der identen Strecke Wohnung - Arbeitsstätte zur Wohnung - Zielort der Dienstreise zu ermitteln. Dies entspricht dem Fall, dass ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeitsstätte bereits Kundenbesuche absolviert und für einen allfälligen Umweg Kilometergelder geltend machen kann (vgl Sailer/Bernold/Mertens/Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2001, § 16 L 294 Beispiel 3). Dies bedeutet, dass Kilometergelder für allfällige Abweichungen der Strecke Wohnort - Arbeitsstätte zu der Strecke Wohnort - Zielort der Dienstreise sachgerecht zu gewährende Werbungskosten sind, da sie zusätzlich zu den Fahrtkosten Wohnung - Arbeitsstätte anfallen (vgl VwGH 28.03.2000 97/14/0103).

In Anwendung der oa Bestimmungen und Auffassungen zu den Dienstreisen ergibt dies für die Fahrten zu den Fortbildungsveranstaltungen des Bw. folgendes:

Der Bw. kann nur die tatsächlichen Zusatzkosten, wie bei einer Dienstreise, an Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machen. Dies bedeutet, dass Kilometergelder für allfällige Abweichungen der Strecke Wohnort - Arbeitsstätte zu der Strecke Wohnort - Zielort der Fortbildungsveranstaltung sachgerecht zu gewährende Werbungskosten sind, da sie zusätzlich zu den Fahrtkosten Wohnung - Arbeitsstätte anfallen (vgl VwGH 28.03.2000 97/14/0103), auch wenn andererseits möglicherweise Kosten für die ansonsten zurückgelegte restliche Strecke zur Arbeitsstätte entfallen. Beruflich veranlasste Fahrtkosten, die Streckenabschnitten zuzurechnen sind, die nicht ident mit der Fahrtstrecke Wohnung - Arbeitsstätte sind, können nicht unter die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 lit b und c EStG 1988 subsumiert werden, da hinsichtlich solcher Streckenabschnitte keine Fahrtstrecke Wohnung - Arbeitstätte vorliegt. Liegt jedoch keine Streckenidentität vor, können Fahrtkosten als Werbungskosten allgemeiner Art gemäß § 16 Abs 1 EStG  1988 für jene Teile der Fahrtstrecke Wohnung - Ort der Fortbildungsveranstaltung geltend gemacht werden, die nicht ident mit der Strecke Wohnort - Arbeitsstätte sind.

Die Differenzierung in der Anerkennung der Höhe von Fahrtkosten ist durch die verschiedenen Bestimmungen des § 16 EStG 1998 vorgeben. Die Bestimmung, dass diejenigen Fahrtkosten, die die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte betreffen, unabhängig davon welches Verkehrsmittel der Steuerpflichtige wählt bzw. von den tatsächlichen Kosten, durch die Pauschbeträge abgegolten sind, gilt daher nicht für andere beruflich bedingte Fahrtkosten, unbhängig von der Wahl des Verkehrsmittel bzw. der Höhe der Fahrtkosten, und sind als Werbungskosten anzuerkennen.

Die Kilometeranzahl der Strecke Wohnort - Ort der Fortbildungsveranstaltung beträgt nach Angaben des Bw:

 

einfache Strecke

hin und retour

R - Schnirchgasse

75

150

R - Oberlaa

69

138

R - Erdbergstraße

75

150

Die identen bzw. nicht identen Teile der Fahrtstrecke Wohnung - Arbeitstätte Finanzamt A mit den Fahrtstrecken Wohnung - Orte der Fortbildungsveranstaltungen werden anhand des Routenplaners (http://www.map24.de/map24/routing.php3?map24_sid=............ .) ermittelt.

 

idente Strecke mit Strecke R - Finanzamt A

R - Schnirchgasse

bis Knoten Inzersdorf/ Anschlußstelle Sterngasse

R - Oberlaa

bis Knoten Inzersdorf/ Anschlußstelle Sterngasse

R - Erdbergstraße

bis Knoten Inzersdorf/ Anschlußstelle Sterngasse

Die Strecke R bis Anschlußstelle Sterngasse beträgt laut Routenplaner 61,3 km.

Die Kilometerdifferenz ergibt sich daher wie folgt:

von Anschlußstelle Sterngasse nach

nicht idente Kilometer

x 4,90 S

Schnirchgasse

75 - 61,3 =13,7

13,7 x 4,90 = 67,13

Oberlaa

69 - 61,3 =7,7

7,7 x 4,90 = 37,73

Erdbergstraße

75 - 61,3 =13,7

13 7 x 4 90 = 67,13

Anzahl der Tage:

Schnirchgasse

9 Tage

67,13 x 9 = 604, 17

Oberlaa

1 Tag

37,73

Erdbergstraße

5 Tage

67,13 x 5 = 335,65

 

Summe

977,55

Es steht für die einfache Strecke ein Betrag von S 977,55 zu.

Für die gesamten Strecken sind daher S 977,55 x 2 = S 1.955,10 an Fahrtkosten anzuerkennen.

Die Gesamtwerbungskosten des Bw. betragen daher S 3.990,00 + S 1.955,10 = S 5.945,10.

Gerundet stehen daher Gesamtwerbungskosten in Höhe von S 5.945,00 zu.

Gerundet stehen daher Gesamtwerbungskosten in Höhe von € 432,04 zu.

Wien, 2. März  2004

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Fahrtkosten, Fortbildungsveranstaltungen, Pendlerpauschale

Verweise:

VwGH 28.03.2000, 97/14/0103
VwGH 08.10.1998, 97/15/0073
Sailer/Bernold/Mertens/Kranzl, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2001, § 16 L 294 Beispiel 3

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