Betriebsaufgabe aus der Behandlung von Sonderklassepatienten
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat 1 am 22. Dezember 2003 über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz, vertreten durch Mag. Michaela Schöffl, betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2002 vom 12. Mai 2003, nach in Linz durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, der Vertreterin der Amtspartei sowie des steuerlichen Vertreters entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
1. Der Berufungswerber ist Arzt (Anästhesist) und erklärte im Veranlagungsjahr 2001 einen Übergangsgewinn von 636.882,50 S aus der Aufgabe der Behandlung von Patienten der Sonderklasse im Krankenhaus (durch den Pensionseintritt). Der erklärte Übergangsgewinn wurde im Rahmen der Veranlagung des Jahres 2001 nicht berücksichtigt, die bezeichneten Einkünfte wurden (nach dem Zuflusszeitpunkt) bei der Veranlagung des Jahres 2002 den Einkünften aus selbständiger Arbeit zugerechnet.
2. Mit Schreiben vom 28. Mai 2003 (bei der Behörde eingegangen am 11. Juni 2003) wurde gegen die Einkommensteuerbescheide für 2001 und 2002 vom 12. Mai 2003 Berufung eingelegt: Der erklärte Übergangsgewinn von 636.882,50 S sei im Einkommensteuerbescheid 2001 weder berücksichtigt, noch gemäß der Kennzahl 423 der Einkommensteuererklärung mit dem halben Durchschnittssteuersatz versteuert worden. Es werde beantragt, die Veranlagung 2001 und die Veranlagung 2002 erklärungsgleich durchzuführen.
Im Einkommensteuerbescheid 2002 sei der Betrag den Einkünften aus selbständiger Arbeit zugeschlagen worden. Es werde beantragt, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Jahr 2002 mit 6.883,80 € festzusetzen.
Der Bw. habe mit Ende 2001 seinen gesamten Betrieb aufgegeben. Begrifflich sei es systemimmanent, dass jemand der betriebliche Einkünfte erziele, einen Betrieb habe. Ein Betrieb sei eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, in der im Falle eines Arztes, der Dienstleister sei, Dienstleistungen bereitgestellt würden. Produktionsfaktor im Betrieb eines sondergebührenbeziehenden Arztes sei seine Fähigkeit, Patienten qualitativ hochwertig zu behandeln. Laut Einkommensteuerkommentar Doralt, Randzahl 24 zu § 4 EStG 1988, finde sich im Einkommensteuergesetz keine Definition des Begriffes Betrieb. Man könne daher nur nach den allgemeinen betriebswirtschaftlichen Regeln vorgehen. Der Übergangsgewinn nach Betriebsaufgabe setze sich aus einer Zusammenballung von Einkünften mehrerer Jahre zusammen, daher sei der begünstigte Steuersatz gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 und die Bestimmung des § 24 EStG 1988 anzuwenden.
3. Mit Berufungsvorentscheidung vom 3. Juli 2003 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen:
Der Tatbestand der Betriebsaufgabe erfordere nach ständiger Rechtsprechung, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang und in einem Zug mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit an verschiedene Erwerber übertragen, oder teilweise in das Privatvermögen übernommen würden. Die Aufgabe der Tätigkeit alleine stelle kein Tatbestandsmerkmal dar. Unter einem Betrieb sei die Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel zu einer organisatorischen Einheit zu verstehen (zB. VwGH vom 18.7.1995, 91/14/0217).
Entgelte für die Behandlung von Patienten der Sonderklasse zählten aufgrund der Fiktion in § 22 Z 1 lit. b letzter Satz EStG 1988 zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit. Bei Wegdenken dieser Fiktion wären die Einkünfte als im Rahmen des Dienstverhältnisses zum Krankenanstaltenträger zufließende nichtselbständige Einkünfte zu erfassen. Da die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Betriebes eine solche der Sachverhaltswürdigung sei, könne die gesetzliche Fiktion des § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 Tätigkeiten, die sachverhaltsbezogen keine selbständige organisatorische Einheit darstellten, nicht die Qualifikation eines einheitlichen Betriebes verschaffen. Da die Behandlung von Sonderklassepatienten im Krankenhaus im Rahmen der Erfüllung des Dienstvertrages mit dem Krankenhausträger mit den Betriebsmitteln des Krankenhauses erfolge, sei sie sachverhaltsbezogen (unter Ausklammerung der gesetzlichen Fiktion) dem Dienstverhältnis des Arztes zuzuordnen.
Als entscheidungswesentlich halte der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22.4.1980, 718/80 zusätzlich fest, dass der "geschlossene Bereich" (die Behandlung der Sonderklassepatienten) in jeder Hinsicht der Krankenanstalt und nicht dem behandelnden Arzt zuzurechnen sei. Die für die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erforderlichen Sachmittel und das hierfür erforderliche Personal stelle die Krankenanstalt zur Verfügung.
Mangels eines dem Berufungswerber zurechenbaren Personals bzw. zurechenbarer Sachmittel, stelle die Behandlung von Patienten der Sonderklasse an der Krankenanstalt keinen Betrieb des Berufungswerbers dar. Das Einstellen (Beenden) der Behandlung von Sonderklassepatienten im Zuge der Pensionierung ziehe aus diesem Grunde keine Betriebsaufgabe nach sich. Daher könnten auch die Bestimmungen der §§ 24 und 37 Abs. 5 EStG 1988 auf den gegenständlichen Fall nicht angewendet werden.
Nachträgliche Einkünfte gehörten grundsätzlich zu der Einkunftsart, zu der die aufgegebene Tätigkeit gehört habe. Nachträgliche Einnahmen seien in dem Kalenderjahr zu erfassen, in dem sie tatsächlich zugeflossen seien. Auf das Kalenderjahr, in dem wirtschaftlich gesehen die Verursachung liege, komme es hingegen nicht an. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus dem für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 maßgeblichen Zuflussprinzip des § 19 EStG 1988.
4. Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 brachte der Steuerpflichtige einen Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat ein:
Die Berufung richte sich gegen die Nichtberücksichtigung des Übergangsgewinnes von 636.882,50 S im Einkommensteuerbescheid 2001. Sie richte sich vor allem auch gegen die Nichtberücksichtigung der Versteuerung mit dem halben Durchschnittssteuersatz.
Das in der Berufungsvorentscheidung zitierte Erkenntnis sei nicht zur gesamten Aufgabe einer Tätigkeit, sondern nur zu einer Teilbetriebsaufgabe ergangen und könne deshalb nicht als entscheidungsrelevant angesehen werden.
Es werde beantragt, dass die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat in einer mündlichen Verhandlung erfolge, bei der gemäß § 285 Abs. 3 BAO zwecks Wahrung des Steuergeheimnisses die Öffentlichkeit ausgeschlossen werde.
5. Die Berufung wurde am 8. Oktober 2003 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt. Die Parteien wurden mit Schreiben vom 5. Dezember 2003 zur mündlichen Verhandlung am 22. Dezember 2003 geladen.
6. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2002 (bei der Berufungsbehörde eingelangt am 22. Dezember 2002) wurde die Berufung wie folgt ergänzt:
Der Gewinn eines Arztes aus dem Titel Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Ziffer 1 b EStG 1988 werde gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 folgendermaßen ermittelt. Der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dürfe dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung bestehe. Da von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben die Rede sei, müsse begrifflich ein Betrieb vorliegen, da sonst von Null nichts abgezogen würde und nach den somit klaren und eindeutigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 eigentlich keine Besteuerungsgrundlage ermittelbar wäre.
Unstreitig sei, dass (falls nicht freiwillig bilanziert werde) die unter § 22 EStG 1988 fallenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit, zu denen unzweifelhaft die Sondergebühren des Arztes gehörten, gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 zu ermitteln seien. Da sich der Gesetzgeber im EStG 1988 eines unbestimmten Rechtsbegriffes "Betrieb" bediene, müsse in diesem Falle der unbestimmte Rechtsbegriff zugunsten des Steuerzahlers ausgelegt werden.
Folge man Franz Bydlinski (Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff) so seien die verschiedenen Rechtsfindungsmethoden in folgender Reihenfolge anzuwenden: Im Rahmen der juridischen Auslegungsregeln sei die Wortinterpretation als vorrangig zu betrachten. Von einer Auslegungsmethode zur nächstfolgenden sei nur im Bedarfsfall überzugehen, da die einzelnen Methoden der Rechtsfindung zueinander im Verhältnis der Subsidiarität stünden. Diese Reihenfolge ergebe sich aus dem Einfachheitspostulat, dass sich der Rechtsanwender mit dem Ergebnis der jeweils einfacheren Interpretationsmethode zufrieden geben könne.
Da sich durch sämtliche für die Besteuerung relevante Paragraphen des Einkommensteuergesetzes (wie soeben aufgezeigt) der unbestimmte Rechtsbegriff "Betrieb" ziehe, sei dieser nach den Regeln der Wortinterpretation als (gemeint: hinsichtlich dessen Auslegung) abgeschlossen zu betrachten, ohne dass weitere Interpretationen anzustellen seien, was der Gesetzgeber eigentlich wolle.
Da ein Betrieb laut diesen eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 4 Abs. 3 EStG 1988) vorliege, müsse er auch gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 in einer begünstigten Form aufgegeben werden können, da alle Voraussetzungen (Aufgabe der Erwerbstätigkeit, sieben Jahre seit der Eröffnung verstrichen, 60. Lebensjahr erreicht) gegeben seien.
7. Verlauf der mündlichen Verhandlung:
Der Referent trägt den Sachverhalt vor.
Die Vertreterin der Amtspartei beantragt die Abweisung der Berufung.
Ergänzend wird vom Vertreter der Partei vorgebracht, dass es im EStG laut Doralt-Kommentar keine Hinweise darauf gebe, was ein Betrieb sei. Es liege daher ein unbestimmter Gesetzesbegriff vor, der auszulegen sei. Es werde der Antrag gestellt, der Berufung vollinhaltlich stattzugeben.
Der Senat hat erwogen:
1. Strittig ist das Vorliegen einer Betriebsaufgabe im Jahr 2001, aufgrund der Beendigung der Behandlung von Patienten der Sonderklasse im Krankenhaus durch den Berufungswerber.
Eine Betriebsaufgabe ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet
- Die Betriebsbeendigung (Zerschlagung des wirtschaftlichen Organismus) durch Aufgabe der wesentlichen Betriebsgrundlagen mittels (1) Übertragung des Betriebes zur Gänze an verschiedene Erwerber (entgeltlich oder unentgeltlich) bzw. ins Privatvermögen oder (2) teilweise Übertragung an Erwerber und ins Privatvermögen
- Einen einheitlichen (Aufgabe-)Vorgang binnen bestimmter Fristen
- Einen tatsächlichen Vorgang (wobei der Entzug aus dem betrieblichen Organismus genügt).
Von einem Betrieb im Sinne der Betriebswirtschaftslehre spricht man, wenn sich ein Gebilde (neben anderen Merkmalen wie einheitlicher Wille, Leistungserstellung für Dritte, Übernahme von Chancen und Risiken, Gewinnabsicht) durch eine Kombination von Produktionsfaktoren und Leistungsfaktoren auszeichnet.
Art und Umfang der wesentlichen Betriebsgrundlagen werden dadurch bestimmt, dass der Erwerber im Fall der Veräußerung des (Teil)Betriebes die Tätigkeit des Veräußerers mit den übertragenen Wirtschaftsgütern fortsetzen kann. Bei den freien Berufen ist der gesamte Kundenstock die entscheidende Betriebsgrundlage, in Einzelfällen (bei ständig wechselndem Patientenkreis) sind nicht die Patienten der Kundenstock, sondern die zuweisenden Ärzte zB. bei einem Labor oder einem Röntgenologen (VwGH 4.4.1989, 88/14/0083).
2. Zu untersuchen ist daher, ob im gegenständlichen Fall durch die Behandlung von Sonderklassepatienten im Krankenhaus ein Betrieb entstanden ist. Folgende Argumente sprechen dafür, dass das nicht der Fall ist:
(a) (1) Das Krankenanstalten - und Kuranstaltengesetz (KAKuG) gestattet im § 46 den Vorständen von Universitätskliniken und den Leitern von Klinischen Abteilungen mit Pfleglingen der Sonderklasse und mit Personen, die auf eigene Kosten ambulant behandelt werden, unbeschadet der Verpflichtung dieser Personen zur Entrichtung der Pflege- und Sondergebühren ein besonderes Honorar zu vereinbaren, wenn diese Personen auf ihren Wunsch durch den Klinikvorstand oder Leiter der Klinischen Abteilung persönlich behandelt werden. Die mit den Klinikvorständen vereinbarten Honorare unterliegen nicht § 27 Abs. 4 und 5 sowie § 28.
§ 27 Abs. 1 KAKuG bestimmt, dass mit den LKF-Gebühren oder den Pflegegebühren der allgemeinen Gebührenklasse (unbeschadet des Abs. 2 und des § 27a) alle Leistungen der Krankenanstalt abgegolten sind. § 27 Abs. 4 KAKuG regelt, dass durch die Landesgesetzgebung zu bestimmen ist, ob und welche weiteren Entgelte in der Sonderklasse neben den LKF-Gebühren oder den Pflegegebühren eingehoben werden können.
Das Oö. Krankenanstaltengesetz 1997 (Oö. KAG 1997) regelt im § 45 die Einrichtung einer Sonderklasse: Neben der allgemeinen Gebührenklasse kann in öffentlichen Krankenanstalten eine Sonderklasse nach Maßgabe der Bestimmung des § 37 Z. 7 errichtet werden, wenn die Einrichtungen der Krankenanstalt die Errichtung einer solchen Sonderklasse ermöglichen. Die Sonderklasse unterscheidet sich von der allgemeinen Gebührenklasse durch eine höheren Ansprüchen entsprechende (insbesondere auch eine Menüwahl umfassende) Verpflegung, eine bessere Ausstattung der Krankenzimmer und die geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern.
§ 46 Oö. KAG 1997 regelt in Abs. 5, dass unabweisbar Kranke, die in die allgemeine Gebührenklasse wegen Platzmangels nicht aufgenommen werden können, ohne Verrechnung von Mehrkosten solange in die Sonderklasse aufzunehmen sind, bis der Platzmangel in der allgemeinen Gebührenklasse behoben ist.
§ 52 Oö. KAG 1997 regelt in Abs. 4, dass von Patienten der Sonderklasse zusätzlich für jeden Verpflegstag ein Beitrag von 0,73 Euro einzuheben und an den Oö. Patientenentschädigungsfonds abzuführen ist.
Die Sondergebühren sind in § 53 Oö. KAG 1997 geregelt: Ein Zuschlag zur Pflegegebühr ist zur Abdeckung erhöhten Sach- und Personalaufwandes (Anstaltsgebühr) einzuheben.
In § 54 Oö. KAG 1997 wird bestimmt, dass Abteilungs-, Instituts- und Laboratoriumsleiter berechtigt sind, von Patienten der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen (Ärztehonorar). Die Ärzte des ärztlichen Dienstes erhalten Anteile entsprechend ihrer Leistung, die mit Zustimmung des Rechtsträgers der Krankenanstalt festgelegt werden. Kommt es binnen drei Monaten zu keiner Einigung und Zustimmung, hat die Landesregierung die Aufteilung festzulegen. Dem Rechtsträger der Krankenanstalt gebührt für die Bereitstellung der Einrichtungen der Anstalt ein Anteil in der Höhe von 25% an den Ärztehonoraren (Abs. 3). Der Rechtsträger der Krankenanstalt hat die Ärztehonorare namens der Ärzteschaft und zwar gleichzeitig mit den Sondergebühren, vorzuschreiben und einzubringen.
(2) Die bestehende Gesetzeslage stellt sich wie folgt dar: Patienten schließen einen Zusatzversicherungsvertrag ab. Darin ist der Aufenthalt in einer Sonderklasse geregelt. Die Privatversicherungen wiederum haben eine Allianz gebildet und sich zu einem Dachverband zusammengeschlossen. Dieser wiederum schloss einen Vertrag mit der Ärztekammer, die ihrerseits vertragliche Regelungen mit den Krankenanstalten trifft.
Dieses Vertragsgeflecht führt dazu, dass ein Patient bei der Aufnahme im Krankenhaus lediglich seine Zusatzversicherung anführen muss, um als Sonderklassepatient aufgenommen zu werden. Ein Vertrag zwischen den Klinik- oder Abteilungs (Instituts)vorständen und dem Sonderklassepatienten kommt nicht zustande. Einerseits schließt der Patient mit der Krankenanstalt einen Krankenhausaufnahmevertrag, welcher die erforderliche medizinische Behandlung (auch in der Sonderklasse) umfasst. In § 46 Abs. 5 Oö. KAG ist sogar ausdrücklich die Behandlung in der Sonderklasse geregelt, wenn die allgemeine Gebührenklasse belegt ist. Andererseits wird eine Theorie, wonach der Arzt eine eigene Klinik innerhalb der Krankenanstalt betreibt, in der Zivilrechtslehre einhellig abgelehnt (dazu auch RdM 2000, 140).
Die Art der Behandlung der Sonderklassepatienten ergibt sich ausschließlich aus den Dienstvorschriften. Bereits bei der Aufnahme des leitenden Arztes in die Krankenanstalt sind die von den Sonderklassepatienten zu erzielenden Gebühren Teil der "Verhandlungsmasse" für den Dienstvertrag. Das Krankenhaus profitiert von Ärzten, die einen so guten Ruf haben, dass die Patienten in der Sonderklasse von ihnen behandelt werden wollen. Andererseits kann der Arzt bei derartigen Patienten erheblich dazuverdienen, meist sind die Anteile an den Sondergebühren höher als das fixe Gehalt. Die Höhe des fixen Gehalts richtet sich daher üblicherweise danach, wieviel der Arzt durch die Behandlung in der Sonderklasse zusätzlich verdienen kann.
Das ärztliche Verhalten ist im Bereich der Sonderklassepatienten nach den Dienstvorschriften auszurichten: Der Arzt darf keine Geschenke entgegennehmen, hat den Erfordernissen der Hygiene Rechnung zu tragen, hat weiters die Vorschriften über die ärztlichen Visiten zu beachten und ist auch hier verpflichtet, für die Aufrechterhaltung eines geregelten, den bestehenden Vorschriften und Bedürfnissen entsprechenden Dienstbetriebes zu sorgen. Das Krankenhaus stellt die Infrastruktur für die Behandlung der Sonderklassepatienten zur Verfügung. Diese ist somit als eine im Rahmen des Dienstverhältnisses entfaltete Tätigkeit anzusehen, der Arzt wird somit auch nicht unternehmerisch tätig (SWK 1984, A I 97 und die dazu ergangenen Entscheidungen des VwGH vom 19.1.1984, 83/15/0113 und vom 19.1.1984, 83/15/0114). Dass die Krankenanstalt das Entgelt (in Oberösterreich, aber nicht in allen Bundesländern) für die behandelnden Ärzte einnimmt, ändert daran nichts.
Die obige Aussage wird durch weitere Umstände gestützt:
- So haftet der Träger der Krankenanstalt grundsätzlich für ärztliche Kunstfehler und kann sich beim Arzt unter gewissen Umständen regressieren. Im Falle eines Fehlers bei der Behandlung von Patienten der Sonderklasse ergibt sich kein anderes Haftungsschema. Wäre tatsächlich nur der Arzt und nicht die Krankenanstalt in diesem Bereich Verantwortlicher für die Behandlung, so könnte auch nur dieser haften.
- Die Behandlung erfolgt in allen Fällen, auch durch die nachgeordneten Ärzte, im Rahmen der Dienstzeit, was bei einer über den Dienstvertrag hinausgehenden (zusätzlich vereinbarten) Leistung nicht der Fall sein könnte.
- Sonderklassepatienten dürfen nach den Richtlinien der Krankenhausträger gegenüber den Patienten der allgemeinen Klasse keine bevorzugte medizinische Behandlung erfahren. Nach dem Oö. KAG unterscheidet sich die Sonderklasse nur durch bessere Verpflegung, Ausstattung der Zimmer und geringere Bettenzahl (hinzu kommt noch die freie Arztwahl).
Zudem wird das Sonderklasseentgelt dem hauptbehandelnden Arzt zugewiesen, dieser teilt es institutsweise (nach einer Empfehlung der Ärztekammer) auf Oberärzte, Assistenzärzte usw. auf. Auch daraus ergibt sich, dass kein gesonderter Vertrag Arzt/Sonderklassepatient vorliegt. Ein untergeordneter Arzt, der eine Laboruntersuchung durchführt, kennt für gewöhnlich den Patienten gar nicht, daher werden die Leistungen institutsweise auch nur mit Pauschalen abgerechnet.
Hinzu kommt, dass die bezeichneten Entgelte bis zum 1.1.2002 auch als beitragspflichtige Entgelte im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG angesehen wurden. Bis dahin wurden nämlich jene Geld- und Sachbezüge als beitragspflichtiges Entgelt gewertet, die den pflichtversicherten Dienstnehmern als Gegenleistung für die in dem unselbständigen Beschäftigungsverhältnis erbrachten Arbeitsleistungen von Dritten zukamen (ähnlich dem Trinkgeld eines Kellners oder Friseurs). Erst im Zuge einer Novellierung des § 49 ASVG wurde eine Befreiungsbestimmung für diese Entgelte in § 49 Abs. 3 Z 26 ASVG eingeführt.
(3) Zusammengefasst ergibt sich, dass die Einnahmen aus der Behandlung der Sonderklassepatienten untrennbar mit dem Dienstverhältnis des behandelnden Arztes verknüpft sind. Dieser ist schon aufgrund seiner dienstlichen Obliegenheiten verpflichtet, die Sonderklassepatienten zu behandeln, Einkünfte aus selbständiger Arbeit (SA) ergeben sich nur aufgrund der Bestimmung des § 22 Abs. 1 Z 1 lit. b EStG 1988, ansonsten lägen nichtselbständige Einkünfte (NSA) vor. Aus diesem Grund müssen auch alle Aufwendungen des Arztes auf die Einnahmen betreffend Patienten der allgemeinen Klasse (NSA) und der Sonderklasse aufgeteilt werden (VwGH vom 29. Mai 2001, 2001/14/0090), bei Fahrtaufwendungen steht die Veranlassung durch die nichtselbständige Arbeit im Vordergrund, sodass die Kosten durch das bei dieser Einkunftsart geltend gemachte Pauschale abgegolten sind (VwGH 30. Oktober 2001, 97/14/0140).
(b) Wenn der Berufungswerber ausführt, die VwGH-Entscheidung vom 22.4.1980, 718/80 sei für den gegenständlichen Fall nicht relevant, so ist dem folgendes entgegenzuhalten: Zwar ist es richtig, dass es bei dem durch das Höchstgericht entschiedenen Fall um eine Teilbetriebsaufgabe (im Bereich der Aufgabe der Behandlung der Sonderklassepatienten) gegangen ist, weil sowohl eine Ordination des Arztes, als auch eine Tätigkeit im Krankenhaus vorlag, während beim Berufungswerber ausschließlich eine Betätigung im Krankenhaus gegeben ist. Aus den Ausführungen des VwGH ergibt sich aber, dass beide Fälle gleich zu behandeln sind. In der Entscheidung heißt es: "Wenn der Beschwerdeführer meint, die Behandlung von Patienten an den Krankenanstalten sei ein organisch in sich geschlossener Bereich, mit vollkommener Selbständigkeit gegenüber der Tätigkeit in der Privatpraxis, so mag das durchaus zutreffen. Entscheidungswesentlich ist jedoch nach dem Gesagten, dass dieser "geschlossene Bereich" in jeder Hinsicht der Krankenanstalt und nicht dem Beschwerdeführer zuzuordnen ist. Die Verbindung zwischen diesem Bereich und dem Beschwerdeführer bestand lediglich darin, dass der Beschwerdeführer dem "Bereich" aufgrund besonderer Vereinbarung einen Teil seiner ärztlichen Tätigkeit widmete. Aus der Sicht der Beschwerde verfehlt ist daher der in der Folge vom Beschwerdeführer gezogene Schluss, seine "diesbezügliche Tätigkeit" habe von jedem anderen Facharzt ohne weiteres fortgesetzt werden können. Denn der andere Facharzt kann die vom Beschwerdeführer aufgegebene Tätigkeit nicht im hier maßgebenden Sinn fortsetzen, weil ihm der Beschwerdeführer die hierfür erforderlichen Mittel zu überlassen imstande war, sondern weil ihm (gemeint: dem anderen Facharzt) die Krankenanstalt die für die Führung einer Krankenhausstation notwendigen Sachmittel und das hierfür erforderliche Personal zur Verfügung stellt."
Aus diesen Ausführungen ergibt sich für den erkennenden Senat ohne Zweifel, dass der Bereich der Behandlung der Sonderklassepatienten (hier als "geschlossener Bereich" bezeichnet) der Krankenanstalt und nicht dem behandelnden Arzt zuzurechnen ist. Eine Verbindung ergibt sich nur aus der (dem Dienstrecht entspringenden) Arzttätigkeit.
(c) Betrachtet man die Voraussetzungen für eine Betriebsaufgabe so ergibt sich, dass bei dem geschilderten Sachverhalt ein Gemenge von Produktions- und Leistungsfaktoren, wie es für "Betriebe" typisch ist nicht vorliegt. Die "Produktionsmittel" (medizinische Apparaturen und Infrastruktur) werden vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt. Ein Kundenstock des Behandlers der Sonderklassepatienten (als wesentliche Betriebsgrundlage) existiert nicht, weil die Patienten aufgrund des Aufnahmevertrages mit dem Krankenhaus behandelt werden und nicht dem Arzt zuzurechnen sind, sodass dieser "Kundenstock" weder veräußert noch ins Privatvermögen überführt werden kann.
Es besteht daher kein "Betrieb", weil es weder einen betrieblichen Produktions - und Organisationskomplex gibt, noch ein Betriebsvermögen (ausgenommen davon wären nur Sonderklassepatienten, die sich anschließend in der Privatordination des Arztes weiterbehandeln lassen). Da die Merkmale einer Betriebsaufgabe nicht gegeben sind, war eine solche steuerlich auch nicht durchzuführen. Eine begünstigte Besteuerung im Sinne der §§ 24 und 37 Abs. 5 EStG 1988 kommt somit nicht in Betracht.
Der Zufluss der strittigen Einkünfte im Jahr 2002 wurde vom Berufungswerber nicht bestritten, sodass deren Zurechnung im bezeichneten Veranlagungsjahr zu Recht erfolgte.
Die Berufung war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.
Linz, 9. 1. 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 22 Z 1 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Betriebsaufgabe, Abteilungsleiter, Krankenhaus, Sonderklassepatienten |
Verweise: | VwGH 22.04.1980, 0718/80 |