UFS RV/2130-W/02

UFSRV/2130-W/0219.1.2004

Liebhaberei bei einer Gesangsgruppe

 

Anmerkungen:
In diesem Sinne auch RV/0289-W/02.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Weinberger & Höchtl Buchprüfungs- und SteuerberatungsgmbH, gegen die Bescheide des Finanzamtes Melk betreffend Umsatzsteuer und Feststellung von Einkünften jeweils für die Jahre 1995 bis 1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 1999 und Feststellung von Einkünften für die Jahre 1995 bis 1998 bleiben unverändert.

Der angefochtene Bescheid betreffend Feststellung von Einkünften für das Jahr 1999 wird für endgültig erklärt.

Hinweis

Diese Berufungsentscheidung wirkt gegenüber allen Beteiligten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen (§§ 191 Abs. 3 lit. b BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

a) Bescheide

Die Bw. bildeten eine von 1995 bis 2001 tätige und aus acht Mitgliedern bestehende

A-Cappella-Männergesangsgruppe.

Das zuständige Finanzamt Melk (FA) erließ zunächst unter Übernahme der Ergebnisse laut Erklärungen gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Bescheide betreffend Umsatzsteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften (Gewerbebetrieb):

 

1995

1996

1997

1998

 

S

S

S

S

Umsatzsteuer:

-24.956,00

-2.176,00

-9.682,00

3.431,00

Feststellung v. Einkünften:

-124.382,00

-54.034,00

-10.562,00

5.873,00

 

Am 13. März 2001 erließ das FA endgültige Bescheide gemäß § 200 Abs. 2 BAO, in denen es für die Jahre 1995 bis 1998 die Umsatzsteuer mit S 0,00 festsetzte und die Einkünfte ebenfalls mit S 0,00 feststellte. Für das Jahr 1999 setzte das FA mit Bescheid vom 13. März 2001 die Umsatzsteuer mit S 0,00 fest und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb diesmal gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig mit S 0,00 fest.

In der schriftlichen Begründung zu den Feststellungsbescheiden führte das FA aus, nach einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren würden die vorläufigen Bescheide für endgültig erklärt werden. Die Bw. hätten in den Jahren 1995 bis 1999 einen Gesamtverlust von S 212.681,00 erwirtschaftet. Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 LVO, die in absehbarer Zeit keinen Gesamtgewinn erwarten lassen, würden keine einkommensteuerlich beachtliche Einkunftsquelle darstellen. Aus diesem Grund könnten die erklärten (Gesamt)-Verluste nicht anerkannt werden. Zu den Bescheiden betreffend Umsatzsteuer erging vom FA keine schriftliche Begründung.

b) Berufung

Die Bw. erhoben mit Schreiben vom 6. April 2001 gegen die o a Bescheide vom 13. März 2001 betreffend Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1995 bis 1999 Berufung und brachten vor, die Männergesangsgruppe sei im Jahr 1995 gegründet worden, bestehe aus acht Mitgliedern und trete in Konzerten ohne Instrumente auf. Die Gesangsvorführungen würden a cappella erfolgen. Der in der Bescheidbegründung ausgeführte Hinweis, dass es sich um eine Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO handle, nämlich eine in der Lebensführung begründete Neigung vorliege (wie zB bei einem Sportamateur oder bei einem Reiseschriftsteller) müsse widersprochen werden. Die Gesangsvorführungen und Konzerte seien nicht der Ausfluss einer besonderen in der Lebensführung sich befindenden Neigung, wie es bei Hobbys der Fall sei, sondern professionelle Auftritte einer hochqualifizierten Gesangsgruppe. So verfüge das Männerensemble über vier Stimmlagen von Männern (1. Bass, 2. Bass, 1. Tenor und 2. Tenor). Um ihre Professionalität und auch Qualität beizubehalten und noch zu verbessern, würde laufend eine Stimmausbildung der Gesangsmitglieder stattfinden. So würden in der Musikschule Y. wöchentlich von jedem einzelnen Chormitglied jeweils eine Stunde Stimmübungen und Stimmfortbildung, geleitet von einer Gesangslehrerin, vorgenommen werden. Weiters würde der Chor zweimal jährlich ein gesondertes Übungswochenende (Samstag, Sonntag) abhalten, wo ein spezielles chorinternes Programm durchgeführt werde. Weiters probe das Männerensemble regelmäßig einmal pro Woche. Hier sei im besonderen hervorgehoben, dass es sich nicht um einen üblichen Männergesangsverein handle (der in Y. gleichfalls bestehe und bei dem die Chormitglieder auch mitsingen würden), sondern dass es sich um eine Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 LVO handle (Betätigung mit Annahme einer Einkunftsquelle) und eine Einordnung unter § 1 Abs. 2 LVO nicht vorliege. Die Chormitglieder würden je einen eigenen Frack für Konzertauftritte sowie entsprechende Anzüge besitzen, die entsprechend ergänzt bzw. erneuert würden. Accessoires, die für professionelle Auftritte erforderlich seien, wie bunte Hosenträger, Hüte, Steppschuhe und andere ergänzende Kleidungsstücke würden zum Repertoire der Gruppe gehören. Weiters verbringe der Chorleiter der Gesangsgruppe jährlich eine Woche in Kärnten, um dort eine spezielle Fortbildung als Chorleiter zu absolvieren.

Das Männerensemble habe im Jahr 1995 eine CD-Produktion in Auftrag gegeben und für den Einkauf der Tonträger sowie die Produktion S 155.600,00 investiert (unter Hinweis auf den Verlust des ersten Jahres 1995 von S 124.382,00). Zur Zeit würden sich zwei CDs am Markt befinden ("Die Erste" und "Die Internationale"). Insgesamt seien auf diesen CDs rund 25 Lieder aufgenommen. Zur Zeit würden neue Lieder einstudiert, um das Repertoire zu erweitern.

Umsatz- und Ertragslage der Jahre 1995 bis 1999 würden sich wie folgt darstellen:

 

1995

1996

1997

1998

1999

 

S

S

S

S

S

Erlöse

166.838,00

60.974,00

80.802,00

92.229,00

25.123,00

Verluste

-124.382,00

-30.356,00

-3.891,00

(Gewinn) 5.873,00

-29.690,00

darin enthalten:

     

a) IFB

1.379,00

720,00

5.395,00

  

b) Abschreibungen

38.047,00

39.522,00

49.391,00

38.541,00

27.028,00

 

In der Bescheidbegründung sei richtig ausgeführt worden, dass die Gruppe mit ihren eigenen Einkünften aus Gewerbebetrieb insgesamt einen Verlust in den Jahren 1995 bis 1999 in Höhe von S 182.446,00 erwirtschaftet habe. Durch die Geltendmachung von Sonderbetriebsausgaben seitens des Chorleiters [Beteiligter] in den Jahren 1996 von S 23.678,00 und 1997 von S 6.674,00 seien dessen Verlusttangenten etwas höher gewesen. Wie sich aus diesen Ziffern erkennen lasse, würden im Jahr 1995, nämlich im Jahr der CD-Produktion ein höherer Verlust von S 124.300,00 vorliegen. in den Jahren 1996 bis 1998 sei der Cash flow unter Hinzurechnung der Abschreibung bereits positiv, das heiße dass in diesen Jahren bereits ein "wirtschaftlicher Gewinn" erzielt worden sei.

Es sei richtig, dass § 1 Abs. 1 LVO davon ausgehe, dass das subjektive Element der Gewinnerzielungsabsicht nicht unmittelbar erkennbar sei. Das objektiv erkennbare Ertragsstreben müsse jedoch darauf gerichtet sein, im Laufe der Betätigung Gewinne oder Überschüsse zu erwirtschaften, wobei nicht nur die angefallenen Verluste auszugleichen seien, sondern ein Gesamtgewinn erreicht werden müsse. Dabei seien unerwartete Umstände, wie beispielsweise unvorhersehbare Investitionen, Schwierigkeiten in der Abwicklung von Auftragsverhältnissen, sowie andere Unabwägbarkeiten, die ein Ausbleiben des Gesamterfolges bewirken würden, allein nicht geeignet, die Qualifikation einer Betätigung als Einkunftsquelle abzusprechen (unter Hinweis auf Punkt 6 der Richtlinien zur Liebhabereibeurteilung 1997, Erlass vom 23. Dezember 1997, Z 14 0661/6-IV/14/97).

Der Zeitraum, in dem ein wirtschaftlicher Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) erwirtschaftet werden müsse, müsse ein absehbarer sein, wobei die Zeitspanne nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten als üblich zu betrachten sei. Im gegenständlichen Fall liege bisher lediglich ein Beobachtungszeitraum von fünf Jahren vor, der im Hinblick auf den Aufbau und die entsprechende Marktetablierung der Bw. als zu kurz betrachtet werden müsse, um Liebhaberei anzunehmen.

Eine Auflistung der Erlöse in Konzertauftritte und Verkauf von CDs zeige, dass der Verkauf der CDs trotz diverser werblicher Maßnahmen, zurückgegangen sei, woraus die nach Angaben der Bw. rückläufigen Verluste entstanden seien.

 

1995

1996

1997

1998

1999

Erlöse aus CD-Verkäufen

S

S

S

S

S

laut Bw.:

121.711,00

33.179,00

9.875,00

3.308,00

1.208,00

 

Da zur Zeit die Konkurrenz der Bw. in Form einer namentlich genannten Gruppe aus dem Mostviertel, die im selben Marktsegment tätig sei, sehr stark in den Vordergrund getreten sei, hätten die Bw. beschlossen, kurzfristig für ein halbes bis zu einem Jahr das eigene Programm etwas zurückzunehmen und neue Lieder für eine entsprechende Neuproduktion vorzubereiten. Auch sei zur Zeit die CD-Produktion aus finanziellen Gründen etwas reduziert. Andererseits würden bereits für 2001 Gesangsaufträge in der Größenordnung von S 40.000,00 bis S 50.000,00 vorliegen. Für die nächsten Jahre könne daher gesagt werden, dass ab dem Jahr 2002 die Abschreibungen laut Anlageverzeichnis ausgelaufen seien, sodass diese Kostenposition in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wegfalle. Unter Berücksichtigung eines Auftragsvolumens von rd. S 50.000,00 bis S 80.0000,00 p.a. werde nach Ablauf von weiteren fünf Jahren, dh. bis zum Jahr 2006 ein Gesamtgewinn entstanden sein, der die bisher angelaufenen Verluste egalisiere.

Die Bw. würden daher beantragen, die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer und einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1995 bis 1999 aufzuheben und die seinerzeitigen Bescheide wieder in Kraft zu setzen.

c) Vorhalt UFS - Antwort Bw.

Das FA legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde II. Instanz vor, welche die Bw. mit Vorhalt vom 21. Juli 2003 darauf hinwies, dass das Gesangsensemble zwischenzeitlich nach sieben Jahren mit einem Gesamtverlust von rd. S 200.000,00 aufgelöst wurde. Die Bw. wurden ersucht, unter Beilage geeigneter Unterlagen darzulegen, aus welchen Gründen die Betätigung trotz Einstellung geeignet gewesen wäre, in absehbarer Zeit einen Gesamterfolg zu erwirtschaften.

Die Bw. antworteten mit Schreiben vom 31. Oktober 2003, es sei richtig, dass die Bw. in den Jahren 1995 bis 2001 - ohne Berücksichtigung der Sonderbetriebsausgaben des Chorleiters - einen Gesamtverlust von S 201.083,00 erwirtschaftet haben. Über die Entstehungsgeschichte und den wirtschaftlichen Verlauf in den Jahren 1995 bis 1999 sei bereits in der Berufung vom 6. April 2001 berichtet worden. Ende 2001 sei die Betätigung nach einem Gewinn in diesem Jahr von S 4.700,00 eingestellt worden. Wie bereits ausgeführt, wären jedoch ab dem Jahr 2002 die Abschreibungen ausgelaufen, sodass bei durchschnittlich prognostizierten Einnahmen von rd. S 50,000,00 ein Gewinn von ca. S 35.000,00 p. a. erzielt worden wäre. Unter Zugrundelegung dieser Prognosedaten wäre laut Bw. ab dem 13. Jahr ein Totalgewinn erzielt worden.

Bei Beurteilung eines abgeschlossenen Beobachtungszeitraumes seien gemäß LRL grundsätzlich die Ergebnisse dieses Zeitraumes heranzuziehen, werde jedoch die Tätigkeit, die auf einen unbegrenzten (zumindest bis zur Erzielung eines gesamten positiven Ergebnisses) Zeitraums angelegt sei, vorzeitig beendet, so seien die Umstände (Eintritt von konkreten Unabwägbarkeiten) zu untersuchen, die das Ausbleiben des Gesamtgewinnes bewirkt hätten. Bleibe somit durch unerwartete Umstände der Gesamterfolg aus, so seien diese Verluste für sich allein der Qualifizierung einer Betätigung als Einkunftsquelle nicht abträglich (unter Hinweis auf VwGH 3.7.1996, 63/13/0171; 92/13/0139). Fest stehe, dass die Gesamttätigkeit der Bw. nicht von vorn herein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen sei, sondern durch den Eintritt von äußeren Umständen, die erst nachträglich entstanden seien, beendet worden sei. Dafür gebe es zwei Ursachen:

1. Die Gesangsgruppe sei durch 2 erste Bässe, 2 zweite Bässe, 2 erste Tenöre und 2 zweite Tenöre repräsentiert gewesen. Die beiden zweiten Bässe seien durch Mitglieder besetzt gewesen, die durch plötzlich veränderte berufliche Verpflichtungen, die unvorhersehbar und für die Existenz deren Familie unabänderlich gewesen seien, nicht mehr an den weiteren Gesangs- und Probeaktivitäten hätten teilnehmen können. Das eine Mitglied sei von seinem Auftraggeber überwiegend ins Ausland entsandt worden (Slowenien, Deutschland, Holland), wobei die Abberufung in der Regel kurzfristig erfolgt und auch in ihrer Dauer nicht planbar gewesen sei. Dadurch sei es diesem Gesangsmitglied nicht mehr möglich gewesen, regelmäßig an den Gesangsproben und Gesangsaufführungen teilzunehmen. Das andere Mitglied sei Mitarbeiter einer Baumaschinenfirma und ebenfalls überwiegend im Ausland tätig. Seine beruflichen Einsätze würden sich auf europäische und Überseegebiete erstrecken. Seine Einsätze würden ihm sehr kurzfristig mitgeteilt werden und sich in der Regel über einige Wochen erstrecken und somit die Teilnahme an Proben und Konzerten im Rahmen des Männerensembles nicht mehr möglich machen. Auch die beiden ersten Bässe wären aus familiären Zwängen veranlasst, nach B. bzw. P. zu übersiedeln, wodurch ihnen ein regelmäßiges Proben in kurzen Abständen unzumutbar geworden sei.

2. Das Gesangsangebot der Bw. sei ausschließlich auf kirchliche Gesänge bzw. auf Konzerte im sakralen Bereich ausgerichtet gewesen und in der Regel bei Hochzeiten, Feiern und Konzerten aufgeführt worden. Ein Wandel in der Nachfrage hin zu moderner Musik mit instrumentaler Unterstützung habe zu einer starken Reduzierung der bisher nachgefragten Konzerte und Aufführungen des Männerensembles geführt. Damit sei zwangsläufig die gesangliche Tätigkeit nur mehr in eingeschränkterem Ausmaß gefragt gewesen und somit wesentlich zurückgegangen, was eine endgültige Beendigung der Aktivitäten der Bw. zur Folge gehabt habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Neigung in der Lebensführung

Laut den vorliegenden Erklärungen erwirtschafteten die Bw. während der siebenjährigen Dauer des Bestehens der Gesangsgruppe von 1995 bis 2001 einschließlich Sonderbetriebsausgaben des Chorleiters einen Gesamtverlust von rd. S 230.000,00 (ohne Sonderbetriebsausgaben rd. S 200.000,00).

Verlust/Gewinn

S

1995

-124.382,00

1996

-54.034,00

1997

-10.562,00

1998

5.873,00

1999

-29.690,00

2000

-23.337,00

2001

4.700,00

Gesamtverlust

-231.432,00

 

An Investitionsbegünstigungen (IFB) wurden nur geringe Beträge von insgesamt rd. S 8.000,00 geltend gemacht, die im Wesentlichen nichts an der Höhe des Gesamtverlustes ändern. Ein Aufgabegewinn wurde nicht erklärt.

Gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung (LVO) BGBl Nr. 33/1993 liegen Einkünfte bei einer Betätigung vor, die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn zu erzielen. Diese Absicht muss an Hand objektiver in § 2 Abs. 1 und 3 LVO näher geregelter Umstände nachvollziehbar sein.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 LVO ist demgegenüber Liebhaberei anzunehmen, wenn Verluste aus Tätigkeiten entstehen, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind. Diese Annahme ist widerlegbar (siehe unten Punkt 2).

Das Männergesangsensemble der Bw. bestand aus acht Personen, die davor, während der Dauer des Bestehens und auch danach laufend Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit in einer Höhe erhielten, die allein zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ausreichte, nämlich jährlich jeweils zwischen rd. S 400.000,00 und S 800.000,00 brutto. Ein Beteiligter bezog neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft jährlich rd. S 300.000,00 brutto als Gesellschafter-Geschäftsführer seiner eigenen GmbH. Ein 1969 geborener Beteiligter erzielte erst ab dem 22.9.1997 eigene Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, jedoch dann ebenfalls jährlich immer über S 400.000,00 brutto. Die nichtselbständigen Tätigkeiten wurden von allen Mitgliedern jeweils ganzjährig ausgeübt. Es ist daher die Feststellung zu treffen, dass die Mitglieder auf Grund ihrer bestehenden Dienstverhältnisse bei der Finanzierung ihres Lebensunterhaltes nicht auf Einkünfte aus der Gesangstätigkeit angewiesen waren. Die Gesangstätigkeit wurde demgegenüber nur nebenberuflich ausgeübt.

Eine Betätigung iSd § 1 Abs. 2 Z 2 LVO liegt vor, wenn diese im Konkreten bei Anlegen eines abstrakten Maßstabes ("typischerweise") einen Zusammenhang mit einer in der Lebensführung begründeten Neigung aufweist. Dies trifft nach der Rechtssprechung vor allem auf nebenberuflich ausgeübte Tätigkeiten zu (vgl. VwGH 30.7.2002, 96/14/0116, mit weiteren Zitaten).

Gerade eine musikalische Betätigung entsteht in typisierender Betrachtung aus der persönlichen Neigung zur Musik, dies umso mehr als der Lebensunterhalt tatsächlich über eine andere Tätigkeit bestritten wird.

Im vorliegenden Fall bezogen die Beteiligten zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes laufend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei verschiedenen Dienstgebern (Amt der Landesregierung, Gartenunternehmen, Magistrat, Maschinenanlagenbau, Recyclingunternehmen, Bundesdienst) und übten dazu nur nebenberuflich die musikalische Tätigkeit im Männergesangsensemble aus, woraus die berufungsgegenständlichen Verluste erklärt wurden. Im Sinne der zitierten Rechtsprechung liegt somit eine typischerweise auf einer in der Lebensführung begründeten Neigung zurückzuführende Tätigkeit iSd § 1 Abs. 2 Z. 2 LVO vor.

Laut Berufung absolvierten die Mitglieder wöchentlich eine Stunde Stimmübungen, geprobt wurde einmal die Woche und zweimal jährlich an Wochenenden, dies offenbar im eingeschränkten Zeitausmaß neben der den Großteil der Zeit in Anspruch nehmenden nichtselbständigen Berufsausübung in anderen Bereichen.

Eine entsprechende "Professionalität" der Gesangsausübung, die - wie in der Berufung vorgebracht - zu einer typischen erwerbswirtschaftlichen Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO führen soll, ist in dieser zeitlich geringen Befassung nicht zu erblicken. Der Annahme einer nebenberuflichen Tätigkeit steht auch nicht entgegen, dass der Chorleiter jährlich eine Woche in Kärnten zur speziellen Fortbildung verbrachte, die Gesangsgruppe zwei eigene Tonträger aufnahm und bei Auftritten vor Publikum Kostüme und Accessoires (Frack, Anzüge, bunte Hosenträger, Hüte, Steppschuhe) verwendete, da dies auch bei einer freizeitmäßig ausgeübten, wenn auch mit Einnahmen verbundenen, Gesangsbetätigung nicht ungewöhnlich ist.

Der künstlerische Inhalt der Auftritte ist für die Einschätzung als Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 LVO nicht wesentlich. Gleiches gilt für eine besondere Musik- oder Gesangsausbildung, da diese nach der gesicherten Lebenserfahrung gerade auch bei Personen vorhanden ist, die Musik und Gesang freizeitmäßig betreiben.

2. Absehbarer Zeitraum - Prognose

Gemäß § 2 Abs. 4 LVO liegt bei einer Tätigkeit iSd § 1 Abs. 2 Z 2 Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn erwarten lässt.

Diesbezüglich brachten die Bw. im Schreiben vom 31. Oktober 2003 vor, im letzten Jahr des Bestehens 2001 sei ein Gewinn von S 4.700,00 erreicht worden, ab 2002 sei die Afa ausgelaufen, bei prognostizierten jährlichen Einnahmen von rd. S 50.000,00 wäre ein Jahresgewinn von rd. S 35.000,00 und damit ab dem 13. Jahr ein Totalgewinn angefallen.

Dazu sind folgende Feststellungen zu treffen:

Laut Abgabenerklärungen wurden in den letzten drei Jahren vor Beendigung - ohne Anlagenabgang und Auflösung IFB - nur mehr Erlöse von rd. S 25.000,00 (1999), S 9.000,00 (2000) und S 32.000,00 (2001) erzielt. Im Vergleich dazu betrugen in den vier Jahren davor die Erlöse immerhin noch zwischen S 166.000,00 und S 92.000,00. Auch wenn die Erlöse im letzten Jahr 2001 noch leicht auf S 32.000,00 angestiegen sind, ist auf Grund des allgemeinen Absinken vor Einstellung der Tätigkeit - im vorletzten Jahr nur mehr S 9.000,00 - ein von den Bw. prognostiziertes Erreichen von jährlich S 50.000,00 ab 2002 nicht nachvollziehbar. Die Bw. führen auch nicht aus, auf welche konkreten Umstände eine derartige erhebliche Einnahmensteigerung zurückzuführen gewesen wäre.

Die Prognose von S 50.000,00 jährlich ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil selbst die in der Berufung vom 4. April 2001 genannten Aufträge für das Jahr 2001 "in der Größenordnung von S 40.000,00 bis S 50.000,00" nachweislich nicht erreicht wurden (tatsächliche Einnahmen nur S 32.000,00). Weiters geben die Bw. an, dass das Gesangsangebot der Gruppe auf den kirchlichen und sakralen Bereich beschränkt war und es auf Grund eines Nachfragewandels hin zu moderner Musik mit Instrumentalbegleitung zu einer Reduzierung der Auftritte kam. Der Wandel im Publikumsgeschmack wurde auch als ein Grund für die Einstellung genannt. Dass sich die Bw. dieser neuen Nachfrage angepasst hätten, wurde in der Prognose nicht behauptet, weshalb auch aus diesem Grund (Reduzierung der Auftritte) eine Steigerung der Einnahmen auf S 50.000,00 nicht erklärbar ist.

Die Prognose der Bw. laut Schreiben vom 31. Oktober 2003 ist daher auf der Einnahmenseite nicht nachvollziehbar und der Nachweis nach § 2 Abs. 4 LVO nicht erbracht.

Jedoch selbst bei Annahme von S 50.000,00 an jährlichen Einnahmen, würde kein absehbarer Zeitraum iSd § 2 Abs. 4 LVO vorliegen, da die Prognose der Bw. auf der Ausgabenseite unvollständig ist:

Die Bw. lassen nämlich unberücksichtigt, dass ihre Betriebsmittel (Instrumente, EDV-Ausstattung, Noten, Kostümteile, Requisiten) im Jahr der Einstellung 2001 bereits bis zu sieben Jahre alt waren und daher im Falle einer Fortführung des Gesangsensembles laufend nachgeschafft bzw. ergänzt hätten werden müssen. Darauf weisen die Bw. in der Berufung betreffend Kostüme auch selbst hin. Somit wären auch in den Folgejahren Afa-Beträge angefallen, wobei ausgehend vom letzten Wert 2001 von rd. S 19.000,00 dafür zumindest S 15.000,00 jährlich anzusetzen sind. Dass dieser Wert nicht zu hoch gegriffen ist, zeigt die jährliche Afa für die Jahre 1995 bis 1998 von rd. S 40.000,00.

Weiters wäre eine tatsächliche Steigerung der Einnahmen auf jährlich S 50.000,00 notwendigerweise auch mit einer Erhöhung der anderen Ausgaben, insbesondere für Werbung und Reisespesen verbunden gewesen. Noch in der Berufung vom 6. April 2001 gaben die Bw. an, dass sie das eigene Programm etwas zurücknehmen wollten und neue Lieder für eine entsprechende Neuproduktion vorbereiteten. Dazu ist festzustellen, dass eine Neuproduktion beim Publikum auch entsprechend zu bewerben gewesen wäre, zumal laut Berufung auch eine Gesangsgruppe aus dem Mostviertel als Konkurrentin aufgetreten sei. Im ersten Jahr der Betätigung betrug die Werbung rd. S 18.000,00, im Jahr 1998 bei reinen Gesangseinnahmen von rd. S 90.000,00 betrug der Werbeaufwand rd. S 10.000,00. Auf Grund dieser Werte wird für die Prognose jährlich durchschnittlich S 2.000,00 für Werbung angesetzt, wobei mit diesem geringen Betrag mitberücksichtigt ist, dass der Werbeaufwand bei Einführen eines neuen Programms zu Beginn überproportional höher anzusetzen wäre. Die Reisekosten werden mit mindestens S 8.000,00 veranschlagt. Zum Vergleich wird auf das Jahr 1995 mit rd. S 42.000,00 und die Jahre 1996, 1998 und 1999 mit durchschnittlich rd. S 16.000,00 an Reisespesen hingewiesen. Weiters ist zu beachten, dass bei einer Weiterführung der Tätigkeit auch laufend Ausgaben für Steuerberatung und Buchhaltung angefallen wären, die ausgehend von den Beträgen laut Erklärungen mit jährlich mindestens S 8.000,00 anzusetzen sind.

Selbst bei Unterstellung jährlicher Einnahmen von S 50.000,00 wären somit nach Abzug der damit notwendigerweise verbundenen Ausgaben von rd. S 35.000,00 bestenfalls Gewinne von S 15.000,00 zu erwarten gewesen.

 

S

Afa

15.000,00

Werbung

2.000,00

Reisespesen

8.000,00

Steuerberatung

8.000,00

Sonstiges

2.000,00

 

35.000,00

 

Damit wäre jedoch der Gesamtverlust der Jahre 1995 bis 2001 von rd. S 230.000,00 erst nach einer Zeitspanne von weiteren 16 Jahren von 2002 bis 2018 abgedeckt und somit ein Gesamtgewinn aus der Männergesangsgruppe erst nach insgesamt 23 Jahren erreicht worden. Diese Zeitspanne ist jedoch für eine typischerweise auf einer in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführende Tätigkeit als nicht mehr absehbar iSd § 2 Abs. 4 LVO anzusehen.

Schließlich liegen auch keine "unerwarteten Umstände" vor, die etwas an der Einstufung als Liebhabereibetätigung ändern würden. Die Versetzung von Chormitgliedern durch deren Dienstgeber stellt sich als Folge der nur nebenberuflichen Ausübung der Gesangstätigkeit dar und stützt damit die Annahme einer Betätigung nach § 1 Abs. 2 Z 2 LVO. Auch die beiden familiär bedingten Übersiedelungen stellen keine Unwägbarkeit dar. Für den einen Beteiligten ist die Wohnanschrift in P. bereits seit 1997 aktenkundig (vgl. Einkommensteuerbescheid 1996 vom 11. Dezember 1997) und befindet sich dieser Ort überdies in unmittelbarer Nähe von Melk. Der andere Beteiligte hatte seinen Hauptwohnsitz in Wien, weshalb eine Übersiedelung nach dem von Melk nicht wesentlich weiter entfernten B. ebenfalls kein Grund für die Einstellung des Gesangsensembles sein konnte. Überdies wäre es an der Personengesellschaft (Männergesangsensemble) gelegen gewesen, einer Fluktuation der Mitglieder durch Neuaufnahmen zu begegnen. Dass das Männergesangsensemble nur in der konkreten Zusammensetzung funktioniert hätte, wurde von den Bw. nicht behauptet. Auf eine Änderung des Publikumsgeschmacks hätte mit einer Änderung des Repertoires reagiert werden können.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass es sich bei dem Männergesangsensemble um eine nebenberuflich ausgeübte und damit gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 LVO typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung beruhende Liebhabereitätigkeit handelt, deren Verluste ertragsteuerlich nicht anzuerkennen sind.

Da es sich um eine Betätigung gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 LVO handelt, liegt auch Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn vor (§ 6 LVO).

Auf Grund der Beendigung der Tätigkeit im Jahr 2001 war der Feststellungsbescheid für 1999 endgültig zu erklären (§ 200 Abs. 2 BAO).

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, 19. Jänner 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 1 Abs. 2 Z 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993

Schlagworte:

Gesangsensemble, Liebhabereibetätigung, persönliche Neigung, Prognoserechnung, absehbarer Zeitraum

Stichworte