Gegenleistung bei Einbringung von Grundstücken
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0200 eingebracht. Mit Erk. v. 24.2.2005 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Entscheidungstext
BerufungsentscheidungDer unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch PricewaterhouseCoopers, gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom 6. Februar 2003 betreffend Grunderwerbsteuer entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Ö-GmbH war Alleingesellschafterin der H-GmbH, welche wiederum die einzige Gesellschafterin der Berufungswerberin (in der Folge: Bw.) war. Mit Einbringungsvertrag vom 11. Dezember 2002 legte die Ö-GmbH mehrere, in der Urkunde näher umschriebene, ihr gehörende Grundstücke samt dem darauf befindlichen Gebäude im Wege einer Sacheinlage in die Bw. ein. Unter der Überschrift "Kaufpreis" wurde in der Vertragsurkunde der Einbringungs- und Fakturenwert der Grundstücke mit € 2.534.225,00, der Einbringungswert des Gebäudes mit € 4.750.000,00 sowie der Fakturenwert für das Gebäude (inklusive € 950.000,00 Umsatzsteuer (USt)) mit € 5.700.000,00 beziffert. Neben anderen, die vertragsgegenständliche Liegenschaft belastenden, Grunddienstbarkeiten übernahm die Bw. die durch ein Höchstbetragspfandrecht ebenfalls grundbücherlich sichergestellte Forderung der G.G. auf monatliche Rentenzahlungen. Sämtliche Kosten und Gebühren aus Anlass der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages würde die Bw. tragen.
Nach erfolgter Anzeige des Einbringungsvorganges gab die Bw. dem Finanzamt (im Folgenden: FA) über Ersuchen bekannt, bei der Übertragung des Höchstbetragspfandrechtes handle es sich nicht um eine Verpflichtung, sondern bloß um Übertragung einer Besicherung. In die gegenüber G.G. bestehende Pensionsverpflichtung sei die Bw. schon anlässlich der im Juni 1998 erfolgten Teilbetriebsausgliederung der Bw. aus der Ö-GmbH eingetreten.
Unter Beachtung und Anerkennung dieses Vorbringens setzte das FA der Bw. gegenüber mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid Grunderwerbsteuer (GrESt) im Ausmaß von 3,5% von der mit € 8.234.225,00 (Anm.: € 2.534.225,00 Fakturenwert Grundstücke plus € 5.700.000,00 Fakturenwert Gebäude) angenommenen Gegenleistung, sohin im Betrag von € 288.197,88, fest.
Ihre dagegen fristgerecht erhobene Berufung begründete die Bw. zunächst damit, die Einbringung der vertragsgegenständlichen Betriebsgrundstücke samt Gebäude wäre in der Gesellschaftersphäre begründet gewesen und ohne Gegenleistung der Bw. als Einlage-Empfängerin erfolgt. Die Bw. habe weder ihr Stammkapital erhöht noch Gesellschaftsanteile oder andere Vorteile als Gegenleistung gewährt. Da keine neuen Gesellschaftsrechte ausgegeben worden wären, liege auch keine Gegenleistung vor. Die Anführung eines "Kaufpreises" sei durch den vertragsverfassenden Notar bloß irrtümlich durch Übernahme von Textbausteinen in die Urkunde erfolgt. Tatsächlich wäre aber kein Kaufpreis zu leisten gewesen. Der Einbringungswert (Verkehrswert) sei als Behelf für die handels- und steuerrechtliche Verbuchung der Sacheinlage angeführt worden. Mit diesem (aufgewerteten) Teilwert habe der eine Sacheinlage Empfangende die empfangene Sacheinlage zu aktivieren. Um diesen Wert würde sich daher auch für den die Sacheinlage Leistenden seine Beteiligung (hier: die Beteiligung der Ö-GmbH an der H-GmbH als Tochtergesellschaft, da sich wiederum der Wert deren Beteiligung an der Bw. im gleichen Ausmaß durch die Sacheinlage erhöhen würde) erhöhen. Weiters sei in der Vertragsurkunde die Angabe eines Fakturenwertes mit Umsatzsteuerausweis deshalb vorgenommen worden, weil die Ö-GmbH im Hinblick auf die für sie einen Eigenverbrauch darstellende Entnahme des Gebäudes zur Umsatzsteuerpflicht optiert habe. Die für diesen Eigenverbrauch geschuldete USt sei der Bw. in Rechnung gestellt worden. Da es sich sohin um eine Sacheinlage ohne Gegenleistung handle, wäre die GrESt nur vom Dreifachen des Einheitswertes, welcher S 15.380.000,00 betrage, zu erheben.
Der vom örtlich zuständigen Finanzamt für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt festgestellte (Hilfs-) Einheitswert beträgt nach dem Akteninhalt gerundet S 14.392.000,00 (d.s. € 1.045.900,00 gerundet).
Obschon das FA dem Einwand hinsichtlich der irrtümlichen Anführung eines "Kaufpreises" in der Vertragsurkunde Berechtigung zuerkannte, wies es dennoch die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Auch wenn für die Grundstücksübertragung keine neuen Gesellschaftsrechte gewährt worden wären, so sei doch der Wert des Gesellschaftsvermögens und somit der Wert der Gesellschaftsrechte erhöht worden. Darin sei aber die Gegenleistung zu erblicken. Auch einkommensteuerrechtlich wäre von einem Leistungsaustausch zwischen Einbringendem und leistungsempfangender Gesellschaft auszugehen.
In ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Bw. aus, aus der einkommen- und umsatzsteuerlichen Beurteilung könne für die GrESt nichts abgeleitet werden. Die Wertsteigerung bestehender Gesellschaftsrechte, welche hier überdies durch das Vorliegen eine Zwischengesellschaft allenfalls nur mittelbar erfolgt sein kann, würde keine Gegenleistung darstellen, weshalb in Ermangelung einer solchen vom Wert des Grundstückes, nach dem Gesetz daher vom dreifachen Einheitswert, auszugehen wäre. Anlässlich der Sacheinlage seien weder neue Gesellschaftsrechte noch eine Gegenleistung gewährt worden, ein Tausch liege nicht vor. Das vom FA in seiner Berufungsvorentscheidung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 20. Juni 10990, 89/16/0101, sei schon sachverhaltsmäßig nicht vergleichbar und sohin auch nicht anwendbar. Die Bw. habe die Sacheinlage empfangen, ohne hiefür an die H-GmbH als Muttergesellschaft oder an die einlegende Ö-GmbH als Großmutter etwas zu leisten, andererseits habe die Ö-GmbH weder von der Tochtergesellschaft noch von der zuschussempfangenden Enkelgesellschaft, der Bw., eine Gegenleistung erhalten. Nur mittelbar hätten sich ertragsteuerliche Auswirkungen in der Wertsteigerung der Beteiligung an der Zwischengesellschaft ergeben. Ginge man von einer Gegenleistung durch Wertsteigerung aus, wären in der Unternehmenskette mehrere Leistungen und Gegenleistungen angefallen, obwohl etwa die Zwischengesellschaft gar keine Sacheinlage geleistet oder empfangen hätte.
Über fernmündliche Anfrage durch die Berufungsbehörde bestätigte der steuerliche Vertreter der Bw. noch die Angabe in der Berufungsschrift, wonach als Ausmaß der Wertsteigerung der Anteile der in der Vertragsurkunde ausgewiesene (Netto-) Einbringungswert anzunehmen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Nach Abs. 2 Z 1 leg.cit. ist die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.
Kern des Berufungsvorbringens ist, dass im gegenständlichen Fall eine Gegenleistung nicht vereinbart worden und sohin nicht vorhanden sei.
Dazu ist zu bemerken, dass der im § 5 GrEStG erläuterte Begriff der Gegenleistung ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff ist, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Dieser Gegenleistungsbegriff ist durch verwandte Begriffe in anderen Rechtsgebieten, auch in anderen Steuerrechtsgebieten, nicht vorgeprägt. Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG nicht erschöpfend aufgezählt, sondern ist bloß eine beispielhafte Anführung. § 5 Abs. 1 GrEStG beschränkt sich also darauf, die Gegenleistung für die wichtigsten Erwerbsvorgänge genauer zu umschreiben. Diese Aufzählung rechtfertigt somit nicht den Schluss, dass in nicht angeführten Fällen keine Gegenleistung vorhanden ist (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 4 zu § 5, mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des VwGH sowie des Bundesfinanzhofes (BFH)).
Eine Gegenleistung kann daher auch bei Grundstücksübertragungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage gegeben sein. Nach herrschender Ansicht (Fellner, a.a.O., Rz 17 zu § 4 und Rz 140 zu § 5) ist die Einbringung von Sacheinlagen in eine Kapital- oder Personengesellschaft als Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem einbringenden Gesellschafter anzusehen, wodurch die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Einbringung von Einlagen in die Gesellschaft mit der Einräumung von Gesellschaftsrechten abgegolten wird. Der ebenfalls diese Auffassung vertretende VwGH differenziert diesbezüglich nicht, ob es sich um eine Sacheinlage in eine bereits bestehende Gesellschaft handelt (Erkenntnis vom 2. April 1962, 1330/61) oder anlässlich der Neugründung (Erkenntnis vom 17. Februar 1994, 92/16/0115). In beiden Fällen ist eine Gegenleistung vorhanden und auch ermittelbar. Auch nach Meinung des BFH (Urteil vom 23. April 1980, II R 84/76, BStBl II 595) ist in grunderwerbsteuerlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Gewährung von Gesellschaftsrechten die Gegenleistung für die Einbringung eines Grundstückes in eine Kapitalgesellschaft darstellt.
Obwohl im gegenständlichen Fall weder eine Kapitalerhöhung stattgefunden hat noch (neue) Gesellschaftsanteile bzw. Gesellschaftsrechte gewährt wurden, vermag der diesbezügliche Einwand der Bw. der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Berufungsbehörde vertritt hiezu die Ansicht, dass durch die in der Gesellschaftersphäre begründete Einbringung der Sacheinlage in die Bw. im Ergebnis deren Gesellschaftsvermögen und somit auch der Wert der Gesellschaftsrechte erhöht wurde und daher, in sinngemäßer Anwendung der oben dargelegten, einhelligen Auffassung von Lehre und Judikatur, vom Vorliegen einer Gegenleistung auszugehen ist. Der Umstand, dass sich die Werterhöhung der Gesellschaftsrechte an der Bw. bei der einbringenden Ö-GmbH nur mittelbar, nämlich über den Umweg der Werterhöhung der Anteile der Ö-GmbH an der zwischengelagerten, unmittelbaren Gesellschafterin der Bw., der H-GmbH, auswirkte, wie dies auch von der Bw. in der Berufung zutreffend ausgeführt wurde, ist nach Meinung der Berufungsbehörde nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Hilfsweise könnte man hiezu die Judikatur des VwGH zur Einkommensteuer heranziehen (Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, 94/15/0036), wonach auch eine verdeckte Einlage (welche von einer unmittelbar oder mittelbar an der Körperschaft beteiligen Person geleistet wird), die mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte zu einer Wertsteigerung der bestehenden Gesellschaftsrechte führt, insgesamt einen Leistungsaustausch darstellt. Die einbringende Ö-GmbH hat sohin im Austausch für die Sacheinlage im Endeffekt wertmäßig erhöhte Gesellschaftsrechte erhalten, was nach den obigen Ausführungen zweifelsfrei als Gegenleistung zu werten ist.
Dem weiteren Einwand der Bw., der Ansicht des FA folgend müssten durch die angenommene Wertsteigerung der Anteile in der Unternehmerkette mehrere Leistungen und Gegenleistungen vorliegen, ist entgegenzuhalten, dass die Zwischengesellschaft H-GmbH eben gerade keine Leistung erbracht hat und sohin schon rein begrifflich auch keine "Gegen"-Leistung empfangen konnte. Die Wertsteigerung für die H-GmbH stellt sich bloß als mittelbare Folge des zwischen der Ö-GmbH und der Bw. vorgenommenen Leistungsaustausches dar.
Zusammengefasst ist somit vom Vorliegen einer Gegenleistung in Form einer Wertsteigerung der Anteile an der Bw. auszugehen, deren Ausmaß von der Bw. in der Berufungsschrift und auch über telefonische Rückfrage mit dem in der Vertragsurkunde angeführten (Netto-) Einbringungswert als Verkehrswert in Höhe von € 7.284.225,00 bekanntgegeben wurde. Das FA ist diesem, auch nach Meinung der Berufungsbehörde anzusetzenden, Wert nicht entgegengetreten.
Weiters hat die Ö-GmbH der Bw. die für den Eigenverbrauch geschuldete USt gesondert in Rechnung gestellt. Die von der Bw. übernommene Verpflichtung zur Begleichung der mit einem Betrag von € 950.000,00 ausgewiesenen USt stellt ebenfalls einen Teil der Gegenleistung dar und war sohin in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen (Fellner, a.a.O., Rz 6a zu § 5, mit umfangreichen Judikaturhinweisen).
Die Gegenleistung beträgt daher insgesamt und wie auch im angefochtenen Bescheid zutreffend als Bemessungsgrundlage herangezogen € 8.234.225,00.
Es war somit der Berufung ein Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt, 20. August 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte: | Einbringung, Sacheinlage, Grundstück, Gegenleistung, Gesellschaftsrechte, Leistungsaustausch |
Verweise: | VwGH 02.04.1962, 1330/61 |