Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Investitionsvolumens im Zuge der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie sind bei einer Vermögensübernahme nach § 142 HGB Investitionen der Vorgängergesellschaft zu berücksichtigen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der PGmbH, vertreten durch Mag. jur. Josef Nothdurfter, Treuhand und SteuerberatungsgmbH, 5071 Wals, Lagerhausstrasse 505, vom 17. Oktober 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt, vertreten durch Mag. Albert Salzmann, vom 13. Oktober 2003 betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die berufungswerbende Gesellschaft wurde am 31. 10. 2001 gegründet. In der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung für 2002 wurde eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von € 1.018,00 (Investitionszuwachs: € 10.18,00) beantragt, wobei seitens der Abgabenbehörde 1. Instanz lediglich € 269,58 bescheidmäßig gutgeschrieben wurden, da infolge einer Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch die Berufungswerberin auch auf die Investitionstätigkeit der Vorgängerfirma (Durchschnittswert der Investitionstätigkeit 1999-2001 € 7.484,17) abgestellt wurde.
Bei der Vorgängerfirma handelt es sich um die RW-OEG für Kommunikation, mit den persönlich haftenden Gesellschaftern, WR, TW, MG und der berufungswerbenden Gesellschaft.
Gegen diesen Bescheid wurde berufen und ausgeführt, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine Neugründung handle und aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden könne, dass Zuwächse von anderen Gesellschaften, sei es im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder Einzelrechtsnachfolge, bei der Berechnung der Investitionszuwachsprämie zu berücksichtigen seien, sodass der angefochtene Bescheid im Gesetz keine Deckung fände.
Die Berufung wurde mittels Berufungsvorentscheidung abgewiesen, wobei die Abgabenbehörde erster Instanz ihre Entscheidung aus dem Wesen der Gesamtrechtsnachfolge ableitete.
Im Vorlageantrag wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 108e EStG kann für den Investitionszuwachs bei begünstigten Wirtschaftsgütern eine Investituionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden.Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung abgsetzt werden (Abs.1).
Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens....(Abs.2).
Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002.... und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Jänner 2002.....enden....(Abs.3).
§ 142 HGB bestimmt:
Sind nur zwei Gesellschafter vorhanden, so kann, wenn in der Person des einen von ihnen die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen bei einer größeren Zahl von Gesellschaftern seine Ausschließung aus der Gesellschaft zulässig sein würde, der andere Gesellschafter auf seinen Antrag hin vom Gerichte für berechtigt erklärt werden, das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen.
Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.... .
Dies bedeutet für den gegenständlichen Fall:
Unstrittig ist, dass seitens der Berufungswerberin Aufwendungen für Anschaffungen im Sinne des § 108e EStG getätigt wurden und somit eine Investitionsprämie dem Grunde nach zusteht.
Da allerdings nur dann, wenn das Volumen des jeweiligen Begünstigungsjahres (hier: 2002) das durchschnittliche Investitionsvolumen des Referenzzeitraumes (hier: 1999-2001) übersteigt, ein prämierbarer Investitionszuwachs vorliegt, ist für den gegenständlichen Fall dieser Referenzzeitraum näher zu durchleuchten.
Wie nun den Steuerakten aber auch dem Firmenbuchakt ( Schreiben DS vom 25.11.2002, Antrag auf Eintragung Rechtsverhältnisse) entnommen werden kann, sind sämtliche Mitunternehmeranteile an der RW-OEG für Kommunikation in der Hand der Berufungswerberin vereinigt. Diese hat dadurch gemäß § 142 HGB das gesamte Geschäft, somit alle Aktiva und Passiva der RuWOEG durch Anwachsung unter Ausschluss der Liquidation übernommen, sodass diese nun erloschen ist.
Im Wege der Übernahme nach § 142 HGB kann der letzte Gesellschafter, auch wenn er eine juristische Person ist, einfach ein Unternehmen erwerben (Kastner, Grundriss des Gesellschaftsrechts, 129).
Auf Grund dieser Feststellung (der Übernahme des gesamten Vermögens der OEG durch die Berufungswerberin ohne Liquidation) ist nämlich in weiterer Folge davon auzugehen, dass es betreffend des Vermögens der ehemaligen OEG zu einer sogenannten Geschäftsübernahme nach § 142 HGB durch die Berufungswerberin kam. Ein solcher Vorgang kann nämlich nicht nur auf Grund einer Übernahmsklage gemäß § 142 Abs. 1 HGB durch die rechtsgestaltende Wirkung des Urteiles, sondern nach herrschender Lehre und Judikatur auch im Vertragswege stattfinden und bewirkt einerseits die Vollbeendigung der Personengesellschaft, deren Geschäft durch die übernehmende Gesellschaft ohne Liquidation fortgeführt wird, und andererseits den Eintritt der übernehmenden Gesellschaft in alle Rechtspositionen der früheren Gesellschaft kraft Universalsukzession ( VwGH vom 18. 11. 1993, Zl. 92/16/0109 und die dort zitierte Literatur).
Bei einer Gesamtrechtsnachfolge gehen alle - außer höchstpersönliche - Rechtspositionen eines Rechtssubjektes auf den Rechtsnachfolger über. Der Rechtsnachfolger tritt somit in die gesamte Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers ein und zwar bezüglich aller Rechte und Pflichten sowohl in materiell-rechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht (Ritz Kommentar zur BAO, S 44 und die dort zitierte Judikatur). Dies hat konsequenterweise zur Folge, dass auch die Investitionen in Wirtschaftsgüter der OEG auf die Berufungswerberin zu übertragen sind und somit ein Zuwachsvergleich anzustellen ist.
Der UFS sieht sich daher nach den oben dargestellten Ausführungen veranlasst, sich der Vorgangsweise der Abgabenbehörde erster Instanz anzuschließen.
Die Argumentation der Berufungswerberin, die Vorgangsweise der Abgabenbehörde erster Instanz lasse sich aus dem Gesetz (gemeint ist wohl der Gesetzestext des § 108e EStG) nicht ableiten, ist insofern nicht zielführend, als allgemeine Grundsätze des Steuerrechts Anwendung finden.
Salzburg, am 6. August 2004
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Investitionszuwachsprämie, Referenzzeitraum |