UFS RV/0761-S/02

UFSRV/0761-S/0221.7.2004

Steuerpflicht von Einlagenrückzahlungen bei Kapitalherabsetzung nach Verschmelzung auf die Tochtergesellschaft

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/15/0127 eingebracht. Mit Erk. v. 1.3.2007 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der SU_GmbH i.L., in A,G-Straße, vertreten durch die Prodinger & Partner, Wirtschaftstreuhand GmbH, 5700 Zell am See, Auerspergstraße 8, vom 8. Juli 2002 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom 10. Juni 2002 betreffend die Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für den Zeitraum für den Zeitraum 1. April 1996 bis 31. März 1997 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin war im Jahr 1980 als SSH_GmbH gegründet worden. Ihre Muttergesellschaft war bis ins Jahr 1996 die SS_GmbH gewesen. Deren Muttergesellschaft war die G_GmbH gewesen. Im Zuge von Umgründungsmaßnahmen zum 31. März 1996 wurde die G_GmbH auf die SS_GmbH verschmolzen und in weiterer Folge diese auf die SSH_GmbH verschmolzen. Die Stammkapitalien der oben genannten Gesellschaften betrugen zum Stichtag S 500.000,00 bei der G_GmbH, S 500.000,00 bei der SS_GmbH sowie S 10.010.000,00 bei der Berufungswerberin, der damaligen SSH_GmbH. Als weiterer Umgründungsschritt erfolgte zu diesem Stichtag eine Spaltung der Berufungswerberin. Dabei wurde eine neue SSH_GmbH gegründet, die Berufungswerberin wurde in SU_GmbH umbenannt.

Das Stammkapital der SU_GmbH betrug nach den zum 31. März 1996 durchgeführten Umgründungsmaßnahmen S 10,010.000,00. Mit Beschluss der Generalversammlung vom 13. Jänner 1997 wurde das Stammkapital der Berufungswerberin um S 9,510.000,00 auf S 500.000,00 herabgesetzt und auf die Gesellschafter im Ausmaß ihrer Anteile übertragen. Die Durchführung dieser Kapitalherabsetzung wurde am 4. Juni 1997 im Firmenbuch eingetragen.

Diese Kapitalherabsetzung wurde in den von der Berufungswerberin eingereichten Steuererklärungen für das Jahr 1997 steuerneutral behandelt. Im Zuge einer im Jahr 2002 durchgeführten Betriebsprüfung über die Jahre 1998 bis 2000 teilte die Prüferin dem Finanzamt mit, dass nach ihrer Ansicht diese Kapitalherabsetzung, eine Einkommensverwendung ("Ausschüttung") der Körperschaft im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 darstelle.

Bei der Verschmelzung der Mutter- auf die Tochtergesellschaft ("down stream merger") gehe das steuerliche Evidenzkonto der Tochtergesellschaft, auf dem die Einlagen darzustellen seien ersatzlos unter. Die Tochtergesellschaft habe nach einer "down stream" Verschmelzung das Evidenzkonto der Obergesellschaft weiterzuführen. Dieses habe aber hinsichtlich des Nennkapitalsubkontos nur S 500.000,00 (das ist das Stammkapital der ursprünglichen G_GmbH) und nicht S 10,010.000,00 betragen. Die Kapitalherabsetzung sei sohin im Ausmaß von S 9,510.000,00 der KESt zu unterziehen.

Das Finanzamt erließ in der Folge dieser Mitteilung einen Haftungs- und Abgabenbescheid betreffend die KESt vom 1. April 1996 bis zum 31. März 1997, in dem sie diese Kapitalherabsetzung an die Gesellschafter der Kapitalertragsteuer unterzog.

Gegen diesen Haftungs- und Abgabenbescheid erhob die Berufungswerberin durch ihren ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Berufung und führte darin im Wesentlichen aus, dass zwar im Erlass des BMF zur Einlagenrückzahlung AÖFV 1998, S 67ff. die Ansicht vertreten werde, dass bei einem "down stream merger" das steuerliche Evidenzkonto der Tochtergesellschaft ersatzlos untergehe und die Tochtergesellschaft das Evidenzkonto der Obergesellschaft weiterführe. Dieser Schluss sei aber nicht in allen Fällen zwingend. Vielmehr könne der Einlagenrückzahlungserlass auch so gelesen werden, dass das Evidenzkonto der Tochtergesellschaft in dem Ausmaß wegfalle, in dem es durch Einlagen der Muttergesellschaft oder deren Gesellschafter im Sinne der Einlagenverdopplung aufgefüllt werde. Zur Untermauerung dieser Ausführungen verwies die Berufungswerberin auf ein nicht im Akt erliegendes Gutachten, das diese von der Berufungswerberin vertretenen Differenzierungen der Behandlung der Evidenzkonten der Untergesellschaften an Hand von Beispielen darlegte.

Wenn eine natürliche Person, eine (X) GmbH gegründet habe und daneben habe diese natürliche Person einen Betrieb in eine andere (Y)GmbH eingebracht, habe dies dort zu einem Evidenzkontenstand von 100 geführt. In der Folge habe die natürliche Person diesen Anteil in die X GmbH eingebracht, was dort zu einer Erhöhung des Evidenzkontos von 100 führe. Bei einer späteren "up stream" oder "down stream" Verschmelzung bleibe nur ein Evidenzkonto von 100 bestehen, was aufgrund der zweimaligen Einbringung auch konsequent sei. ("Beispiel 2") Wenn eine natürliche Person eine (X) GmbH mit einem Stand von 10 gegründet habe und daneben habe diese natürliche Person einen Betrieb in eine andere (Y) GmbH eingebracht, habe dies dort zu einem Evidenzkontenstand von 100 geführt. In der Folge habe diese natürliche Person die Anteile an der (Y) GmbH an die (X) GmbH verkauft. Bei anschließender Verschmelzung der (X) GmbH auf die (Y) GmbH betrüge nach der Ansicht der Finanzverwaltung der steuerliche Evidenzkontenstand nur mehr 10, obwohl doch insgesamt 110 eingelegt worden seien. ("Beispiel 3")

Nach der Darstellung, der Berufungswerberin dürfe in diesem Fall ein Untergang der Evidenzkonten nicht erfolgen, da es notwendig sei "in der Vergangenheit geleistete Einlagen" zu berücksichtigen. Sollte dies nicht erfolgen, würde nicht mehr die gesamte Einlage des Gesellschafters berücksichtigt werden, was auch zu einem verfassungsrechtlich bedenklichen Ergebnis führe.

Gleiches müsse bei einer vergleichbaren mehrstöckigen Konstruktion (Beispiel 3a") wie im Berufungsfall gelten.

Diese Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom 30. Juli 2002 als unbegründet abgewiesen.

Die Berufungswerberin stellte daraufhin durch ihren ausgewiesenen Vertreter fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte in diesem Antrag aus, dass nur das, was die Gesellschaft aus eigenem erwirtschafte, der Ertragsbesteuerung unterliege. Es könne nicht Gegenstand der Ertragsbesteuerung werden, was Gesellschafter in die Gesellschaft einlegten. Auch die Bestimmungen über die Einlagenrückzahlung verfolgten konsequent das Ziel eine Einmalbesteuerung zu erreichen.

In einem weiteren Schriftsatz führte die Berufungswerberin ergänzend aus, dass man bei einer Konzentrationsverschmelzung von einer Addition der Einlagenstände bzw. der Evidenzkonten ausgehe. Von wem die Einlagen geleistet würden, sei irrelevant; diese könnten von den derzeitigen Gesellschaftern oder deren Vorgängern stammen. Bei einem "down stream merger" (einer Konzernverschmelzung) würde aber plötzlich vom Ergebnis her die von früheren Gesellschaftern geleistete Einlage in die Tochtergesellschaft ignoriert und nur noch auf den Einlagenstand der Muttergesellschaft abgestellt. Richtigerweise wäre aber auch bei dieser Art einer Konzernverschmelzung - ebenso wie bei einer Konzentrationsverschmelzung - von einer Addition der Einlagenstände auszugehen. Im Ergebnis sei auch bei dieser Konzernverschmelzung die von anderen Gesellschaftern geleistete Einlage Bestandteil des Evidenzkontos.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der oben dargestellte Sachverhalt gründet sich auf die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie auf das im Rechtsmittelverfahren erstattete Vorbringen der Berufungswerberin.

In rechtlicher Hinsicht ist in diesem Fall folgendes auszuführen:

Vorab ist auszuführen, dass das Argument der Berufungswerberin, der Erlass des BMF zur Einlagenrückzahlung sei erst im Jahr 1998 erschienen, für die Entscheidung des UFS ohne Belang ist, da dieser bei seiner Entscheidung an die Gesetze, nicht aber an die Erlässe der Finanzverwaltung gebunden ist.

Da die in Frage stehende gesetzliche Bestimmung des § 4 Abs. 12 EStG bereits 1996 in Geltung gesetzt worden, ist diese gesetzliche Bestimmung für eine Betrachtung der Einlagenrückgewähr im Jahr 1997 aber sehr wohl zu berücksichtigen.

Der Sinn dieser Bestimmung des EStG 1988 besteht nach Sicht des UFS darin, dass auf Ebene des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft ohne Abstellen auf die handels- bzw. gesellschaftsrechtliche Form des Mittelrückflusses an den Gesellschafter definiert wird, ob dieser Mittelrückfluss eine Veräußerung einer Beteiligung darstellt oder als Einkommensverwendung ("Ausschüttung") zu qualifizieren ist.

Das Finanzamt hat in seinem Erstbescheid die Mittelrückflüsse aus der Kapitalherabsetzung als Einkünfte aus Kapitalvermögen und nicht als Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung erfasst. Aus Sicht des UFS besteht kein Grund von dieser Einstufung der Einkünfte abzugehen.

Auch was die Kapitalertragsteuerpflicht dieser Einkünfte dem Grunde und der Höhe nach betrifft, sieht der UFS aus den im Folgenden darzustellenden Gründen keine Veranlassung von der Beurteilung des Finanzamtes im Erstbescheid abzugehen.

Der Berufungswerberin ist nämlich nur grundsätzlich darin zuzustimmen, dass das, was Gesellschafter in eine Gesellschaft einlegen, steuerfrei an sie zurückfließen kann. Diese Betrachtung kann aus Sicht des UFS nur auf die Einlage des Gesellschafters in die Gesellschaft, an der er (direkt) Anteile hält, umgelegt werden, nicht aber auf allfällige Einlagen, die diese Gesellschaft in eigene Tochtergesellschaften durchgeführt hat. Einlagen einer Obergesellschaft in eine Tochtergesellschaft können nur eine Auswirkung auf die Evidenzkonten bei der direkten Untergesellschaft haben.

Im gegenständlichen Fall wurde eine Großmuttergesellschaft (G_GmbH) auf die Muttergesellschaft (SS_GmbH) verschmolzen und diese in weiterer Folge auf die Tochtergesellschaft. (SSH_GmbH ) Bei derartigen "Konzernverschmelzungen" ("down stream merger") fallen zwar die Grund- oder Stammkapitalien der untergehenden Obergesellschaften ersatzlos weg, da die Anteile der Untergesellschaft(en) an die Anteilseigentümer der Obergesellschaft(en) "durchgeschleust" werden.

Die nach den Umgründungsmaßnahmen verbleibende Untergesellschaft ist aber Rechtsnachfolgerin der untergegangenen Obergesellschaft(en) auch in Bezug auf die Anteilsinhaber. Der Übergang der Anteile an der verbleibenden Untergesellschaft stellt sich als steuerlich unbeachtlicher Anteilsaustausch dar, der die Einlagen des Gesellschafters in die (ursprünglich vorhandene) Obergesellschaft genau so wenig berührt, wie dies bei einer Konzernverschmelzung auf die Obergesellschaft ("up stream merger") der Fall ist.

Damit ist für die Beurteilung der Frage, ob eine steuerlich unbeachtliche Rückführung von Einlagen im Sinn des § 4 Abs. 12 EStG 1988 bei einem "down stream merger" vorliegt, nicht auf die Evidenzkonten aus Sicht der nach der Verschmelzung verbleibenden Untergesellschaft abzustellen, sondern darauf, was der Anteilsinhaber ursprünglich in die untergegangene Obergesellschaft eingelegt hat. Im gegenständlichen Fall bedeutet dies nach Sicht des UFS, dass auf die Einlagen der natürlichen Personen in die G_GmbH abgestellt werden muss und nicht - wie die Berufungswerberin im Ergebnis vermeint - auf die Einlagen der SS_GmbH in die SSH_GmbH .

Es ist unbestritten, dass die in Frage stehende Einlage der natürlichen Personen in die G_GmbH auf dem Nennkapital Subkonto S 500.000,00 betragen hat. Die Kapitalherabsetzung um S 9,510.000,00 stellt somit nach dem Vorhergesagten eine kapitalerstragsteuerpflichtige Ausschüttung dar.

Somit kann der UFS den Schlussfolgerungen der in der Berufung angeführten Beispielen nicht folgen. Dies betrifft die gesamte Argumentation der BW in den Beispielen 3 und 3a ebenso, wie sie der Begründung der im Ergebnis zutreffenden Betrachtung im Beispiel 2 folgen kann.

Die Berufungswerberin betrachtet bei allen oben angeführten Beispielen die "Einlagen" eines Gesellschafters immer in Summe, unabhängig davon, in welche Gesellschaft und auf welcher Rechtsgrundlage diese in die Gesellschaft eingelegt worden sind und welche Umgründungsmaßnahmen erfolgt sind.

Die Berufung war daher aus den oben dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen. Salzburg, am 21. Juli 2004

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einlagenrückzahlung, Kapitalherabsetzung, Verschmelzung auf die Tochtergesellschaft, Einkünfte aus Kapitalvermögen

Stichworte