Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs.1 Zif.11 lit.b UStG 1994 für Privatlehrer steht nicht zu, weil es sich um eine planende und organisatorische Tätigkeit handelt und nicht um die Vermittlung von Kenntnissen
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/13/0118 eingebracht. Mit Erk. v. 27.2.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Anmerkungen:
VwGH-Beschwerde wird erwartet
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat am 22. Juni 2004 über die Berufung der Bw., vertreten durch Friedrich Burggasser Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien, vertreten durch Mag. Silvia Pruckner, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2000 nach in Wien durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheide bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20.8.1976 gegründet. Unternehmensgegenstand ist u.a. die Durchführung von Planungsarbeiten, Rationalisierungsmaßnahmen und die Wirtschaftsberatung. In den Steuererklärungen des Jahres 2000 erklärte die Bw. Honorarerlöse in Höhe von
S 3, 603.406,75.
Im Zuge einer Betriebsprüfung im Jahr 2001 für den Zeitraum 1997 bis 1999 wurden im Rahmen einer Nachschau gemäß § 144 Abs. 1 BAO die Umsatzsteuervoranmeldungen für den Zeitraum Jänner 2000 bis Dezember 2000 überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die auf dem Konto "Erlöse WIFI 2000" erfassten Erlöse nicht der Umsatzsteuer unterzogen wurden. In Tz. 17 des Betriebsprüfungsberichtes wurde folgendes ausgeführt: Die Bw. habe im Jahr 2000 Umsätze an öffentlichen Schulen getätigt, bei denen es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemein bildender bzw. berufsbildender Art handelte. Die geltend gemachte Steuerbefreiung im Sinne des § Abs. 1 Zif. 11 lit. b UStG 1994 könne durch juristische Personen nicht in Anspruch genommen werden.
Die Berufung gegen die in der Folge ergangenen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide wurde nach Ergehen der Jahresbescheide als unzulässig geworden zurückgewiesen. Gegen den Umsatzsteuerbescheid wurde wiederum berufen und als Begründung folgendes vorgebracht: Die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b UStG laute: " die Umsätze von Privatlehrern an öffentlichen Schulen und Schulen im Sinne der lit. a". Diese Bestimmung sei im Hinblick auf die 6. USt-RL Art. 13 A (1) j in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen worden, die in dieser Richtlinie laute wie folgt: "den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht". Sowohl das Umsatzsteuergesetz als auch die Umsatzsteuerrichtlinie schließen nicht aus, dass diese Tätigkeit durch Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften ausgeübt werde und sei somit die Ansicht des Finanzamtes nicht gesetzes-und richtlinienkonform.
Im Zuge der weiteren Sachverhaltsermittlung durch den unabhängigen Finanzsenat wurde die Bw. aufgefordert, u.a. die Vortragenden bekannt zu geben und Unterlagen vorzulegen, aus denen Art und Umfang der von der Bw. dem WIFI gegenüber zu erbringenden Leistungen hervorgehen.
Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2004 verwies die Bw. auf die gemeinschaftsrechtlich gebotene extensive Auslegung des § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b UStG 1994 und darauf, dass es daher keine rechtliche Handhabe gebe, zu unterscheiden, ob die unterrichtende Person ein selbständiger Privatlehrer oder ein bei einer Kapitalgesellschaft beschäftigter Privatlehrer sei.
Die Bw. beantragte weiters, die Frage, ob es nicht eine Diskriminierung darstelle, dass auf Umsätze von physischen Privatlehrern die Steuerbefreiung nach der 6. MWSt-Richtlinie angewendet werde, nicht hingegen auf Umsätze von Kapitalgesellschaften, wenn deren Dienstnehmer die gleiche Tätigkeit ausüben, dem Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens vorzulegen.
Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung führte die Vertreterin des Finanzamtes aus, dass nur eine natürliche Person Privatlehrer sein könne. Bei der Tätigkeit der Bw. handle es sich um eine vermittelnde bzw. organisatorische, da die Bw. die Vortragenden an das WIFI und die Fachhochschule vermittle.
Der steuerliche Vertreter wiederholte im Wesentlichen das bisherige Vorbringen und führte ergänzend aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Bw. nicht um eine Vermittlung handeln könne, denn der Erlös einer Vermittlung wäre eine Provision. Dies widerspreche aber der vereinbarten vertragsgegenständlichen Tätigkeit, wie sie sich aus den vorgelegten Verträgen der Bw. mit dem WIFI und der Fachhochschule ergebe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Zif. 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer folgende Umsätze:
Die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. a leg.cit sind steuerfrei: die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienender Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.
Gemäß § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b leg.cit. sind von den unter § 1 Abs. 1 Zif. 1 fallenden Umsätzen steuerfrei: die Umsätze von Privatlehrern an öffentlichen Schulen und Schulen im Sinne der lit.a.
Ein steuerbarer Umsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes liegt daher nur dann vor, wenn von einem Unternehmer (hier maßgeblich) eine sonstige Leistung im Inland, im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt erbracht wird. Nach den von der Bw. im Zuge des Rechtsmittelverfahrens vorgelegten Unterlagen schloss sie im berufungsgegenständlichen Jahr 2000 mit dem WIFI Werkverträge ab, mit dem Vertragsgegenstand "Vortragsleistung", und mit der Fachhochschulstudiengänge der Wiener Wirtschaft GmbH (in der Folge FHW genannt) Verträge mit dem Inhalt "didaktische Planung, Vorbereitung und Durchführung der Lehrveranstaltung (z.B. "Marketing"), wobei der Bw. in diesen Fällen "Autonomie bei der Gestaltung der Lehrveranstaltungen" gewährt wurde und als weitere Rechte "Nominierung von Lektoren aus der Gesellschaft der Bw." und "eigenverantwortliche didaktische Planung, Vorbereitung und Durchführung der Lehrveranstaltungen" vereinbart wurden. Vertragspartner der Bw. und damit Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuergesetzes war daher das WIFI oder die FHW. Die Leistungsverpflichtung der Bw. bestand einerseits darin, Lehrveranstaltungen eines bestimmten Inhaltes zu planen und andererseits durchzuführen, indem Lektoren namhaft gemacht wurden, die diese Inhalte an die zu Unterrichtenden vermittelten. Nach Auffassung der Bw. ist ihre Tätigkeit unter den Steuerbefreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b zu subsumieren, wonach die Umsätze von Privatlehrern an öffentlichen Schulen und Schulen im Sinne der lit.a steuerfrei zu stellen sind und beruft sich dabei auf die 6. MWSt-Richtlinie. Richtig ist, dass die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b in das UStG 1994 in Entsprechung der Umsetzung des Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. j der 6. MWSt-Richtlinie erfolgt ist, wobei nicht nur die Leistung der Schule, sondern auch der auf dem Niveau einer Schule bzw. Hochschule angesiedelte Privatunterricht durch selbständige Lehrer befreit ist (vgl. Ryda/Langheinrich in FJ Nr. 1/2004, S. 24). In gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht stehen daher Privatlehrer und Schule im begrifflichen Gegensatz, während innerstaatlich der Privatlehrer als Gegenstück zum angestellten Lehrer interpretiert wird. Die österreichische Fassung des § 6 Abs. 1 Zif. 11 lit. b ist jedoch dennoch als richtlinienkonform anzusehen, wenn man sie in Zusammenhang mit dem Begünstigungscharakter des Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. j der 6. MWSt-Richtlinie sieht und dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit offen steht, sich direkt auf diese zu berufen. Nach Teil A der 6. MWSt-Richtlinie sollen bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten befreit sein. Auch wenn nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die in dieser Bestimmung genannten Begriffe eng auszulegen sind, so verbietet es der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass gleichartige Umsätze unterschiedlich behandelt werden . Nicht übersehen werden darf allerdings, dass es im gegenständlichen Fall nicht primär darum geht, wer einen steuerbefreiten Umsatz tätigt, nämlich Schule oder Privatlehrer und in welcher Rechtsform diese zur Erlangung der Steuerbefreiung tätig sein dürfen, sondern, ob die Tätigkeit der Bw. inhaltlich einen steuerbefreiten Umsatz darstellt. Ausdrücklich sind gemäß in § 6 Abs.1 Zif. 11 lit. a UStG 1994 die Vermittlung von Kenntnissen allgemeiner Art, Kenntnissen berufsbildender Art und von der Berufausübung dienenden Fertigkeiten befreit sowie in einer gemeinschaftsrechtlich gebotenen extensiven Auslegung auch mit der Tätigkeit eng verbundene Umsätze, wie z.B. die Zurverfügungstellung von Unterrichtsmaterialien(vgl. BMF 17.4.1997, ÖStZ 1997, S. 267 und Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Tz 312 zu § 6). Nun stellt sich aber die Tätigkeit der Bw. weder im Sinne des UStG 1994 noch im Sinne der 6. MWSt-Richtlinie als unterrichtende Tätigkeit dar. Die dem WIFI bzw. der FHW gegenüber erbrachte Leistung besteht in der Planung, Durchführung und Organisation von Lehrgängen. Dafür werden Lektoren zur Verfügung gestellt. Die Unterrichtserteilung selbst erfolgt durch eben diese Lektoren.
Das Berufungsvorbringen, wonach auf Grund der sechsten USt-Richtlinie (gemeint offensichtlich "sechste Mehrwertsteuerrichtlinie) die Bestimmung der lit. b in das Umsatzsteuergesetz aufgenommen worden sei und daher die Tätigkeit von Geschäftsführern (bzw. Dienstnehmern) einer GmbH unter die Befreiungsbestimmung falle, kann daher im gegenständlichen Fall nicht dazu führen, dass die unterrichtende Tätigkeit der Dienstnehmer der GmbH auf diese durchschlägt und nunmehr die GmbH die Befreiungsbestimmung in Anspruch nimmt.
Die Frage, welche Leistung die Bw. erbringt, ist eine reine Sachverhaltsfrage. Es besteht daher seitens des unabhängigen Finanzsenates keine Veranlassung, die Frage, ob eine juristische Person die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. j der 6. MWSt-Richtlinie in Anspruch nehmen kann, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, 24. Juni 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 6 Abs. 1 Z 11 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | Privatlehrer |
Verweise: | Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. j 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie, RL 77/388/EWG , ABl. Nr. L 145 vom 13.06.1977 S. 1 |