Wiederaufnahme des Verfahrens, Bestätigung wurde verspätet nachgebracht, Bf. hätte sich jederzeit Kenntnis verschaffen können
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 2, OR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen Herrn G.P., über die Beschwerde des Beschuldigten vom 6. Juni 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn vom 7. Mai 2003, SN 020/2002/00090-001, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens
zu Recht erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 7. Mai 2003 hat das Finanzamt Hollabrunn als Finanzstrafbehörde erster Instanz ein als "Antrag auf Wiederaufnahme" gewertetes Schreiben als verspätet zurückgewiesen, da der Beschwerdeführer (Bf.) bereits im Zeitpunkt der Steuervorschreibung über seine Abrechnungsmodalitäten Kenntnis gehabt haben müsse und diese Einwendungen vor Rechtskraft der Steuerbescheide einbringen hätte können. Diese Bestätigung stelle keinen geeigneten Wiederaufnahmegrund dar.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 6. Juni 2003 erklärt der Bf., dass er die Bestätigung der Firma PC., Salzburg , vom 10. März 2003, dass er keine Umsatzsteuer für das Jahr 1999/2000 erhalten habe, erst verspätet erhalten habe.
Anlässlich der Vorlage des Rechtsmittels führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass gegen den Bf. mit Bescheid vom 29. Oktober 2002 vom Finanzamt Hollabrunn als Finanzstrafbehörde erster Instanz zur SN 020/2002/00090-001 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden sei, weil der Verdacht bestand, dass er durch Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen 1999 und 2000 eine Verkürzung an Umsatzsteuer zu bewirken versucht habe. Der Bw. habe in den beiden Jahren weder Umsatzsteuer vorangemeldet noch Vorauszahlungen geleistet. Auch die Jahreserklärungen sind trotz Erinnerung zur Abgabe und Festsetzung einer Zwangs- und Ordnungsstrafe nicht eingereicht worden, sodass die Bemessungsgrundlagen geschätzt wurden. Gegen die daraufhin ergangenen Abgabenbescheide wurden keine Rechtsmittel erhoben.
Mit Strafverfügung des Finanzamtes Hollabrunn vom 20. Jänner 2003, durch Hinterlegung zugestellt am 24. Jänner 2003, wurde der Bf. zu einer Geldstrafe von € 2.200,00 verurteilt.
Erst mit Schrieben vom 28. April 2003 (Anmerkung: als Antrag auf Wiederaufnahme des Finanzstrafverfahrens gewertet) habe der Bf. eine Bestätigung der Firma PC. vom 10. März 2003 vorgelegt, wonach in seinen Abrechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen und die Geldstrafe daher nicht gerechtfertigt sei.
Die Abgabenfestsetzung sei aufgrund der Nichtabgabe der Abgabenerklärungen im Schätzungswege erfolgt, wobei der Umsatzsteuerbescheid 1999 am 15. Februar 2001 erlassen wurde und der Bf. dagegen kein Rechtsmittel eingebracht habe. Weshalb nicht schon im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung eine derartige Bestätigung vorgelegt worden sei, ist unbekannt.
Trotz wiederholter (auch telefonischer) Aufforderung durch die Finanzstrafbehörde erster Instanz habe der Bf. nur ein Schreiben (eingelangt am 28. August 2003) übermittelt, worin er die Höhe seiner Umsätze bekannt gab, die ungefähr den geschätzten Beträgen entsprechen.
Die Finanzstrafbehörde erster Instanz ersucht um abweisende Erledigung.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 165 Abs. 1 FinStrG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis (Bescheid, Rechtsmittelentscheidung) abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens auf Antrag oder von Amts wegen zu verfügen, wenn ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) die Entscheidung durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht werden konnten, oder c) die Entscheidung von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder d) der Abgabenbetrag, der der Ermittlung des strafbestimmenden Wertbetrages zugrunde gelegt wurde, nachträglich nach den Bestimmungen des Abgabenverfahrens geändert wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Spruch anders lautende Entscheidung herbeigeführt hätte.
Gemäß § 165 Abs. 2 FinStrG darf in den Fällen des Abs. 1 lit. b bis d die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen nur verfügt werden, wenn das abgeschlossene Verfahren durch Einstellung beendet worden ist.
Nach § 165 Abs. 4 FinStrG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen Monatsfrist von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Finanzstrafbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren die Entscheidung in erster Instanz erlassen hat.
Mit Schreiben vom 28. April 2003 legte der Bf. eine Bestätigung der Firma PC. vom 10. März 2003 mit dem Bemerken vor, dass in seinen Abrechnungen keine Umsatzsteuer ausgewiesen gewesen sei und er diese Bestätigung erst vor kurzem erhalten habe. Auch in der Beschwerde vom 8. Juni 2003 erklärt der Bf., dass er die Bestätigung der Firma PC. vom 10. März 2003 erst verspätet erhalten habe. Eine Konkretisierung des Datums ist nicht erfolgt.
Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Bf., das Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen darzutun. Wenn der Bf. sich der Bestätigung weder im Zuge des Abgabenverfahrens noch in dem anschließenden Finanzstrafverfahren bedient hat, kann dieses Versäumnis nicht mit Hilfe eines Wiederaufnahmeantrages nachgeholt werden. Die Wiederaufnahme eines Verfahrens dient nämlich nicht dazu, Beweisanträge zu stellen, welche man im abgeschlossenen Verfahren unterlassen hat, obwohl die Möglichkeit hiezu bestand (VwGH 16.2.1994, 90/13/0003).
Die Zeit, die der Bf. ab Kenntniserlangung von der Tatsache, dass sich der relevante Umsatzsteuerbetrag und damit der für seine Bestrafung maßgebliche Wertbetrag ändern hätte können, geht somit voll zu seinen Lasten. Der Kenntnis vom Wiederaufnahmsgrund ist in diesem Zusammenhang die Tatsache gleichzuhalten, dass sich der Wiederaufnahmswerber von den (von ihm jetzt für relevant erachteten) Details jederzeit Kenntnis verschaffen hätte können (VwGH 20.11.1996, 96/15/0135).
Der Bf. wurde von der Abgabenbehörde vor der Veranlagung nicht nur an die Abgabe der Steuererklärungen erinnert, es wurde sogar eine Zwangs- und Ordnungsstrafe wegen Nichteinreichung der Abgabenerklärungen festgesetzt. Erst in weiterer Folge wurden die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt, wobei gegen die daraufhin ergangen Abgabenbescheide, die Grundlage für das Finanzstrafverfahren waren, keine Rechtsmittel erhoben wurden. Der Bf. hätte sich schon damals Kenntnis von der mit Schreiben vom 28. April 2003 vorgelegten Tatsache beschaffen können, die nunmehr in der Mitteilung der Firma PC. vom 10. März 2003 bestätigt wurden.
Dass der Bf. im Verhältnis zu den Umsatzsteuererklärungen 1999 und 2000 die Bestätigung verspätet erhalten hat, wird nicht bestritten. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt festgestellt hat muss der Wiederaufnahmswerber schon im Antrag datumsmäßig (oder sonst genau) angeben, wann er von dem Vorhandensein des von ihm geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes Kenntnis erlangt hat (vgl. VwGH 30.1.1990, 90/17/0429).
Angesichts des zeitlichen Ablaufes des Falles - die Bestätigung der Firma PC. wurde am 10. März 2003 ausgestellt; selbst bei einem angenommen Postweg von einer Woche ist der Antrag vom 28. April 2003 später als einen Monat vom Bf. an die Finanzstrafbehörde erster Instanz gestellt worden - ist jedenfalls festzuhalten, dass der Wiederaufnahmeantrag - ungeachtet der Tatsache, dass sich der Wiederaufnahmswerber von den (von ihm jetzt für relevant erachteten) Details jederzeit Kenntnis verschaffen hätte können - außerhalb der Monatsfrist des § 165 Abs. 4 FinStrG gestellt wurde. Infolge Versäumnis der genannten Frist ist die Zurückweisung des Schreibens vom 28. April 2003, das als Antrag auf Wiederaufnahme des Finanzstrafverfahrens gewertet wurde, zu Recht erfolgt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 164 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen aber das Recht zu, gegen diesen Bescheid binnen sechs Wochen nach dessen Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und/oder beim Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 169 FinStrG wird zugleich dem Amtsbeauftragten das Recht der Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.
Wien, am 7. Juni 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 165 Abs. 4 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte: | Bestätigung verspätet, Wiederaufnahme des Verfahrens |
Verweise: |