Angemessenheit eines Verspätungszuschlages von 6 % bei einer 4 1/2 Monate verspäteten Abgabe einer Einkommensteuererklärung
Entscheidungstext
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Im angefochtenen Bescheid wurde unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 135 BAO ausgehend von einer festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von € 7.356,00 ein Verspätungszuschlag in Höhe von € 441,41 (d.s. 6% der Bemessungsgrundlage) festgesetzt. In seiner Berufung führte der Bw. aus, die Verspätung bei der Einreichung der Steuererklärungen für das Jahr 2002 sei dem Grunde nach anzuerkennen, wandte sich jedoch gegen die Zuschlagsfestsetzung als solche, zumal dies eine Ermessensentscheidung des Finanzamtes unter Berücksichtigung von Billigkeit und Zweckmäßigkeit sei. Die Abgabenerklärungen des Kalenderjahres 2002 seien im August 2003 eingereicht worden. Das Ausmaß der Festsetzung müsse unter Hinweis auf die Schwere des Verschuldens und des pflichtwidrigen Gesamtverhaltens bestimmt werden. Angesichts des geringen Ausmaßes und der Dauer der Fristüberschreitung sei der Verspätungszuschlag mit 6% um ein Vielfaches überhöht, zumal eine Fristüberschreitung im Zusammenhang mit der Einreichung von Abgabenerklärungen gar nicht bestanden hätte, wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits durch einen Wirtschaftstreuhänder vertreten worden wäre. Daher sei er mit 0% festzusetzen.
In seiner Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aus, der maßgebliche Abgabetermin sei der 31. März 2003 gewesen und die Steuererklärungen wurden erst am 13. August 2003 eingereicht. Zur bw. Argumentation, dass der Nebenanspruch gar nicht festgesetzt worden wäre, wäre er durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten gewesen, vermeinte es, dass es in seinen Dispositionsbereich gestanden sei, sich bereits früher vertreten zu lassen, um damit längere Abgabefristen zu erwirken. Eine Fristüberschreitung von ca. 4 ½ Monaten sei nicht als gering anzusehen, wobei der durch die verspätete Einreichung der Steuererklärungen erzielte finanzielle Vorteil noch gar nicht berücksichtigt wurde. Dies wiege die Tatsache auf, dass in der Vergangenheit möglicherweise keine Verspätungen vorlagen. In seinem Vorlageantrag verwies der Bw. nochmals auf die seines Erachtens geringe Fristüberschreitung sowie das bisherige abgabenrechtliche Wohlverhalten. Außerdem hätte durch eine verspätete Einreichung von 4 ½ Monaten kein Zinsenvorteil von 6% erzielt werden können.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag von bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Die dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen liegende Festsetzung von Verspätungszuschlägen setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger eine Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dies nicht entschuldbar ist. Gemäß § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird, welche auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen kann. Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer sind bis Ende des Monates März eines jeden Jahres einzureichen (§ 134 Abs. 1 BAO). Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern (§ 134 Abs. 2 BAO).
Eine Verspätung ist dann nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen an ihr ein Verschulden - welcher Verschuldensform auch immer - trifft. Kein Verschulden liegt beispielsweise dann vor, wenn die Partei der vertretbaren Rechtsansicht war, keine Abgabenerklärungen einreichen zu müssen und daher die Einreichung unterlässt (vgl. Ritz, BAO- Kommentar², § 135, Tz. 10). Derartige besonderen Umstände wurden vom Bw. im bisherigen Verfahren nicht releviert, weshalb sich weitere Ausführungen darob erübrigen.
Der Zweck des Verspätungszuschlages ist es, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgaben sicherzustellen, und er hat auch die Funktion der Abgeltung von erhöhtem, durch die nicht rechtzeitige Einreichung der Abgabenerklärungen verursachten Verwaltungsaufwand wie z.B. Erklärungseingangsevidenz, Erinnerungsverfahren, Zwangsstrafenandrohung etc. abzugelten. Weiters stellt er die Einhaltung einer geordneten Abgabenfestsetzung sicher. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen (§ 134 BAO) kann die Abgabenbehörde damit rechnen, dass grundsätzlich die Abgabenerklärungen bis zum Ende dieser Frist eingereicht werden. Dem vom Bw. eingewandten Argument, im Falle einer früheren Vertretung durch die einschreitende Parteienvertreterin wäre es auf Grund der erlassmäßigen Zufristungen nicht zu einer Verspätung gekommen, ist entgegenzuhalten, dass der gegenständlich eingetretene Sachverhalt nicht mit einem hypothetischen verglichen werden kann, denn derartig eingewandte Umstände sind nicht geeignet, die vorliegende - unbestrittene - Saumseligkeit zu entkräften; der Bw. übergeht schlechthin die im Einzelfall vorliegende gesetzliche Möglichkeit einer Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen zu beantragen. Nichts anders sind die von ihm ins Treffen geführte Dauerfristverlängerungen für Abgabepflichtige, die durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten werden. Diese setzen naturgemäß voraus, dass die Behörde von der "späteren" Einreichung der Steuererklärungen in irgendeiner Form in Kenntnis gesetzt wird. Auf Grund der Tatsache, dass der Bw. seit 1996 als Abgabepflichtiger bei einem Finanzamt geführt wird, war ihm ein Wissen um die gesetzliche Frist zur Einreichung der Steuererklärung zuzurechnen. Warum er letztendlich um keine Fristverlängerung eingekommen ist, bleibt offen, vielmehr hat er sich um die rechtzeitige Erstellung der Steuererklärungen für das abgelaufene Jahr zu spät gekümmert und damit mittelbar die Abgabenbehörde von ihrem ihr zustehenden Abgabenanspruch im Unklaren gelassen. Am Rande sei in diesem Zusammenhang erwähnt, gerade im Jahr 2002 fällt eine größere Nachzahlung von Einkommensteuer an, weil auf Grund der Betriebsergebnisse 2001 (und auch 2000) keine Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt wurden, obwohl der Bw. den vierfachen Umsatz und Gewinn gegenüber 2001 erzielt hatte.
Der Verspätungszuschlag ist eine administrative Ungehorsamsfolge und Druckmittel eigener Art (vgl. Ritz, BAO- Kommentar², § 135, Tz. 3). Entsprechend h.L. (Ritz, BAO- Kommentar², § 135, Tz. 13) und Judikatur sind bei der Ermessensübung folgende Kriterien zu berücksichtigen:
- das Ausmaß der Fristüberschreitung (VwGH 10.11.1987, 87/14/0165, 29.4.1992, 88/17/0094);
- die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten Vorteils (VwGH 13.6.1980, 66/78, 1614/80);
- das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen z.B. seine Neigung zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten bzw. dass er bisher seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen stets pünktlich nachgekommen ist;
- Der Grad des Verschuldens (VwGH 24.2.1972, 1157/70, 1179/70).
Der Hinweis im Vorlageantrag auf die finanzamtliche Argumentation des lukrierten Zinsengewinnes, dass ein Zinsvorteil in dieser Höhe nicht entstanden sei, erscheint prima vista beachtenswert. Unter Anwendung der im strittigen Zeitraum anzuwendenden Zinssätze für gewährte Stundungen nach § 212 BAO (ab 11.12.2002: 6,2% und ab 9.6.2003 5,47% p.a.) würde sich ein Zinsenvorteil von € 155,67 bei einer Durchschnittsverzinsung von 5,8% p.a. errechnen. Ungeachtet dessen übersieht der Bw. in diesem Zusammenhang, dass - wie bereits oben erwähnt - der Zuschlag nicht ausschließlich als Abschöpfen des Zinsengewinnes zu sehen ist, sondern primär der Anhaltung der Abgabepflichtigen zu einem pünktlichen und geregelten Erklärungsverhalten dient. Daher erscheint der festgesetzte Zuschlag im Hinblick auf die vorgesehene Bandbreite von bis zu 10% der Abgabe schuldangemessen, denn schließlich beträgt die Verspätung über ein Dritteljahr. Unter der Annahme, dass Verspätungszuschläge bei mehr als sechs Monaten Verspätung durchwegs das gesetzliche Höchstausmaß erreichen, bewegt sich die Festsetzung im Ausmaß von 6% im Verhältnis zur eingetretenen Verspätung (132 Tage zu 183 Tagen ergebe 7,2%). Daher konnte keine fehlerhafte Ermessensübung festgestellt werden.
Graz, 18. Mai 2004
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Verspätungszuschlag, Abgabenerklärung, Verspätung, Verschulden, Ermessen, Fristverlängerung |
Verweise: | Ritz, BAO-Kommentar², § 135 |