DB-Pflicht der Bezüge eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/14/0009 eingebracht. Mit Erk. v. 28.4.2004 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Partner Treuhand WT GesmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Prüfungszeitraum 1.1.1997 bis 31.12.1999 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass die Vergütungen des zu 95% an der Gesellschaft beteiligten Gf. nicht in die Bemessungsgrundlage des Dienstgeberbeitrages und Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag einbezogen wurden. Auf Grund dieser Feststellungen wurde mit Haftungs- und Abgabenbescheid der auf diese Vergütungen entfallende Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag nachgefordert.
In einer dagegen eingebrachten Berufung wandte die Berufungswerberin im Wesentlichen ein, dass das Erfordernis, es müssten abgesehen von der Weisungsgebundenheit "alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" vorliegen, hier nicht gegeben sei. Im Einzelnen wurde ausgeführt: Der Umstand, dass der Gf. unbefristet bestellt sei, bedeute nicht, dass ein Dauerschuldverhältnis vorliege. Die Höhe der Bezüge werde nach Maßgabe der wirtschaftlichen Ergebnisse ermittelt. Da auf die Liquiditätssituation der Gesellschft Rücksicht genommen werde, erfolge auch die Bildung von Rückstellungen. Bei allfälliger Zahlungsunfähigkeit müsste der Gf. auf die Zahlung verzichten - dies sei Ausfluss aus seinem Unternehmerrisiko. Die Zahlungen seien daher der Höhe und dem Zeitpunkt nach unbestimmt. Im Übrigen würden Vereinbarungen über Arbeitszeit, Urlaub und Krankheit fehlen. Der Gf. könne alle Tätigkeiten an sich ziehen oder auch Kompetenzen verteilen. Tatsächlich seien alle Arbeiten sozusagen ständig delegiert und die Gesellschaft auch bei Abwesenheit des Gf. in Bezug auf alle notwendigen Tätigkeiten handlungsfähig. Gegen ein Dienstverhältnis würde auch sprechen, dass keine erzwingbare Verschwiegenheitspflicht und keine Bindung an betriebliche Ordnungsvorschriften bestehe, weiters die Selbstzahlung der GSVG-Beiträge durch den Gf. und der Umstand, dass Aufwandsvergütungen nur in besonderen Fällen bezahlt würden.
Nach abweisender Berufungsvorentscheidung wurde im Vorlageantrag die bisherige Rechtsansicht weiterhin aufrecht erhalten und im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Berufung verwiesen. Insbesondere zum Unternehmerrisiko wurde neuerlich ausgeführt, dass der Gf. dies in zwei Formen trage, da einerseits die Höhe der Bezüge vom Ergebnis der Gesellschaft und andererseits der Zufluss von der künftigen Liquidität der Gesellschaft abhänge.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der seit 1.1.1994 geltenden Fassung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinn des § 22 Z.2 EStG 1988.
Nach Absatz 3 der zitierten Gesetzesstelle ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Absatz 1 genannten Dienstgeber gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäߧ 25 Abs. 1 Z 1 lit.a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 leg.cit.
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Für die Frage, ob "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" gegeben sind, ist eine auf Grund des Beteiligungsverhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken und sodann nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben sind (vgl. VwGH 20.11.1996, 96/15/0094). Hiebei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, nicht auf die vom Steuerpflichtigen gewählte Form der Bezeichnung an.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung von Beschwerden, die sich gegen die Einbeziehung der Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988 in den Dienstgeberbeitrag nach dem FLAG richteten, abgelehnt (VfGH 9.6.1998, B 286/98 und vom 24.6.1998, B 998/98 und B 999/98) und weiters auch die Anfechtungsanträge des Verwaltungsgerichtshofes mit den Erkenntnissen vom 1.3.2001, G 109/00 und vom 7.3.2001, G 110/00 abgewiesen.
Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1.3.2001, G 109/00, wird unter Zitierung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass im Fall der auf die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zurückzuführenden Weisungsungebundenheit verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses ihre Indizwirkung für die Lösung der Frage verlieren, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sind. Dies trifft vor allem auf folgende zu: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer Arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung bestimmter Arbeiten etc. Insoweit sich die Berufungswerberin daher auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein derartiger Merkmale beruft, ist dies für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung.
Insgesamt stellt das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen "sonst aller Merkmale eines Dienstverhältnisses" auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos ab. Von Bedeutung ist auch noch das Vorliegen einer laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung. Der Feststellung, dass die Eingliederung hier gegeben ist, wurde im Großen und Ganzen auch nicht widersprochen.
Da eine laufende Entlohnung auch dann vorliegt, wenn sie zumindest jährlich erfolgt, ist sie bei der im gegenständlichen Fall vorliegenden Zahlungsmodalität (mehrere Teilbeträge) jedenfalls gegeben.
Von Unternehmerrisiko kann dann gesprochen werden, wenn ein Steuerpflichtiger durch eigene Geschäftseinteilung bzw. mehr oder weniger zweckentsprechende Organisation den Ertrag seiner Tätigkeit maßgeblich beeinflussen kann, wenn also die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, der Ausdauer und von Zufälligkeiten des wirtschaftlichen Verkehrs abhängig ist. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen nicht überwälzbarer Aufwendungen ergeben. Außer Frage steht, dass es hier nur auf das Risiko aus der Stellung als Geschäftsführer, nicht als Gesellschafter ankommt.
Seitens der Berufungswerberin wird die Entlohnung des Gf. als abhängig vom Ergebnis der Gesellschaft dargestellt, die Bezüge würden "nach Maßgabe der Ergebnisse in unterschiedlichen Teilbeträgen entnommen". Woraus die Höhe errechnet wird, wird jedoch in keiner Weise dargestellt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt hat (z.B. VwGH 23.1.2002, 2001/13/0107), wird mit der Vereinbarung einer nicht näher bestimmten "Erfolgs-abhängigkeit" ein Unternehmerrisiko des Gf. noch nicht dargetan. In dieser Entscheidung wird auch weiters ausgeführt, dass die Schwierigkeiten der Feststellung des tatsächlichen Sachverhaltes, die sich bei Leistungsverhältnissen zwischen einer Gesellschaft und dem wesentlich beteiligten Gf. insbesondere aus dem dabei häufig vorzufindenden Umstand des Selbstkontrahierens ergeben, zur Folge haben, dass der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung beizumessen ist. Diese Aussage kommt hier insofern zum Tragen, als schriftliche Verträge nicht vorhanden sind. Es können daher folgende Feststellungen getroffen werden:
Der Gf. erhielt in den geprüften Jahren in mehreren Teilbeträgen jeweils insgesamt folgende Bezüge ausbezahlt: 1997 1.440.000 S, 1998 2.300.000 S und 1999 3.800.000 S. Daneben wurden Rückstellungen für Geschäftsführervergütungen gebildet, die im Jahr 1997 1.240.000 S, im Jahr 1998 3.300.000 S und im Jahr 1999 6.200.000 S betrugen und ebenfalls als Geschäftsführeraufwand verbucht wurden. Dem gegenüber standen in den betreffenden Jahren Umsätze, die von rd. 71 Mio. im Jahr 1997 auf rd. 103 Mio. im Jahr 1998 anstiegen und 1999 wieder auf rd. 89 Mio. sanken. Die Gewinne bzw. das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit waren in den betreffenden Jahren zwar kontinuierlich steigend (1997 rd. 5,1 Mio., 1998 rd. 8,3 Mio., 1999 rd. 12,7 Mio.), dennoch kann ein unmittelbarer Zusammenhang der Bezüge mit wirtschaftlichen Parametern nicht hergestellt werden, zumal im Nachfolgejahr 2000 einer weiteren Steigerung des Geschäftsergebnisses wiederum ein wesentlich geringerer Geschäftsführeraufwand gegenüberstand (2.700.000 S; gleichzeitig wurde ein geringer Teil der Rückstellungen entnommen). Vielmehr scheinen die Änderungen in der Geschäftsführervergütung frei verfügt - wenn auch unter Berücksichtigung der Ertragslage der Gesellschaft. Auch hiezu wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dass dies mit einem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, nichts gemein hat (z.B. VwGH 27.2.2002, 2001/13/0103).
Keinesfalls kann die in der Berufung geäußerte Ansicht nachvollzogen werden, dass die lediglich als Rückstellung verbuchten Beträge deshalb für ein Unternehmerrisiko sprechen würden, da sie im Fall allfälliger späterer Liquiditätsschwierigkeiten nicht mehr ausbezahlt werden könnten. Da bei der guten Ertragslage und den Geschäftsergebnissen im gesamten Zeitraum eine Notwendigkeit, die Beträge wegen Zahlungsschwierigkeiten zurückzuhalten, nicht vorgelegen sein konnte, hatte der Gf. mit dieser Maßnahme offensichtlich aus nicht im Geschäftsergebnis gelegenen Gründen über diese Beträge zugunsten des Unternehmens verfügt. Ein allfälliger späterer Verlust der Beträge oder die Möglichkeit einer Entnahme stünden mit dem Risiko, das er als Geschäftsführer zu tragen hat, nicht mehr in Zusammenhang.
Bezüglich eines Unternehmerrisikos auf der Ausgabenseite wäre noch zu bemerken, dass laut einer diesbezüglichen Fragebeantwortung dem Gf. jedenfalls größere Ausgaben, wie etwa längere Auslandsaufenthalte, ersetzt werden. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch diesbezüglich ein Risiko nicht vorliegt.
Auf Grund dieser Feststellungen weist die Tätigkeit des wesentlich beteiligten Geschäftsführers somit - unter Außerachtlassung der Weisungsgebundenheit - die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf, sodass die von der Gesellschaft bezogenen Vergütungen als Einkünfte im Sinn des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 in die Beitragsgrundlage zum Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einzubeziehen sind.
Linz, 12. Dezember 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | Dienstgeberbeitrag, Dienstverhältnis, Geschäftsführer, Unternehmerrisiko |
Verweise: |