Berufung eines in Konkurs befindlichen steuerlichen Vertreters für seinen bisherigen Vollmachtgeber ist als unzulässig zurückzuweisen
Entscheidungstext
BescheidDer Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck a.d. Mur betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für das Jahr 1999 entschieden:
Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bw. teilte dem Finanzamt mit Schreiben vom 15. Februar 1999 mit, dass sie ab 1. Jänner 1999 ein gewerbliches Unternehmen mit dem Betriebsgegenstand "Computerhandel" führen würde. Im Zuge der Erhebung anlässlich der Neuaufnahme am 5. März 1999 gab sie dem Erhebungsorgan gegenüber bekannt, dass diese Computer, die so klein wie Zigarettenschachteln wären, sich derzeit noch in der Entwicklungsphase befänden. Der Beginn der Geschäftstätigkeit wäre daher noch nicht absehbar und sie hätte diese Firma nur gegründet, um EU-Förderungen eventuell ausnützen zu können. Es würden daher im Eröffnungsjahr und wahrscheinlich auch in den Folgejahren keinerlei Umsätze getätigt werden. Als einzige Ausgabe würde die Büromiete in Höhe von ca. 10.000,00 S monatlich anfallen.
Überdies bevollmächtigte sie ihren Ehemann mit Schreiben vom 8.3.1999, sie in allen behördlichen und geschäftlichen Angelegenheiten diese Firma betreffend zu vertreten. Die Gewerbeberechtigung des Ehegatten selbst endete laut Mitteilung der BH B., do. GZ: xy, am 13.10.1999 wegen Eröffnung eines Konkursverfahrens.
Trotz der eingangs angeführten Angaben erklärte sie in den Beilagen zu den Steuererklärungen für das Jahr 1999 Einnahmen in Höhe von 420.608,34 S netto und Ausgaben in Höhe von 268.487,86 S.
Der Betrieb der Bw. wurde in der Folge für diesen Zeitraum einer Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 3 BAO unterzogen, wobei der Prüfer feststellte, dass die erklärten Einnahmen ausschließlich aus Programmierarbeiten und Kilometergeld stammten, die der Sz. GmbH verrechnet wurden. Der Ehemann der Bw. besaß im Berufungsjahr 99 % der Anteile an dieser GmbH.
Bei der Bw. selbst war ihr Mann seit 8.11.1999 mit einem wegen der geringen Höhe nicht pfändbaren Gehalt beschäftigt. Trotzdem gab er in der Anfragebeantwortung vom 14.9.2000 an, dass er selbst diese Programmierarbeiten, bei denen es sich um Programmiertätigkeiten zu laufenden Aufträgen der Sz. GmbH handelte, durchgeführt hätte. Diese Rechnungen wurden am 4.1.1999, am 29.3.1999 und am 9.6.1999, somit vor Beginn des offiziellen Arbeitsverhältnisses bei der Firma der Gattin, gestellt.
Weiters stellte der Prüfer fest, dass die Bw. Mietaufwendungen in Höhe von 94.116,20 S netto für Büroräumlichkeiten in der Größe von 120 m² als Betriebsausgaben geltend machte. Da diese Räumlichkeiten seiner Auffassung nach jedoch überwiegend von Mitarbeitern der Sz. GmbH benutzt wurden, schied er diese Aufwendungen aus der Gewinnermittlung der Bw. aus.
Gegen den auf diesen Feststellungen beruhenden Umsatz- und Einkommensteuerbescheid des Jahres 1999 brachte der Ehemann am 12.2.2001 eine Berufung als Vertreter seiner Gattin ein und unterschrieb als Geschäftsführer mit seinem Namen. Auch den nach abweislich ergangener Berufungsvorentscheidung am 23.4.2001 gestellten Vorlageantrag sowie eine dazu eingebrachte Ergänzung vom 15.5.2002 unterschrieb ausschließlich der Ehegatte als steuerlicher Vertreter.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 79 BAO gelten für die Rechts- und die Handlungsfähigkeit im Bereich des Abgabenrechts die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Unter Handlungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten zu begründen.
Die Parteien des Abgabeverfahrens und ihre gesetzlichen Vertreter können sich gemäß § 83 Abs.1 BAO, sofern ihr persönliches Erscheinen nicht ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen. Die Abgabenbehörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige oder Angestellte handelt und Zweifel über das Bestehen und den Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten. Eine solche Bevollmächtigung und damit auch die Vertretungsbefugnis vor den Abgabenbehörden erlischt jedoch gemäß § 1024 ABGB von sich aus durch Konkurseröffnung über das Vermögen des Vollmachtgebers oder des Vollmachtnehmers.
Im vorliegenden Fall bevollmächtigte die Bw. am 8.3.1999 ihren Ehegatten, sie in allen behördlichen und geschäftlichen Angelegenheiten ihre Firma betreffend zu vertreten.
Die Gewerbeberechtigung des Ehegatten selbst endete laut Mitteilung der BH B., wie oben angeführt, am 13.10.1999 wegen Eröffnung eines Konkursverfahrens. Im Hinblick auf § 1024 ABGB war die Bevollmächtigung des Ehegatten durch die Bw. somit ab diesem Zeitpunkt ipso iure erloschen, ohne dass es einer rechtsgeschäftlichen Auflösung durch eine der Parteien bedurft hätte. Ab diesem Zeitpunkt hat nunmehr die bisher vertreten gewesene Bw. als unvertreten zu gelten (VwGH 29.11.2000, 99/09/0112).
Die Abgabenbehörde hat gemäß § 273 BAO idF AbgRmRefG, BGBl I 2002/97, die Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde. Eine Berufung ist vor allem unzulässig, wenn dem Einschreiter die Aktivlegitimation fehlt. Zur Einbringung der Berufung gegen einen Abgabenbescheid ist laut § 246 BAO grundsätzlich nur derjenige befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist bzw. ein dazu befugter Vertreter für den Bescheidempfänger.
Im vorliegenden Fall war jedoch, wie vorhin angeführt, die Bevollmächtigung des Ehegatten von Gesetzes wegen aufgelöst worden, womit er auch die Berechtigung, seine Gattin vor den Abgabenbehörden zu vertreten, verlor.
Es stellt sich nunmehr die Frage, ob die Berufung, die durch den nicht mehr bevollmächtigten Ehegatten eingebracht wurde, durch einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 85 Abs. 2 BAO saniert werden kann oder nicht. Nach dieser Gesetzesstelle berechtigen nämlich Formgebrechen von Eingaben, wie auch das Fehlen einer Unterschrift, an sich die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
In dem hier zu beurteilenden Sachverhalt liegt jedoch ein Formgebrechen nicht vor, da aus dem Akteninhalt hervorgeht, dass eine gültige Vollmacht für den Ehegatten im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung nicht vorlag, es ihm somit an der persönlichen Handlungsfähigkeit zur Einbringung der Berufung mangelte. Es geht im vorliegenden Berufungsfall somit nicht darum, dass der Einschreiter seine an sich gültige Vollmacht, die er nachzubringen im Stande war, im Zeitpunkt der Berufungseinbringung bloß nicht vorgelegt hatte, sondern darum, dass er auf Grund des automatischen Erlöschens seiner Bevollmächtigung gemäß § 1024 ABGB gar keine gültige Vollmacht besitzen und er somit auch keine abgabenrechtlich wirksamen Handlungen für die Ehegattin setzen konnte. Das im Gesetz erwähnte "Fehlen einer Unterschrift" kann nicht in dem Sinn ausgelegt werden, dass auch die Einbringung einer Berufung durch einen dazu nicht Legitimierten durch nachträgliche Beibringung der Unterschrift des Legitimierten saniert werden kann (vgl. VwGH 7.7.1972, 801/71).
Im Wege des § 85 Abs. 2 BAO ist der bloße Mangel der Vollmachtsvorlage (oder der Mangel des Fehlens der Unterschrift des Vollmachtgebers auf der Vollmachtsurkunde) behebbar. Bestand aber im Zeitpunkt der Einbringung einer Eingabe, in der auf die Vollmacht verwiesen wurde, durch einen als Bevollmächtigten Auftretenden kein Bevollmächtigungsverhältnis, so gebietet dieser Umstand die Zurückweisung des Anbringens. Durch § 85 Abs. 2 BAO kann nicht der Mangel des Fehlens der Bevollmächtigung, sondern nur der des fehlenden Nachweises für eine bestehende gültige Vollmacht geheilt werden (Stoll, BAO - Kommentar, 863).
Somit war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, 4. Dezember 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1024 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Schlagworte: | Konkurs, steuerlicher Vertreter, Machthaber, Aufhebung der Vollmacht, Aktivlegitimation, unzulässig |
Verweise: | VwGH 07.07.1972, 0801/71 |