Zurückziehung eines Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung ohne Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes
Anmerkungen:
siehe auch die ähnliche Entscheidung UFS Wien GZ RV/1322-W/03
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin. gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Die Nachforderung an Einkommensteuer für das Jahr 2001 entfällt daher.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Die Bwin. war im gegenständlichen Berufungszeitraum kaufmännische Angestellte bei einer Lebensmittelmarktkette. Der Arbeitgeber setzte die Bwin. bis 5. Februar 2001 in einer Betriebsstätte mit einer Entfernung zum Wohnort von über 20 km ein. Ab 6. Februar 2001 erfolgte der Einsatz in einem Markt mit einer Entfernung von unter 20 km vom Wohnort.
Aufgrund einer von der Bwin. zum 3. Mai 2002 eingebrachten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2001 erließ das Finanzamt am 27. Juni 2002 einen Einkommensteuerbescheid für 2001. In diesem Bescheid über die Arbeitnehmerveranlagung schrieb das Finanzamt der Bwin. für das Jahr 2001 eine Nachforderung in Höhe von 59,23 € (Anmerkung: vermutlich aufgrund der anzuwendenden Einschleifregelungen) vor. Dabei wurde bei Ermittlung der steuerpflichtigen Bezüge (Kennzahl 245) vom Arbeitgeber ein großes Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit.c EStG 1988 in Verbindung mit § 124b Z 52 EStG 1988 in Höhe von 14.400,00 ATS berücksichtigt.
Gegen die sich aus diesem Bescheid ergebende Nachforderung brachte die Bwin. fristgerecht eine Berufung ein. In dieser Berufung wurde unter Hinweis auf die Einkommensteuerrichtlinien der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für 2001 zurückgezogen und um Stornierung der Nachforderung ersucht. Die Zurückziehung sei möglich, da es sich um keine Pflichtveranlagung handle.
Aus der vom Arbeitgeber auf Verlangen des Finanzamtes vorgelegten Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales (von der Bwin. am 1. Juli 1998 erstellt) ergibt sich, dass zum damaligen Zeitpunkt die Berücksichtigung des großen Pendlerpauschales beantragt wurde, da die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Arbeitsstätte und dem Wohnort 25 km betrage und die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar sei, da zu Arbeitsbeginn und Arbeitsende die Fahrzeit mit einem derartigen Verkehrsmittel unzumutbar lang sei.
In der am 22. August 2002 ergangenen Berufungsvorentscheidung setzte das Finanzamt die Einkommenssteuer für das Jahr 2001 in Höhe von 343,23 € fest. Diese Erhöhung ergab sich dadurch, dass in der Berufungsvorentscheidung das Pendlerpauschale keine Berücksichtigung mehr fand. Das Finanzamt hat diese Berufungsvorentscheidung damit begründet, dass dem Antrag auf Zurückziehung der Arbeitnehmerveranlagung für 2001 nicht entsprochen werden könne, da der Meldepflicht gem. § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht nachgekommen worden wäre. Gem. § 83 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 werde der Arbeitnehmer als Steuerschuldner unmittelbar in Anspruch genommen.
Innerhalb offener Rechtsmittelfrist stellte die Bwin. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz. In der Begründung führte sie aus, dass der seinerzeitige Antrag auf Berücksichtigung des Pendlerpauschales den gesetzlichen Voraussetzungen entsprach. Es habe sich auch am Wohnort keine Änderung ergeben, sondern es habe sich lediglich der Dienstort aufgrund der Einteilung durch den Dienstgeber verändert.
Mit Schreiben vom 29.10.2002 wurde die gegenständliche Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
In weiterer Folge wurde der Bwin., da sie telefonisch nicht erreichbar war, mit Schreiben vom 16. Juli 2003 mitgeteilt, dass eine allfällig zu Unrecht berücksichtigte Pendlerpauschale nach § 83 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 vom Finanzamt unmittelbar bei der Arbeitnehmerin rückgefordert werden kann, wenn sie ihrer Meldepflicht gegenüber dem Arbeitgeber betreffend der Änderung der Verhältnisse für das Pendlerpauschale nicht nachgekommen sein sollte. Zur Abrundung des zu ermittelnden Sachverhaltes wurde die Bwin. überdies aufgefordert, darzutun, wann ihr Wechsel von der ersten Betriebsstätte zu der dem Wohnort näher gelegenen Betriebsstätte refolgt sei.
Da dieser Vorhalt nicht beantwortet wurde, wurde die Bwin. mit Schreiben vom 15. September 2003 abermals ersucht, ihren Arbeitsortwechsel darzulegen.
Mit Schreiben vom 22. September 2003, eingelangt bei der Abgabenbehörde II. Instanz am 24. Oktober 2003, stellte die Bwin. klar, dass der Dienststellenwechsel am 6. Februar 2001 erfolgte. Ab diesem Tag sei sie an einer Dienststelle eingesetzt gewesen, die weniger als 20 km von ihrem Wohnort entfernt sei. Ihrer Meinung nach hätte anlässlich des Dienststellenwechsels der Arbeitgeber die Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage vornehmen müssen. Eine allfällige Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für die Strecke Wohnort - neuer Dienstort wurde nicht behauptet.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 41 Abs. 1 EStG 1988 führt in den dort angeführten 5 Ziffern jene Fälle an, in denen es zu einer Pflichtveranlagung, sofern im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind, zu kommen hat. Ist keiner dieser 5 Fälle gegeben, erfolgt nach Abs. 2 des § 41 EStG 1988 eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen.
Da im gegenständlichen Fall kein Grund für eine Pflichtveranlagung vorliegt, ist eine Veranlagung von einem Antrag der Steuerpflichtigen abhängig.
Ein derartiger Antrag wurde zwar ursprünglich gestellt, aber mit der Berufung vom 11. Juli 2002, eingelangt beim Finanzamt am 15. Juli 2002, zurückgezogen. Anträge zur Geltendmachung von Rechten, hiezu zählt der Antrag nach § 41 Abs. 2 EStG 1988 (Kommentar zur Bundesabgabenordung von Ritz, § 85 Anmerkung 5) können nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Mai 1997, Zl. 94/13/0273 bis zur Rechtskraft des Bescheides zurückgezogen werden.
Da kein Grund für eine Pflichtveranlagung vorliegt und der Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung vor Rechtskraft des Bescheides zurückgezogen wurde, fehlt dem vom Finanzamt erlassenen Bescheid die Rechtsgrundlage, weshalb dieser nach § 289 Abs. 2 BAO ersatzlos aufzuheben ist.
Auf das Bestehen eines Anspruches auf Berücksichtigung eines Pendlerpauschales ist nach der dargestellten Rechtslage in dieser Entscheidung nicht einzugehen.
Ergänzend wird angeführt, dass nach § 83 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ein Arbeitnehmer unmittelbar zu einer Rückforderung eines zu unrecht in Anspruch genommenen Pendlerpauschales in Anspruch genommen werden kann, wenn Meldepflichten nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG nicht nachgekommen wurde.
Linz, 3. November 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Arbeitnehmerveranlagung, Pflichtveranlagung, Antragsveranlagung, Zurückziehung des Antrages, Pendlerpauschale, Rückforderung |
Verweise: |