Zuordnung der Abfertigung zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit nach dem Überwiegensgrundsatz des Zeitraumes von 10 Jahren vor Beendigung der Tätigkeit
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Pavlik, Mag. Martin Saringer und Dr. Peter Zacherl am 10. September 2003 über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2. und 20. Bezirk in Wien betreffend Einkommensteuer 2000 vom 8. 7. 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) ist Unternehmer. Er war u.a. in den letzten 10 Jahren 8,5 Jahre Gesellschafter-Geschäftsführer der Fa. Z & Co GmbH und bezog aus dieser Tätigkeit sonstige selbständige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG, da er mit 33% beteiligt war. Die restlichen 1,5 Jahre (gerechnet bis 31.12.1999) befand er sich in einem Dienstverhältnis zur Fa. Z & Co GmbH. In diesen 1,5 Jahren betrug seine Beteiligung nur mehr 1%. Für die an ihn im Jahr 2000 ausbezahlte Abfertigung für seine mehr als 20-jährige Tätigkeit als Geschäftsführer wurden 6% Lohnsteuer im Sinne des § 67 EStG einbehalten und abgeführt. Ein entsprechender Lohnzettel wurde dem Finanzamt (FA) übermittelt.
Die Gesellschaft beendete per 31. 12. 1999 das Dienstverhältnis mit dem Bw., die Zahlung der Abfertigung erfolgte im Jahr 2000.
Die Betriebsprüfung (Bp.) des FA führte eine abgabenbehördliche Prüfung durch und vertrat die Ansicht, bei einem geschäftsführenden Gesellschafter sei gem. § 22 Abs. 2 EStG auf die letzten 10 Jahre Bedacht zu nehmen. Die Abfertigung stelle daher eine sonstige Vergütung für eine ehemalige Tätigkeit dar und sei der Einkunftsart "Einkünfte aus selbständiger Arbeit" zuzurechnen und somit dem Normalsteuersatz zu unterziehen, wobei die abgeführte Lohnsteuer von 6% anzurechnen sei.
Das FA erließ einen entsprechenden Bescheid.
In der Berufung wurde i.w. vorgebracht, der Bw. sei im Jahre 1967 Dienstnehmer bei der Z & Co OHG geworden. Im Jahre 1969 sei diese Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgegründet worden. Der Bw. sei nicht Mitgesellschafter gewesen und habe Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogen. 1982 habe der Bw. einen Anteil von 33% an dieser Kapitalgesellschaft geerbt. Der Bw. sei arbeitsrechtlich Dienstnehmer geblieben und war weisungsrechtlich der Generalversammlung unterstellt. Steuerlich habe der Bw. als wesentlich beteiligter Gesellschafter und nunmehr auch Geschäftsführer ab diesem Zeitpunkt Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 22 Z. 2 EStG bezogen.
Im Oktober 1998 habe der Bw. 32% seiner 33% igen Beteiligung an genannter Fa. als Stifter in eine Stiftung eingebracht, sodass ihm nur mehr eine Beteiligung von 1% an dieser Gesellschaft verblieb.
Ab Oktober 1998 wurden die Einkünfte des Bw. wieder als solche aus nichtselbständiger Tätigkeit erfasst.
Der Bw. bringt vor, er habe somit im Zeitraum von 1967 bis 1982 sowie im Zeitraum vom Oktober 1998 bis 31. 12. 1999 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, was insgesamt ca. 16,5 Dienstjahren entspreche.
Im Zeitraum von 1982 bis Oktober 1998 habe er Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit bezogen, was ca. 16 Dienstjahren entspreche.
Im Beobachtungszeitraum würden die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit überwiegen; weiters stellten auch die letzten 1,5 Jahre am Ende des Beobachtungszeitraumes Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar.
Aus der Bestimmung des § 22 Z 2 EStG leite die Bp. ab, dass nur der Beobachtungszeitraum von 10 Jahren maßgeblich sei.
Dem werde ausdrücklich widersprochen; die Abfertigung stelle auf Grund des Überwiegens im gesamten Beobachtungszeitraum eindeutig Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Bei der gesetzlichen Regelung des Beobachtungszeitraumes könne es sich nur um einen Mindestzeitraum handeln, um das Vorhandensein etwaiger fehlender Daten im gesamten Beobachtungszeitraum über das Vorliegen von bestimmten Rechtsverhältnissen zu überbrücken. Im gegenständlichen Fall wären aber alle Daten bekannt.
Eine andere Interpretation als die des Bw. würde dem verfassungsgeschützten Gleichheitsgrundsatz nicht entsprechen und die Regelung des verkürzten Beobachtungszeitraumes von 10 Jahren sei mit Willkürlichkeit belastet, da gleiche Sachverhalte ungleich behandelt würden.
Die gesamte Abfertigung sei daher als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu versteuern.
In eventu werde der Antrag einer Aliquotierung gestellt. Die Hälfte der Einkünfte solle mit einem festen Steuersatz von 6% besteuert und die andere Hälfte als sonstige selbständige Tätigkeit. Als Begründung werde auf Doralt, Einkommensteuerhandbuch, und auf die Judikatur des VwGH verwiesen, weil demnach eine wirtschaftliche Zuordnung zu der jeweils richtigen Einkunftsart durchzuführen sei. Auch der im Gesetz nicht geregelte Fall, in dem der Dienstnehmer in den vergangenen 10 Jahren genau zur Hälfte selbständig und zur anderen Hälfte nichtselbständig war, zeige dies. Auch hier müsse aliquotiert werden, jede andere Lösung wäre willkürlich.
Die Bp. erstellte eine Stellungnahme zur Berufung und der Bw. eine Gegenstellungnahme dazu.
Der Senat hat erwogen:
Festgestellt wird, dass der von der Bp. festgestellte und vom Bw. vorgetragene Sachverhalt unbestritten ist und der Entscheidung zu Grunde gelegt wird.
Strittig ist, welcher Beobachtungszeitraum in gesetzeskonformer Interpretation des § 22 Z. 2 EStG heranzuziehen ist-
§ 22 Einkommensteuergesetz 1988 idgF (EStG) lautet:
"§ 22. Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind:
1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören nur
a) Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit.
b) Einkünfte aus der Berufstätigkeit der
- staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit sowie aus der Berufstätigkeit der
- Ärzte, Tierärzte und Dentisten,
- Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder,
- Unternehmensberater, Versicherungsmathematiker, Schiedsrichter im Schiedsgerichtsverfahren,
- Bildberichterstatter und Journalisten,
- Dolmetscher und Übersetzer.
Zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit zählen auch die Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung), soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden.
c) Einkünfte aus
- der therapeutischen psychologischen Tätigkeit von Personen, die die geistes- oder naturwissenschaftlichen Universitätsstudien mit dem Hauptfach Psychologie abgeschlossen haben
- der Tätigkeit als Hebamme
- der Tätigkeit im medizinischen Dienst im Sinne des § 52 Abs. 4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 102/1961
Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Angehöriger eines freien Berufes in seinem Beruf
- im Rahmen von Veranstaltungen tätig wird, denen die für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Eigenschaften fehlen
- sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Abgesehen vom Fall einer vorübergehenden Verhinderung muß er selbst auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden.
2. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit. Darunter fallen nur:
- Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit (zB für die Tätigkeit als Hausverwalter oder als Aufsichtsratsmitglied).
- Die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich.
Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind weiters Zuwendungen von Privatstiftungen im Sinne des § 4 Abs. 11, soweit sie als Bezüge und Vorteile aus einer bestehenden oder früheren Beschäftigung (Tätigkeit) anzusehen sind.
3. Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben. Voraussetzung ist jedoch, dass
- die Tätigkeit der Gesellschaft ausschließlich als selbständige Arbeit anzusehen ist und
- jeder einzelne Gesellschafter im Rahmen der Gesellschaft selbständig im Sinne der Z 1 oder 2 tätig wird. Dies ist aber nicht erforderlich, wenn berufsrechtliche Vorschriften Gesellschaften mit berufsfremden Personen ausdrücklich zulassen.
4. Bezüge und Vorteile aus Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit sie nicht unter § 25 fallen.
5. Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24."
Unbestritten und einhellige Lehre ist, dass die Abfertigung an den Bw. unter den Begriff des § 22 Z. 2 EStG "Gehälter und Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, ...", fällt.
Strittig ist der Halbsatz "..., die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war."
Nach den Grundsätzen der Interpretation hat jede Gesetzesauslegung mit der Wortinterpretation zu beginnen. (s. Koziol/Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I, 8. Auflage, Wien 1987, S 20 ff.). Demnach ist mit der Erforschung des Wortsinnes zu beginnen. Es ist zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck nach dem allgemeinen Sprachgebrauch oder nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Der äußerste mögliche Wortsinn steckt die Grenze jeglicher Auslegung ab und darf auch nicht mit den weiteren, anerkannten Interpretationsmethoden wie Bedeutungszusammenhang, historische Interpretation sowie teleologische Interpretation überschritten werden.
Schon nach diesen Ausführungen ist das Schicksal der Berufung entschieden. Die gesetzliche Formulierung ist derart klar, dass für vom Wortsinn abweichende Interpretationen wie Analogie etc. kein Platz bleibt. Der Ausdruck "in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit ..." bedeutet 10 Jahre, nicht mehr und nicht weniger. Es ist nach dem klaren Gesetzesauftrag weder möglich, diesen Zeitraum, zurück berechnet vom Ende der Tätigkeit, zu verlängern oder zu verkürzen. Es ist dabei völlig egal, wie lange die Tätigkeit zurück verfolgt werden kann, da der Beobachtungszeitraum immer nur 10 Jahre betragen kann. Der Begriff "10 Jahre" kann weder restriktiv noch extensiv ausgelegt werden, da er genau determiniert und scharf umrissen ist. Die vom Bw. geforderte Interpetation, die letzten 32,5 Jahre vor Beendigung der Tätigkeit heranzuziehen, wäre contra legem und ist daher abzulehnen.
Der Beobachtungszeitraum der letzten 10 Jahre ergibt unstrittig, dass der Bw. 8,5 Jahre wesentlich beteiligt war und 1,5 Jahre nicht.
Des weiteren bringt der Bw. vor, der Zeitraum sei zu aliquotieren. Aber auch dafür findet sich im Gesetz keine Deckung. Die im Gesetz gewählte Formulierung, wonach "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war", sind, statuiert nach ihrem Wortsinn den Überwiegensgrundsatz. Wer mehr als die Hälfte des 10-Jahre Zeitraumes, demnach mehr als 5 Jahre, wesentlich beteiligt war, erzielt für die Gehälter und Vergütungen, d.h. für den gesamten Betrag, Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Es wird pauschal von "die Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art" gesprochen, worunter nur der gesamte Betrag verstanden werden kann. Dies ist der Wortsinn und der Bedeutungszusammenhang. Andernfalls hätte der Gesetzgeber etwa die Formulierung wählen müssen: ... wonach Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit auch der Teil der Gehälter ..., der auf den Zeitraum der wesentlichen Beteiligung entfällt, sind. Durch das Abstellen auf das Überwiegen (mehr als die Hälfte) iVm den gesamten Gehältern etc. im Gesetz kann vom unabhängigen Finanzsenat nur der Ansicht der Bp. gefolgt werden.
Diese Ansicht findet auch in der Lehre Deckung. Der entscheidende Satz wurde als § 22 Abs. 1 Z. 2 durch das AbgÄndG 1981, BGBl. Nr. 620/1980 mit Wirkung ab der Veranlagung 1982 in das EStG aufgenommen und blieb bis zum Streitjahr inhaltlich unverändert. Nach den Erläuternden Bemerkungen dazu "soll auf das Überwiegen der wesentlichen Beteiliung im Zeitraum von zehn Jahren vor ihrem Ausscheiden aus dem Aktivdienst oder in ihrem kürzeren Tätigkeitszeitraum abgestellt werden." Auch die Materialien (historische Interpretation) gehen demnach vom Überwiegen im 10 Jahreszeitraum aus. Die (damalige) Lehre folgt dem Gesetzeswortlaut und den Materialien, so Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, EstG 1972, 2. Auflage, Wien 1985, § 22 Tz. 38. Die Autoren führen aus:"... betrifft Personen, die eine Pension für eine Tätigkeit beziehen,....Diese Pension zählt zu den Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit, wenn der Bezieher in einem Beobachtungszeitraum von 10 Jahren vor Beendigung seiner Aktivzeit zu mehr als die Hälfte der während des Beobachtungszeitraumes verstrichenen Aktivzeit wesentlich beteiligt war..." Dies wird durch Beispiele illustriert, siehe etwa Beispiel 3, das klassisch auf das Überwiegen (6 Jahre) der wesentlichen Beteiligung in den letzten 10 Jahren abstellt.
Aber auch Doralt, EStG Kommentar, Bd. II, Stand 1.1.2002, § 22, Tz. 159 f., folgt dieser Ansicht: "... dann stellt das Gesetz in diesem Fall darauf ab, welche Tätigkeit in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung der Tätigkeit überwogen hat. Danach ist etwa eine Abfertigungszahlung nach fünfundzwanzigjähriger Tätigkeit den selbständigen Einkünften zuzuordnen, wenn der Gesellschafter in den letzten fünfeinhalb Jahren zu mehr als 25% beteiligt war. Umgekehrt genießt der Gesellschafter den Lohnsteuervorteil, wenn er von 25 Dienstjahren nur in den letzten fünfeinhalb Jahren zu höchstens 25% beteiligt war. ...".
Zusammenfassend ist festzustellen, dass nicht nur die Interpretation der Gesetzesbestimmung, sondern auch die Gesetzesmaterialien und die einhellige Literatur die Auffassung der Bp. des FA stützen. Der unabhängige Finanzsenat folgt dieser Auffassung, was zu einer Abweisung der Berufung führen muss.
Was die behauptete Verfassungs- (Gleichheitswidrigkeit) der Gesetzesbestimmung betrifft, ist zum Einen auszuführen, dass der unabhängige Finanzsenat als Verwaltungsbehörde nach dem Legalitätsprinzip des Art. 18 B-Vg. an die Gesetze gebunden und nicht ermächtigt ist, über die Verfassungswidrigkeit einfachgesetzlicher Bestimmungen abzusprechen.
Zum Anderen kann die Verfassungswidrigkeit nicht erkannt werden, auch wenn Doralt, a.a.O., die Gleichheitswidrigkeit der Regelung behauptet. Sein Argument, wonach dies auch der im Gesetz nicht geregelte Fall, in dem der Dienstnehmer in den vergangenen Jahren genau zur Hälfte selbständig und zur anderen Hälfte nichtselbständig war, zeige, und daher aliquotiert werden müsse, ist nicht aus dem Gesetz ableitbar, da dieses von mehr als der Hälfte des Zeitraumes aus selbständiger Tätigkeit spricht. Im übrigen ist diese Fallkonstellation doch eher unwahrscheinlich und konstruiert.
Auch irrt der Bw., wenn er die "Festlegung des Beobachtungszeitraumes" als aus der Sicht Doralts für verfassungswidrig erachtet. Doralt setzt den Beobachtungszeitraum von 10 Jahren voraus, um zu seiner (im Gesetz nicht gedeckten) Forderung einer Aliquotierung zu kommen.
Dass der 10-jährige Beobachtungszeitraum lediglich ein Mindestzeitraum wäre, der beliebig (nach Informationsstand) verlängerbar wäre, ist weder dem Gesetz noch Doralt zu entnehmen.
Eine gleichheitswidrige oder willkürliche Regelung kann dem Überwiegensgrundsatz des § 22 Z 2 EStG nicht entnommen werden.
Wien, 11. September 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 22 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Zuordnung der Abfertigung, Beobachtungszeitraum von 10 Jahren vor Beendigung der Tätigkeit, Überwiegensgrundsatz, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit |