UFS RV/0867-W/02

UFSRV/0867-W/0224.6.2003

Sanierungsgewinn anlässlich eines Zwangsausgleiches

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Klaus Hafner gegen den Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO für das Jahr 1997 des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk in Wien entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Hinweis

Diese Berufungsentscheidung wirkt gegenüber allen Beteiligten, denen gemeinschaftliche Einkünfte zufließen (§§ 191 Abs. 3 lit. b BAO). Mit der Zustellung dieser Bescheidausfertigung an eine nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle am Gegenstand der Feststellung Beteiligten als vollzogen (§ 101 Abs. 3 BAO).

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Bw. betreibt im Berufungsjahr einen Elektrogroßhandel sowie den Großhandel mit Be- und Entlüftungsanlagen in Form einer Kommanditgesellschaft. Persönlich haftender Gesellschafter ist die A. B. GmbH. Die GmbH fungiert als Geschäftsführerin (Geschäftsführer ist Peter B.) sowie als Lohnwerkstatt der Bw. Die Kommanditisten sind KR A. B. und dessen Sohn Peter B. Über die A. B. GmbH wird mit Beschluss des Gerichtes mit 21. 12. 1995 der Konkurs eröffnet. Die Gesellschaft wird aufgelöst (6 S 1728/95 z). Mit 16. 10. 1998 erfolgt die amtswegige Löschung.

Über das Unternehmen der Bw. wird mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 21. 12. 1995 ebenfalls der Konkurs eröffnet (6 S 1727/95 b). Vom Handelsgericht Wien wird im Konkurs über das Vermögen oben angeführter Unternehmen der Antrag des Masseverwalters auf Schließung der Gemeinschuldnerischen Unternehmen gem. § 115 KO genehmigt. Im Beschluss wird begründend ausgeführt, dass eine Fortführung keinesfalls im Interesse der Gläubiger liege und sich die Gemeinschuldner mit der Schließung einverstanden erklärt hätten. Der Masseverwalter teilt dem Finanzamt im Schreiben vom 19. 11. 1996 mit, dass der Betrieb der Bw. mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 9. 1. 1996 geschlossen worden sei und keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt werde.

Der über das Vermögen der Bw. eröffnete Konkurs wird nach Bestätigung des am 24. 9. 1997 angenommenen Zwangsausgleiches mit 23. 12. 1997 aufgehoben.

Im Schenkungsvertrag vom 20. 1. 1998 erfolgt mit Wirkung zum 31. 12. 1997 die Übertragung des Geschäftsanteiles in Höhe von S 490.000,00 vom Vater auf den Sohn.

Der in der Bilanz der Bw. zum 31. 12. 1997 ausgewiesene Bilanzgewinn in Höhe von 3.352.164,13 wird in der Abgabenerklärung als steuerfreier Sanierungsgewinn ausgewiesen, welcher infolge des Konkurses der GmbH und der Übertragung der Gesellschaftsanteile vom Vater auf den Sohn nunmehr Hrn. Peter B. zuzurechnen sei.

Dem Antrag auf Berücksichtigung der 1997 erfassten Schuldnachlässe als Sanierungsgewinn wird seitens des Finanzamtes nicht entsprochen. Dies wird wie folgt begründet:

"Die Berücksichtigung der Schuldnachlässe als Sanierungsgewinn gem. § 36 EStG 1988 ist neben den übrigen Voraussetzungen, nur insoweit zulässig, als eine Sanierungsabsicht gegeben ist. Eine solche liegt nur dann vor, wenn die Absicht bestanden hat, die wirtschaftliche Gesundung des Unternehmens herbeizuführen. Wie vom Bw. im Schreiben vom 17. 1. 1996 mitgeteilt wurde, erfolgte die Betriebseinstellung per 15. Jänner 1996. Eine Fortführung war nicht geplant. Weiters war eine Fortführung des Betriebes, wie im Gerichtsbeschluss vom 9. 1. 1996 angeführt, nicht im Interesse der Gläubiger gelegen. Erfolgt der Schuldnachlass nur aufgrund des Umstandes der ohnehin bestehenden Uneinbringlichkeit der aushaftenden Verbindlichkeiten, so fehlt es an der Sanierungsabsicht. Eine beabsichtigte Betriebsfortführung zum Zeitpunkt des Ausgleiches ist auch in der von Herrn Peter B. erfolgten Anteilsübernahme nicht begründet. Der Schenkungsvertrag wurde erst am 20. Jänner 1998 mit Wirkung zum 31. 12. 1997 abgeschlossen, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zwangsausgleich bereits abgeschlossen war".

In der Berufung wird im wesentlichen ausgeführt, dass Herr Peter B. stets die Absicht gehabt habe, nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erreichen eines Zwangsausgleiches den Betrieb weiterzuführen. Der Masseverwalter habe den Betrieb der Bw. jedoch aus Haftungsgründen vorübergehend einstellen müssen. Tatsächlich sei der Betrieb jedoch weitergeführt worden. Ein wesentliches Argument für die bestehende Sanierungsabsicht erblickt die Bw. darin, dass Hr. Peter B. S 85.000,00 aus eigenen Mitteln zur Finanzierung der vierundzwanzigprozentigen Ausgleichsquote aufbrachte, und damit die Gläubigerversammlung dazu bewegen konnte, dem Zwangsausgleich zuzustimmen. Es sei daher ersichtlich, dass die Sanierung des Unternehmens bereits während des Insolvenzverfahrens und vor dem Zwangsausgleich von Hrn. Peter B. beabsichtigt und geplant gewesen sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 36 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) jene Einkommensteile auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Ab dem Jahre 1998 wurde diese Bestimmung aus dem Einkommensteuergesetz gestrichen.

Die Voraussetzungen für die Steuerfreistellung sind:

Die steuerbegünstigte Sanierung muss durch einen Schulderlass, somit durch den Nachlass von Verbindlichkeiten vorgenommen worden sein. Unter § 36 EStG 1988 fällt nur ein Sanierungsgewinn, der aus einer allgemeinen Sanierungsmaßnahme resultiert. Es muss zumindest die Mehrzahl der Gläubiger auf ihre Forderungen ganz oder teilweise verzichten.

Ein Sanierungsgewinn i.S.d. § 36 EStG 1988 hat zur Voraussetzung, dass der Betrieb sanierungsfähig ist und der Schuldnachlass in Sanierungsabsicht ausgesprochen wird. Die Sanierungsbedürftigkeit liegt bei objektiver Beurteilung dann vor, wenn ein Unternehmen vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch steht, also notleidend ist. Die Sanierungsabsicht liegt dann vor, wenn die wirtschaftliche Gesundung des Unternehmens herbeigeführt werden soll. Die Sanierungseignung als eine weitere Voraussetzung für die Anwendung des § 36 EStG 1988 besagt, dass der Schulderlass als Sanierungsmittel angesehen werden kann. Hat die wirtschaftliche Zerrüttung ein Ausmaß erreicht, bei dem ein allgemeiner Schuldnachlass keine Sanierungseffekte verspricht, liegt kein Sanierungsvorgang vor.

Die Sanierungsabsicht des betreffenden Betriebes ist somit eine der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes im Sinne des § 36 EStG 1988. Im Hinblick auf diese Rechtslage ist es nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass das Finanzamt keinen Anwendungsfall des § 36 EStG 1988 angenommen hat, weil der Betrieb, auf den sich der Schulderlass bezog, bereits eingestellt war. So war über das Vermögen der A. B. GmbH. bereits mit 21. 12. 1995 der Konkurs eröffnet, die Gesellschaft aufgelöst und die Firma in weiterer Folge im Firmenbuch gelöscht. Aufgabe der A. B. GmbH. war die Geschäftsführung für die Bw., weiters war sie die Lohnwerkstätte der Bw.

Die Berücksichtigung der Schuldnachlässe als Sanierungsgewinn gem. § 36 EStG 1988 ist, neben den übrigen Voraussetzungen, nur insoweit zulässig, als eine Sanierungsabsicht gegeben ist. Eine solche liegt nur dann vor, wenn seitens der Gläubiger die Absicht bestanden hat, die wirtschaftliche Gesundung des Unternehmens herbeizuführen. Wie von der Bw. im Schreiben vom 17. 1. 1996 mitgeteilt wurde, erfolgte die Betriebseinstellung per 15. Jänner 1996. Eine Fortführung war, wie der Masseverwalter ausgeführt hat, nicht geplant. Weiters war eine Fortführung des Betriebes, wie im Gerichtsbeschluss vom 9. 1. 1996 angeführt, auch nicht im Interesse der Gläubiger gelegen.

In diesem Beschluss wird begründend ausgeführt, dass eine Fortführung keinesfalls im Interesse der Gläubiger liege und sich die Gemeinschuldner mit der Schließung einverstanden erklärt hätte. Der Masseverwalter teilt darüber dem Finanzamt gegenüber im Schreiben vom 19. 11. 1996 mit, dass der Betrieb der Bw. mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 9. 1. 1996 geschlossen worden sei und keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt werde.

Wenn die Bw. in der Berufung ausführt, dass während des gesamten Verfahrens immer die Absicht bestanden hatte, das Unternehmen fortzuführen, und dies auch dadurch zu belegen sei, dass über das Jahr 1997 hinaus der Betrieb als Einzelunternehmen fortgeführt worden sei, so steht diese Erklärung in der Berufung (im Jahre 1999), im Widerspruch zu den Aussagen von Bw. und Masseverwalter aus dem Jahr 1996. Für die Beurteilung der Absicht der Betriebsfortführung ist jedoch die für diesen Zeitpunkt maßgebliche Absicht heranzuziehen.

Der Hinweis in der Berufung, dass der Masseverwalter den Betrieb aus Haftungsgründen nur vorübergehend eingestellt hat stellt einen Widerspruch zur gerichtlichen Vorgangsweise dar. Wenn in der Berufung ausgeführt wird, dass die Sanierungsabsicht durch den Zuschuss des Herrn Peter B. in Höhe von S 85.000,00 aus eigenen Mitteln zur Finanzierung der 24 prozentigen Ausgleichsquote ableitbar wäre, da Herr Peter B. als beschränkt haftender Kommanditist bei einem Konkurs der KG keinerlei Schulden aus der KG übernehmen hätte müssen, wird darauf hingewiesen, dass er damit im Ausmaß von 1,8 % zur Quote beigetragen hat. Weiters wird dazu bemerkt, dass es sich bei Herrn Peter B. um den Geschäftsführer der Komplementär GmbH handelt, und ein Beitrag aus eigenen Mitteln sich auch positiv in Bezug auf die Haftung als Geschäftsführer erweisen kann. Auch ist zu bedenken, dass die Sanierungsabsicht aus der Sicht der Gläubiger zu beurteilen ist, ob diese auf ihre Forderungen ganz oder teilweise verzichten, um die wirtschaftliche Gesundung des Unternehmens herbeizuführen. Diesbezüglich hat sich der Masseverwalter im Verfahren dahingehend geäußert, dass eine Sanierung (Fortführung des Betriebes) nicht im Interesse der Gläubiger gelegen wäre. Die Sanierungs- und Fortführungsabsicht im Sinne der Bestimmung des § 36 EStG 1988 wird dadurch nicht nachgewiesen. Die Berufung war daher abzuweisen.

Wien, 24. 6. 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Sanierungsgewinn, Zwangsausgleich

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