UFS RV/4030-W/02

UFSRV/4030-W/0225.6.2003

Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gem. § 206 lit.b BAO hinsichtlich der auf einen Sanierungsgewinn entfallenden Einkommensteuer

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft m.b.H., gegen den Bescheid des Finanzamtes Korneuburg betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Die Bw. beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1999 für einen Gewinn aus einem Schuldnachlass aufgrund eines außergerichtlichen Ausgleichs die Nachsicht der Einkommensteuer gem. § 206 BAO.

Das FA gab diesem Antrag im angefochtenen Bescheid mit der Begründung keine Folge, dass mangels Sanierungsabsicht des verzichtenden Gläubigers kein Sanierungsgewinn vorliege.

In ihrer Berufung wendet die Bw. ein, die Hauptgläubiger hätten in Sanierungsabsicht gehandelt und bringt zur Begründung im wesentlichen vor, für ihr Unternehmen, dem infolge längerfristiger Überschuldung eine Insolvenz gedroht habe, sei ein Sanierungskonzept erarbeitet worden und nach längeren Verhandlungen hätten die Hauptgläubiger einem außergerichtlichen Ausgleich zugestimmt. Der Schuldennachlass seitens der Volksbankengruppe sei wesentliche Bedingung für eine Umschuldung im Rahmen der Sanierung gewesen. Die Sanierung sei auch erfolgreich verlaufen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 36 EStG 1988 waren bei der Ermittlung des Einkommens jene Einkommensteile auszuscheiden, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, ist § 36 EStG 1988 mit Wirkung ab der Veranlagung für das Jahr 1998 entfallen. Ab 1998 sind Sanierungsgewinne daher wie laufende Gewinne zu behandeln und dem Tarif zu unterwerfen.

Die Bw. begehrt, diese auf den in ihrem Unternehmen entstandenen Sanierungsgewinn entfallende Einkommensteuer gem. § 206 BAO nachzusehen.

Gemäß § 206 lit. b BAO sind die Oberbehörden ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Festsetzung bestimmter Abgaben ganz oder teilweise Abstand zu nehmen, wenn im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird.

Mit Erlass vom 16. Juli 1999, GZ. 14 0206/1-IV/14/99 (nunmehr eingearbeitet in die Einkommensteuerrichtlinien 2000), hat das BM für Finanzen unter Berufung auf § 206 lit. b BAO angeordnet, dass von der Festsetzung von aus Sanierungsgewinnen entstehender Einkommensteuer insoweit Abstand zu nehmen ist, als die Abgabenansprüche durch die (sukzessive) Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines Zwangsausgleichs entstanden sind und den der Ausgleichsquote entsprechenden Betrag übersteigen. Voraussetzung für eine derartige Maßnahme sei, dass "abstrakt" die Voraussetzungen für einen Sanierungsgewinn im Sinne des § 36 EStG 1988 idF vor BGBl. Nr. 201/1996 vorliegen. Zur Begründung wird im genannten Erlass ausgeführt, nach Wegfall der Bestimmung des § 36 EStG 1988 habe sich in der Praxis gezeigt, dass die volle Durchsetzbarkeit des auf Sanierungsgewinne entfallenden Abgabenanspruches - insbesondere in Fällen eines Zwangsausgleichs - nicht gegeben sei. In diesem Erlass werden die Finanzlandesdirektionen weiters "eingeladen", in Sanierungsfällen außerhalb eines Zwangsausgleichs die Finanzämter in Einzelfällen gemäß § 206 BAO anzuweisen, von der Abgabenfestsetzung in einer dem Erlass vergleichbaren Weise Abstand zu nehmen und bei derartigen Anweisungen darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die Sanierungsbedürftigkeit auf unangemessen hohe Entnahmen zurückzuführen ist bzw. inwieweit sich die zur Sanierungsbedürftigkeit führenden Verluste bereits steuerlich ausgewirkt hätten.

Die Finanzlandesdirektion hat im vorliegenden Fall eine derartige Anweisung nicht erteilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem ebenfalls zur Frage der Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung gem. § 206 BAO im Falle eines Sanierungsgewinnes ergangenen Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, 2002/14/0139 festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung Erlässe der Finanzverwaltung keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen zu begründen vermögen.

Da es sich bei dem o.g. Erlass vom 16. Juli 1999 ebenso wie bei den Einkommensteuerrichtlinien 2000, in welche dieser Erlass eingearbeitet wurde, mangels Kundmachung im

Bundesgesetzblatt um keine für den unabhängigen Finanzsenat beachtliche Rechtsquelle handelt, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Wien, 25. Juni 2003

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 206 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Sanierungsgewinn, Außergerichtlicher Ausgleich, Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung, keine Bindung des UFS an Erlässe

Verweise:

VwGH 28.01.2003, 2002/14/0139

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