Nachsicht, Säumniszuschlag
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2003/13/0062 eingebracht. Mit Erk. v. 24.1.2007 als unbegründet abgewiesen.
Anmerkungen:
entspricht auch der Rechtsansicht des BMfF (vgl. Richtlinien für die Abgabeneinhebung (RAE), § 236, Tz. 17)
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk und Großbetriebe betreffend ein Nachsichtsansuchen vom 8. Mai 2002 entschieden: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt für den 23. Bezirk und Großbetriebe hat mit Bescheid vom 8. Mai 2002 das Ansuchen um Nachsicht des Säumniszuschlages in der Höhe von € 17.610,55,-- abgewiesen.
Nach Fristverlängerung wurde am 24. Juni 2002 Berufung erhoben, die mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Juli 2002 abgewiesen wurde.
Dagegen beantragte die Bw. die Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
In der vorliegenden Berufung führt die Bw. aus, dass sich aus der Höhe des vorgeschriebenen Säumniszuschlages eine Unbilligkeit ergäbe, die zu einem erheblichen Vermögensnachteil für die Gesellschaft führe. Die Gesetzmäßigkeit der Verhängung eines Säumniszuschlages werde außer Streit gestellt, es sei jedoch bei der Währungsumstellung bei vielen Gesellschaften und bei der Finanzverwaltung mehrfach zu Umrechnungsfehlern gekommen. Die Steuerentrichtung sei zuvor stets pünktlich und richtig erfolgt, den finanziellen Nachteil hätte der Bw. nicht erlitten, wenn es die Umstellung auf Eurobeträge nicht gegeben hätte. Es liege daher eine persönlich und sachliche Unbilligkeit vor, weswegen der Antrag auf Nachsicht des vorgeschriebenen Säumniszuschlages in der Höhe von € 17.610,55,-- gestellt werde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 Bundesabgabenordnung ( BAO ) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Abs.2 Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Abs.3 Ein zweiter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit (§ 226) entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der Säumniszuschlag beträgt jeweils 1% des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4ergebenden Zeiträume neu zu laufen.
Abs. 4 Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a)ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b)ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c)ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d)ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
Abs.5 Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.
Abs.6 Wird vor dem Ende einer für die Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist ein Vollstreckungsbescheid (§ 230 Abs. 7) erlassen, so tritt die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 erst mit dem ungenützten Ablauf dieser Frist, spätestens jedoch einen Monat nach Erlassung des Vollstreckungsbescheides ein und beginnt erst ab diesem Zeitpunkt die Dreimonatsfrist des Abs. 3 erster Satz zu laufen.
Abs.7 Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Abs. 2, Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb der Frist des § 238 zulässig.
Abs. 3 Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten.
Als Grundlage für eine Abgabennachsicht wird persönliche oder sachliche Unbilligkeit gefordert, wobei ein diesbezüglicher Nachweis durch den Antragsteller zu erbringen ist. (VwGH 23. Jänner 1996, Zl.95/14/0062) Eine persönliche Unbilligkeit liegt vor, wenn die Einhebung die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet bzw. die Einhebung mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist.
Eine sachliche Unbilligkeit ist gegeben, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, das zu einer anormalen Belastungswirkung verbunden mit einem atypischen Vermögenseingriff kommt. ( VwGH 30.3.2000, 99/16/0099)
Der Verwaltungsgerichtshof fordert in ständiger Rechtssprechung für den Tatbestand der " Unbilligkeit der Einhebung nach der Lage des Falles" das Vorliegen eines in den subjektiven Verhältnissen des Steuerpflichtigen (so genannte persönliche Unbilligkeit) oder im Steuergegenstand gelegenen Sachverhaltselementes (so genannte sachliche Unbilligkeit), aus dem sich ein wirtschaftliches Missverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und den im subjektiven Bereich entstehenden Nachteilen ergibt. Eine steuerliche Auswirkung, die ausschließlich die Folge eines als generelle Norm mit umfassendem personellen Geltungsbereich erlassenen Gesetzes ist, kann nicht durch Nachsicht behoben werden. Die Währungsumstellung hat alle Abgabepflichtigen betroffen, daher ist im gegenständlichen Fall keine anormale Belastungswirkung gegeben.
Eine Gefährdung der Existenzgrundlage der Gesellschaft wurde nicht eingewendet und liegt auch nach der Aktenlage nicht vor.
Eine persönliche Unbilligkeit ersieht die Bw. in einem Missverhältnis zwischen der Höhe des angefallenen Säumniszuschlages und dem durch die Abgabenbehörde in dem Verspätungszeitraum vom 24 Tagen erlittenen Zinsverlust. Dazu ist auszuführen, dass dies nach der Rechtsprechung des VwGH ( Erkenntnis vom 19. Oktober 1992, 91/15/0017 ) gleichfalls eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage darstellt und sohin keine - richtig sachliche - Unbilligkeit zu begründen vermag, weil weder § 217 Abs. 1 BAO den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages noch § 217 Abs. 2 BAO dessen Höhe von der Dauer des Verzuges abhängig macht, sodass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht , dass bei kurzer Dauer des Verzuges eine höhere "Verzinsung" des geschuldeten Abgabenbetrages in Kauf zu nehmen ist, als bei längerer Dauer. Sofern die Bw. vermeint, dass ihr kein Verschulden an der Verursachung des Säumniszuschlages angelastet werden könne bzw. darin nur ein geringfügiger Fehler zu erblicken sei, ist dem zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 9. November 1994, 92/13/0256) der Mangel eines Verschuldens an der verspäteten Abgabenentrichtung eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht begründet.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 236 Abs. 1 BAO konnte die beantragte Nachsicht somit nicht gewährt werden.
Die Berufung war spruchgemäß abzuweisen.
Wien, 11. März 2003
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Nachsicht, Säumniszuschlag, Verschulden, hohe Verzinsung, sachliche Unbilligkeit |