Normen
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG
§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG
Gründe
I.
1Streitig ist, ob Aufwendungen eines Polizei-Hundeführers für den ihm zugewiesenen landeseigenen Diensthund als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
2Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr als Diensthundeführer im Polizeidienst des Landes Niedersachsen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er führt einen Diensthund, der als Schutzhund und als Sprengstoffspürhund eingesetzt wird. Die Ausbildung des Hundes, der im Eigentum des Landes steht, erfolgte durch den Kläger. Nach einem Schreiben der Polizeidirektion X vom 1. Oktober 2007 war der Kläger verpflichtet, den ihm zugewiesenen Diensthund außerhalb der Dienstzeit mit nach Hause zu nehmen und dort zu pflegen. Eine Möglichkeit der dienstlichen Unterbringung und Pflege des Hundes bestand nicht. Für die Pflege des Hundes im privaten Haushalt wurde dem Kläger pro Tag pauschal eine Stunde Dienstzeit angerechnet. Außerdem erhielt der Kläger vom Land Niedersachsen für Fütterung und Pflege des Hundes eine Pauschale von jährlich 792 EUR. Eine private Nutzung des Hundes war dem Kläger untersagt.
3In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger erfolglos Aufwendungen für den Diensthund in Höhe von 3.430,94 EUR (4.222,94 EUR - der Kostenerstattung von 792 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Auch der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
4Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1924 veröffentlichten Gründen insoweit statt, als es weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 2.422,64 EUR anerkannte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
5Mit der Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG).
6Das FA beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 29. Juli 2009 14 K 20/08 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
7Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
8Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
91.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen des Klägers für den Diensthund in Höhe von 2.422,64 EUR als weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.
10a)
Werbungskosten sind nach der Rechtsprechung des Senats alle Aufwendungen, die durch den Beruf des Steuerpflichtigen veranlasst sind (z.B. Urteil vom 23. März 2001 VI R 175/99, BFHE 195, 225, BStBl II 2001, 585, m.w.N.). Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und wenn die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407, m.w.N.). Zu den Werbungskosten gehören auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG). Arbeitsmittel sind alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich --oder doch nahezu ausschließlich-- und unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1992 VI R 31/92, BFHE 169, 350, BStBl II 1993, 193, und vom 8. November 1996 VI R 22/96, BFH/NV 1997, 341, beide m.w.N.).
11Zutreffend hat das FG erkannt, dass es sich bei dem Diensthund um ein Arbeitsmittel des Klägers handelt. Denn das Tier dient unmittelbar der Erledigung der dienstlichen Aufgaben des Klägers als Diensthundeführer.
12b)
Allerdings ist bei Gegenständen, die auch im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG) genutzt werden können, für die Einordnung als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im Einzelfall entscheidend (BFH-Urteile vom 19. Februar 2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958, und vom 20. Juli 2005 VI R 50/03, BFH/NV 2005, 2185). Die Güter müssen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend nur zur Einnahmeerzielung beruflich genutzt werden. Eine geringfügige private Mitbenutzung ist unschädlich. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist unter Würdigung aller Umstände nach der tatsächlichen Zweckbestimmung, d.h. nach der Funktion des Wirtschaftsgutes im Einzelfall, festzustellen (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1988 VI R 18/86, BFHE 155, 310, BStBl II 1989, 356). Entsprechendes gilt für die Nutzung von Tieren (vgl. § 90a des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- sowie BFH-Urteil vom 10. September 1990 VI R 101/86, BFH/NV 1991, 234).
13c)
Das FG hat nach Würdigung aller Umstände des Streitfalles festgestellt, dass der Diensthund des Klägers neben der beruflichen keine private Verwendung gefunden hat. Diese Würdigung ist rechtlich möglich. Der Senat ist an sie gebunden, weil das FA hiergegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 FGO). Der BFH ist als Revisionsgericht grundsätzlich nicht befugt, eine eigene Tatsachen- oder Beweiswürdigung an die Stelle der Würdigung des FG zu setzen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 118 FGO Rz 54 ff., 64 ff., sowie BFH-Beschluss vom 18. Juni 2007 VI B 28/07, BFH/NV 2007, 1869).
14Entgegen der Auffassung der Revision zwingt der Umstand, dass der Kläger einen --möglicherweise auch einen erheblichen-- Teil seiner Freizeit und ca. 12 v.H. seiner Bruttobezüge für die Betreuung und Versorgung des Diensthundes aufgewendet hat, nicht zu dem Schluss, dass der Hund auch privaten Zwecken des Klägers gedient habe. Insbesondere lässt sich aus der Höhe des erwerbsbezogenen Aufwands regelmäßig nicht auf die Verwendung eines Wirtschaftsguts schließen. Auch der Zeitaufwand für die Pflege oder Wartung eines Arbeitsmittels erlaubt einen derartigen Rückschluss nicht. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Diensthund --wie bei anderen Hundehaltern auch-- am privaten Leben des Klägers teilhat. Weder diese Teilhabe noch das besondere persönliche Verhältnis zwischen Diensthundeführer und Diensthund zeugen im Streitfall jedoch von einer privaten Nutzung des Tieres. Der Diensthundeführer und sein Diensthund bilden vielmehr eine Einheit, welche im dienstlichen Bereich funktionieren muss, um erfolgreiche Arbeit zu leisten. Um dies zu ermöglichen, soll der Hund nach seiner bestandenen Prüfung als Polizeihund nur noch mit seinem Hundeführer zusammen arbeiten und leben, das heißt, der Hund wird sowohl im Dienst geführt als auch privat mit in die Familie des Hundeführers integriert (www.polizei.niedersachsen.de, dort unter Dienststellen, Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim, Diensthundführergruppe). Die Teilhabe des Tieres am privaten Leben des Klägers ist nach den bindenden Feststellungen des FG dienstlich angeordnet und damit Dienstpflicht. Sie ist darüber hinaus der "Funktionsfähigkeit des Arbeitsmittels Hund" und der Erkenntnis geschuldet, dass Tiere keine bloßen Sachen sind (§ 90a Satz 1 BGB), sondern als Mitgeschöpfe besondere Anerkennung verdienen.
15Auch wenn im Streitfall ein besonderes persönliches Verhältnis zwischen Diensthundeführer und Diensthund besteht und das Tier Teil des privaten Lebens des Klägers ist, bilden die Aufwendungen des Klägers für den Diensthund anders als bei einer privat veranlassten Hundehaltung keine steuerunerheblichen Kosten der privaten Lebensführung i.S. des § 12 Nr. 1 EStG. Eine Zurechnung der streitigen Beträge zu den privaten Lebenshaltungskosten würde die dienstliche Notwendigkeit und damit den vorhandenen Erwerbsbezug der Aufwendungen verkennen. Der erforderliche einkommensteuerrechtlich erhebliche Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis wird im Streitfall dadurch begründet, dass polizeiliche Diensthunde vom Diensthundeführer nicht aus privaten Gründen, zum Vergnügen oder zur Unterhaltung gehalten, sondern zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben betreut und versorgt werden (a.A. FG München, Urteil vom 7. März 2006 6 K 4483/03, [...]). Dass diese dienstlichen Aufgaben in der Freizeit und unter Aufwendung eigener finanzieller Mittel erfüllt werden, steht einer solchen Beurteilung jedenfalls im Streitfall ebenso wenig entgegen wie ein privates Interesse des Klägers an der Hundehaltung. Vielmehr stehen private Motive dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn die objektiv festgestellten Tatsachen unter Berücksichtigung der dafür von der Rechtsprechung aufgestellten Merkmale und Maßstäbe --wie im Streitfall-- die rechtliche Würdigung zulassen, dass Aufwendungen für ein Arbeitsmittel nahezu ausschließlich beruflich veranlasst sind, weil es nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. In einem solchen Fall sind die Aufwendungen in vollem Umfang zu berücksichtigen. Eine Aufteilung in abziehbaren beruflichen und steuerunerheblichen Privataufwand ist daher auch nicht geboten (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1).
16d)
Ist ein Gegenstand als Arbeitsmittel zu beurteilen, sind auch die beruflich veranlassten Kosten der Instandsetzung und Wartung oder wie vorliegend der Pflege des Arbeitsmittels als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 2006 VI R 24/03, BFHE 212, 556, BStBl II 2006, 473). Der Umstand, dass der Dienstherr des Klägers Eigentümer des Hundes ist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Auch berufliche Aufwendungen auf fremdes Eigentum sind dem Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 EStG zugänglich (von Beckerath in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 9 Rz 9). Das FG hat deshalb zu Recht die anteiligen Anschaffungskosten der Hundetransportbox, Aufwendungen für Leinen, die Änderung des Hundegeschirrs und ähnliches Zubehör, Futter- und -nebenkosten sowie den Aufwand für die Hundeplatznutzung und damit --unter Anrechnung der Kostenerstattung durch den Dienstherrn-- insgesamt einen Betrag in Höhe von 334,64 EUR zum Werbungskostenabzug zugelassen. Gleiches gilt hinsichtlich der Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zu den Diensthundeausbildungsstellen in Höhe von 2.088 EUR. Bei diesen Kosten, die dem Kläger im Rahmen der Fährtenausbildung des Diensthundes entstanden sind, ist der konkrete Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit offenkundig (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 61/04, BFH/NV 2007, 1132).
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