Art. 30 ZK
Art. 31 ZK
Art. 36 Abs. 2 ZK
Art. 152 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZKDVOFG Hessen - 13.03.2008 - AZ: 7 K 3209/05
Gründe
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) führte als indirekter Vertreter einer japanischen Firma (Fa. I), für die sie aufgrund einer Servicevereinbarung tätig wurde, elektronische Geräte in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein, die von der Fa. I später an Abnehmer in der Gemeinschaft --allerdings ohne Beteiligung der Klägerin-- verkauft wurden. Mit den Einfuhranmeldungen legte die Klägerin von der Fa. I ausgestellte Rechnungen vor. Eine bei der Klägerin durchgeführte Außenprüfung führte zu der Feststellung, dass die den Warenempfängern berechneten Verkaufspreise höher waren als die für die Zollwertanmeldung in den vorgelegten Rechnungen ausgewiesenen Preise. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) erhob daraufhin aufgrund geänderter Zollwerte Einfuhrabgaben nach, wobei er in Anwendung des Art. 31 des Zollkodex (ZK) die Zollwerte anhand von Preislisten der Fa. I ermittelte.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin geltend macht, dass die Zollwerte gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. c ZK (sog. deduktive Methode) zu ermitteln seien, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Zollwerte auch in Anwendung der deduktiven Methode zutreffend festgesetzt worden seien. Mit den Beteiligten sei davon auszugehen, dass den Einfuhren keine Kaufgeschäfte zugrunde gelegen hätten, sondern die Verkäufe erst nach Überführung der Waren in den freien Verkehr erfolgt seien, weshalb eine Zollwertermittlung nach Art. 29 ZK ausscheide. Da die Voraussetzungen des Art. 30 Abs. 2 Buchst. a und b ZK nicht vorlägen und die Klägerin die Zollwertermittlung gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. d ZK nicht gewählt habe, komme die Methode gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. c ZK in Betracht. Es sei davon auszugehen, dass die in den Preislisten der Fa. I angegebenen Preise diejenigen seien, zu denen die eingeführten Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an nicht mit der Fa. I verbundene Personen verkauft worden seien. Hiervon abzuziehen seien die der Klägerin für ihre Dienstleistungen gezahlten Entgelte, wofür im Einvernehmen mit der Klägerin ein 6%iger Satz ermittelt worden sei, nicht aber --wie von der Klägerin begehrt-- der in den Verkaufspreisen enthaltene Gewinnaufschlag von 43%, da dieser nicht mit im Einfuhrland stattgefundenen Tätigkeiten im Zusammenhang stehe.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision jedenfalls nicht vorliegt, weshalb auf die Mängel bei der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Darlegung des Zulassungsgrundes nicht eingegangen werden muss.
Der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfordert neben den Fällen der Divergenz auch dann eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann, weil beispielsweise dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896, m.w.N.). Dem FG ist im Streitfall jedoch kein solcher Fehler bei der Anwendung des Rechts unterlaufen.
Anders als die Beschwerde meint, lässt der Umstand, dass das FG den Wortlaut des Art. 152 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO) im Urteil falsch wiedergegeben hat, indem es den Abzug von "Gewinn- und Gemeinkosten" geprüft hat, nicht auf eine unzutreffende Rechtsanwendung schließen. Was die Beschwerde für falsch hält, ist die Rechtsauffassung des FG, dass von den in den Preislisten der Fa. I angegebenen Warenpreisen, die der Zollwertermittlung nach der deduktiven Methode zugrunde gelegt worden sind, nur die der Klägerin von der Fa. I gezahlten Entgelte gemäß Art. 152 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZKDVO abzuziehen sind, nicht aber der in den Preisen enthaltene 43%ige Gewinnaufschlag des Verkäufers. Dass das FG in dieser Weise entschieden hat, hat jedoch weder etwas mit der unzutreffenden Formulierung "Gewinn- und Gemeinkosten" zu tun noch beruht diese Entscheidung auf einem Rechtsanwendungsfehler, sondern es handelt sich um eine zutreffende Anwendung des Rechts.
Der Zollwert eingeführter Waren wird durch die bis zum Ort des Verbringens der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft entstehenden Erwerbskosten bestimmt (vgl. Krüger in Dorsch, Zollrecht, Art. 32 ZK Rz 1). Werden die Waren zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft, ist somit gemäß Art. 29 ZK bei der Zollwertermittlung der vom Einführer tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis zugrunde zu legen. Ist diese sog. Transaktionswert-Methode nicht anwendbar, dienen die in Art. 30 und 31 ZK beschriebenen Folgemethoden in gleicher Weise dem Zweck, die bis zum Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft entstandenen Erwerbskosten zu ermitteln (vgl. für die deduktive Methode: Müller-Eiselt, EG-Zollrecht, Zollkodex/Zollwert, Fach 4230 Rz 233, 237). Erst nach dem Verbringen der Waren entstandene Erwerbskosten fließen somit auch bei Anwendung dieser Folgemethoden in den Zollwert nicht ein. Dementsprechend werden nach Art. 152 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZKDVO die "bei Verkäufen in der (und nicht 'in die') Gemeinschaft (...) üblichen Zuschläge für Gewinn und Gemeinkosten" abgezogen.
Das FG hat daher bei der Anwendung der sog. deduktiven Methode sowie des Art. 152 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZKDVO zu Recht entschieden, dass von den den Preislisten entnommenen Warenpreisen, die der Zollwertermittlung nach der deduktiven Methode zugrunde gelegt worden sind, lediglich die der Klägerin für ihre der Fa. I erbrachten Dienstleistungen gezahlten Entgelte abzuziehen sind, da diese erst nach der Wareneinfuhr entstandene Kosten für den Absatz der Waren sind. Bei dem in den letztlich erzielten Verkaufspreisen enthaltenen Gewinn und den Gemeinkosten der Fa. I handelt es sich indes nicht um erst nach der Einfuhr entstandene Erwerbskosten (vgl. dazu die dem Streitfall entsprechenden Beispielsfälle in Müller-Eiselt, a.a.O., Rz 187 bis 189).
Die Richtigkeit dieser Auffassung wird durch folgende Überlegung bestätigt:
Nach den Feststellungen des FG lagen den Einfuhren sog. Konsignationsgeschäfte zugrunde. Wird in Fällen dieser Art der Zollwert gemäß Art. 31 ZK ermittelt, kann es in Betracht kommen, den zu erwartenden späteren Kaufpreis zugrunde zu legen (vgl. Krüger in Dorsch, a.a.O., Art. 29 ZK Rz 10). Keineswegs wird dabei aber der Gewinnaufschlag des drittländischen Verkäufers vom Kaufpreis abgezogen. In gleicher Weise wird verfahren, wenn die Preise je Einheit für auf Konsignationsbasis eingeführtes Obst und Gemüse gemäß Art. 36 Abs. 2 ZK i.V.m. Art. 152 Abs. 1 Buchst. a) a ZKDVO nach der deduktiven Methode berechnet werden. Auch insoweit wird von den letztlich erzielten Verkaufserlösen (u.a.) die Vermarktungsspanne der Handelszentren in der Gemeinschaft abgezogen, nicht aber die Vermarktungsspanne der drittländischen Verkäufer (vgl. Nr. 4 der Leitlinien der Kommission zur Berechnung und Veröffentlichung der Preise je Einheit für auf Konsignationsbasis eingeführtes Obst und Gemüse, abgedruckt bei Krüger in Dorsch a.a.O., Art. 36 ZK Rz 102, und bei Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 4236 Rz 108).
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