Normen
§ 8 Abs. 1 KStG
§ 4 Abs. 1 EStG
Gründe
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine AG, wurde im Streitjahr noch in der Rechtsform der GmbH betrieben. An ihrem Stammkapital in Höhe von 134 400 DM waren K mit 50 v.H., seine Ehefrau V mit 24,4 v.H. (32 800 DM) sowie B, G, F und S mit je 8 600 DM beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 17. April 1986 veräußerte K von seinen Geschäftsanteilen (67 200 DM) nominal je 11 100 DM an B und S, sowie jeweils 5 900 DM an G und F (insgesamt 34 000 DM). Die Beteiligungsverhältnisse stellten sich danach wie folgt dar:
In demselben Vertrag vom 17. April 1986 verpflichteten sich die Gesellschafter V, B und S, Gesellschaftsanteile von nominal je 5 200 DM (B und S) und 22 400 DM (V) an einen von der Klägerin benannten Dritten oder an die Klägerin selbst zu veräußern, und zwar zu einem Preis von je 160 000 DM (B und S) und von mindestens 680 000 DM (V). Sofern für die Anteile von V ein höherer Kaufpreis erzielt werden sollte, verpflichtete sich V, den Differenzbetrag sofort nach Zahlung der Klägerin unbefristet und als zinsloses Darlehen zur Verfügung zu stellen.
Seit der zweiten Jahreshälfte 1987 stand die Klägerin in Vertragsverhandlungen über die Veräußerung von 25,1 v.H. ihres Stammkapitals an die X, ein Tochterunternehmen der Y.
In der Aufsichtsratssitzung der X vom 24. Oktober 1988 hatte der Vorstand dem Aufsichtsrat einen Anteilserwerb an der Klägerin zum 1. Januar 1989 von 25,07 v.H. zum Kaufpreis von 2 250 000 DM zuzüglich eines mit 8 v.H. verzinslichen Gesellschafterdarlehens in Höhe von maximal 1,5 Mio. DM auf 3 Jahre vorgeschlagen. Dieses Darlehen sollte nach Maßgabe der in den Jahren 1989 bis 1991 effektiv erreichten Ergebnisse über eine "Besserungslösung" verrechnet werden. Der Kaufpreis von 2 250 000 DM sollte in Höhe von 1 Mio. DM den veräußernden Gesellschaftern und in Höhe von 1 250 000 DM der Klägerin als Rücklage zufließen. Der Aufsichtsrat stimmte dem Vorschlag zu.
Unter dem 11. November 1988 kam es zu einem notariellen Vertragsentwurf, nach dem die X mit Wirkung zum 1. Januar 1989 Gesellschaftsanteile der V von nominal 23 600 DM für 700 172 DM sowie der Gesellschafter B und S von jeweils nominal 5 200 DM für jeweils 154 300 DM erwerben sollte. Daneben sollte die X "anlässlich ihres Beitritts" an die Klägerin bis zum 31. Dezember 1988 "eine Zahlung von 1 250 000 DM" leisten, die den Rücklagen der Klägerin zuzuführen sein sollte.
Dieser Vertrag kam jedoch nicht zu Stande. Vielmehr übernahm die Klägerin durch notariellen Kaufvertrag vom 28. Dezember 1988 Anteile der Gesellschafter V von nominal 22 900 DM für 695 000 DM, B und S von je 5 300 DM für jeweils 163 000 DM sowie G und F von je 100 DM für jeweils 3 000 DM. Der Gesamtkaufpreis von 1 027 000 DM für die Übernahme der Gesellschaftsanteile (nominal 33 700 DM) wurde der Klägerin gestundet, bis sie die Anteile an einen neu aufzunehmenden Gesellschafter veräußert habe, längstens bis zum 30. Juni 1989.
Bereits unter dem 23. Dezember 1988 war ein notarieller Vertragsentwurf erstellt worden, nach dem die Klägerin die (voraussichtlich am 28. Dezember 1988) von ihr gehaltenen eigenen Anteile von 33 700 DM an die X für 1 027 000 DM veräußern sollte. Des Weiteren sah § 3 des Entwurfs vor, dass die X anlässlich ihres Beitritts eine "gesellschaftsrechtliche Einlage" in Höhe von 1 250 000 DM zu erbringen habe, die den Rücklagen der Gesellschaft zuzuführen sei. Da die Beteiligten befürchteten, die "freiwillige Zuzahlung von 1 250 000 DM" könnte als Bestandteil des Kaufpreises der Klägerin angesehen werden, wurde die Bestimmung gestrichen und durch eine andere Regelung ersetzt: Die X sollte der Klägerin 1 250 000 DM in einem zeitlich versetzten weiteren Vertrag als zinsloses Darlehen gewähren, wobei in einer weiteren privatschriftlichen Vereinbarung festzuhalten sei, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch gegen Einbringung in die Rücklagen der Klägerin erlassen werden solle. In einem Schreiben der X an die Klägerin vom 22. Mai 1989 heißt es, die X unterstütze die Absicht der Altgesellschafter, der Klägerin zur Börsenreife zu verhelfen und die Umwandlung auf eine AG. Zu diesem Zweck sei sie bereit, eine freiwillige Zuzahlung im Sinne einer gesellschaftsrechtlichen Sondereinlage in Höhe von 1 250 000 DM zu zahlen, um die Börsenreife des Unternehmens zu beschleunigen.
Mit notariellem Vertrag vom 29. Juni 1989 veräußerte die Klägerin ihre eigenen Anteile von nominal 33 700 DM für 1 027 000 DM an die X. Dieser Betrag wurde an die Gesellschafter V, B, S, G und F zur Erfüllung ihre jeweiligen Kaufpreisansprüche aus dem Anteilsveräußerungsvertrag vom 28. Dezember 1988 weitergeleitet.
Unter dem 30. Juni 1989 gewährte die X der Klägerin u.a. ein Darlehen in Höhe von 1 280 000 DM. Dieses sollte ab 1. Januar 1990 mit einem Jahreszins von 8 v.H. über einen Zeitraum von 10 Jahren getilgt werden. Am 3. Juli 1989 vereinbarten die Klägerin und die X die Umwandlung dieses Darlehens in eine "einmalige verlorene Einlage" zur Zuführung in die Rücklagen der Klägerin, "sofern dies die Gesellschafterversammlung der ... (Klägerin) mit einfacher Mehrheit beschließt". Ein entsprechender Gesellschafterbeschluss wurde am 29. August 1989 gefasst.
Im Anschluss an eine Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, der Veräußerungspreis der Gesellschaftsanteile sei mit insgesamt 2 307 000 DM anzusetzen, denn das Darlehen in Höhe von 1 280 000 DM sei wirtschaftlich als zusätzliche Kaufpreiszahlung zu werten.
Das FA erließ am 7. November 1994 einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1989, in dem u.a. der Gewinn um 1 280 000 DM erhöht wurde. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) hierzu ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 1357 veröffentlicht.
Zeitgleich waren ein geänderter Gewerbesteuermessbescheid und ein Zerlegungsbescheid für 1989 ergangen. Das Einspruchsverfahren war bis zur Entscheidung des Klageverfahrens über die Körperschaftsteuer 1989 ausgesetzt worden. Da die Klägerin nach Abschluss des Klageverfahrens erklärte, sie erhalte ihre Einsprüche gegen den Gewerbesteuermessbescheid und den Zerlegungsbescheid 1989 aufrecht, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Auch die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das entsprechende Urteil ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2005, 205 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts (sinngemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes --GewStG--, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG-- i.V.m. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 1999 aufzuheben und den Gewerbesteuermessbescheid 1989 und den Bescheid über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages 1989, beide vom 7. November 1994, dahin gehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um den Betrag von 1 280 000 DM ermäßigt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin aus der Veräußerung der Anteile an die X einen Gewinn von 1 280 000 DM realisiert hat. Der Forderungsverzicht der X gegenüber der Klägerin ist nicht Teil des Veräußerungsentgelts, sondern eine Einlage, die keinen Einfluss auf den Unterschiedsbetrag gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG hat.
1.
Eigene Anteile einer Kapitalgesellschaft sind Wirtschaftsgüter.
Zwar sind sie, solange sie sich in der Hand der Kapitalgesellschaft befinden, wertlos, da die Werte der Kapitalgesellschaft dieser ohnehin zustehen. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind aber zivilrechtlich Gegenstände und damit Wirtschaftsgüter im bilanzsteuerrechtlichen Sinn und bleiben dies auch, wenn sie von der Kapitalgesellschaft selbst gehalten werden. Wenn auch die durch den Beteiligungsbesitz begründeten Rechte in diesem Fall ruhen, so gehen die Anteile selbst nicht unter (Senatsurteil vom 6. Dezember 1995 I R 51/95, BFHE 179, 326, BStBl II 1998, 781, m.w.N.).
Zudem sind eigene Anteile mit Ausnahme von zum Zwecke der Einziehung erworbenen eigenen Aktien (§ 272 Abs. 1 Sätze 4 ff. des Handelsgesetzbuchs --HGB-- (nach der ab 1. Mai 1998 gültigen Fassung) i.V.m. § 71 Abs. 1 Nr. 6 oder 8 des Aktiengesetzes --AktG--) handelsbilanzrechtlich Vermögensgegenstände und daher nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG) auch bilanzsteuerrechtlich Wirtschaftsgüter (§ 265 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 266 Abs. 2 B III Nr. 2, § 272 Abs. 4 Satz 1 HGB; Senatsurteil in BFHE 179, 326, BStBl II 1998, 781).
2.
Der Erwerb eigener Anteile ist daher grundsätzlich als Anschaffungsgeschäft und nicht als Einlagenrückgewähr zu beurteilen (Senatsurteile in BFHE 179, 326, BStBl II 1998, 781, und vom 13. November 2002 I R 110/00, BFH/NV 2003, 820). Ebenso wenig ist die entgeltliche Abgabe eigener Aktien als Kapitalerhöhung zu behandeln; vielmehr liegt eine Veräußerung vor, die in Höhe der Differenz des Veräußerungserlöses abzüglich der Veräußerungskosten und dem Buchwert zu einem Veräußerungsgewinn/-verlust führt.
3.
Die Klägerin hat als Entgelt für die Veräußerung der Aktien aber nur 1 027 000 DM erzielt. Die durch den Forderungsverzicht der X der Kapitalrücklage zugeführten zusätzlichen 1 280 000 DM sind keine Gegenleistung für den Erwerb der Anteile. Es handelt sich vielmehr um eine Einlage.
a)
Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86, BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348). Für die Gewinnermittlung von Kapitalgesellschaften gilt diese Definition mit der Maßgabe, dass es sich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils durch einen Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person handeln muss (Senatsurteil vom 15. Oktober 1997 I R 80/96, BFH/NV 1998, 624, m.w.N.).
b)
Die X hatte zunächst mit den Gesellschaftern V, B und S über den Erwerb der Gesellschaftsanteile verhandelt. Nach den Feststellungen des FG hatte sie sich hierbei stets nur bereit erklärt, rd. 1 Mio. DM an die Gesellschafter für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zu bezahlen. Dem entsprach die Verpflichtung der Gesellschafter gegenüber der Klägerin aus dem Vertrag vom 17. April 1986, ihre Anteile zu diesem Preis an einen von der Klägerin benannten Dritten zu veräußern. Zusätzlich wollte die X 1 250 000 DM in die Kapitalrücklage der Klägerin leisten. Hieraus hat das FG abgeleitet, dass die Gesellschafter für die Anteile von der X zu keinem Zeitpunkt mehr als rd. 1 Mio. DM hätten erzielen können. Die zusätzlichen 1 250 000 DM hätten das Kapital der Klägerin stärken sollen, weil beabsichtigt gewesen sei, sie in eine AG umzuwandeln und an die Börse zu bringen.
Die Gesellschafter hätten damit --wären die Verträge zum Tragen gekommen-- als Veräußerungsentgelt lediglich rd. 1 Mio. DM erzielt. Denn war die X zu keinem Zeitpunkt bereit, mehr als rd. 1 Mio. DM für die Anteile an die Gesellschafter zu bezahlen, können die zusätzlichen 1 250 000 DM, die in die Kapitalrücklage der Klägerin geleistet werden sollten, nur in der zukünftigen Stellung als Gesellschafter gründen und demnach eine gesellschaftlich veranlasste Kapitalzuführung darstellen mit dem Ziel, die Klägerin börsenfähig zu machen.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die X mit der Einlage eine Verpflichtung gegenüber den veräußernden Gesellschaftern hätte erfüllen wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die X die Einlage im Eigeninteresse leisten wollte (vgl. Groh, Deutsches Steuerrecht 1999, 1050).
c)
Die Vereinbarungen mit V, B und S sind --im Wesentlichen inhaltsgleich-- im Vertrag mit der Klägerin umgesetzt worden: Der Kaufpreis sollte hiernach lediglich 1 027 000 DM betragen und wurde in dieser Höhe auch an die Gesellschafter weitergeleitet. Der restliche Betrag in Höhe von 1 280 000 DM sollte der Stärkung des Kapitals der Klägerin dienen, um deren Börsenreife zu befördern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich allein aus dem Austausch des Vertragspartners der Anlass für die Gewährung des zusätzlichen Vermögensvorteils geändert hätte. Die Klägerin hat damit nur ein Veräußerungsentgelt von 1 027 000 DM erzielt.
d)
Mit dem Verzicht auf ihre Forderung gegen die Klägerin hat die X folglich eine Einlage erbracht (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307; BFH-Urteil vom 29. Juli 1997 VIII R 57/94, BFHE 184, 63 , BStBl II 1998, 652). Da diese Einlage ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten unmittelbar in die Kapitalrücklage geleistet wurde (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB), stellt dieser Vorgang mangels Gegenleistung keine Veräußerung dar. Denn Wertsteigerungen von Anteilen durch verdeckte oder offene Einlagen in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) führen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem greifbaren Vermögensvorteil bei den Anteilseignern. Sie stellen lediglich einen Reflex dar, der nicht zur Annahme einer Veräußerung führt (z.B. Urteile vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43, und vom 19. Juni 1996 II R 83/92, BFHE 181, 88, BStBl II 1996, 616).
4.
Danach war die Vorentscheidung aufzuheben und entsprechend dem Revisionsantrag der Klägerin zu entscheiden. Die Berechnung der streitgegenständlichen Beträge wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
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