Normen
§ 4 Abs. 5 EStG
§ 43a Abs. 2 BRAO
§ 30 AO
§ 203 Abs. 1 StGB
Gründe
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt und war im Streitjahr (1992) Mitglied einer Ende 1996 aufgelösten Sozietät. Als Sonderbetriebsausgaben machte der Kläger Bewirtungskosten in Höhe von 11 765,17 DM geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte von den geltend gemachten Bewirtungskosten lediglich einen Teil von 972,66 DM an und erließ dementsprechend einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 1992.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seines in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1542 veröffentlichten Urteils im Wesentlichen aus: Dem FA sei insoweit zuzustimmen, als es die geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen wegen der zu allgemein gefassten Angabe des jeweiligen Bewirtungsanlasses --wie Geschäftsbesprechung, Mandatsbesprechung, Akquisitionsbesprechung etc.-- nicht anerkannt habe. Dem stehe nicht das Berufsgeheimnis des Rechtsanwalts bzw. dessen Auskunftsverweigerungsrecht (§ 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b der Abgabenordnung --AO 1977--) entgegen. Auch könne eine diesbezügliche nachträgliche Ergänzung der Belege im Rechtsbehelfsverfahren erst vier Jahre später nicht mehr berücksichtigt werden.
Ausweislich eines vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterschriebenen Empfangsbekenntnisses wurde diesem das Urteil mit Rechtsmittelbelehrung und Niederschrift vom 20. November 1998 am 8. Dezember 1998 zugestellt.
Mit der Revision macht der Kläger die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts geltend und begründet dies u.a. wie folgt: Aufgrund seiner anwaltlichen Schweigepflicht könne er im Rahmen der Berücksichtigung von Bewirtungsaufwendungen lediglich allgemeine Angaben zum Anlass der Bewirtung machen. Entgegen der Auffassung des FG sei die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Januar 1998 IV R 81/96 (BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263) zur Abzugsfähigkeit von Bewirtungsaufwendungen eines Journalisten nicht auf den Streitfall übertragbar, da die anwaltliche Schweigepflicht dem Umfang nach das Pressegeheimnis weit übersteige. Der Journalist habe ein Schweigerecht, der Anwalt als Organ der Rechtspflege nach § 43a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) aber eine Schweigepflicht. Die Offenbarung des detaillierten Bewirtungsanlasses führe nicht nur zu einer berufsrechtlichen Zuwiderhandlung. Vielmehr sehe sich ein Anwalt bei Bruch der Schweigepflicht zusätzlich der abstrakten und objektiven Strafandrohung gemäߧ 203 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs (StGB) ausgesetzt. Eine solche Verletzung lasse sich auch nicht durch das Steuergeheimnis nach § 30 AO 1977 rechtfertigen. Denn es mache keinen Unterschied, ob die Schweigepflicht gegenüber beliebigen Dritten verletzt werde oder gegenüber Personen, die ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet seien.
Im Übrigen habe ihm das FG lediglich die Niederschrift über die mündliche Verhandlung einschließlich des Urteilstenors, nicht aber die Entscheidungsgründe zugestellt. Dadurch sei gegen §§ 119 Nr. 6, 105 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen worden.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht den Abzug der geltend gemachten Bewirtungsaufwendungen als Sonderbetriebsausgaben versagt.
I.
Die Verfahrensrüge ist nicht begründet. Inwieweit die Entscheidung des FG nicht mit Gründen versehen sein sollte, was einen Verfahrensfehler nach § 119 Nr. 6 FGO darstellen würde, kann der Senat nicht nachvollziehen. Zwar ist § 119 Nr. 6 FGO verletzt, wenn das Urteil erst längere Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung zugestellt wird (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 119 Rz. 26). Ausweislich des vom Prozessvertreter des Klägers unterschriebenen Empfangsbekenntnisses ist diesem aber das Urteil mit Rechtsmittelbelehrung am 8. Dezember 1998 zugestellt worden. Erst im Rahmen des Revisionsverfahrens und nachdem der Senat aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Revision zugelassen hat, hat sich der Kläger auf diesen Mangel berufen.
II.
1.
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Steuerreformgesetzes 1990 --StRG 1990-- vom 25. Juli 1988 (BGBl. I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nicht mindern, soweit sie 80 v.H. der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige gemäß Satz 2 der vorbezeichneten Vorschrift schriftlich Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie die Höhe der Aufwendungen anzugeben. Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen.
Diese Form des Nachweises ist eine materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263, und BFH-Urteil vom 1. September 1998 VIII R 46/93, BFH/NV 1999, 596, jeweils m.w.N.; so auch R 21 Abs. 8 Sätze 1 und 2 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 2001). Auch wenn durch das StRG 1990 die Verwendung eines amtlichen Vordrucks ab dem Jahr 1990 nicht mehr vorgeschrieben ist (vgl. zur alten Rechtslage: § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG a.F.) und eine besondere Form der Darstellung nicht mehr verlangt wird, hat sich an den besonderen Nachweisanforderungen nichts geändert (vgl. Gesetzesmaterialien, BTDrucks 11/2536, 46/47 und 76). So ist der (Eigen-)Beleg --wie auch schon vor 1990 von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 128/93, I R 130/93, BFHE 175, 256, BStBl II 1994, 894)-- vom Steuerpflichtigen zu unterschreiben, um zu dokumentieren, dass es sich um eine von ihm autorisierte Erklärung handelt (Senatsurteil in BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263, unter 1.b).
Ferner sind die Bewirtungsaufwendungen gemäߧ 4 Abs. 7 Satz 1 EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Diese besonderen Aufzeichnungspflichten gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch in sog. Bagatellfällen bei Freiberuflern, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 14. September 1989 IV R 122/88, BFH/NV 1990, 495), und zwar auch, soweit es die Ermittlung von Sonderbetriebsausgaben eines Mitunternehmers einer Personengesellschaft betrifft. In diesen Fällen genügt eine geordnete Belegsammlung diesen Anforderungen nicht (Senatsurteil vom 10. März 1988 IV R 207/85, BFHE 152, 528, BStBl II 1988, 611, und BFH-Urteil vom 26. Oktober 1988 X R 25/87, BFH/NV 1989, 571).
2.
Nach den mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG hat der Kläger im Streitfall den Bewirtungsanlass auf den dem FA vorgelegten Belegen lediglich mit Umschreibungen wie Geschäftsbesprechung, Akquisitionsbesprechung oder Mandatsbesprechung bezeichnet. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass derartige Angaben zu allgemein sind, um die betriebliche Veranlassung der Sonderbetriebsausgaben in hinreichender Weise nachprüfen zu können. Nach Auffassung des Senats hätte der Kläger neben der Angabe der Teilnehmer den Bewirtungsanlass konkreter bezeichnen müssen, um den Anforderungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG gerecht zu werden.
a)
Die Angaben zum Anlass der Bewirtung müssen den Zusammenhang mit einem geschäftlichen Vorgang oder einer Geschäftsbeziehung erkennen lassen (vgl. R 21 Abs. 9 Satz 5 EStR 2001). Diese Angaben sind zum Nachweis der betrieblichen Veranlassung erforderlich. Allgemein gehaltene Beschreibungen, wie z.B. Arbeitsgespräch, Infogespräch, Hintergrundgespräch, Geschäftsessen oder Kontaktpflege, reichen deshalb in aller Regel als Grundlage für die gebotene Nachprüfung nicht (Senatsurteil in BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263, m.w.N.; s. auch Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 22. Aufl. 2003, § 4 Rz. 554; Bahlau in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 4 EStG Anm. 1229).
b)
Diese Voraussetzung gilt auch dann, wenn --wie im Streitfall-- ein Rechtsanwalt Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben geltend macht; unabhängig davon, ob die Bewirtung im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines Mandatsverhältnisses oder aufgrund eines sonstigen geschäftlichen Anlasses stattgefunden hat.
aa)
In den letztgenannten Fällen kann sich ein Rechtsanwalt ohnehin nicht auf seine anwaltliche Schweigepflicht berufen. Findet nämlich die Bewirtung durch einen Rechtsanwalt nicht im Zusammenhang mit einem Mandatsverhältnis statt, begibt sich der Rechtsanwalt auch nicht in die Gefahr, durch konkretere Angaben zum Bewirtungsanlass seine anwaltliche Schweigepflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO) zu brechen und sich damit womöglich nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar zu machen. Vielmehr muss sich der Rechtsanwalt in solchen Fällen genauso behandeln lassen wie derjenige, der bei der Ausübung seines Berufs keiner entsprechenden Verschwiegenheitspflicht unterliegt und von dem konkrete Angaben zum Bewirtungsanlass gefordert werden. Diese Folgerung gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG umschrieb der Kläger in den vorgelegten Bewirtungsbelegen das Thema der Geschäftsbesprechung u.a. mit "Geschäftsbesprechung" oder "Akquisitionsbesprechung". Derartige Beschreibungen deuten darauf hin, dass der Kläger auch Personen bewirtete, zu denen er bereits in Geschäftsbeziehungen stand oder zu denen Geschäftsbeziehungen aufgenommen werden sollten, bei denen der Bewirtungsanlass jedoch nichts mit der Wahrnehmung eines Mandats zu tun hatte. So könnten z.B. Besprechungen mit Sozietätskollegen oder mit anderen Rechtsanwälten stattgefunden haben. Auch wenn der Kläger jeweils die bewirteten Personen bezeichnete, reichen die von ihm gemachten allgemeinen Angaben nicht aus, um einen geschäftlichen Vorgang oder eine Geschäftsbeziehung erkennen zu lassen. Die Angaben entsprechen keiner nachvollziehbaren Kurzbeschreibung, die für das FA eindeutig Aufschluss über die betriebliche Veranlassung der Bewirtung geben könnte.
bb)
Aber auch soweit die Bewirtungsaufwendungen anlässlich der Wahrnehmung eines Mandatsverhältnisses entstanden sind, reicht es nicht aus, wenn der Bewirtungsanlass lediglich mit "Mandatsbesprechung" oder Ähnlichem umschrieben wird. Dem Verlangen des FA und des FG, der Kläger müsse konkretere Angaben zum Bewirtungsanlass machen, steht dessen anwaltliche Schweigepflicht nicht entgegen.
(1)
Ein Mandant, der sich einem Anwalt anvertraut, hat zwar ein Interesse daran, dass seine Informationen, die häufig seinen persönlichen Lebensbereich betreffen dürften, nicht ohne seinen Willen offenbart werden. Dieses Interesse ist verfassungsrechtlich gewährleistet durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG). Strafrechtlich wird dieses Recht durch § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB geschützt und berufsrechtlich durch § 43a Abs. 2 BRAO. Schutzgut der anwaltlichen Schweigepflicht ist neben diesem Individualinteresse aber auch das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Anwälte, das unerlässlich für eine auf rechtsstaatlichen Prinzipien gegründete Rechtspflege ist und das sich in der durch Art. 12 GG gewährleisteten freien Ausübung des Anwaltsberufs konkretisiert (vgl. Schönke/Schröder-Lenckner, Strafgesetzbuch, Kommentar, 26. Aufl. 2001, § 203 Rz. 3; Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, Kommentar, 51. Aufl. 2003, § 203 Rz. 2; Eylmann in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, Kommentar, 1997, § 43a Rz. 28 und 31). Dabei ist die anwaltliche Schweigepflicht nicht auf ein bestehendes Mandatsverhältnis begrenzt. Vielmehr werden auch Beobachtungen erfasst, die der Anwalt bereits bei Anbahnung des Mandats macht oder wenn ein Mandat gar nicht zustande kommt (vgl. Eylmann in Henssler/Prütting, a.a.O., § 43a Rz. 34).
Auf der anderen Seite ist tragender Zweck der Anforderungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Schutz des von der Rechtsordnung anerkannten Gutes der Besteuerungsgleichheit, also ein mit Verfassungsrang ausgestattetes öffentliches Interesse (Art. 3 Abs. 1 GG), und der Schutz des Rechtsstaatsprinzips (s. Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 17. Juli 1984 2 BvE 11, 15/83, BVerfGE 67, 100, 140). Die Frage, welche konkreten Angaben von einem Rechtsanwalt gefordert werden können, ist daher im Wege einer Güterabwägung zwischen der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu entscheiden.
(2)
Für die gleichmäßige Besteuerung regelmäßig unerlässlich ist nach Auffassung des Senats die Nennung der an der Bewirtung teilnehmenden Personen. Aber auch soweit von einem Rechtsanwalt die Angabe eines konkreten Bewirtungsanlasses gefordert wird, wird dadurch nicht in unverhältnismäßiger Weise in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten eingegriffen. Denn bei der gebotenen Güterabwägung zwischen anwaltlicher Schweigepflicht und Gleichmäßigkeit der Besteuerung kann der Senat den Schutz des Rechtsanwalts und seiner Mandanten durch das mit empfindlicher Strafe bewehrte Steuergeheimnis (§ 30 AO 1977; § 355 StGB) nicht unberücksichtigt lassen. Als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts dient § 30 AO 1977 zum einen dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und der anderen, zur Auskunftserteilung verpflichteten Personen. Zugleich bezweckt die Vorschrift aber auch, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich erheblichen Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen (Senatsurteil in BFHE 185, 248, BStBl II 1998, 263, m.w.N.). Nach Auffassung des Senats kommt diesen im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankerten öffentlichen Interessen, die über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgehen, jedenfalls in Bezug auf die Offenbarungspflichten des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG Vorrang vor der anwaltlichen Schweigepflicht zu.
(3)
Für diese Wertung spricht insbesondere auch der Umstand, dass sich der Rechtsanwalt nicht der Gefahr aussetzt, eine Straftat gemäߧ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu begehen, falls er gegenüber seiner zuständigen Finanzbehörde neben dem Namen des jeweiligen Teilnehmers an der Bewirtung detailliert das Gesprächsthema benennt. Zwar stellt eine derartige Offenbarung von Informationen aus dem Mandatsverhältnis möglicherweise eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht dar. Jedoch handelt es sich nicht um eine unbefugte Offenbarung i.S. des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB, da in solchen Fällen eine konkludente Einwilligung des jeweils an der Bewirtung teilnehmenden Mandanten angenommen werden kann. Der konkludenten Einwilligung kommt jedenfalls eine rechtfertigende Wirkung zu (so die wohl herrschende Meinung, vgl. Nachweise in Tröndle/Fischer, a.a.O., § 203 Rz. 31), wenn sie nicht sogar schon zum Ausschluss des Tatbestands führt (so Schönke/Schröder-Lenckner, a.a.O., § 203 Rz. 22 und 24, m.w.N.).
§ 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt zunächst voraus, dass ein Rechtsanwalt ein ihm anvertrautes fremdes Geheimnis offenbart. Dabei muss die Offenbarung die geheime Tatsache und die Person des Berechtigten umfassen, so dass eine Identifikation der Person des Berechtigten für mindestens einen Dritten möglich ist (s. Dreher/Fischer, a.a.O., § 203 Rz. 30). Dies ist der Fall, wenn der Rechtsanwalt neben der teilnehmenden Person den geschäftlichen Anlass konkret auf dem Bewirtungsbeleg angibt (wie etwa Unterhaltsstreitigkeiten, Scheidung, Beratung in strafrechtlichem Verfahren). Von einer Offenbarung ist auch dann auszugehen, wenn die Mitteilung an eine ihrerseits schweigepflichtige Person ergeht (vgl. Schönke/Schröder-Lenckner, a.a.O., § 203 Rz. 19, m.w.N. aus der Rechtsprechung der Zivilgerichte). So kann § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB tatbestandlich verwirklicht sein, wenn Empfänger der preisgegebenen Informationen der für die Einkommensteuerveranlagung des Rechtsanwalts zuständige Finanzbeamte ist, der seinerseits an das Steuergeheimnis nach § 30 AO 1977 gebunden ist.
Jedoch ist die Offenbarung bei einer konkludenten Einwilligung des Bewirteten nicht unbefugt. Scheidet --wie im Streitfall-- eine ausdrückliche Einwilligung aus, so setzt eine konkludente Einwilligung zumindest voraus, dass der zustimmende Wille des Erklärungsberechtigten in dem fraglichen Verhalten hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (s. Schönke/Schröder-Lenckner, a.a.O., § 203 Rz. 24 b). Dies ist hier der Fall. Derjenige, der sich von einem Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einem Mandatsverhältnis zum Essen einladen lässt, muss sozialadäquat damit rechnen, dass die Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht und die zu diesem Zweck steuerlich erforderlichen Formalien eingehalten werden. Wenn der Mandant gleichwohl eine Einladung annimmt, willigt er damit konkludent in die Offenbarung gegenüber den Finanzbehörden ein.
(4)
Dem Rechtsanwalt steht insoweit auch kein Auskunftsverweigerungsrecht aus § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO 1977 zu. Zwar gilt das Auskunftsverweigerungsrecht nicht nur für den Rechtsanwalt als Dritten in einem steuerrechtlichen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, sondern ebenso, wenn er --wie im Streitfall-- selbst in eigener Sache Auskunft erteilen soll. Durch die konkludente Einwilligung des Mandanten in die Offenbarung gegenüber den Finanzbehörden ist aber der Rechtsanwalt insoweit von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden (§ 102 Abs. 3 Satz 1 AO 1977). Dies hat zur Folge, dass ihn im Fall der Verweigerung der gebotenen Nachweise das Abzugsverbot für Bewirtungsaufwendungen trifft.
(5)
Weiter spricht für einen Vorrang der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegenüber der anwaltlichen Schweigepflicht die Bedeutung der Abzugsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, die in der Missbrauchsabwehr und in der Eingrenzung des "Spesenunwesens" liegt (vgl. Bahlau in HHR, a.a.O., § 4 EStG Anm. 1202). Dadurch, dass der Rechtsanwalt neben den Teilnehmern den Bewirtungsanlass konkret umschreiben muss, werden vermeintliche Manipulationsmöglichkeiten reduziert und wird den Finanzbehörden die Nachprüfbarkeit der betrieblichen Veranlassung wesentlich erleichtert.
(6)
Für die Auffassung des Senats spricht auch, dass sie die effiziente Durchführung einer Außenprüfung beim Rechtsanwalt ermöglicht. Denn nach ständiger Rechtsprechung sind Rechtsanwälte generell zur Duldung von Außenprüfungen verpflichtet (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 27. November 1996 IV B 5/96, BFH/NV 1997, 274, und Urteil des FG Münster vom 13. April 2000 11 V 1147/00 AO, EFG 2000, 662). Eine Außenprüfung würde im Falle einer erfolgreichen Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht aber sinnlos sein, weil Einsicht nicht nur in die Akten, sondern z.B. auch in alle Honorarrechnungen verweigert werden könnte.
(7)
Der Bedeutung der anwaltlichen Schweigepflicht kann im Übrigen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei den Anforderungen an den Umfang der Angaben zum Anlass der Bewirtung Rechnung getragen werden. Der Rechtsanwalt muss den Anlass der Bewirtung nur insoweit spezifizieren, als dies für eine Nachprüfung der betrieblichen Veranlassung, etwa bei einer Betriebsprüfung, erforderlich ist. Dementsprechend werden z.B. unterschiedliche Anforderungen an Einzelheiten zum Bewirtungsanlass zu stellen sein, je nachdem, ob das Mandat nur eine einzelne Beratung oder Prozessvertretung zum Gegenstand hat oder ob der Rechtsanwalt für einen Mandanten in zahlreichen Fällen tätig wird. Auch müsste etwa bei einer Besprechung im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung nicht diese selbst als Anlass angegeben werden. Es reicht auch eine weniger konkrete Angabe aus, sofern sie nur die Nachprüfung des betrieblichen Anlasses für die Bewirtung ermöglicht.
c)
Für den Streitfall bedeutet dies, dass das FG vom Kläger bei sämtlichen relevanten Belegen zu Recht konkretere Angaben fordern konnte, die den Anlass der Bewirtung offenbaren und es damit dem FA auch erlaubt hätten, die betriebliche Veranlassung der geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben zu überprüfen. Die allgemein gehaltenen Angaben des Klägers reichten dazu nicht aus.
d)
Das gilt auch, soweit der Kläger die Bewirtungsanlässe dann im Rechtsbehelfsverfahren teilweise konkretisiert hat. Voraussetzung für die Abziehbarkeit von Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben gemäߧ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG ist die zeitnahe Erstellung des (Eigen-)Belegs. Denn generell ist im Hinblick auf eine klare Abgrenzung der betrieblichen von der privaten Sphäre der Aufzeichnungspflicht nur genügt, wenn Bewirtungsaufwendungen jeweils von Anfang an, fortlaufend und zeitnah, gesondert von sonstigen Betriebsausgaben schriftlich festgehalten werden, weil nur so die sachlich zutreffende Zuordnung solcher Aufwendungen und die einfache Prüfung ihrer Abziehbarkeit gewährleistet ist (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 571, m.w.N.; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 554; Broudré, Der Betrieb 1995, 1430, 1435). Die Aufzeichnungspflicht umfasst auch die wesentlichen Angaben i.S. von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, also auch die Angabe des Bewirtungsanlasses. Der Senat braucht im Streitfall jedoch nicht zu entscheiden, bis wann noch von einer zeitnahen Erstellung auszugehen ist. Insoweit geht das FG zu Recht davon aus, dass die Belege jedenfalls dann nicht mehr zeitnah erstellt wurden, wenn die Konkretisierung der Angaben wie im Streitfall erst vier Jahre nach dem Bewirtungsjahr nachgeholt wurde.
3.
Die Frage, ob darüber hinaus die Bewirtungsaufwendungen auch deswegen nicht anzuerkennen sind, weil zunächst der Name des Bewirtenden auf den Belegen gefehlt hatte, diese Angabe dann aber vom Kläger im Laufe des Rechtsbehelfsverfahrens teilweise nachgeholt worden ist, braucht im Streitfall nach dem oben Gesagten nicht mehr entschieden zu werden. Insbesondere kann der Senat die von den Beteiligten erörterte Frage offen lassen, ob die zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG a.F. ergangene Rechtsprechung, die eine nachträgliche Ergänzung des Belegs um den Namen des Bewirtenden zugelassen hat (s. BFH-Urteile in BFHE 175, 256, BStBl II 1994, 894, unter II.B.3.b, und in BFH/NV 1999, 596, unter III.1.; sowie Senatsurteil vom 19. März 1998 IV R 40/95, BFHE 185, 446, BStBl II 1998, 610), auf die seit 1990 geltende Gesetzeslage übertragen werden kann (so Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz. 554 a.E.; ablehnend: Blümich/ Wacker, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 4 EStG Rz. 269, unter aa; v. Bornhaupt, Deutsche Steuer-Zeitung 1999, 377).
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