Normen
§ 21 Abs. 2 S. 2 EStG a. F.
§ 21 Abs. 2 EStG
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) errichtete 1993 ein Wohnhaus. Die Gesamtkosten betrugen einschließlich des Grundstücks 852.370 DM und wurden vom Kläger fremdfinanziert. Er vermietete das Haus, das über eine Wohnfläche von 187, 54 qm und eine Doppelgarage verfügt, ab dem 17. Dezember 1993 zunächst für eine Kaltmiete von 1.000 DM unbefristet an seine Schwester. Der vereinbarte Mietzins von 5,08 DM pro qm sollte nach dem Ende der Ausbildung und mit dem Beginn eines festen Anstellungsverhältnisses der Tochter der Schwester auf das ortsübliche Maß erhöht werden. Nach dem maßgebenden Mietspiegel beliefen sich die Mieten bei entsprechenden Gebäuden zwischen 8,37 DM und 10,13 DM pro qm.
Im Rahmen der Veranlagung des Streitjahres (1995) erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die vom Kläger geltend gemachten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 100.432 DM anders als in den Vorjahren (1993 und 1994) nicht mehr an. Das FA vertrat die Auffassung, der Kläger könne wegen des niedrigen Mietzinses und der hohen Finanzierungskosten im Endergebnis keinen Totalüberschuss aus der Vermietung des Hauses erzielen.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bejahte in seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 22 veröffentlichten Urteil die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Ein Verzicht des Steuerpflichtigen auf die mögliche Miete allein könne nach § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EStG 1995 - jetzt § 21 Abs. 2 EStG) nicht zur Verneinung der Absicht führen, langfristig Überschüsse zu erzielen.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Trotz § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG müsse stets auch die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden. Diese sei im Streitfall aber fraglich, weil das Haus voll fremdfinanziert sei und der vereinbarte Mietzins nur annähernd die Hälfte der ortsüblichen Vergleichsmiete erreiche. Stelle sich das vorliegende Mietverhältnis als unüblich dar, so führe auch die Tatsache, dass der Mietzins laut Mietvertrag aufschiebend bedingt auf das ortsübliche Maß erhöht werden solle und später auch tatsächlich erhöht worden sei, zu keiner anderen Beurteilung.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision des FA ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1.
Das Urteil ist aufzuheben, weil das FG die erheblich verbilligte Miete nicht zum Anlass genommen hat, die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers durch eine Prognose zu überprüfen. Das FG hat § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1995 unrichtig angewandt, indem es dieser Vorschrift entnimmt, dass ein Verzicht auf die mögliche Miete allein nicht zur Verneinung der Absicht führen könne, langfristig Überschüsse zu erzielen.
a)
Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäߧ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt, wer einem anderen unbewegliches Vermögen entgeltlich zum Gebrauch überlässt (st. Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juni 1986 IX R 80/85, BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839). Dementsprechend verwirklicht diesen Tatbestand nicht, wer einem anderen eine Wohnung unentgeltlich zur Nutzung überlässt. Er kann keine Werbungskosten abziehen; denn seine Aufwendungen dienen nicht, wie dies § 9 Abs. 1 EStG voraussetzt, der Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung von Einnahmen (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1992 IX R 72/89, BFH/NV 1993, 521, unter II. 1. a).
aa)
Wer eine Wohnung im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete (vgl. BFH-Urteil vom 25. Juli 2000 IX R 6/97, BFH/NV 2001, 305, m. w. N. ) verbilligt überlässt, verzichtet bewusst auf mögliche Einnahmen und kann die tatsächlich entstandenen Aufwendungen nur in dem Verhältnis als Werbungskosten abziehen, in dem die vereinbarte Miete zur ortsüblichen Miete steht (BFH-Urteil in BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839). Dieses aus dem Nettoprinzip (vgl. dazu Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, S. 223) folgende Aufteilungsgebot bei teilentgeltlicher Nutzungsüberlassung bildet ein allgemeingültiges, aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung anzuwendendes Rechtsprinzip (BFH-Urteil vom 14. Januar 1998 X R 57/93, BFHE 185, 230). Der gleiche Rechtsgedanke liegt § 3c EStG für steuerfreie Einnahmen mit den damit zusammenhängenden Ausgaben zu Grunde (vgl. zum Zweck des § 3c EStGBFH-Urteile vom 23. November 2000 VI R 93/98, BFHE 193, 555, BStBl II 2001, 199, und vom 26. März 2002 VI R 26/00, BFHE 198, 545).
bb)
Diesem Prinzip entspricht die in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG 1995 (= § 21 Abs. 2 EStG) enthaltene Regelung, wonach die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, wenn das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 v. H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt. In einem solchen Fall sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur entsprechend dem Anteil der entgeltlichen Nutzung abziehbar (BFH-Urteil vom 28. Januar 1997 IX R 88/94, BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605). Diesem Prinzip entspricht aber nicht das in der Vorschrift ebenfalls enthaltene Aufteilungsverbot. Aus diesem ergibt sich, dass bei Mieten von mindestens 50 v. H. der Marktmiete keine Kürzung der Werbungskosten vorzunehmen ist (BFH-Urteil vom 29. April 1999 IV R 49/97, BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652). Damit behandelt das Gesetz solche Nutzungsüberlassungen wie voll entgeltliche mit der Rechtsfolge, dass der Überlassende die vollen Werbungskosten abziehen kann (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1992 IX R 13/90, BFHE 170, 162, BStBl II 1993, 490, unter 3. ). Es handelt sich dabei um eine gesetzliche Typisierung (so BFH-Urteil in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652), die im Interesse der Steuervereinfachung eine genaue Ermittlung der Marktmiete sowie in dem von ihr vorgegebenen Rahmen eine Aufteilung vermeiden will und ferner eine Prüfung darüber erübrigen soll, aus welchen Gründen die ortsübliche Marktmiete im Einzelfall unterschritten wird (vgl. BTDrucks 10/3633, S. 16, 17, 20, 23; BTDrucks 10/5208, S. 41). Die letztere Erwägung gilt zugunsten wie auch zuungunsten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil in BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605).
cc)
Als typisierende Regelung mit dem Ziel der Steuervereinfachung ist § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; denn der Gesetzgeber darf sich ihrer innerhalb seines weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums bedienen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 10. April 1997 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, 6 ; BVerfG-Urteil vom 7. Dezember 1999 2 BvR 301/98, Der Betrieb --DB-- 1999, 2610, 2612; Finanz-Rundschau --FR-- 2000, 48, 52) und dabei individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (vgl. auch BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BFHE 191, 286, BStBl II 2000, 273, unter II. 3. , m. w. N. ; eingehend dazu Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 121 f. ). Eine Grenze erfährt die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers erst dann, wenn die mit der Typisierung einhergehenden Vorteile nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (st. Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, 95 ff. , und vom 22. Juli 1991 1 BvR 829/89, HFR 1992, 424). Obschon der Vereinfachungseffekt der Vorschrift in Grenzbereichen, z. B. bei der Frage, ob die vereinbarte Miete noch 50 v. H. der Marktmiete beträgt, als gering eingeschätzt wird (zu verfassungsrechtlichen Zweifeln deshalb vgl. BFH in BFHE 188, 382, BStBl II 1999, 652; Kanzler, FR 1999, 818; P. Fischer, FR 1999, 1377; Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 21 Rdnr. C 47; Paus, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1987, 88), kommt ihm jedenfalls dann Bedeutung zu, wenn --wie auch im Streitfall-- die ortsübliche Marktmiete nicht genau festgestellt werden kann oder zwischen zwei Werten schwankt.
Überdies wirkt das Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht einer zu weitgehenden Durchbrechung des Nettoprinzips entgegen, indem es verhindert, dass der Steuerpflichtige hohe Werbungskostenüberschüsse geltend machen kann, obschon seine Tätigkeit nicht darauf gerichtet ist, positive Überschüsse zu erwirtschaften. Dieses subjektive Tatbestandsmerkmal führt die Besteuerung in Fällen, in denen der Steuerpflichtige gerade wegen der durch die Typisierung unterstellten vollen Entgeltlichkeit keine positiven Einkünfte erzielen kann, auf das Grundprinzip der Aufteilung des teilentgeltlichen Geschäfts zurück (vgl. unten II. 1. b). Mit der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht wird der Vereinfachungszweck der Vorschrift nicht verfehlt. Der Gesetzgeber wollte mit § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG vor allen Dingen vermeiden, dass die ortsübliche Marktmiete jährlich genau ermittelt werden muss (vgl. BTDrucks 10/3633, S. 20 zu Nr. 2). Damit betrifft der durch die Vorschrift erzielte Vereinfachungseffekt mit ihren Auswirkungen auf das Entgelt den objektiven Tatbestand der Steuernorm sowie die Steuerermittlung. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG in den Fällen, in denen er auf eine Aufteilung verzichtet und damit von einem vollentgeltlichen Geschäft ausgeht, zugleich die Einkünfterzielungsabsicht unterstellt.
b)
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt nur, wer beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (st. Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFH/NV 2002, 1392). § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG steht einer Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht entgegen; denn diese Absicht ist als subjektives Tatbestandsmerkmal Voraussetzung für die Verwirklichung des Steuertatbestandes nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 6 EStG (vgl. dazu auch Kirchhof, Einkommensteuergesetz, KompaktKommentar, 2. Aufl. 2002, § 2 Rn. 47), während die Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG zum objektiven Tatbestand der Steuernorm gehört (II. 1. a, cc).
aa)
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften; die Einkünfteerzielungsabsicht kann insoweit nur in Ausnahmefällen verneint werden (BFH-Urteile vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, und vom 9. Juli 2002 IX R 57/00, BFH/NV 2002, 1394, und in BFH/NV 2002, 1392). Diese Grundsätze gelten auch bei einer teilentgeltlichen Vermietungstätigkeit, die entsprechend dem Aufteilungsgrundsatz (vgl. oben II. 1. a, aa) in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen ist, und zwar für den entgeltlichen Teil. Denn dieser Teil des Nutzungsentgelts entspricht der ortsüblichen Marktmiete. Liegen keine besonderen Umstände vor, die gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, so ist in Bezug auf den entgeltlichen Teil seiner Vermietungstätigkeit davon auszugehen, der Steuerpflichtige wolle einen Einnahmeüberschuss erwirtschaften. Der unentgeltliche Teil ist einkommensteuerrechtlich nicht bedeutsam. Die Nutzungsüberlassung ist insoweit nicht steuerbar, damit zusammenhängende Werbungskosten sind nicht abziehbar. Das bedeutet: Auch bei einer verbilligten Überlassung, die in einen unentgeltlichen und in einen entgeltlichen Teil aufzuteilen ist, ist die Einkünfteerzielungsabsicht nur in Ausnahmefällen zu prüfen. Im Falle einer Aufteilung ist der Umstand, dass die Wohnung zu einem erheblich unter der Marktmiete liegenden Preis vermietet wird, kein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht.
bb)
Anders verhält es sich in Fällen, in denen es nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG zu keiner Aufteilung der Nutzungsüberlassung kommt. Dann kann es ein Indiz für das Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht sein, wenn eine Wohnung zu einem erheblich unter der Marktmiete liegenden Preis vermietet wird (BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 IX R 64/96, BFHE 190, 125, BStBl II 1999, 826). Das Gesetz behandelt eine teilentgeltliche Nutzungsüberlassung i. S. des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG, bei denen die vereinbarte Miete mindestens 50 v. H. der Marktmiete beträgt, wie ein vollentgeltliches Rechtsverhältnis. Dementsprechend muss sich auch die Einkünfteerzielungsabsicht auf die gesamte Vermietungstätigkeit beziehen.
Der Senat hat für die Rechtslage vor 1987 eine teilweise unentgeltliche Nutzungsüberlassung einer Wohnung mit einer dem Einnahmeverzicht entsprechenden Kürzung der Werbungskosten nur angenommen, wenn die vereinbarte und gezahlte Miete die ortsübliche Marktmiete um mehr als ein Drittel unterschreitet (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 IX R 13/90, BFHE 170, 162, BStBl II 1993, 490; IX R 131/90, BFHE 170, 165, BStBl II 1993, 492; IX R 72/89, BFH/NV 1993, 521; so auch für 1994: BFH-Urteil in BFHE 190, 125, BStBl II 1999, 826). Hieran hält er für die Rechtslage, wie sie durch das Einfügen des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG mit Wirkung ab Veranlagungszeitraum 1987 (zur zeitlichen Anwendbarkeit dieser Vorschrift vgl. BFH-Urteil in BFHE 170, 162, BStBl II 1993, 490) geschaffen wurde, nicht mehr fest. Denn § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG hat nicht nur den Bereich erheblich erweitert, innerhalb dessen von einer Aufteilung abgesehen wird, sondern stellt im Sinne einer gesetzlichen Typisierung nur noch auf das Verhältnis der vereinbarten Miete zur ortsüblichen Marktmiete ab, und zwar unbeschadet der Gründe, warum im Einzelfall die ortsübliche Marktmiete unterschritten wird (BFH-Urteil in BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605).
cc)
Diese unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben erfordern eine Neukonzeption der steuerrechtlichen Behandlung von teilentgeltlichen Nutzungsüberlassungen. Wie bisher kann auch künftig nicht jegliches nur geringfügiges Unterschreiten der Marktmiete die volle Entgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung in Frage stellen. Der Senat geht insoweit von einer Toleranzgrenze von 25 v. H. aus. Liegt die Vertragsmiete lediglich bis zu einem Viertel unter der ortsüblichen Miete, so ist die Wohnungsüberlassung als vollentgeltlich zu beurteilen. Insoweit sind die Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 anzuwenden: Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften.
dd)
Im Anwendungsbereich des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG ist damit in den Fällen, in denen die Miete 50 v. H. der ortsüblichen Marktmiete und mehr, aber weniger als 75 v. H. beträgt, die Einkünfteerzielungsabsicht grundsätzlich zu überprüfen. Denn der Verzicht des Steuerpflichtigen auf die mögliche Marktmiete bildet unbeschadet der für ihn maßgebenden Gründe (BFH-Urteil in BFHE 182, 546, BStBl II 1997, 605) ein Beweisanzeichen, das gegen die Absicht des Steuerpflichtigen spricht, einen Totalüberschuss zu erzielen. Muss die Einkünfteerzielungsabsicht überprüft werden, so geschieht dies durch eine den Zeitraum der voraussichtlichen Vermögensnutzung umfassenden Totalüberschussprognose nach den Grundsätzen, die der BFH dazu aufgestellt hat (BFH-Urteile vom 6. November 2001 IX R 97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, und in BFH/NV 2002, 1394). Ist die Ertragsprognose positiv, so sind die mit den Einnahmen aus der (verbilligten) Vermietung zusammenhängenden Werbungskosten in voller Höhe abziehbar.
ee)
Ist die Überschussprognose aber negativ, so führt dies nicht dazu, dass nun die gesamten Werbungskosten nicht abziehbar wären. Vielmehr ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen; Werbungskosten sind entsprechend dem Einnahmeverzicht zu kürzen.
aaa)
Die Prognose zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht vollzieht sich vor dem Hintergrund der durch § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG unterstellten vollen Entgeltlichkeit der Vermietungstätigkeit. Würde man hieraus folgern, die gesamte Vermietungstätigkeit wäre nicht steuerbar und ein Abzug der Werbungskosten käme nicht in Betracht, so würde dies zu Widersprüchen bei der Anwendbarkeit des § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG führen: Hätte etwa eine Vertragsmiete, die 51 v. H. der ortsüblichen Miete betrüge, eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht zur Folge und würde diese zu einem negativen Ergebnis führen, so entfiele der Werbungskostenabzug, während der Steuerpflichtige nach § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG immerhin 49 v. H. der Werbungskosten abziehen könnte, wenn die Vertragsmiete 49 v. H. der Marktmiete betrüge. Das wäre eine sachlich nicht durch den Vereinfachungszweck der Vorschrift gerechtfertigter Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--).
bbb)
Vielmehr muss das im Umkehrschluss aus § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG folgende Aufteilungsverbot eingeschränkt werden. Divergieren Gesetzeswortlaut und Zweck des Gesetzes, rechtfertigt dies eine teleologische Reduktion (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. Dezember 2001 III R 47/00, BFHE 197, 233, BStBl II 2002, 195; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl. , § 4 AO Tz. 381). So verhält es sich bei § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG; denn das sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift erschließende Aufteilungsverbot gilt unabhängig davon, ob deshalb die Überschussprognose negativ wird und der Tatbestand der Einkünfteerzielung verneint werden müsste. Das entspricht aber nicht dem Zweck des Gesetzes: Wenn § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG in Fällen, in denen das Entgelt für das Überlassen einer Wohnung weniger als 50 v. H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt, die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufteilt, so verdeutlicht dies die Intention des Gesetzes, den Werbungskostenabzug für den entgeltlichen Teil zu erhalten. Dieser Gesetzeszweck kommt auch in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck (so die Gegenäußerung der Bundesregierung in BTDrucks 10/3633, S. 23 zu 2. ). Es wäre aber nicht folgerichtig, den Werbungskostenabzug ganz zu versagen, nur weil das Gesetz aus Vereinfachungsgründen auf eine Aufteilung verzichtet und zugunsten des Steuerpflichtigen die Vermietung wie ein voll entgeltliches Geschäft behandelt, auf das sich dann die Ertragsprognose beziehen muss. Deshalb muss das aus der Vorschrift abzuleitende Aufteilungsverbot eingeschränkt werden: Hätte nämlich der Gesetzgeber die Auswirkungen der Einkünfteerzielungsabsicht bedacht, deren Fehlen die gesamte Vermietungstätigkeit nicht steuerbar werden lässt, so hätte er erst Recht für Vermietungen von mindestens 50 v. H. der ortüblichen Marktmiete den Werbungskostenabzug für den (weit größeren) entgeltlichen Teil des Rechtsgeschäfts erhalten. Er hätte in diesen Fällen das zugunsten der Steuerpflichtigen geschaffene Aufteilungsverbot zurückgeführt und die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufgeteilt. In dieser Richtung ist das Gesetz entsprechend der allgemeinen Grundsätze fortzubilden: Ist die Überschussprognose bei einer Vermietungstätigkeit des Steuerpflichtigen zu einem mindestens 50 v. H. , aber nicht mehr als 75 v. H. der ortsüblichen Marktmiete liegenden Entgelt negativ, so ist die Vermietungstätigkeit in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die der BFH bereits in seinem Urteil in BFHE 147, 315, BStBl II 1986, 839 für den Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung übernommen hat.
c)
Kommt es unter den Voraussetzungen zu II. 1. b ee zu einer Aufteilung der Vermietung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil, so ist die Vermietungstätigkeit nicht zusätzlich einem Fremdvergleich zu unterziehen. In Übereinstimmung damit hat der BFH auch bisher in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass es für den Fremdvergleich unerheblich ist, wenn die vereinbarte Miete die Marktmiete unterschreitet (vgl. BFH-Urteile vom 25. Juli 2000 IX R 6/97, BFH/NV 2001, 305; in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, unter 2. f, jeweils m. w. N. ). Hieran hält er fest.
2.
Nach diesen Grundsätzen hat das FG unzutreffend die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers ungeprüft gelassen. Der Kläger hatte von seiner Schwester lediglich eine Miete in Höhe von 5,08 DM pro qm verlangt, die etwa 50 bis 60 v. H. der ortsüblichen Marktmiete ausmacht, die nach Feststellungen des FG zwischen 8,37 DM und 10,13 DM pro qm schwankt. In diesem Fall liegt die Miete zwar über der von § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG festgelegten Grenze, indes weit unter der Toleranzgrenze.
Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird in einer neuen Verhandlung und Entscheidung die Prognose zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht nachholen müssen. Hierbei wird es die Grundsätze zu beachten haben, die der BFH in seinen Entscheidungen in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, und in BFH/NV 2002, 1394 dazu aufgestellt hat. Ob die Vermietungstätigkeit einen Totalüberschuss erwarten lässt, hängt danach von einer unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden Prognose über die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung ab. Das FG wird dabei auch zu beachten haben, dass der Kläger mit seiner Schwester vereinbart hatte, den vereinbarten Mietzins unter bestimmten Voraussetzungen später auf das ortsübliche Maß zu erhöhen. Es wird zu prüfen haben, ob dieser Umstand, der --wie das FA in seiner Revisionsbegründung ausführt-- mittlerweile eingetreten ist, als zukünftiger Faktor in die Beurteilung einzubeziehen ist, weil er bei objektiver Betrachtung im Streitjahr bereits vorhersehbar war (vgl. die BFH-Urteile in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II. 1. e, und vom 15. Dezember 1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II 2000, 267, unter II. 4. a cc).