Normen
§ 41 Abs. 2 AO 1977
§ 69 FGO
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG 1991
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) betrieb ein Putz- und Stuckunternehmen. Ihre Aufträge erfüllt sie zum Teil auch mit Hilfe von Subunternehmern.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung ließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Vorsteuerbeträge aus Rechnungen verschiedener Subunternehmer in den Jahren 1996 und 1997 nicht mehr zum Abzug zu, und zwar:
1996
1997
Zur Begründung führte das FA aus, hinsichtlich der B. u. P. GmbH habe kein Geschäftssitz festgestellt werden können; B. J. , zugleich Geschäftsführer der B. u. P. GmbH, sei seit 1996 unauffindbar. Bei den anderen Firmen (A-GmbH, N-GmbH und V-GmbH) handele es sich um sog. "Servicefirmen", deren Zweck allein sei, illegalen Subunternehmern die Möglichkeit anzubieten, entgeltliche Leistungen zu erbringen, ohne selbst namentlich in Erscheinung zu treten und steuerliche Pflichten erfüllen zu müssen.
Über die gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide vom 16. November 2000 (für 1996) und vom 19. Oktober 2000 (für 1997)erhobene Klage ist noch nicht entschieden.
Die Antragstellerin begehrte --nach vorheriger Ablehnung des Antrags durch das FA-- die Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht (FG) mit der Begründung, mit den vorgelegten Rechnungen sei über Leistungen abgerechnet worden, die sie aufgrund entsprechender Werkverträge mit den rechnungsausstellenden Unternehmern bezogen habe. Deren Geschäftsführer hätten persönlich in den Geschäftsräumen der Antragstellerin entsprechende Angebote abgegeben und die von ihr, der Antragstellerin, vorbereiteten Werkverträge im Namen der jeweiligen Gesellschaft unterschrieben. Unter dem in den Rechnungen angegebenen Firmensitz hätten ihr die Geschäftsführer als Ansprechpartner für Mängelrügen, Preiskürzungen oder Rabattabsprachen zur Verfügung gestanden. Sie habe aufgrund einer entsprechenden Empfehlung des Berufsverbandes die Rechnungen ausnahmslos mittels Überweisung auf das in den Rechnungen angegebene Geschäftskonto des jeweiligen Unternehmens bezahlt und die Zahlung davon abhängig gemacht, dass die Vertragspartner gültige Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Finanzämtern beigebracht hätten; diese Dokumente hätten die Angaben der Vertragspartner bestätigt. Sie habe die genannten Unbedenklichkeitsbescheinigungen und deren Aktualisierung stets über den in den Rechnungen bezeichneten Firmensitz der Vertragspartner angefordert. Sie habe nur mit den bezeichneten Firmen vertragliche Beziehungen unterhalten und auch nur von diesen Leistungen erhalten, wie die Abwicklung der Aufträge bis hin zur Abrechnung der erbrachten Leistungen und der Einziehung der vereinbarten Entgelte belege. Dass diese nur als Strohmann aufgetreten seien, berühre nicht die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen ihr, der Antragstellerin, und ihren Vertragspartnern.
Das FG lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 1626 abgedruckt.
Das FG führt im Wesentlichen aus, hinsichtlich der Firmen A-GmbH, N-GmbH und der V-GmbH fehle es an der für den Vorsteuerabzug erforderlichen Identität zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer. Erbringe der Rechnungsaussteller nur "Servicedienste", indem er Dritten, Schwarzarbeiterkolonnen, gegen Provision ermögliche, unter fremden Namen Verträge abzuschließen, Rechnungen zu erstellen und Gelder zu vereinnahmen, fehle es an der Identität zwischen Rechnungsaussteller und tatsächlich leistendem Unternehmer. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall hinsichtlich der zuvor genannten GmbHs vor.
Im Übrigen sei der Vorsteuerabzug auch deshalb zu versagen, weil der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbHs nicht bestanden habe. Bei der angegebenen Anschrift habe es sich um eine Büroserviceanschrift gehandelt, die nur dazu gedient habe, die Existenz von Geschäftsräumen vorzutäuschen; tatsächlich seien die Geschäfte von Hintermännern in wechselnden, nicht als Betriebssitz angemeldeten Räumen, meist in Hinterzimmern von Gasthäusern, ausgeübt worden.
In Bezug auf den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der B. u. P. GmbH und des B. J. habe die Antragstellerin nichts vorgetragen. Insoweit sei mit dem FA davon auszugehen, dass Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Rechnungserstellers bestünden, weil B. J. , zugleich Geschäftsführer der B. u. P. GmbH, seit 1996 unauffindbar und die GmbH wegen Satzungsmangels (Unklarheiten über den Firmensitz) von Amts wegen gelöscht worden sei.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt sie vor, angesichts des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts gegen Geschäftsführer der GmbHs sei nicht zu bestreiten, dass es sich bei diesen Firmen um Serviceunternehmen gehandelt habe. Dennoch habe sie nur zu diesen vertragliche Beziehungen unterhalten und auch nur von diesen die Bauleistungen erhalten. Objektiv erkennbare Umstände, dass der angemeldete Sitz nicht bestanden habe, habe es nicht gegeben. Das FA beschränke sich insoweit auf Behauptungen; sie jedenfalls habe umfangreiche Korrespondenz und Telefonate über den in den Rechnungen angegebenen Firmensitz abgewickelt und auf die angegebene Bankverbindung bezahlt. Im Übrigen bestätigten die in Kopie vorgelegten schriftlichen Erklärungen verschiedener Arbeitnehmer der V-GmbH, dass diese auch mit eigenen Arbeitnehmern gearbeitet habe. Die Antragstellerin habe von den kriminellen Machenschaften der "italienischen Subunternehmerszene" nichts gewusst.
Sie beantragt sinngemäß, die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 1996 vom 16. November 2000 in Höhe von 15 218, 10 DM und des Umsatzsteuerbescheides für 1997 vom 19. Oktober 2000 in Höhe von 62 253 DM auszusetzen.
Das FA tritt dem Antrag entgegen.
II.
Die Beschwerde ist begründet.
1. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes soll auf Antrag ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen (§ 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ernstliche Zweifel bestehen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund präsenter Beweismittel und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. September 1993 V B 113/93, BFH/NV 1994, 281, und vom 4. April 1996 V S 1/96, V B 6/96, BFH/NV 1996, 795, m. w. N. ).
2. Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Dabei trägt in tatsächlicher Hinsicht der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind; er hat die den Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen, soweit seine Mitwirkungspflicht reicht, im Aussetzungsverfahren glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i. V. m. § 294 der Zivilprozessordnung --ZPO--). Verbleibende Zweifel können je nach der gegebenen Sachlage eine Aussetzung der Vollziehung ausschließen oder rechtfertigen; entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls und das Gewicht der Gründe, die Anlass zu Zweifeln geben.
3. Zu Recht geht das FG davon aus, dass Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer grundsätzlich identisch sein müssen (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 5. April 2001 V R 5/00, BFH/NV 2001, 1307; vom 1. Februar 2001 V R 6/00, BFH/NV 2001, 941; vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628, m. w. N. ). Die Angaben im Abrechnungspapier müssen deshalb eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglichen (BFH-Urteile vom 29. April 1993 V R 118/89, BFH/NV 1994, 584, und vom 17. September 1992 V R 41/89, BFHE 169, 540, BStBl II 1993, 205, jeweils m. N. ; BFH-Beschluss vom 2. Juli 1999 V B 171/98, BFH/NV 1999, 1652; vgl. BFH-Urteil vom 26. April 2001 V R 50/99, BFHE 194, 536 --zur Bezeichnung des Leistungsempfängers--). Hierzu ist in der Regel die Angabe der zutreffenden Anschrift erforderlich. Der Abzug der in der Rechnung einer GmbH ausgewiesenen Umsatzsteuer ist nur möglich, wenn die GmbH die in der Rechnung ausgewiesenen Umsätze ausgeführt hat und wenn diese Voraussetzungen anhand der Angaben in der Rechnung durch die Finanzverwaltung nachgeprüft werden können. Davon ist nicht auszugehen, wenn der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbH bei Ausführung der Leistung und bei Rechnungsstellung tatsächlich nicht bestanden hat (z. B. BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 941; Senatsbeschlüsse vom 14. März 2000 V B 187/99, BFH/NV 2000, 1252; vom 11. März 1999 V B 135/98, BFH/NV 1999, 1253; Senatsurteil vom 27. Juni 1996 V R 51/93, BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620). Dem Vorsteuerabzug steht allerdings nicht entgegen, dass sich die leistende GmbH nach Leistungsausführung und Rechnungsausstellung dem Zugriff der Finanzbehörde entzogen hat (BFH-Urteile in BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620; vom 28. November 1997 V B 61/97, BFH/NV 1998, 750).
4. Die Auffassung des FG, Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer seien im Streitfall nicht identisch, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand; insoweit fehlen hinreichende tatsächliche Feststellungen.
a) Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten --hier dem Leistungsempfänger-- im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2001, 1307; in BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; vom 30. September 1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353; BFH-Beschluss vom 9. November 1999 V B 16/99, BFH/NV 2000, 611).
b) Das FG meint, die Rechnungssausteller hätten keine Leistungen gegenüber der Antragstellerin erbracht, weil sie nur den am Bau tätigen Personen ermöglicht hätten, "unter ihrem Namen" im Rechtsverkehr aufzutreten. Es verkennt dabei, dass auch ein "Strohmann" als leistender Unternehmer in Betracht kommt.
Schuldner der Umsatzsteuer aus einem Leistungsaustausch ist grundsätzlich derjenige, der als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist, d. h. derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft mit dem Leistungsempfänger berechtigt und verpflichtet ist; ohne Bedeutung ist insoweit, ob er seine Leistungsverpflichtung höchstpersönlich ausführt oder durch andere --Subunternehmer-- ausführen lässt und inwiefern ihm der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts verbleibt. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen auf, der aus welchen Gründen auch immer nicht selbst als berechtigter bzw. verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will, ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet (vgl. z. B. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 29. Oktober 1996 XI ZR 319/95, Neue Juristische Woche-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1997, 238; Kramer in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 4. Aufl. , § 117 BGB Rz. 14, m. w. N. ); dementsprechend sind auch dem sog. Strohmann die Leistungen zuzurechnen, die der sog. Hintermann berechtigterweise im Namen des Strohmanns tatsächlich ausgeführt hat (BFH-Beschlüsse vom 18. Juli 2001 V B 198/00, BFH/NV 2002, 78, unter 3. b; vom 25. Juni 1999 V B 107/98, BFH/NV 1999, 1649); soweit dem Urteil des XI. Senats des BFH vom 13. Juli 1994 XI R 97/92 (BFH/NV 1995, 168) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält der erkennende Senat hieran nicht fest. Aus welchen Gründen der Hintermann im Verhältnis zum Dritten, dem Vertragspartner des Strohmanns und Leistungsempfängers, als Leistender nicht in Erscheinung treten will, ist für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragspartnern regelmäßig ohne Bedeutung. Auch dass der Strohmann, der das Rechtsgeschäft für Rechnung des Hintermannes abschließt, wirtschaftlich am Erfolg des zwischen ihm und dem Dritten wirksamen Rechtsgeschäftes nicht oder --wie möglicherweise in den vorliegenden Fällen-- nur in Form einer "Provision" für seine Strohmann-Dienste teilhaben soll, berührt nicht die Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen Strohmann und Drittem, sondern nur die Frage, ob auch zwischen dem Hintermann und dem Strohmann eine entgeltliche Leistung --in der Regel ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (vgl. § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--)-- vorliegt.
c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft --zivilrechtlich und (umsatz-)steuerrechtlich (vgl. auch § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--)-- allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen worden ist, d. h. wenn die Vertragsparteien --der Strohmann und der Dritte-- einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäftes gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Dritten und dem Hintermann eintreten sollen (vgl. z. B. BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238 ; Kramer in MünchKomm, § 117 BGB Rz. 12, 15, m. w. N. ). Dementsprechend kommt umsatzsteuerrechtlich eine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Bestimmung der Person des leistenden Unternehmers in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft zwischen dem Leistungsempfänger und dem Strohmann nur zum Schein abgeschlossen worden ist und der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 353; BFH-Beschluss in BFH/NV 2000, 611).
5. Das FG ist von anderen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen.
Die bisherigen Feststellungen des FG rechtfertigen nicht die Annahme, zwischen der Antragstellerin und den ihr gegenüber als Vertragspartner aufgetretenen A-GmbH, N-GmbH und V-GmbH habe ausdrücklich oder zumindest stillschweigend Einverständnis darüber bestanden, dass nicht die GmbHs, sondern die am Bau tätigen Personen aus den Verträgen hätten berechtigt und verpflichtet sein sollen. Dass sich unstreitig die Geschäftsführer der GmbHs und die "Hintermänner" darüber einig waren, dass die GmbHs im Verhältnis zu den Abnehmern der Bauleistungen lediglich für Rechnung der "Hintermänner" als "Strohmann" auftreten sollten, rechtfertigt allein noch nicht die Annahme eines steuerrechtlich nicht relevanten (§ 41 Abs. 2 AO 1977) Scheingeschäftes. Die Antragstellerin hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, sie habe von ihren Vertragspartnern umfangreiche Unterlagen wie z. B. Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Finanzämtern angefordert und erst nach deren Vorlage durch Überweisung gezahlt. Dass --wie das FA meint-- der "Service" der Strohmann-GmbHs gegenüber den "Hintermännern" auch und gerade darin bestand, nach außen, im Verhältnis zu Dritten, die Aufträge im eigenen Namen aber für Rechnung der "Hintermänner" abzuwickeln, rechtfertigt nicht schon die Annahme, auch zwischen der Antragstellerin und dem "Strohmann" habe Einvernehmen darüber bestanden, dass die Verträge nur zum Schein zwischen der Antragstellerin und den GmbHs abgeschlossen sein sollten, tatsächlich aber die auf dem Bau tätigen Personen aus den Verträgen hätten berechtigt und verpflichtet werden sollen. Andere Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigten, auch die Antragstellerin sei davon ausgegangen, dass nur die "Hintermänner" ihr gegenüber zur Ausführung der Bauleistungen verpflichtet sein sollten, hat das FG nicht festgestellt. Entgegen der Auffassung des FA genügt insoweit der Hinweis darauf, die Antragstellerin sei "Brancheninsider", ohne konkrete Anhaltspunkte für ein einvernehmliches Handeln nicht.
6. Auch für die Annahme des FG, der in der Rechnung angegebene Sitz der GmbHs habe im Zeitpunkt der Leistung nicht bestanden, fehlen ausreichende Feststellungen.
Die Antragstellerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die GmbHs unter dem angegebenen Firmensitz erreicht und --nach Anbahnung der Geschäftsbeziehungen auch den weiteren Geschäftsverkehr über die angegebene Sitzadresse abgewickelt hat. Das FG stützt dagegen seine Annahme, der angegebene Sitz habe tatsächlich nicht bestanden, allein darauf, es habe sich "nach den Feststellungen der Steufa" bei den angegebenen Anschriften um Büroservicefirmen gehandelt, während "tatsächliche Geschäfte von Hintermännern in nicht als Betriebssitz angemeldeten Räumen (zumeist Hinterzimmer von Gaststätten) ausgeübt worden" seien.
Bei einer eingetragenen juristischen Person (hier: GmbH) ist deren angegebener Sitz grundsätzlich maßgebend, wobei nach den Umständen des Einzelfalls auch ein "Briefkasten-Sitz" mit postalischer Erreichbarkeit der Gesellschaft ausreichen kann. Insbesondere rechtfertigen weder allein der Umstand, dass eine GmbH keine "eigenen" oder ihr allein zur Verfügung stehenden Geschäftsräume hat, noch die Tatsache, dass nicht alle "tatsächlichen Geschäfte" am angegebenen Sitz ausgeführt werden, die Annahme, der angegebene Sitz bestehe nur zum Schein und sei deshalb nach § 41 Abs. 2 AO 1977 unbeachtlich. Auch für den --nicht mit dem statuarischen Sitz der Gesellschaft (§ 11 AO 1977) zu verwechselnden-- Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO 1977) --bei Körperschaften ist das regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d. h. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sog. Tagesgeschäfte; vgl. z. B. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1998 I R 138/97, BFHE 188, 251 , BStBl II 1999, 437; vom 3. Juli 1997 IV R 58/95, BFHE 184, 185, BStBl II 1998, 86, m. w. N. ), -- ist das Vorhandensein einer festen eigenen Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, nicht erforderlich (z. B. BFH in BFHE 188, 251 , BStBl II 1999, 437; vom 15. Juli 1998 I B 134/97, BFH/NV 1999, 372). Es bedarf deshalb besonderer, detaillierter Feststellungen, um die Annahme eines "Scheinsitzes" zu rechtfertigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620). Anhaltspunkte dafür könnten sich etwa dann ergeben, wenn am eingetragenen Firmensitz keinerlei Geschäftsleitungs- und Arbeitgeberfunktion, Behördenkontakt und Zahlungsverkehr stattfinden. Derartige Feststellungen fehlen im Streitfall.
7. Hinsichtlich der Rechnungen der B-GmbH und des B. J. bestätigt das FG die Entscheidung des FA und beschränkt sich auf die Feststellung, hierzu habe die Antragstellerin nichts vorgetragen und im Übrigen sei die GmbH wegen Satzungsmangels aufgelöst worden und B. J. , zugleich Geschäftsführer der GmbH, sei "seit 1996" verschwunden.
Dies genügt nicht. Es ist nicht erkennbar, ob Unklarheiten in Bezug auf den Sitz schon im Streitjahr und vor allem vor Erteilung des Auftrages und vor Rechnungsstellung vorlagen. Auch lässt sich anhand der Feststellung, B. J. sei "seit 1996" verschwunden, nicht beurteilen, ob er erst nach Abwicklung des Auftrages und nach Erteilung der Rechnung untergetaucht ist; Letzteres schlösse den Vorsteuerabzug nicht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 181, 197, BStBl II 1996, 620; BFH-Beschluss in BFH/NV 1998, 750).
8. Der auf anderen rechtlichen Ausgangspunkten beruhende Beschluss des FG wird aufgehoben. Der Senat entscheidet nicht selbst über den Aussetzungsantrag, sondern verweist die Sache an das FG zurück. Die Zurückverweisung ist auch im Beschwerdeverfahren betreffend die Aussetzung der Vollziehung zulässig (z. B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2000, 611; vom 26. März 1991 VIII B 83/90, BFHE 163, 510, BStBl II 1991, 463, m. w. N. ). Sie erscheint zweckmäßig, um dem FG Gelegenheit zu geben, die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel und des festgestellten Sachverhalts unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze vorzunehmen.