BFH

BFHV R 8/9930.9.1999

Amtlicher Leitsatz:

===NV=(nicht amtlich veröffentlicht)==anonymisierte Fassung====

Normen

§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO
§ 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG 1993
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
§ 10 Abs. 1 UStG
§ 278 BGB

 

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren (1995 bis 1996) ein Bauunternehmen. Zur Ausführung ihrer Aufträge setzte sie auch Subunternehmer ein. Sie behauptet, derartige Leistungen unter anderem von der C-GmbH erhalten zu haben. Dementsprechend machte sie auch die ihr unter dem Namen der C-GmbH in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge (1995: 61 003, 64 DM; 1996: 38 472, 11 DM) als Vorsteuer geltend. Die Klägerin hatte die Umsatzsteuer von den Rechnungsbeträgen einbehalten und an das für die Veranlagung der C-GmbH zuständige Finanzamt abgeführt.

Die C-GmbH war im Handelsregister eingetragen. Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Ansicht, die GmbH sei ein "Service-Unternehmen" gewesen; Zweck dieses Unternehmens sei es gewesen, illegalen Subunternehmern und Arbeitnehmerverleihern (im folgenden auch: "Hintermänner") die Möglichkeit anzubieten, unternehmerisch tätig zu werden, ohne selbst namentlich in Erscheinung zu treten und ihre steuerlichen Pflichten erfüllen zu müssen. Dementsprechend gewährte das FA der Klägerin den begehrten Vorsteuerabzug nicht.

Die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung des FA, daß die Klägerin die ihr in Rechnung gestellten Leistungen nicht von der C-GmbH (und anderen "Service-Unternehmen"), sondern von den Unternehmern ("Hintermännern") bezogen habe, die die Arbeiten mit ihren Arbeitskräften tatsächlich ausgeführt hätten (vgl. Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 406).

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie auf Verletzung von materiellem Recht und von Verfahrensrecht stützt.

Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die festgesetzte Umsatzsteuer für 1995 und 1996 um die ihr von der C-GmbH in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge zu kürzen.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Beide Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Die Ablehnung des Vorsteuerabzugs für die Klägerin durch das FG hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das FG hat die Grundsätze, nach denen sich beurteilt, wer umsatzsteuerrechtlich Leistender ist, nicht zutreffend angewandt.

a) Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer müssen grundsätzlich identisch sein. Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628).

b) Die Klägerin bezog die Leistungen, um die es hier geht, von der C-GmbH und nicht von deren "Hintermännern", die die Arbeiten tatsächlich ausgeführt hatten. Sie hatte die Nachunternehmerverträge mit der C-GmbH und nicht mit deren Nachunternehmern abgeschlossen und durchgeführt.

Dies kann nicht zweifelhaft sein, wenn die Behauptung der Klägerin zutrifft, sämtliche mit der C-GmbH geschlossene Nachunternehmerverträge seien mit deren Geschäftsführer P verhandelt und von diesem unterschrieben worden.

Aber auch dann, wenn die "Hintermänner" --entsprechend der Vermutung des FG-- die Nachunternehmerverträge abgeschlossen hätten, hätten sie diese im Namen und in Vollmacht der C-GmbH und nicht nur unter deren Namen abgeschlossen, da die C-GmbH und nicht die "Hintermänner" der Klägerin gegenüber berechtigt und verpflichtet werden sollten. Es ist unstreitig, daß die Klägerin die ihr in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das für die C-GmbH zuständige Finanzamt zu deren Gunsten überwies und das restliche Entgelt auf Konten der C-GmbH überwies und nicht den "Hintermännern" auszahlte. Diese wurden vielmehr als Erfüllungsgehilfen (§ 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches) der C-GmbH tätig. Soweit das FA die C-GmbH als "Service-Unternehmen" bezeichnet, mag dies für die Qualifizierung ihrer Leistungsbeziehungen zu den "Hintermännern" von Bedeutung sein, im Verhältnis zur Klägerin ist aber allein entscheidend, daß zivilrechtlich die GmbH (und nicht die "Hintermänner") aus den mit der Klägerin geschlossenen Nachunternehmerverträgen berechtigt und verpflichtet sein sollte.

c) Entgegen der Auffassung des FG besteht im Streitfall keine Veranlassung, die Person des leistenden Unternehmers abweichend von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen zu bestimmen. Dies mag in Betracht kommen, wenn der Vertragspartner des Leistungsempfängers die vereinbarte Leistung nicht in eigener Person erbringt und auch nicht als eigene Leistung der Umsatzsteuer unterwirft, und der Leistungsempfänger mit der Nichtbesteuerung rechnet oder rechnen muß. Hat der Vertragspartner aber den Umsatz ordnungsgemäß versteuert, ist den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen umsatzsteuerlich zu folgen: Der Vertragspartner des Leistungsempfängers schuldet die Umsatzsteuer als leistender Unternehmer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 UStG und nicht wegen unberechtigter Inrechnungstellung nach § 14 Abs. 3 UStG; der Leistungsempfänger erhält nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug aus der Rechnung seines Vertragspartners. Das FG hat zwar nicht festgestellt, ob die C-GmbH Umsatzsteuererklärungen abgegeben hat, die die an die Klägerin ausgeführten Umsätze enthielten. Aufgrund der Überweisung der von der C-GmbH geschuldeten Umsatzsteuer an das zuständige FA, war dieses aber in der Lage, die in Frage stehenden Umsätze ordnungsgemäß zu erfassen. Daß die "Hintermänner" möglicherweise Abgaben hinterzogen und dies durch die Zwischenschaltung der C-GmbH begünstigt wurde, ist kein hinreichender Grund, die von dem Leistungsempfänger bezogene Leistung abweichend von den zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen zu besteuern.

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