Normen
Art. 5 Abs. 2 Buchst. g DBA-Schweiz
Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz
§ 12 S. 2 Nr. 8 AO 1977
§ 167 Abs. 1 S. 1 AO 1977
Gründe
I.
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz. Sie erhielt im Jahr 1989 von einer im Inland ansässigen AG den Auftrag, zwei näher beschriebene Anlagen (A 3/1 und A 3/2) zu liefern, im Inland zu montieren und für deren Inbetriebnahme zu sorgen. Dabei trat die Klägerin als Generalunternehmerin auf; für rund die Hälfte der gesamten Projektsumme vergab sie Aufträge an Subunternehmer.
Am 4. Februar 1991 lieferte die Klägerin erstmals Teile der Anlage A 3/1 auf dem inländischen Betriebsgelände der AG an. Diese Anlage wurde in der Zeit bis zum 17. April 1991 betriebsbereit montiert. Nachdem die Parteien übereinstimmend die Betriebsbereitschaft festgestellt hatten, erfolgte eine Schulung des Personals der AG durch Mitarbeiter der Klägerin, die bis zum 26. April 1991 abgeschlossen wurde. Anschließend nahm die AG die Produktion mit der Anlage auf. Zu einer förmlichen Abnahme, die nach den vertraglichen Vereinbarungen im Anschluß an einen vierwöchigen Probebetrieb und einen abschließenden Leistungstest erfolgen sollte, kam es jedoch zunächst nicht. Grund hierfür war das Bestreben der AG, den Leistungstest erst dann durchzuführen, wenn die hierbei anfallenden Produkte sogleich an ihren Abnehmer ausgeliefert werden konnten. Demgemäß erfolgte der Leistungstest erst in der Zeit vom 21. bis zum 26. Oktober 1991.
Die Anlage A 3/2 wurde in der Zeit vom 10. Juni bis zum 6. September 1991 montiert und betriebsbereit erstellt. Am 16. September 1991 nahm die AG mit dieser Anlage ebenfalls die Produktion auf. Der abschließende Leistungstest erfolgte hier in der Zeit vom 14. bis zum 19. Oktober 1991.
Am 4. April 1991 bestellte die AG bei der Klägerin zunächst eine dritte Anlage gleichen Typs (A 3/3). Diese Bestellung wurde später dahin modifiziert, daß zwei verschiedene Anlagen mit neuen technischen Konzepten (A 3/red und A 3/LRV) geliefert werden sollten, die den veränderten Anforderungen des Abnehmers der AG Rechnung tragen sollten. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) begannen die Montage der Anlage A 3/red am 5. November 1991 und diejenige der Anlage A 3/LRV am 14. November 1991. Bei der Anlage A 3/red wurden am 14. Februar 1992 die Betriebsbereitschaft hergestellt, am 21. Februar 1992 die Schulung des Personals der AG abgeschlossen und der Leistungstest mit anschließender Abnahme in der Zeit vom 16. bis zum 21. März 1992 durchgeführt. Hinsichtlich der Anlage A 3/LRV erfolgten der Beginn des Probebetriebs am 4. März 1992 und die Abnahme am 21. März 1992.
Die Klägerin führte sowohl die Montagearbeiten als auch die Leistungstests unter Einsatz eigener Arbeitnehmer durch. Diese Arbeitnehmer hatten mit Ausnahme des im Inland wohnhaften Projektleiters ihren Wohnsitz in der Schweiz. Während ihrer Aufenthalte im Inland, der nur in einem Fall die Dauer von 183 Tagen überstieg, wohnten sie jeweils im Hotel.
Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) forderte die Klägerin auf, für die Zeit von Februar 1991 bis zur Beendigung der Montagearbeiten Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach, weshalb das FA Lohnsteuerbescheide erließ, in denen es die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Während des diese Bescheide betreffenden Einspruchsverfahrens gab die Klägerin nicht unterzeichnete Lohnsteueranmeldungen ab, die das FA jedoch nicht für zutreffend hielt. Demgemäß wies es den Einspruch im wesentlichen als unbegründet zurück.
Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage überwiegend statt. Es nahm an, daß die Klägerin zwar inländische Arbeitgeberin i. S. des § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und deshalb verpflichtet gewesen sei, für den länger als 183 Tage im Inland gewesenen Arbeitnehmer Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. In bezug auf die übrigen Arbeitnehmer habe jedoch eine solche Verpflichtung nicht bestanden, da die Montagearbeiten nicht zu einer inländischen Betriebstätte i. S. des Art. 5 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) geführt hätten. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 487 veröffentlicht.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision. Außerdem begehrt sie mit ihrer Anschlußrevision die ersatzlose Aufhebung aller Lohnsteuerbescheide und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Anschlußrevision der Klägerin ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die der Klägerin gegenüber erlassenen Bescheide nur dann rechtmäßig sind, wenn und soweit die Klägerin im streitigen Zeitraum inländische Arbeitgeberin i. S. des § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG und deshalb zur Einbehaltung und Anmeldung von Lohnsteuern verpflichtet war. Das wiederum setzt, da die Klägerin im Inland weder Sitz noch Geschäftsleitung noch einen ständigen Vertreter i. S. des § 13 der Abgabenordnung (AO 1977) hatte, das Bestehen einer inländischen Betriebstätte i. S. des § 12 AO 1977 voraus.
2. Ferner hat das FG richtig erkannt, daß die genannten lohnsteuerrechtlichen Verpflichtungen der Klägerin nur hinsichtlich derjenigen Arbeitslöhne bestanden haben, die nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von der deutschen Besteuerung ausgenommen sind. Die Klägerin kann sich mithin im vorliegenden Verfahren insbesondere darauf berufen, daß von ihr gezahlte Arbeitslöhne nach Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz von der deutschen Einkommensteuer freigestellt sind. Insoweit gelten diejenigen Regeln, die der Bundesfinanzhof (BFH) zu den DBA mit Frankreich (Urteil vom 22. Oktober 1986 I R 261/82, BFHE 148, 143, BStBl II 1987, 171) und den Niederlanden (Urteil vom 10. Mai 1989 I R 50/85, BFHE 157, 142, BStBl II 1989, 755) entwickelt hat, sinngemäß. Art. 28 Abs. 1 DBA-Schweiz steht dem nicht entgegen, weil die Vorschrift nur Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren betrifft. Ebenso greift § 50d Abs. 1 EStG nicht ein, weil im Streitfall kein Steuerabzug vom Kapitalertrag oder auf Grund des § 50a EStG zur Diskussion steht.
3. Zum Umfang der hiernach zu beachtenden doppelbesteuerungsrechtlichen Steuerfreistellung der Arbeitslöhne ist das FG schließlich zutreffend davon ausgegangen, daß insoweit zwischen zwei Fallgruppen zu unterscheiden ist: Die betreffenden Vergütungen unterliegen aus der Sicht des DBA jedenfalls insoweit der deutschen Besteuerung, als sie an Arbeitnehmer gezahlt wurden, die entweder in Deutschland ansässig waren (Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz) oder sich hier länger als 183 Tage während eines Kalenderjahres aufgehalten haben (Art. 15 Abs. 2 Buchst. a DBA-Schweiz). Soweit diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, besteht ein deutsches Besteuerungsrecht nur dann, wenn die Vergütungen von einer in Deutschland bestehenden Betriebstätte der Klägerin getragen worden sind (Art. 15 Abs. 2 Buchst. c DBA-Schweiz).
Ob die Klägerin in Deutschland eine Betriebstätte i. S. des Art. 15 Abs. 2 Buchst. c DBA-Schweiz besessen hat, ist (ausschließlich) nach Art. 5 DBA-Schweiz zu beurteilen. Demgegenüber richtet sich die Beantwortung der Frage, ob bestimmte Vergütungen von einer etwa bestehenden Betriebstätte "getragen" worden sind, nach den Kautelen des Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 508, BStBl II 1988, 819; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 MA Rz. 131 f. ; Kempermann in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 15 Rz. 52). Demgemäß ist jede im Inland ausgeübte nichtselbständige Arbeit eines Arbeitnehmers der Klägerin, die im Rahmen der unternehmensinternen Ergebnisabgrenzung einer inländischen Betriebstätte der Klägerin zuzurechnen ist, auch für Zwecke des Art. 15 Abs. 2 Buchst. c DBA-Schweiz dieser Betriebstätte zuzuordnen.
4. Im Streitfall hat das FG angenommen, daß die Klägerin in der Zeit von Februar 1991 bis März 1992 im Inland zwar eine Betriebstätte i. S. des § 12 AO 1977, nicht aber eine solche i. S. des Art. 5 DBA-Schweiz unterhalten habe. Diese Beurteilung ist in bezug auf § 12 AO 1977 zutreffend. Demgegenüber reichen die Feststellungen des FG für eine abschließende Beurteilung der doppelbesteuerungsrechtlichen Betriebstättenproblematik nicht aus:
a) Nach § 12 Satz 2 Nr. 8 AO 1977 zählen zu den Betriebstätten i. S. des Abgabenrechts unter bestimmten, im Gesetz näher bezeichneten Voraussetzungen u. a. Montagen. Unter diesen Begriff fallen alle Arbeiten, die dem Zusammenfügen von Einzelteilen zu einer (einheitlichen) Sache dienen (BFH-Urteile vom 16. Mai 1990 I R 113/87, BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983; vom 13. November 1990 VIII R 152/86, BFHE 162, 345, BStBl II 1991, 94, 96; Senatsbeschluß vom 20. Januar 1993 I B 106/92, BFH/NV 1993, 404). Ausweislich der von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des FG hat es sich bei dem Zusammenbau der von der Klägerin gelieferten Maschinen auf dem Betriebsgelände der AG um solche Arbeiten gehandelt.
b) Montagearbeiten führen nach § 12 Satz 2 Nr. 8 AO 1977 nur dann zur Entstehung einer Betriebstätte, wenn entweder die einzelne Montage oder eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Montagen oder mehrere ohne Unterbrechung aufeinanderfolgende Montagen länger als sechs Monate dauern. Der Begriff der Montagebetriebstätte knüpft mithin allein an die zeitliche Dauer der Montagearbeiten an, ohne (zusätzlich) auf diejenigen Kriterien abzustellen, die allgemein --namentlich im Anwendungsbereich des § 12 Satz 1 AO 1977-- für die Bestimmung der Betriebstätteneigenschaft gelten (Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 12 AO 1977 Rz. 42). Deshalb ist im Zusammenhang mit § 12 Satz 2 Nr. 8 AO 1977 insbesondere nicht von Bedeutung, ob sich am Ort der Montagearbeiten eine feste Geschäftseinrichtung befindet, über die das Montageunternehmen Verfügungsmacht hat. Von diesem Grundsatz ist der Senat bereits in der Vergangenheit ausgegangen (Urteil in BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983, 984); er hält hieran fest.
c) Wie die hiernach maßgebliche Dauer der Montagearbeiten im einzelnen zu bestimmen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Das gilt sowohl insoweit, als es um die Bestimmung des Beginns und des Endes der Montage --und speziell um deren Abgrenzung gegenüber weiteren Leistungen des betreffenden Unternehmens-- geht, als auch in bezug auf die Bedeutung etwaiger Arbeitsunterbrechungen. Bei der Beantwortung der sich hier stellenden Fragen ist vor allem der Zweck des § 12 AO 1977 im Auge zu behalten, der darin liegt, die Besteuerungsmöglichkeit von einer bestimmten Intensität der geschäftlichen Beziehung zu dem jeweiligen Territorium abhängig zu machen (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl. , § 12 AO 1977 Tz. 1). Bei einer Orientierung an diesem Kriterium hält der Senat im Ergebnis die Anwendung folgender Grundsätze für sachgerecht:
aa) Eine Montage beginnt noch nicht mit der Anlieferung der zu montierenden Anlageteile. Das gilt auch dann, wenn --wie im Streitfall-- die Lieferung der Teile und deren spätere Montage durch ein und dasselbe Unternehmen erfolgen. Vielmehr ist im Fall des Werklieferungsvertrags die Lieferung der zu montierenden Teile noch der Produktion zuzuordnen. Diese Handhabung stimmt mit dem Grundsatz überein, daß auch die Gewinne aus einer Materiallieferung des Stammhauses nicht der Montagebetriebstätte, sondern dem Stammhaus zuzurechnen sind (BFH-Urteil in BFHE 162, 345, BStBl II 1991, 94).
Die Montage beginnt jedoch mit der Ankunft der ersten Person am Montageort, die vom Werklieferer zwecks Durchführung der diesbezüglichen Aufgaben entsandt wird. Hierdurch wird die notwendige örtliche Verbindung des Unternehmens mit dem Ort der Montage hergestellt (Tipke/Kruse, a. a. O. , § 12 AO 1977 Tz. 37). Das gilt auch dann, wenn die betreffende Person zunächst nur Vorbereitungsarbeiten durchführt und wenn das Zusammenfügen der einzelnen Teile zu einer Sache erst später beginnt (ebenso Schieber in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. , Art. 5 MA Rz. 131; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl. , Rz. 16. 252; Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, 3. Aufl. , Art. 5 Rz. 77, m. w. N. ). Diese Betrachtungsweise entspricht derjenigen im Kommentar zum OECD-Musterabkommen (OECD-Musterkommentar, Nr. 19 Satz 1 zu Art. 5), deren Übertragung auf das nationale Recht schon aus Gründen der Einheitlichkeit der Kriterien sachgerecht erscheint. Zu den hiernach einzubeziehenden Vorbereitungsarbeiten zählt auch die Überprüfung des Montageortes daraufhin, ob die Voraussetzungen für den Beginn der Montagearbeiten vorliegen und ob demgemäß mit diesen Arbeiten begonnen werden kann.
bb) Die Montage endet nicht bereits mit der erstmaligen vollständigen Errichtung der zu montierenden Anlage, sondern erst mit der ordnungsgemäßen Erfüllung der übernommenen Werklieferungsverpflichtung (ebenso Schieber, a. a. O. , Rz. 134; Günkel in Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 5 MA Rz. 151). Dieser Grundsatz kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn --wie im Streitfall-- zivilrechtlich eine förmliche Abnahme der Anlage vereinbart ist. Er führt hier dazu, daß die Montage im allgemeinen erst mit der Abnahme endet. Diese Sachbehandlung rechtfertigt sich vor allem daraus, daß die Werklieferung nicht ohne die Montage abgenommen werden kann und daß die Montage der letzte Teil der Werklieferung ist. Im übrigen ist sie auch deshalb interessengerecht, weil erst mit der Abnahme feststeht, daß der Besteller die Montage als ordnungsgemäß akzeptiert und daß mithin weitere Montagearbeiten nicht mehr erforderlich sind.
Etwas anderes kann lediglich gelten, wenn eine Abnahme des vollständig hergestellten Werkes zwar vorgesehen ist, der Werklieferer hieran aber vereinbarungsgemäß nicht mitwirken soll. In einem solchen Fall wird sich das Ende der Montage regelmäßig in der Abreise der letzten an der Werklieferung beteiligten Person dokumentieren. Demgemäß gehören auch der Testlauf und die Inbetriebsetzung einer montierten Maschine jedenfalls dann zur Montage, wenn sie unter Mitwirkung des Werklieferers durchgeführt werden. Darauf, in wessen Verantwortung sie stehen, kommt es nicht an (vgl. Schieber, Die Besteuerung von Auslandsbetriebsstätten, S. 61; Feuerbaum, Internationale Besteuerung des Industrieanlagenbaus, S. 66 f. ; Günkel, a. a. O. , Rz. 151). Vielmehr kann eine "Mitwirkung" des Werklieferers bereits darin liegen, daß dessen Arbeitnehmer oder Beauftragte am Montageort anwesend sind und den vom Besteller beherrschten Test- und Abnahmevorgang begleiten und überwachen.
Reparatur- und Gewährleistungsarbeiten sind für sich genommen keine Montage (Senatsurteil in BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983). Dies schließt jedoch nicht aus, sie als Teil einer Montagebetriebstätte zu behandeln, wenn sie sachlich eine zuvor erbrachte Montage betreffen und in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Abnahme der montierten Anlage stehen (vgl. Schieber in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. , Rz. 134). Auch Arbeiten zur Optimierung einer montierten Anlage gehören zur Montagebetriebstätte, soweit sie typischerweise im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Abnahme durchgeführt werden. Schließlich mag die Schulung von Personal dann nicht mehr zur Montage gehören, wenn sie nach Abnahme der Werklieferung vorgenommen wird. Die Einweisung von Personal in die Bedienung der Anlage vor deren Abnahme ist dagegen regelmäßig in die Montagefrist einzubeziehen.
cc) Werden die Montagearbeiten vor dem hiernach zu beurteilenden Abschluß der Montage unterbrochen, so ist dies ohne Bedeutung, wenn die Unterbrechung im Betriebsablauf der Montage begründet ist. Deshalb sind sowohl technisch bedingte (z. B. Trocknungsfristen) als auch durch Materialmangel oder Störungen des Arbeitsfriedens verursachte sowie witterungsbedingte Unterbrechungszeiten regelmäßig in die Montagefrist einzubeziehen. Das gilt grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Arbeitsunterbrechung. Diese Handhabung entspricht der Stellungnahme des OECD-Musterkommentars (Nr. 19 Sätze 4 ff. zu Art. 5) zur Bedeutung von Unterbrechungen im Rahmen des Doppelbesteuerungsrechts (vgl. Schieber in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. , Art. 5 MA Rz. 133), deren Übertragung auf den internrechtlichen Betriebstättenbegriff wiederum der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung dient. Soweit der erkennende Senat im Urteil vom 21. Oktober 1981 I R 21/78 (BFHE 134, 562, BStBl II 1982, 241) bei einer betriebsbedingten Unterbrechung von mehr als zwei Wochen für den Regelfall von einer Hemmung der Sechsmonatsfrist ausgegangen ist, kann er daher hieran in dieser Allgemeinheit nicht mehr festhalten. Die z. T. abweichende Beurteilung durch den IV. Senat des BFH (Urteil vom 8. Februar 1979 IV R 56/76, BFHE 127, 414, BStBl II 1979, 479) steht der jetzt getroffenen Entscheidung schon deshalb nicht entgegen, weil sie seinerzeit für das Urteil des IV. Senats nicht tragend war (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. , § 11 Rz. 2).
Von den genannten betriebstechnischen Arbeitsunterbrechungen sind diejenigen zu unterscheiden, die nicht im Arbeitsablauf des Montageunternehmens oder seiner Subunternehmer, sondern in anderen Umständen begründet sind. Dazu kann namentlich der Fall gehören, daß der Besteller eine erforderliche Mitwirkung an der Abnahme des fertiggestellten Werkes verweigert. In einer solchen Konstellation wird die für die Entstehung einer Betriebstätte maßgebliche Frist jedenfalls dann gehemmt, wenn die Unterbrechung der Arbeiten nicht nur ganz kurzfristig ausfällt und die mit dem Montagevorgang betrauten Personen von der Montagestelle abgezogen werden. In dieser Situation besteht mithin zwar die Montagestelle als solche fort, solange nicht die Arbeiten endgültig eingestellt werden. Die Unterbrechungszeit ist hier jedoch nicht in die Fristberechnung einzubeziehen; vielmehr läuft erst bei einer Wiederaufnahme der Arbeiten die ursprüngliche Frist weiter. Bei der Abgrenzung zwischen der hiernach unschädlichen und der fristhemmenden Arbeitsunterbrechung kann in der Regel auf die in der Rechtsprechung entwickelte Zweiwochenfrist (BFH-Urteile vom 22. September 1977 IV R 51/72, BFHE 123, 356, BStBl II 1978, 140, und in BFHE 134, 562, BStBl II 1982, 241) zurückgegriffen werden.
d) Bei der Anwendung der Regelungen in § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. b und c AO 1977 ist zunächst von den vorstehend erläuterten Regeln zum Beginn und zum Ende der einzelnen Montage auszugehen. Dabei ist insbesondere zu beachten, daß auch eine fristhemmend unterbrochene Montage (oben c cc) als solche fortbesteht. Tritt während der Zeit der Fristhemmung eine weitere Montage in demselben Territorium hinzu, so sind die für beide Montagen anzurechnenden Fristen in entsprechender Anwendung des § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO 1977 zusammenzurechnen. Denn in dieser Situation besteht ein noch engerer Zusammenhang zwischen beiden Montagen als bei einer zeitlichen Aufeinanderfolge, weshalb die für jenen Fall geltende Zusammenrechnungsregelung (§ 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO 1977) hier erst recht eingreifen muß. Ebenso muß, wenn eine Montage zunächst fristhemmend unterbrochen wurde und später fortgesetzt wird, eine nach ihrem Abschluß begonnene weitere Montage gemäß § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO 1977 mit der ersten zusammengerechnet werden. Schließlich ist zu beachten, daß eine "ohne Unterbrechung" anschließende Montage schon dann vorliegen kann, wenn zwischen den beiden Montagen ein nur geringfügiger zeitlicher Zwischenraum liegt; hierbei ist eine Zeitspanne von bis zu zwei Wochen im allgemeinen als geringfügig anzusehen (ähnlich Buciek, a. a. O. , Rz. 46). Das gilt jedenfalls dann, wenn --z. B. aufgrund eines einheitlichen Auftrags (vgl. BFH in BFHE 134, 562, BStBl II 1982, 241)-- bereits im Zeitpunkt der Beendigung der ersten Montage absehbar ist, daß sich alsbald eine weitere Montage auf demselben Territorium anschließen wird. In einer solchen Situation ist nämlich die Präsenz des Montageunternehmens in dem betreffenden Territorium nicht so nachhaltig unterbrochen, daß hierdurch die durch die erste Montage eingetretene "Verwurzelung" des Unternehmens in dem betreffenden Territorium beseitigt worden wäre.
e) In bezug auf den doppelbesteuerungsrechtlichen Begriff der Montagebetriebstätte sind die für § 12 AO 1977 geltenden Grundsätze zum Beginn, zum Ende und zur Unterbrechung der maßgeblichen Fristen entsprechend anwendbar. Dasselbe gilt insoweit, als auch nach Doppelbesteuerungsrecht --und speziell nach dem DBA-Schweiz-- die Entstehung einer Montagebetriebstätte nicht von einer Verfügungsgewalt des Montageunternehmens über Einrichtungen am Montageort abhängt (Graf zu Ortenburg in Flick/ Wassermeyer/Wingert/Kempermann, a. a. O. , Art. 5 Anm. 41; Scherer in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. Art. 5 DBA-Schweiz Rz. 28). Ein grundlegender Unterschied zu der internrechtlichen Regelung besteht nur insoweit, als Art. 5 Abs. 2 Buchst. g DBA-Schweiz eine Zusammenrechnung mehrerer Montagen nach Art von § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. b und c AO 1977 nicht vorsieht (Graf zu Ortenburg, a. a. O. , Art. 5 Anm. 48 sowie zum OECD-Musterabkommen Schieber in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. , Art. 5 MA Rz. 118). Eine solche Zusammenrechnung ist deshalb bei Montagen, die technisch und wirtschaftlich voneinander unabhängig sind, aus doppelbesteuerungsrechtlicher Sicht nicht möglich.
Von der Frage der Zusammenrechnung mehrerer selbständiger Montagen ist indessen die weitere Frage zu unterscheiden, ob es sich bei Arbeiten an mehreren Anlagen aus rechtlicher Sicht um eine einheitliche Montage handelt. Das ist immer dann der Fall, wenn zwischen den einzelnen Arbeiten eine wirtschaftliche und geographische Einheit besteht (Schieber in Debatin/Wassermeyer, a. a. O. , Rz. 135). In einer solchen Situation läuft für die gesamte Montagetätigkeit ohne weiteres eine einheitliche Frist, ohne daß es einer Zusammenrechnung bedarf. Ob im Einzelfall eine Einheitlichkeit der Arbeiten in diesem Sinne besteht, muß grundsätzlich unter Berücksichtigung und Abwägung der Gesamtumstände beurteilt werden.
5. Untersucht man die im Streitfall gegebene Situation anhand dieser Maßstäbe, so ergibt sich folgendes:
a) Die Montage der zuerst gelieferten Anlage A 3/1 hat zwar --entgegen der Annahme des FG-- nicht schon mit der Anlieferung des Materials am 4. Februar 1991 begonnen. Nach den Feststellungen des FG muß jedoch davon ausgegangen werden, daß die Montagearbeiten oder zumindest deren unmittelbare Vorbereitung jedenfalls im Februar 1991 eingesetzt haben. Die hierdurch in Lauf gesetzte Montagefrist endete nicht bereits mit der Betriebsbereitschaft der Anlage (17. April 1991), sondern erst mit deren Abnahme am 26. Oktober 1991. Das gilt unabhängig davon, ob und ggf. aus welchen Gründen die für die Klägerin tätigen Personen zwischenzeitlich von der Montagestelle abgezogen worden waren. Hierdurch konnte nämlich allenfalls eine Fristhemmung bewirkt werden (oben 4. c cc), die jedoch auf die Bestimmung des Endzeitpunktes der Montage keinen Einfluß hätte.
Noch vor dem Ende der Montage der Anlage A 3/1, nämlich am 10. Juni 1991, hat die Klägerin mit der Montage der Anlage A 3/2 begonnen. Beide Montagen haben mithin parallel zueinander stattgefunden, weshalb die für sie benötigten Fristen in entsprechender Anwendung des § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO 1977 zusammenzurechnen sind (s. o. 4. d). Eine weitere Zusammenrechnung muß mit der Montagefrist für die Anlage A 3/3 red erfolgen, die nach den Feststellungen des FG am 5. November 1991 begonnen hat: Zwischen dem Ende der zuvor abgeschlossenen Montage der Anlage A 3/1 (26. Oktober 1991) und dem Beginn der Montage der Anlage A 3/3 red lag ein Zeitraum von weniger als zwei Wochen, weshalb die Präsenz der Klägerin am Montageort nur kurzfristig unterbrochen war und also hinsichtlich dieser Montagen die Regelung in § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. c AO 1977 eingreift (oben 4. d). Hieraus folgt im Ergebnis, daß bei der Bestimmung der Montagefrist i. S. des § 12 AO 1977 zumindest die Netto-Arbeitszeiten der Anlagen A 3/1, A 3/2 und A 3/3 red zusammenzurechnen sind. Diese Zusammenrechnung führt zu einer Gesamt-Montagezeit von mehr als sechs Monaten, so daß die Klägerin jedenfalls eine Montagebetriebstätte i. S. des § 12 AO 1977 unterhalten hat.
Dies wiederum hat zur Folge, daß die Klägerin inländische Arbeitgeberin i. S. des § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG war und deshalb für denjenigen Arbeitnehmer, der sich länger als 183 Tage im Inland aufhielt, Lohnsteuer anmelden und abführen mußte. Das entspricht im Ergebnis der Entscheidung des FG, so daß die hiergegen gerichtete Anschlußrevision der Klägerin unbegründet ist.
b) Ebenso sind die Lohnsteuerbescheide insoweit rechtmäßig, als sie den in Deutschland wohnhaften Projektleiter der Klägerin betreffen. Demgegenüber hängt die Rechtmäßigkeit der Lohnsteuerbescheide hinsichtlich der übrigen Arbeitnehmer davon ab, ob die Klägerin eine Montagebetriebstätte nicht nur im abgabenrechtlichen (§ 12 AO 1977), sondern auch im abkommensrechtlichen Sinne (Art. 5 DBA-Schweiz) besessen hat. Diese Frage kann anhand der bislang getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden:
aa) Allerdings ist nach diesen Feststellungen davon auszugehen, daß die Montage der verschiedenen Anlagen (A 3/1 bis A 3/3) abkommensrechtlich als einheitlicher Vorgang beurteilt werden muß. Denn zum einen fanden sämtliche Arbeiten an ein und demselben Ort --auf dem Betriebsgelände der AG-- statt, weshalb zwischen ihnen eine geographische Einheit bestand. Zum anderen war auch die erforderliche wirtschaftliche Einheit der Betätigung gegeben, da die verschiedenen montierten Anlagen ihrer Art nach vergleichbar waren, insbesondere sämtlich der Herstellung von Produkten mit ein und derselben Funktion --wenn auch in verschiedenen Varianten-- dienten. Daß die Anlagen A 3/3 red und A 3/3 LRV im Detail von den zuvor montierten Anlagen A 3/1 und A 3/2 abwichen und möglicherweise auf einer völlig neuen Konstruktion beruhten, muß bei der Beurteilung der Einheitlichkeit der Montagen hinter die funktionale Gleichartigkeit der Anlagen zurücktreten. Hinzu kommt im übrigen, daß der Auftrag für die "neuen" Anlagen bereits vor der Beendigung der ersten Montage erteilt worden war und die verschiedenen Montagen ohne nennenswerte Verzögerung aneinander anschlossen.
bb) Es bedarf jedoch weiterer tatsächlicher Feststellungen zur Beurteilung der Frage, ob die hiernach einheitliche Montage in zeitlicher Hinsicht die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. g DBA-Schweiz statuierte Frist von zwölf Monaten überschritten hat. Das wäre nicht der Fall, wenn während bestimmter Zeiten die Montagefrist nach den vorstehend entwickelten Grundsätzen gehemmt gewesen wäre (oben 4. c cc) und sich unter Berücksichtigung dieses Umstands eine Gesamtdauer der Arbeiten von nicht mehr als zwölf Monaten ergeben würde. Eine Hemmung kommt im Streitfall namentlich bei der Montage der Anlage A 3/1 in Betracht, bei der sich die Abnahme nach den Feststellungen des FG aus beim Abnehmer liegenden Gründen verzögert haben könnte. Sofern eine solche Konstellation vorliegt und außerdem in dieser Phase sämtliche Arbeitnehmer und Beauftragten der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen hinweg von der Montagestelle abgezogen worden sind, ist die betreffende Zeit bei der Bemessung der Montagefrist nicht mitzuzählen.
c) Der hiernach noch offenen Frage nach dem Vorliegen fristhemmender Umstände kann im Revisionsverfahren nicht nachgegangen werden. Dies ist vielmehr Aufgabe des FG, an das der Rechtsstreit zu diesem Zweck zurückverwiesen werden muß.