BFH III R 67/96

BFHIII R 67/9614.8.1997

 

Tatbestand

Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) macht Aufwendungen für eine "medizinische Trainingstherapie" als außergewöhnliche Belastungen geltend. Er hat im Februar 1989 mit dem "Sport- und Gesundheitspark X" einen Trainingsvertrag abgeschlossen. Im Oktober 1989 ist ihm fachärztlich bestätigt worden, daß er an Dorsalgie wegen Muskelinsuffizienz bei Flachrücken leide und deshalb nach eingehender Untersuchung durch den Orthopäden und unter dessen regelmäßiger Anleitung und Kontrolle eine medizinische Trainingstherapie durchführe. Diese beinhalte eine allgemeine Muskelkräftigung unter besonderer Berücksichtigung der genannten Diagnose, ein Herz-Kreislauf-Training sowie eine Wirbelsäulengymnastik und eine Muskeldehnungsgymnastik, die abwechselnd von einer Krankengymnastin und einer Sportlehrerin abgehalten würden.

Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt FA) berücksichtigte die für das Streitjahr (1990) geltend gemachten Aufwendungen nicht. Hiergegen richtet sich die vom Kläger gemeinsam mit seiner mit ihm zusammenveranlagten Ehefrau (Klägerin) erhobene Klage, der das Finanzgericht (FG) durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1997, 173 veröffentlichte Urteil stattgegeben hat.

Gegen dieses Urteil, nach dessen vom FG später berichtigtem Tenor die Klage ursprünglich abgewiesen worden war, haben das FA und die Kläger die vom FG zugelassene Revision eingelegt; die Revision der Kläger ist jedoch nach Ergehen des Berichtigungsbeschlusses des FG zurückgenommen worden.

Zur Begründung seiner Revision führt das FA aus, das FG habe eine medizinische Indikation für das Gerätetraining nur aufgrund eines vor dem Beginn der Therapie ausgestellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens annehmen dürfen, an dem es fehle. Außerdem könnten Aufwendungen für die Ausübung eines Sports als außergewöhnliche Belastungen nur berücksichtigt werden, wenn die Sportausübung unter ärztlicher Leitung und Aufsicht erfolge. Das FG habe diese Voraussetzung als erfüllt angesehen, ohne festgestellt zu haben, in welchen zeitlichen Abständen und in welcher Form die ärztliche Anleitung und Kontrolle erfolgt sei. Schließlich müsse die Zwangsläufigkeit der streitigen Aufwendungen aber auch deshalb verneint werden, weil der Kläger etwaige Ersatzansprüche gegenüber seiner privaten Krankenversicherung und seine Beihilfeansprüche nicht in der erforderlichen Art und Weise geltend gemacht habe.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Revision des FA zurückzuweisen.

Sie berufen sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. Oktober 1971 VI R 80/68 (BFHE 103, 191, BStBl II 1972, 14), dessen Anforderungen erfüllt seien und in dem sich das Erfordernis eines amts- oder vertrauensärztlichen Attestes, das vor der Therapie ausgestellt worden ist, nicht finde. Jedenfalls sei deshalb aus Billigkeitsgründen die nach Beginn der Therapie ausgestellte Bescheinigung als genügend anzusehen, wie es der BFH regelmäßig bei erstmaliger Aufstellung des Erfordernisses einer Attestierung vor Beginn einer Maßnahme getan habe.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet (§ 126 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung FGO). Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Das Urteil des FG verletzt § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

1.

Aufwendungen für die Ausübung eines Sports gehören nach dem BFH-Urteil in BFHE 103, 191, BStBl II 1972, 14 grundsätzlich zu den gemäß § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung. Ausnahmen von diesem Grundsatz können nur dann in Betracht kommen, wenn der Sport betrieben wird, um eine Krankheit oder ein Gebrechen zu heilen oder zu seiner Besserung oder Linderung beizutragen. Dabei ist durch eine amts- oder vertrauensärztliche Bescheinigung nachzuweisen, daß die Ausübung des Sports für die Heilung oder Linderung einer Krankheit erforderlich ist. Dem entspricht die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu den Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung anderer privater Aufwendungen, die mit Ausgaben für die Ausübung eines Sports gemein haben, daß sie ihrer Art nach nicht Ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten (vgl. etwa die Urteile vom 14. Februar 1980 VI R 218/77, BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295, und vom 12. Juni 1991 III R 102/89, BFHE 164, 414, BStBl II 1991, 763 für die Abgrenzung von medizinischen Kuren und Erholungsreisen; vom 17. Juli 1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711, und vom 11. Januar 1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386 zu Frischzellenbehandlungen; vom 9. August 1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920 für die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen als sog. medizinische Hilfsmittel).

Wegen der Schwierigkeit der Beurteilung der medizinischen Indikation von Maßnahmen, die nicht ihrer Art nach eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können (zu dem anderenfalls ausreichenden Nachweis der medizinischen Indikation durch eine ärztliche Verordnung siehe z. B. Urteil des Senats vom 6. April 1990 III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958), verlangt die durch das Urteil in BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295 eingeleitete neuere Rechtsprechung des BFH grundsätzlich ein vorher ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten, aus dem sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt. Denn nicht das FA, sondern nur der rechtzeitig eingeschaltete Amtsarzt oder etwa der Medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung nach § 278 des Sozialgesetzbuches V (SGB V), der frühere vertrauensärztliche Dienst nach § 369b der Reichsversicherungsordnung a. F. (Urteil des Senats vom 30. Juni 1995 III R 52/93, BFHE 178, 81, BStBl II 1995, 614), besitzt zugleich Sachkunde und die notwendige Neutralität, um die medizinische Indikation solcher nicht nur für Kranke nützlichen Maßnahmen ohne die für den behandelnden Arzt bestehende Gefahr einer Störung des Vertrauensverhältnisses zu seinem Patienten objektiv beurteilen zu können. Da auch Maßnahmen, wie sie der Kläger in Anspruch genommen hat, zumal wenn sie in einem auch von gesunden Menschen besuchten Fitneßstudio durchgeführt werden, ihrer Art nach nicht eindeutig rein medizinische Maßnahmen einer Heilbehandlung darstellen, muß auch für sie das Erfordernis einer vorherigen amts- oder vertrauensärztlichen Begutachtung gelten.

Ein solches vorher erstelltes Gutachten des Amtsarztes ist im Streitfall nicht eingeholt worden. Die Aufwendungen des Klägers für den Besuch des fraglichen Sportstudios können schon deshalb steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Die von dem Kläger vorgelegte nachträgliche amtsärztliche Stellungnahme kann auch nicht ausnahmsweise als ausreichender Nachweis der medizinischen Indikation der strittigen Maßnahmen zugelassen werden. Zwar hat der erkennende Senat gelegentlich anstelle eines vorherigen ein nachträgliches amtsärztliches Gutachten als ausnahmsweise zulässigen Nachweis anerkannt (Senatsurteile in BFHE 164, 414, BStBl II 1991, 763; vom 13. Februar 1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427; in BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920, und vom 10. Oktober 1996 III R 118/95, BFH/NV 1997, 337). Dafür war jedoch in erster Linie der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes maßgebend, nach dem bei unvorhersehbaren Verschärfungen rechtlicher Anforderungen infolge einer Änderung der Rechtsprechung oder einer entsprechenden Fortentwicklung des Rechts durch die Rechtsprechung bzw. einem aus anderen Gründen unverschuldeten Beweisnotstand des Steuerpflichtigen (Urteil in BFH/NV 1997, 337) in Betracht kommen kann, dem Steuerpflichtigen ausnahmsweise Beweiserleichterungen zu gewähren. Entgegen der Ansicht der Kläger ist indes im Streitfall Vertrauensschutz nicht zu gewähren; denn daß das vorgenannte Erfordernis einer amtsärztlichen Begutachtung der medizinischen Indikation des Besuchs eines Fitneßstudios wie des vom Kläger aufgesuchten "Sport- und Gesundheitsparks" für die steuerliche Berücksichtigung diesbezüglicher Aufwendungen besteht, war angesichts der dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung für den Kläger jedenfalls bei fachlicher Beratung, die in Anspruch zu nehmen ihm zuzumuten ist (Senatsurteil in BFH/NV 1997, 337), nicht unvorhersehbar.

2.

Im übrigen muß die Klage noch an einem weiteren Gesichtspunkt scheitern. Allein der Umstand, daß die Sportausübung für einen Steuerpflichtigen infolge eines körperlichen Leidens besonders dringlich notwendig oder ratsam ist, um seine Beschwerden zu lindern oder einer Verschlimmerung seines Leidens vorzubeugen, macht die Ausübung des Sports nicht zu einer Heilbehandlung und die mit ihr verbundenen Kosten nicht zu außergewöhnlichen Belastungen. Der BFH hat vielmehr für die Berücksichtigung von Aufwendungen für die Ausübung eines Sports als außergewöhnliche Belastungen in dem Urteil in BFHE 103, 191, BStBl II 1972, 14 ärztliche Anweisungen über Art und Umfang der Ausübung des Sports im Sinne einer Programmierung der Sportausübung und deren ärztliche Leitung und Aufsicht verlangt, soweit eine ärztliche Leitung und Aufsicht nicht ausnahmsweise entbehrlich ist, weil an ihre Stelle die Leitung und Beaufsichtigung durch eine andere fachkundige Person z. B. eine Krankengymnastin tritt. Denn nur so werde sichergestellt, daß die Ausübung eines Sports eindeutig die Bedeutung und Wirkung der therapeutischen Behandlung einer bestimmten Krankheit habe und die Wirkung der Sportausübung auf das Leiden geprüft werden könne. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist in diesem Zusammenhang die den Heilbehandlungsbegriff festlegende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs BGH (Urteil vom 17. Dezember 1986 IVa ZR 78/85, Neue Juristische Wochenschrift NJW 1987, 703) entsprechend anwendbar, die eine gezielte, medizinisch indizierte Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit durch einen Arzt, einen Heilpraktiker oder andere gesetzlich zur Ausübung der Heilkunde zugelassene Personen verlangt (Beschluß des Senats vom 19. November 1990 III S 6/90, BFH/NV 1991, 459; vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 1995 III R 106/93, BFHE 179, 93, BStBl II 1996, 88). Sportliche Übungen zur allgemeinen Muskelkräftigung, ein Herz-Kreislauf-Training und eine Wirbelsäulen- und Muskeldehnungsgymnastik, wie im Falle des Klägers, könnten diesen Anforderungen allenfalls genügen, wenn ihr Umfang und ihre Durchführung im einzelnen nicht im wesentlichen dem Patienten selbst oder einer selbständig handelnden, zur Ausübung der Heilkunde nicht zugelassenen Person wie einem Sportlehrer überlassen sind, sondern nach genauer Einzelverordnung und unter Verantwortung (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB V) eines Arztes, Heilpraktikers oder einer sonst zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person durchgeführt werden, was eine regelmäßige und intensive Betreuung voraussetzt, wie sie insbesondere im Falle einer ärztlich verordneten und verantworteten Krankengymnastik gegeben ist (vgl. Peters, Handbuch der Krankenversicherung Teil II Sozialgesetzbuch V, 19. Aufl., § 28 Rdnr. 68 ff.; vgl. im übrigen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG vom 11. November 1993 3 C 45/91, NJW 1994, 3024 zum Erfordernis der Anwendung ärztlicher Fachkenntnisse als Merkmal einer Heilbehandlung). Für den Streitfall hat das FG keine dahingehenden Feststellungen getroffen und die Kläger haben auch keine dahingehenden substantiierten Behauptungen aufgestellt. Für eine ärztliche "Programmierung" der Sportausübung in dem oben erläuterten Sinne genügt es nicht, daß der den Kläger behandelnde Orthopäde sich gelegentlich bei der Behandlung des Klägers von den Auswirkungen der Sportausübung auf dessen Rückenleiden überzeugt und dem Kläger möglicherweise hin und wieder Ratschläge und Hinweise für dessen im übrigen jedoch von diesem selbständig durchgeführtes Training gegeben haben mag.

3.

Schließlich verletzt das angefochtene Urteil auch deshalb Bundesrecht, weil das FG ohne ausreichende tatsächliche Feststellungen dazu getroffen zu haben, unterstellt hat, daß die Kläger durch die von ihnen steuermindernd geltend gemachten Kosten zwangsläufig belastet sind. Selbst wenn der Senat dem FG darin folgen könnte, daß die Aufwendungen für das Training in dem Sportpark medizinisch indiziert waren und daß es sich bei dem Training um eine Heilbehandlung in dem vorstehend erläuterten Sinne gehandelt hat, die Merkmale der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit (§ 33 Abs. 1 und 2 EStG) also insoweit gegeben wären, könnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es nämlich an Gründen der Zwangsläufigkeit auch dann, wenn der Steuerpflichtige eine auf ihn zukommende Belastung nicht vermeidet, es sei denn, jede Möglichkeit dafür ist ausgeschlossen (BFH-Urteile vom 18. Juni 1997 III R 60/96, nicht amtlich veröffentlicht; vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147; vom 27. Februar 1987 III R 209/81, BFHE 149, 240, BStBl II 1987, 432, und vom 15. November 1991 III R 1/91, BFH/NV 1992, 302) oder von ihr Gebrauch zu machen, ist nichen, zumutbar (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104 zur Pflicht, eine Belastung durch Abschluß einer Versicherung abzuwenden). Deshalb sind Aufwendungen nicht zwangsläufig, wenn sie durch die Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten abgewendet werden können, sofern deren Ausschöpfung nicht ausnahmsweise unzumutbar ist (Urteil des Senats vom 20. September 1991 III R 91/89, BFHE 165, 525 , BStBl II 1992, 137). Der Steuerpflichtige kann daher ihm entstandene Kosten nur dann als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend machen, statt eine anderweitige Ersatzmöglichkeit zu verfolgen, wenn es sich um eine Ersatzmöglichkeit von geringer wirtschaftlicher Auswirkung handelt (vgl. BFH-Urteil vom 7. März 1975 VI R 98/72, BFHE 115, 349, BStBl II 1975, 629) oder wenn er andere anerkennenswerte Gründe hat, sie nicht auszuschöpfen, z. B. weil er seinem Arbeitgeber eine bestimmte Krankheit nicht mitteilen möchte (Urteil des Senats in BFHE 165, 525 , BStBl II 1992, 137). Der Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt ferner nach dem Urteil in BFHE 165, 525 , BStBl II 1992, 137 den Umfang und die Intensität, mit der der Steuerpflichtige der Ersatzmöglichkeit nachgehen muß. Eine nur mündliche oder telefonische Rückfrage reicht dazu grundsätzlich nicht aus, weil in vielen Fällen nur durch einen schriftlichen Erstattungsantrag unter Vorlage der ärztlichen Verordnungen die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahmen von dem Ersatzpflichtigen (Beihilfestelle, Krankenkasse, private Krankenversicherung) überhaupt beurteilt werden kann. Ferner hat der Senat bereits in dem vorgenannten Urteil darauf hingewiesen, daß es dem Steuerpflichtigen zuzumuten sei, bei Abweisung seines Kostenerstattungsbegehrens seine Rechtsposition gegenüber der Krankenkasse bzw. der Beihilfestelle nachdrücklich zu vertreten und sich vor einer steuerrechtlichen Geltendmachung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nachprüfbare Unterlagen über deren ablehnende Haltung zu besorgen.

Das FG hat die tatsächlichen Feststellungen, die nach diesen Rechtsgrundsätzen erforderlich waren, nicht getroffen; es hat nicht aufgeklärt und geprüft, ob der Kläger für die strittigen Kosten Anspruch auf Beihilfe oder auf Versicherungsleistungen hatte und ob er alles ihm Zumutbare unternommen hat, um diese Ersatzmöglichkeiten zu realisieren. Es bestand indes Anlaß, dem nachzugehen. Denn wenn es sich bei der vom Kläger absolvierten "Trainingstherapie" wie sinngemäß vom Kläger behauptet und vom FG unterstellt worden ist um eine medizinisch indizierte, ärztlich verordnete, unter ärztlicher Leitung durchgeführte und in ihrem medizinischen Erfolg kontrollierte Heilbehandlung handelte, wäre nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 79 des Bundesbeamtengesetzes, der die Verwaltungsvorschriften in den Ländern im wesentlichen entsprechen, nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum dem Kläger für seine Aufwendungen keine Beihilfe zu gewähren sein sollte; dagegen spricht auch, daß dies namentlich für von einem Arzt schriftlich angeordnete "Krankengymnastik" sowie "Bewegungstherapie" in den vorgenannten Beihilfevorschriften ausdrücklich vorgesehen ist. Ähnliches gilt für den Umfang des privaten Krankenversicherungsschutzes. Nach den Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung MBKK, abgedruckt u. a. bei Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 25. Aufl. 1992, Teil III H) umfaßt dieser im allgemeinen sämtliche Aufwendungen für die medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a, Abs. 2 Satz 1 MBKK), sofern nicht der jeweilige Tarif mit den Tarifbedingungen zu dem das FG Feststellungen nicht getroffen hat die Art der Versicherungsleistungen beschränkt (§ 4 Abs. 1 MBKK).

Das neue tatsächliche Vorbringen der Kläger, Beihilfe sei beantragt, jedoch durch förmlichen Bescheid versagt worden, kann der Senat im Revisionsverfahren nicht berücksichtigen. Er braucht auch nicht abschließend zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Kläger im Falle der Ablehnung seines Antrages dem Erfordernis einer nachdrücklichen Geltendmachung genügt hätte. Eine die Anwendung des § 33 EStG ausschließende anderweitige Ersatzmöglichkeit des Klägers könnte aber allenfalls dann verneint werden, wenn der Kläger was offenbar nicht geschehen ist mit seinem Beihilfeantrag ausreichende Unterlagen vorgelegt hat, die für die Beihilfestelle die medizinische Notwendigkeit der in dem Sportstudio durchgeführten Maßnahmen erkennen ließen und eine Beurteilung der Frage ermöglichten, ob es sich um medizinische Maßnahmen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit in dem hier maßgeblichen Sinne handelte.

4.

Trotz des Aufklärungsmangels, an dem das angefochtene Urteil nach den unter 3. dargelegten Erwägungen leidet, bedarf es indes keiner Zurückverweisung der Sache an das FG. Der Senat kann vielmehr in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Denn die Klage ist ungeachtet der Frage unbegründet, ob dem Kläger ein Beihilfeanspruch und ein Ersatzanspruch gegenüber seiner privaten Krankenversicherung zustand und ob ihm, woran Zweifel nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen sind, die Verfolgung seiner Ansprüche zumutbar war. Denn den Klägern sind jedenfalls keine als zwangsläufige Aufwendungen anzuerkennenden Krankheitskosten entstanden.

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