Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) meldete in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Januar bis August 1995 steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an. Darunter waren, wie der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) bei einer Umsatzsteuersonderprüfung feststellte, Lieferungen von ... an eine "X-GmbH" in A (Österreich). Die Antragstellerin hatte eine ihr genannte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr. ) aufgezeichnet, die nicht für die als Lieferungsempfängerin bezeichnete "X-GmbH", sondern für einen anderen nicht belieferten Unternehmer gleicher Firma in B (Österreich) ausgegeben worden war. Deshalb versagte das FA in den geänderten, mit dem Einspruch angefochtenen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden für Januar bis August 1995 vom 2. Februar 1996 die Steuerbefreiung für die bezeichneten Lieferungen, wodurch sich eine Steuernachforderung einschließlich Säumniszuschlägen von ... DM ergab. Den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA durch Bescheid vom 25. März 1996 ab. Das von der Antragstellerin angerufene Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung durch Beschluß vom 7. Oktober 1996 ab. Auf die in Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht (UVR) 1997, 18 veröffentlichten Gründe wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin begründet ihre (vom FG zugelassene Beschwerde) gegen die Ablehnung der von ihr beantragten Aussetzung der Vollziehung damit, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzungen vorhanden seien. Rechtlich sei zweifelhaft, ob eine USt-IdNr. Voraussetzung für die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung nach § 6a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993 sei. Dagegen spreche, daß eine USt- IdNr. nach herrschender Meinung bis zur Bestandskraft der Jahressteuerfestsetzung nachgemeldet werden könne. Ungeklärt sei auch, ob sich der in § 6a Abs. 4 UStG 1993 beschriebene gute Glaube auch auf die gemeldete USt-IdNr. beziehe. Sie, die Antragstellerin, sei hinsichtlich der Richtigkeit der ihr genannten USt-IdNr. gutgläubig gewesen. Die "X-GmbH" habe die letzte Lieferung nicht mehr bezahlt und sei von einem Tag auf den anderen nicht mehr erreichbar gewesen. Daß die Abholer Y und Z der an die "X-GmbH" gelieferten Waren Organisatoren eines in Österreich aufgedeckten Vorsteuerschwindels seien, habe sie nicht gewußt. Diese von österreichischen Behörden ermittelten, dem FA mitgeteilten Umstände dürften im Streitfall nicht verwertet werden.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide des FA vom 2. Februar 1996 in Höhe von ... DM auszusetzen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
1.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
a)
Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) soll gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1, 3 i. V. m. § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung dieses Bescheids anhand des im Beschwerdeverfahren heranziehbaren aktenkundigen Sachverhalts und des neuen Vorbringens der Beteiligten (vgl. Bundesfinanzhof -- BFH --, Beschluß vom 19. April 1968 IV B 3/66, BFHE 92, 314, BStBl II 1968, 538; List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 69 FGO Rz. 100, m. w. N.) neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (BFH-Beschluß vom 12. November 1992 XI B 69/92, BFHE 170, 106, BStBl II 1993, 263, m. w. N.).
Rechtliche Zweifel bestehen ernstlich i. S. von § 69 Abs. 2 FGO nicht, wenn die Rechtslage eindeutig ist und wenn ihr der angefochtene Verwaltungsakt entspricht. Das FA hat die Umsätze nicht -- wie von der Antragstellerin gesondert angemeldet (§ 18b UStG 1993) -- als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung beurteilt, weil sie die USt-IdNr. des Abnehmers nicht buchmäßig nachgewiesen hat (§ 6a Abs. 3 UStG 1993 i. V. m. § 17c Abs. 1 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -- UStDV 1993 --). Es ist nach den bezeichneten Vorschriften zweifelsfrei zutreffend, für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung den buchmäßigen Nachweis der richtigen USt-IdNr. des wirklichen Abnehmers zu fordern. Unstreitig ist die von der Antragstellerin aufgezeichnete USt-IdNr. für einen Unternehmer ausgegeben, der nicht von der Antragstellerin beliefert worden ist.
Eine innergemeinschaftliche Lieferung ist steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1 UStG 1993), wenn der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993), wenn der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG 1993) und wenn der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung bei dem Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzsteuer unterliegt (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993). Nach § 6a Abs. 1 UStG 1993 ist eine USt-IdNr. des Abnehmers und die Kenntnis dieser USt-IdNr. durch den Lieferer nicht Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Nur über den in § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG 1993 geforderten Nachweis der bezeichneten Voraussetzungen, der nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1993 durch Rechtsverordnung geregelt werden kann, erlangt die USt-IdNr. des Abnehmers Bedeutung für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung muß der Lieferer nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1993 durch Belege (§ 17a UStDV 1993) und Bücher (§ 17c UStDV 1993) nachweisen. Beleg- und Buchnachweis sind -- wie beim Nachweis der Steuerfreiheit von Ausfuhrlieferungen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 118/76, BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415; Abschn. 136 Abs. 1 der Umsatzsteuer- Richtlinien -- UStR -- 1996; Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1980, 162) -- materiell-rechtliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen muß der Unternehmer im Geltungsbereich der UStDV 1993 die Voraussetzungen der Steuerbefreiung "einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen" (§ 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV 1993). Dadurch wird die USt-IdNr. des Abnehmers Teil des Buchnachweises, der materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung ist. Ohne diesen Nachweis ist keine Steuerbefreiung möglich (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. Juni 1987 V R 143/79, UR 1988, 253, für den Buch- und Belegnachweis für Ausfuhrlieferungen). Die nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV 1993 buchmäßig nachzuweisende USt-IdNr. des Abnehmers ist die richtige USt-IdNr. des wirklichen Abnehmers. Nur der buchmäßige Nachweis des wirklichen Abnehmers mit seiner richtigen USt-IdNr. ermöglicht -- zusammen mit der zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG 1993) -- nach der Abschaffung der Steuergrenzen die Kontrolle der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung wird nach Art. 28c Teil A der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) von den Mitgliedstaaten nur unter den Bedingungen von der Umsatzsteuer befreit, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiung (Art. 28c Teil A Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG) sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Mißbrauch festlegen. Dementsprechend kann in § 6a Abs. 3 UStG 1993 und in den §§ 17a, 17c UStDV 1993 zum Nachweis der Voraussetzungen die Aufzeichnung (Art. 22 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG) der dem Abnehmer (Erwerber) erteilten USt-IdNr. (Art. 22 Abs. 1 Buchst. c Gedankenstrich 3 der Richtlinie 77/388/EWG) verlangt werden.
Die zur Erreichung der bezeichneten Ziele notwendige Kontrolle durch Identifikation des Abnehmers wird außer durch die buchmäßige Aufzeichnung der USt-IdNr. durch die in Art. 22 Abs. 6 Buchst. b Unter absatz 3 Gedankenstrich 2 der Richtlinie 77/388/EWG geforderte Angabe der "Umsatzsteuer-Identifikationsnummer jedes Erwerbers, die diesem in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der ihm die Gegenstände geliefert wurden", gewährleistet. So läßt sich nach dem Wegfall der Grenzkontrollen prüfen, ob der steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ein steuerbarer innergemeinschaftlicher Erwerb des Abnehmers (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG 1993) in einem anderen Mitgliedstaat (§ 1 Abs. 1 Nr. 5, § 1a Abs. 1, § 3d Satz 1, 2 UStG 1993) entspricht. Diese Zusammenschau verdeutlicht, daß ohne die buchmäßige Aufzeichnung der richtigen USt-IdNr. des wirklichen Abnehmers der Gesetzesplan nicht erreicht wird, nach dem die innergemeinschaftliche Lieferung im Ursprungsland steuerfrei ist und im Bestimmungsland dem neuen Steuertatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs unterliegt.
Solange die Antragstellerin die richtige USt-IdNr. ihres Abnehmers nicht (nachträglich) buchmäßig aufzeichnet, kann sie nicht beanspruchen, daß die von ihr angemeldeten innergemeinschaftlichen Lieferungen als steuerfrei beurteilt werden.
2.
Die von der Antragstellerin ausgeführten steuerpflichtigen Lieferungen an die "X-GmbH" sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG 1993 als steuerfrei zu behandeln.
Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiungen auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG 1993).
Es braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob sich der gute Glaube auch auf die Richtigkeit der nach § 6a Abs. 3 UStG 1993 i. V. m. § 17c Abs. 1 UStDV 1993 buchmäßig aufzuzeichnenden USt-IdNr. bezieht oder ob -- was nach dem Wortlaut näher liegt -- der gute Glaube nur unrichtige Angaben über die in § 6a Abs. 1 UStG 1993 bezeichneten Voraussetzungen (Unternehmereigenschaft des Abnehmers, Verwendung des Lieferungsgegenstandes für sein Unternehmen, körperliche Warenbewegung in den anderen Mitgliedstaat) betrifft (so die überwiegende Meinung im Schrifttum vgl. Schwarz in Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 6a Rz. 242; Klenk in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, 5. Aufl., § 6a Rz. 28; Birkenfeld, UR 1993, 145, 148, 149).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß die Antragstellerin bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns die Unrichtigkeit der USt-IdNr. hätte erkennen können. Wer sich im Aussetzungsverfahren auf Tatsachen beruft, für die er die objektive Beweislast (Feststellungslast) trägt (wie auf Steuerbefreiungs- oder Vorsteuerabzugstatsachen), muß diese entscheidungserheblichen Tatsachen, deren Nichterweislichkeit zu einer Klageabweisung in der Hauptsache führen würde, im Aussetzungsverfahren glaubhaft machen (vgl. BFH-Beschluß vom 24. Mai 1993 V B 33/93, BFH/NV 1994, 133, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Umsatzsteuergesetz 1980, § 15 Abs. 1, Rechtsspruch 46b). Die Antragstellerin hat in kurzer Zeit Geschäfte von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht (Entgelt von rd. 6 Mio. DM) mit einem Kunden, den sie aus bisherigen Geschäftsbeziehungen nicht kannte, gemacht. Welche Bemühungen sie unternommen hat, um dessen Angaben (auch zur USt-IdNr. ) zu prüfen, hat sie nicht erklärt. Das Bestätigungsverfahren für die Richtigkeit einer USt-IdNr. (vgl. § 18e UStG 1993) hat sie nachweislich erst im Februar des Folgejahres (1996) beansprucht. Dabei hätte sie bei rechtzeitiger Anfrage erfahren, daß die genannte USt-IdNr. für eine "X-GmbH" in A (Österreich) nicht erteilt worden war (weil sie für eine Gesellschaft gleicher Firma in B (Österreich) ausgegeben worden war). Die Antragstellerin hat auch nicht Stellung dazu genommen, daß die ihr genannte Anschrift und Telefonnummer nicht stimmten. Sie hat die bei Abhollieferungen für die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erforderliche Aufklärung (vgl. dazu Ammann, UVR 1992, 337) nicht betrieben. Somit kommt es auf die Verwertbarkeit der dem FA von den Finanzbehörden der österreichischen Steuerverwaltung mitgeteilten Tatsachen (nach Art. 3, 4 Abs. 2, 14 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom 25. August 1955, BGBl II 1955, 833, BStBl I 1955, 433; Art. 5 der Zusammenarbeits- Verordnung -- VO EWG Nr. 218/92 des Rates --) nicht mehr an.
Die von der Antragstellerin herangezogenen Stellungnahmen aus der Finanzverwaltung können die für die Aussetzung der Vollziehung notwendigen ernstlichen Zweifel nicht begründen. In dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. März 1996 (Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1996, 626) wird vorausgesetzt, daß der für die Steuerfreiheit erforderliche Buchnachweis nur mit der richtigen USt- IdNr. geführt werden kann. Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main hält zwar in der Verfügung vom 28. März 1996 (DStR 1996, 670) ohne nähere Begründung eine "entsprechende Anwendung" des § 6a Abs. 4 UStG 1993 für den Fall einer unrichtigen USt-IdNr. für möglich, ohne aber anzugeben, welche Anforderungen sie an die Gutgläubigkeit des Lieferanten stellt.
3.
Tatsachen für eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger, nicht durch öffentliche Interessen gebotener Härte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 FGO) hat die Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht.