Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Juni 1990 gegründet und am 22. August 1990 ins Handelsregister eingetragen wurde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Herstellung und der Vertrieb von Werkzeugen, Sondermaschinen und Zubehör. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist Z. Er war in den Streitjahren 1991 und 1992 von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit. Mit Geschäftsführervertrag vom 3. August 1990 wurden für den Geschäftsführer ein Grundgehalt von monatlich 7000 DM ab 1. September 1990 und weitere zusätzliche Leistungen als Gehaltsbestandteile vereinbart, die unstreitig sind, jedoch die Höhe der Gesamtausstattung des Geschäftsführers beeinflussen. Gemäß § 4 des Geschäftsführervertrages in der geänderten und ab dem 1. September 1990 gültigen Fassung war vereinbart, daß für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit die nach § 3b Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) maximal zulässigen Zuschläge zum Grundlohn gewährt würden (Grundlohn = z. B. (12 à 7000) : (52 à 60) = 26,92 DM). Die Regelarbeitszeit des Geschäftsführers betrug 40 Stunden und war innerhalb der betriebsüblichen "Beschäftigungszeiten" zu erbringen. Unter Berücksichtigung von Mehrarbeit und Überstunden gingen die Vertragsparteien von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 60 Stunden aus. Diese Mehrarbeit war durch die Grundbezüge abgegolten; die Zuschläge gemäß § 3b Abs. 2 EStG waren jedoch zusätzlich vereinbart.
Mit Nachtrag vom 28. Februar 1991 wurde das Grundgehalt des Geschäftsführers auf monatlich 10 000 DM erhöht. Die tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit wurde täglich auf der jeweiligen Zeitwertkarte dokumentiert.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) beanstandete die Vereinbarung gemäß § 4 des Geschäftsführervertrages innerhalb einer Betriebsprüfung. Er versagte die steuerliche Anerkennung der steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und behandelte diese Zahlungen in Höhe von 4371 DM für 1991 und 3266 DM für 1992 als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA).
Während der Einspruch erfolglos blieb, gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt.
Das FA hat gegen das Urteil die vom FG zugelassene Revision eingelegt. Es rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1.
Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körpersteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Februar 1994 I R 78/92, BFHE 173, 412, BStBl. II 1994, 479). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl. III 1967, 626). Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren, im voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459 , BStBl. II 1990, 795).
Zu diesen Tatbestandsvoraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), daß zwischen der Klägerin und Z der Geschäftsführervertrag vom 3. August 1990 bestand, der am 28. Februar 1991 modifiziert wurde. Der Vertrag war auch in seiner modifizierten Fassung ein von vornherein abgeschlossener, klarer, zivilrechtlich wirksamer und tatsächlich durchgeführter. Deshalb ergeben sich aus der Tatsache, daß Z beherrschender Gesellschafter war, keine Anhaltspunkte für die Annahme einer vGA.
2.
Eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG kann aber auch dann anzunehmen sein, wenn eine Kapitalgesellschaft mit ihrem Gesellschafter Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1992 I R 2/92, BFHE 170, 175, BStBl. II 1993, 455; vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl. II 1995, 549; vom 25. Oktober 1995 I R 9/95, BFHE 179, 270). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdvergleich abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis. So ist auch der Streitfall gelagert.
a)
Der Senat hat wiederholt entschieden, daß der Geschäftsführer einer GmbH sich regelmäßig in anderer Weise als ein "normaler" Angestellter mit dem Wohl und Wehe der Kapitalgesellschaft identifiziert (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1991 I R 152/90, BFHE 167, 42 , BStBl. II 1992, 690). Er besitzt für die GmbH eine Allzuständigkeit, wenn er - wie im Streitfall - deren alleiniger Geschäftsführer ist. Daher entscheidet er auch, welche Aufgaben er persönlich wahrnimmt und welche er an Mitarbeiter delegiert. Von ihm wird ein persönlicher Einsatz erwartet, dem in der Regel ein deutlich höheres Gehalt entspricht. Während er das Einhalten der Arbeitszeiten der Arbeitnehmer überprüfen (lassen) kann und muß, gibt es praktisch keine Person, die das Einhalten der Arbeitszeit des Geschäftsführers überprüft. Dies wissen die Gesellschafter bei Bestellung des Geschäftsführers und bei Abschluß des Geschäftsführervertrages. Den Gesellschaftern kommt es deshalb weniger darauf an, daß der Geschäftsführer während einer bestimmten Stundenzahl pro Arbeitstag "im Dienst ist". Wichtiger ist ihnen, daß der Geschäftsführer - wann auch immer - seine Arbeit erledigt, selbst wenn dies die Ableistung sog. Überstunden bedeuten sollte. In diesem Sinne soll der Geschäftsführer regelmäßig seine Arbeitszeit in Grenzen selbst bestimmen. Das Verhältnis zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer wird von dem Vertrauen der Gesellschafter getragen, daß der Geschäftsführer - wann auch immer - seine Arbeit tut. Damit verträgt sich keine Vereinbarung über die Vergütung von Überstunden, selbst wenn Arbeitszeitvereinbarungen der Organstellung des GmbH-Geschäftsführers zivilrechtlich nicht widersprechen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 1987 II ZR 206/87, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1988, 138; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 14. Aufl., 1995, Anh. § 6 Rn. 43). Die GmbH ist regelmäßig nicht in der Lage, die Berechtigung entsprechender Forderungen zu prüfen. Sie müßte den Angaben des Geschäftsführers Glauben schenken, womit ein unkalkulierbares Risiko verbunden wäre. Dieses Risiko wird sie regelmäßig nicht eingehen. Statt dessen wird sie für eine angemessene Gesamtausstattung des Geschäftsführers Sorge tragen, die das zu übernehmende Kostenrisiko kalkulierbar macht. Zu einer angemessenen Gesamtausstattung kann auch eine erfolgsabhängige Tantieme gehören, die dem Geschäftsführer einerseits einen Anreiz zu Mehrarbeit bietet und ihn andererseits am Erfolg seiner Arbeit teilnehmen läßt.
Erst recht verträgt sich eine Überstundenvergütungsvereinbarung nicht mit dem Aufgabenbild eines Geschäftsführers, wenn sie - wie im Streitfall - von vornherein auf Überstunden an Sonn- und Feiertagen sowie während der Nacht beschränkt ist und/oder wenn außerdem eine Gewinntantieme vereinbart ist. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, daß dem Geschäftsführer nur deshalb ein zusätzlicher Vorteil zugewendet werden soll, damit er die Steuerfreiheit nach § 3b EStG in Anspruch nehmen kann. Diese Absicht begründet jedoch die Veranlassung der Vorteilszuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis. Einem Nichtgesellschafter würde die Klägerin keinen zusätzlichen Vorteil zuwenden, nur damit dieser die Steuerfreiheit nach § 3b EStG in Anspruch nehmen kann.
b)
Unerheblich ist, ob die Zahlung von Überstundenvergütungen an GmbH-Geschäftsführer unüblich oder üblich ist (zu dem Streit s. Urteil des Hessischen FG vom 9. Dezember 1992 4 K 1284/92, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1994, 220; Urteile des FG des Saarlandes vom 8. Februar 1994 1 K 135/93, EFG 1994, 676; vom 22. Juni 1994 1 K 162/93, EFG 1994, 939; Urteil des FG Nürnberg vom 18. Juni 1996 I 227/95, EFG 1997, 181; Urteil des FG Köln vom 20. Juni 1995 13 K 1379/93, EFG 1996, 341; Urteil des FG München vom 21. Januar 1992 7 K 4531/89, nicht veröffentlicht; s. a. Urteil des FG Münster vom 22. März 1995 13 K 3836/93, F, G, EFG 1995, 1116; Beschluß des Hessischen FG vom 13. Dezember 1991 4 V 5579/91, EFG 1992, 415; Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19. Oktober 1995 6 K 163/93, EFG 1996, 157; - el - Der Betrieb 1988, 2432; Richter, GmbHR 1988, 447; Roemer, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1994, 750; GmbH-Steuerpraxis 1996, 101; Löhr, Neue Wirtschafts-Briefe 1995, Heft 6 S. 487 - Meinungen Stellungnahmen -). Die Unüblichkeit der Zuwendung des Vermögensvorteils ist weder ein (ungeschriebenes) gesetzliches Tatbestandsmerkmal der vGA noch ein Element der von der Rechtsprechung entwickelten Definition der vGA. Sie ist lediglich ein als Indiz wirkendes Kriterium bei der Prüfung, ob eine Vereinbarung dem Fremdvergleich standhält (vgl. Senatsurteile in BFHE 170, 175, BStBl. II 1993, 455; vom 17. Februar 1993 I R 3/92, BFHE 170, 550, BStBl. II 1993, 457; vom 13. Juli 1994 I R 43/94, BFH/NV 1995, 548). Ihm liegt die Erkenntnis zugrunde, daß ein Vergleich mit dem unter fremden Dritten üblichen Verhalten am ehesten erkennen läßt, ob die zu beurteilende Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. Die Unüblichkeit der Zuwendung bzw. der ihr zugrundeliegenden Vereinbarung läßt jedoch nicht stets den Schluß zu, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sie mit einem Nichtgesellschafter nicht abgeschlossen. Es kann im Einzelfall überzeugende betriebliche Gründe geben, die für die unübliche Vereinbarung sprechen. Sie müssen jedoch von dem Steuerpflichtigen plausibel dargelegt werden.
3.
Die Vorentscheidung entspricht nicht diesen Rechtsgrundsätzen. Sie kann deshalb keinen Bestand haben und war aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Das FA hat zutreffend die Überstundenvergütungen als vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und als andere Ausschüttungen i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG behandelt. Die Klage war deshalb abzuweisen.