Normen
§ 7 ErbStG
§ 12 Abs. 2 ErbStG
Tatbestand:
I.
Frau A hatte ihrer Enkelin, der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), in einer privatschriftlichen Erklärung vom 10. Januar 1984 versprochen, ihr den Erlös aus dem Verkauf eines bestimmten Baugrundstücks "ausschließlich zum Neubau einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle zu schenken". Die Maschinen- bzw. Gerätehalle wurde von der Klägerin, die zusammen mit ihrem Ehemann einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft betreibt, in der Folgezeit auf einem ihr gehörenden Grundstück errichtet. Zur Finanzierung dieses Bauvorhabens hatte sie zuvor ein Darlehen in Höhe von 120 000 DM aufgenommen. Der Kreditvertrag mit der F Bank wurde am ... 1985 geschlossen. Mit notariellem Vertrag vom ... 1987 veräußerte Frau A das in der Erklärung vom 10. Januar 1984 erwähnte Baugrundstück. Der Kaufpreis von 115 000 DM war vom Käufer auf das Darlehenskonto der Klägerin bei der F Bank zu bezahlen. Er ging dort Anfang ... 1987 ein.
Mit der Schenkungsteuererklärung beantragte die Klägerin, den steuerpflichtigen Wert der Schenkung mit dem anteiligen Einheitswert des Gebäudes anzusetzen. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) nicht, weil die Schenkung der Darlehenstilgung gedient habe. Den Wert des Erwerbes bemaß das FA mit 115 000 DM und setzte die Schenkungsteuer nach Steuerklasse II/I auf 4 550 DM fest.
Die Klage, mit der die Klägerin die Auffassung vertreten hatte, daß es sich um eine sog. mittelbare Grundstücksschenkung gehandelt habe, weil ihr die Schenkerin ein Wirtschaftsgebäude für den Weinbaubetrieb habe schenken wollen, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den Schenkungsteuerbescheid vom 25. Januar 1990 und die Einspruchsentscheidung vom 6. November 1990 auf. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 43 veröffentlicht.
Mit der Revision wendet sich das FA gegen die Auffassung des FG, die streitige Zuwendung stelle sich als mittelbare Grundstücksschenkung dar. Es rügt die Verletzung von §§ 7, 12 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Auf die Revision des FA wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.
1. Die Vorentscheidung ist wegen Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 12 Abs. 2 ErbStG 1974 aufzuheben.
a) Das FG geht davon aus, daß auch für den Bereich der Schenkungsteuer der Gegenstand einer freigebigen Zuwendung nach bürgerlichem Recht zu bestimmen sei, wobei der Parteiwille entscheide. Im Streitfall sei der danach maßgebliche Wille der Zuwendenden, so wie er in der privatschriftlichen Erklärung vom 10. Januar 1984 zum Ausdruck komme, eindeutig dahin gegangen, der Klägerin die zum Neubau einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Dies rechtfertige die Folgerung, daß dieses Gebäude Zuwendungsgegenstand sein sollte. Die Klägerin habe nicht um die aus dem geplanten Grundstücksverkauf erlöste Geldsumme, sondern um das mit diesen Mitteln errichtete Gebäude endgültig bereichert werden sollen. Damit stelle sich die streitige Zuwendung als eine mittelbare Grundstücksschenkung dar, deren Gegenstand ein "selbständig abgrenzbarer Grundstücksbestandteil" sei, der mit dem anteiligen Einheitswert zu bewerten sei. Nicht maßgeblich für die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes könne, so führt das FG weiter aus, der sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ergebende Zeitpunkt der Zuwendung sein. Entscheidend sei, daß die Klägerin als Bedachte mit der Errichtung der Maschinenhalle das erhalten habe, was sie nach der privatschriftlichen Schenkungsabrede vom 10. Januar 1984 habe erhalten sollen. Soweit das FA demgegenüber meine, die Schenkung könne erst mit der Tilgung der Darlehensschuld durch den Schenker vollzogen worden sein, weil erst dadurch die endgültige Bereicherung der Klägerin eingetreten sei, und daraus Folgerungen für den Zuwendungsgegenstand ableitet, sei ihm entgegenzuhalten, daß der Schenkungsgegenstand nicht mit dem Vermögensgegenstand identisch sein müsse, dessen Hingabe auf der Seite des Schenkenden zu einer Vermögensminderung und auf der Seite des Beschenkten zu einer Vermögensmehrung führt.
Dieser rechtlichen Beurteilung des FG kann nicht gefolgt werden. Bei zutreffender Auslegung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 i. V. m. § 516 Abs. 1 BGB, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1974 richtet sich der Gegenstand der Schenkung zwar grundsätzlich danach, was nach der Schenkungsabrede geschenkt sein sollte; entscheidend ist aber, und dies hat das FG nicht beachtet, die tatsächliche Bereicherung, die sich danach richtet, was der Bedachte - endgültig - erhält.
Zu Unrecht stützt das FG seine Auffassung auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats. Insbesondere in dem vom FG zitierten Urteil vom 26. September 1990 II R 50/88 (BFHE 162, 139, BStBl II 1991, 32) hat der Senat, seine Rechtsprechung zusammenfassend, ausgeführt, daß es zwar richtig sei, daß das Zuwendungsobjekt der Schenkung nach bürgerlichem Recht zu bestimmen und deshalb auf den Parteiwillen (im Fall der freigebigen Zuwendung auf den Willen des Zuwendenden) zurückzugreifen sei. Hätten die Parteien diesen Willen jedoch nicht vollzogen, so könne er für die Erhebung der Schenkungsteuer auch nicht erheblich sein (s. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. März 1985 II R 114/82, BFHE 143, 287, BStBl II 1985, 380; vgl. auch bereits BFH-Urteil vom 30. Januar 1968 II 49/64, BFHE 91, 431, BStBl II 1968, 371). Für die Bestimmung des Schenkungsgegenstandes ist danach nicht das Versprechen der Zuwendung, sondern die Zuwendung selbst entscheidend, denn erst mit dem Eintritt der Vermögensmehrung beim Bedachten ist die Schenkung ausgeführt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974). Auch insoweit interpretiert das FG die Rechtsprechung des erkennenden Senats falsch, aus der sich nur ergibt, daß die Vermögensmehrung des Bedachten in anderer Gestalt erscheinen kann als die Vermögensminderung des Schenkers (BFH-Urteil vom 6. März 1985 II R 19/84, BFHE 143, 291, BStBl II 85, 382), nicht aber, daß es für die Besteuerung nicht darauf ankomme, in welcher Form die Vermögensmehrung auf seiten des Bedachten tatsächlich erfolgt. Vielmehr ist gerade dies entscheidend, weil sich die Besteuerung nach der Bereicherung des Bedachten und damit nach dem Gegenstand richtet, durch den die Bereicherung - der steuerpflichtige Erwerb (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974) - sich im Vermögen des Bedachten niederschlägt (vgl. § 12 ErbStG 1974). Maßgebend ist, wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1974) beim Bedachten darstellt (BFH-Beschluß vom 23. Januar 1991 II B 46/90, BFHE 163, 233, BStBl II 1991, 310 m. w. N.).
b) Nach den Ausführungen unter a) durfte das FG nicht einen - unter dem Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974 liegenden - auf die Maschinenhalle entfallenden Anteil am Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes der Klägerin ansetzen (§ 12 Abs. 2 ErbStG 1974); die Maschinenhalle war nicht Gegenstand der Schenkung. Die Schenkerin hat zwar die Errichtung der Maschinenhalle letztlich finanziert, daraus folgt jedoch nicht, daß sie der Klägerin i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 die Maschinenhalle geschenkt hat. In dem für die Bestimmung des Schenkungsgegenstandes maßgebenden Zeitpunkt der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1974) hat sich die Vermögensverschiebung im Vermögen der Klägerin nicht durch einen Erwerb in Gestalt des Wirtschaftsgebäudes ausgewirkt, das in dem Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Klägerin einzubeziehen wäre, sondern, infolge der Uberweisung des Geldbetrages auf das Darlehenskonto der Klägerin, in Gestalt der Tilgung der Darlehensschuld durch eine Minderung ihrer Verbindlichkeiten.
2. Die Sache ist spruchreif; die Klage ist abzuweisen. Zutreffend hat das FA den Nennwert der infolge der Zuwendung getilgten Darlehensschuld (§ 12 Abs. 1 ErbStG 1974, § 12 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes) der Besteuerung zugrunde gelegt und die Steuer nach Steuerklasse II festgesetzt.