Tatbestand:
I.
Streitig ist die Steuerpflicht von Einkünften aus einer Tätigkeit für eine kanadische Kapitalgesellschaft.
1. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) ansässige Eheleute. Im Jahre 1973 veranlaßte der Kläger die Gründung der X-Ltd., einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht der Provinz Alberta (Kanada). Er war dazu nach seinen Angaben von den Aktionären der luxemburgischen Holding Y-S.A. beauftragt worden. Die Y-S.A. ist seit Gründung der X-Ltd. deren alleinige Gesellschafterin. Die Aktien der Y-S.A. werden von Angehörigen der Familie Z gehalten.
Zum 1. September 1973 übernahm der Kläger die Funktion des "president" der X-Ltd. Zu weiteren "directors" wurden die Anwälte A und B in C, Kanada, bestellt. Nach kanadischem Recht gibt es keine dem deutschen Aktienrecht vergleichbare Zweiteilung in Vorstand und Aufsichtsrat. Der "board of directors" nimmt sowohl Aufsichts- als auch Geschäftsführungsfunktion wahr.
Die X-Ltd. wurde mit dem Ziel gegründet, in C (Kanada) einen Hochhausblock zu errichten. Sie erwarb im Herbst 1979 im Zentrum der Stadt ein 1,81 ha großes Grundstücksareal. Für seine Tätigkeit als "president" erhielt der Kläger monatliche Vergütungen, die im Jahre 1973 mit 150 kanadischen Dollars (c$) begannen und ab April 1978 3 000 c$ betrugen. Die Vergütungen wurden als directors fees bzw. management fees bezeichnet. Mit Schreiben vom 21. Mai 1980 ermächtigten die drei Aktionäre der Y-S.A. den Kläger, "als president der X-Ltd." das Bauvorhaben im Rahmen eines Partnerschaftsvertrages mit der Erdöl- und Erdgasgesellschaft P zu verwirklichen. Er sollte alle notwendigen Verträge schließen, die Ausführung sämtlicher Arbeiten am Platz überwachen und die Vermietung des Gesamtkomplexes besorgen. Zur Anpassung seiner Vergütungen an die gestiegene Verantwortung billigten die Aktionäre der Y-S.A. dem Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 1980 eine zusätzliche Vergütung von 3,12 Mio. c$ sowie den ErSatz aller persönlichen Aufwendungen zu. Die Gesamtvergütung entnahm der Kläger in den folgenden jahren entsprechend der Liquiditätslage dem Vermögen der X-Ltd. Das Bauvorhaben wurde im Jahre 1984 fertiggestellt. Im Oktober 1984 schied der Kläger als president der X-Ltd. aus.
Die Gesamteinkünfte des Klägers aus der Tätigkeit in Kanada beliefen sich in den Streitjahren 1983 bis 1986 auf 536 000 c$ (1983), 527 000 c$ (1984), 600 779 c$ (1985) und 465 031 c$ (1986, davon 265 031 c$ Zinsen). Die Besteuerung dieser Einkünfte in Kanada erfolgte zunächst entsprechend den Angaben der kanadischen Steuerberatungsgesellschaft, wonach der Kläger nur 20 v. H. der für die X-Ltd. aufgewendeten Zeit in Kanada verbracht hatte. Dementsprechend wurden 20 v. H. der Gesamteinkünfte in Kanada der "withholding-tax" unterworfen. Die X-Ltd. als Arbeitgeber war verpflichtet, die Steuer an Revenue Canada abzuführen. Dieser Behandlung entsprechend unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Einkünfte 1983 und 1984 zu 80 v. H. der deutschen Besteuerung und wandte auf den Rest von 20 v. H. den Progressionsvorbehalt an. Die Steuerbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In den Einkommensteuerbescheiden 1985 und 1986 unterwarf das FA die gesamten Bezüge der deutschen Steuer und rechnete die in Kanada entrichteten Abzugsteuern auf die deutsche Steuer an.
Die Kläger legten gegen die Einkommensteuerbescheide 1985 und 1986 fristgerecht Einspruch ein. Sie beantragten außerdem am 6. November 1987, die Einkommensteuerbescheide 1983 und 1984 in der Weise zu ändern, daß die Bezüge des Klägers als president der X-Ltd. von der deutschen Besteuerung ausgenommen wurden. Sie begründeten den Antrag und die Einsprüche damit, daß das Besteuerungsrecht für die Einkünfte ausschließlich Kanada zustehe. Gegen die Ablehnung dieser Änderungsanträge legten die Kläger ebenfalls Einspruch ein.
Im Oktober 1988 richtete das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Auskunftsersuchen an die kanadischen Steuerbehörden (Revenue Canada). Unter dem Datum vom 20. Dezember 1989 antwortete Revenue Canada, daß schätzungsweise 20 v. H. der an den Kläger gezahlten Vergütungen für Tätigkeiten innerhalb Kanadas gezahlt worden seien.
Am 15. Oktober 1990 ergingen die Einspruchsentscheidungen über die Einkommensteuern 1983 bis 1986. Darin vertrat das FA unter Berufung auf die Antwort des Revenue Canada die Auffassung, daß von den als "special compensation and management fees" bezeichneten Zahlungen jeweils 80 v. H. der deutschen Besteuerung unterlägen und 20 v. H. unter Anwendung des Progressionsvorbehalts steuerfrei seien. Die in den kanadischen Bezügen der Jahre 1985 und 1986 enthaltenen Zinszahlungen unterlägen voll der deutschen Besteuerung. Dementsprechend erließ auch die kanadische Steuerverwaltung Steuerbescheide, in denen jeweils 20 v. H. der streitigen Bezüge der kanadischen Besteuerung unterworfen wurden.
Am 4. Dezember 1991 erließ die kanadische Steuerverwaltung geänderte Steuerbescheide, in denen die streitigen Bezüge des Klägers in vollem Umfang der kanadischen Besteuerung unterworfen wurden. In einem an das BMF gerichteten Schreiben vom 23. Dezember 1991 begründete die kanadische Steuerverwaltung ihre geänderte Auffassung mit neuen Erkenntnissen. Aufgrund der Darstellung des Klägers sei davon auszugehen, daß die mit den streitigen Bezügen honorierten Tätigkeiten in vollem Umfang in Kanada erbracht worden seien. Die Bezüge unterlägen deshalb in voller Höhe der kanadischen Besteuerung. Um den Klägern teilweise Entlastung von der nunmehr eingetretenen Doppelbesteuerung zu verschaffen, erließ das FA für alle Streitjahre geänderte, vorläufige Einkommensteuerbescheide, in denen die Tätigkeitsvergütungen nur noch zu 50 v. H. der deutschen Besteuerung unterworfen wurden. Für die Aufteilung war nach Angaben des FA maßgebend, daß der Kläger seinen Auskunftspflichten über den Umfang der Tätigkeit in Kanada nicht ausreichend nachgekommen sei.
2. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Kläger gegen die Einkommensteuerbescheide 1983 bis 1986 mit der Begründung statt, der Bundesrepublik stehe nur das Besteuerungsrecht für die Zinsen zu. Für die übrigen Einkünfte sei die Bundesrepublik nicht steuerberechtigt, weil der Kläger seine Tätigkeit in Kanada ausgeübt habe und Kanada das Besteuerungsrecht in Anspruch genommen habe.
3. Das FA rügt mit seiner Revision Verstöße gegen die Aufklärungspflicht, gegen den Akteninhalt und Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 des deutschkanadischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Kanada) können Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Staat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, im Tätigkeitsstaat besteuert werden. Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in der Bundesrepublik ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats einer in Kanada ansässigen Gesellschaft bezieht, können gemäß Art. 16 DBA-Kanada in Kanada besteuert werden.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA-Kanada stellt die Bundesrepublik die aus Quellen innerhalb Kanadas stammenden Einkünfte einer in der Bundesrepublik ansässigen Person grundsätzlich von der deutschen Besteuerung frei, wenn die Einkünfte nach dem Abkommen in Kanada besteuert werden können. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt u. a. für Einkünfte i. S. des Art. 16 DBA-Kanada, für die die Bundesrepublik ihr Besteuerungsrecht aufrechterhält und die kanadischen Steuern anrechnet (Art. 23 Abs. 2 Buchst. b iv DBA-Kanada).
2. Das FG hat ohne Rechtsirrtum Art. 16 DBA-Kanada im Streitfall nicht angewandt.
Zwar könnte aus der englischen Fassung der Vorschrift "directors' fees ... in this capacity as a member of the board of directors" abgeleitet werden, daß die gesamten Bezüge der Mitglieder des board of directors unter Art. 16 DBA-Kanada zu subsumieren seien. Sowohl die deutsche Fassung ("Aufsichts- und Verwaltungsratsvergütungen") als insbesondere auch der französische Text ("tantiSmes, jetons de pr'sence et autres r'tributions similaires") bestätigen jedoch die auch im Schrifttum vertretene Auffassung, daß nur die für eine Kontrolltätigkeit gezahlten Vergütungen der Sondervorschrift des Art. 16 DBA-Kanada unterliegen (vgl. Korn/Debatin, Doppelbesteuerungsabkommen, Art. 16 DBA-Kanada Anm. 2 c, bb; vgl. auch zu dem im wesentlichen gleichlautenden Art. 16 DBA-Schweiz: Locher/Meier/von Siebenthal, DBA-Schweiz-Deutschland, B 16 Nr. 1; Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 16 Rz. 18; ähnlich auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31. Januar 1978 VIII R 159/73, BFHE 124, 345, BStBl II 1978, 352).
3. Das FG hat die streitigen Bezüge zutreffend als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit qualifiziert.
Nach den Feststellungen des FG stellten die dem Kläger in den beiden Schreiben vom 21. Mai 1980 zugesagten Beträge von 3,12 Mio c$ die Vergütung für dessen Tätigkeit "als president" der X-Ltd. dar. Diese Feststellung entspricht dem Inhalt der beiden Schreiben und ist revisionsrechtlich für den Senat bindend. Auch die Ausführungen des FG zur Art der Tätigkeit des president einer kanadischen Kapitalgesellschaft sind für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Das FG hat aus diesen Feststellungen ohne Rechtsirrtum gefolgert, daß die Tätigkeit als unselbständige Arbeit i. S. des Art. 15 Abs. 1 DBA-Kanada zu beurteilen ist. Da der Begriff der unselbständigen Tätigkeit im DBA-Kanada nicht definiert ist, ist der Begriff nach dem Recht des jeweiligen Anwenderstaats auszulegen (Art. 3 Abs. 2 DBA-Kanada). Nach deutschem Steuerrecht ist die vergleichbare Tätigkeit des Vorstands einer Aktiengesellschaft eine nichtselbständige Tätigkeit, auch wenn er kein Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne ist (BFH-Urteil vom 26. Juni 1970 VI R 193/67, BFHE 100, 25, BStBl II 1970, 824).
4. Die tatsächlichen Feststellungen des FG zum Tatbestand des Art. 15 Abs. 1 DBA-Kanada tragen jedoch die angefochtene Entscheidung nicht. Die Feststellungen sind wegen Rechtsfehlern nur teilweise bindend für das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 2 FGO).
Das FG stellt auf Seite 28 des angefochtenen Urteils fest, der Kläger habe seine Tätigkeit als president der X-Ltd. jedenfalls in der Zeit ab 1980 ausschließlich in Kanada ausgeübt. Diese Feststellung ist mit den tatsächlichen Feststellungen auf Seite 30 des Urteils nicht vereinbar, wonach zur Überzeugung des Gerichts nur der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers als president der X-Ltd. in den Jahren ab 1980 in Kanad a gelegen habe. Diese sachlich auf eine "Schwerpunkttätigkeit" beschränkte Feststellung schränkt das Gericht im übrigen noch zeitlich auf den Zeitraum "spätestens ... seit Baubeginn im April 1981" ein (Seite 30 des Urteils). Die Feststellung einer ab 1980 ausschließlich in Kanada ausgeübten Tätigkeit als president der X-Ltd. ist denkgesetzlich nicht mit der Feststellung einer nur schwerpunktmäßig ab April 1981 in Kanada ausgeübten Tätigkeit vereinbar.
Wenn beim Gericht Zweifel an seiner eigenen Feststellung blieben, der Kläger habe seine gesamte Tätigkeit als president der X-Ltd. in Kanada ausgeübt, konnte es seine Entscheidung nicht auf Art. 15 Abs. 1 DBA-Kanada stützen.
5. Auf die Feststellungen zum tatsächlichen Tätigkeitsort des Klägers kommt es an, da der Streitfall nicht entsprechend dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 15. November 1971 GrS 1/71 (BFHE 103, 433, BStBl II 1972, 68) entschieden werden kann.
Im Beschluß in BFHE 103, 433, BStBl II 1972, 68 hat der BFH zu Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1931/1959 entschieden, daß die Tätigkeit des Geschäftsführers einer GmbH mit Sitz im Inland stets am Sitz der Gesellschaft ausgeübt werde, wenn der Geschäftsführer seinen Wohnsitz in der Schweiz habe. Die Art der Tätigkeit bestehe in der Erteilung von Weisungen. Diese Weisungen würden erst mit dem Zugang beim Weisungsempfänger wirksam. Der Weisungsempfänger halte sich aber regelmäßig am Ort des Sitzes auf, so daß die Leitungstätigkeit erst am Ort des Sitzes wirksam werde. Da Beschlüsse des Geschäftsführers ohne die Erteilung der Weisung praktisch wertlos seien, sei davon auszugehen, daß die nur einheitlich zu beurteilende Tätigkeit am Ort des Sitzes der Gesellschaft persönlich ausgeübt werde.
Die Entscheidung ist im Streitfall nicht anwendbar. Sie ist zum einen zu Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1931/1959 ergangen und insoweit durch einen Akt des Gesetzgebers überholt. Im DBA-Schweiz 1971 ist das Besteuerungsrecht für die Einkünfte der Organe einer Kapitalgesellschaft ausdrücklich dem Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft zugewiesen (Art. 15 Abs. 5 DBA-Schweiz 1971/1989; jetzt: Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992). Diese Sonderregelung ist jedoch nur im DBA-Schweiz getroffen worden. Die übrigen seit 1972 geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen enthalten keine vergleichbare Regelung. Sie stellen - ebenso wie das DBA-Kanada - für jegliche Art nichtselbständiger Tätigkeit ausschließlich auf den Tätigkeitsort ab. Daraus muß gefolgert werden, daß der Gesetzgeber der im DBA-Schweiz verankerten und auf dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 103, 433, BStBl II 1972, 68 beruhenden Sonderregelung nur im Verhältnis zur Schweiz Geltung verschaffen wollte. Auch die kanadische Steuerverwaltung legt nach ihrem Schreiben an das BMF vom 23. Dezember 1991 Art. 15 Abs. 1 DBA-Kanada nicht im Sinne des Beschlusses des Großen Senats in BFHE 103, 433, BStBl II 1972, 68 aus, sondern stellt ausschließlich auf den Tätigkeitsort ab.
Das FG wird auf der Grundlage dieser Überlegungen ergänzende Feststellungen über den Tätigkeitsort und das Verhältnis der Tätigkeiten in Kanada zu den Tätigkeiten im Ansässigkeitsstaat treffen müssen.
6. Zur weiteren Behandlung der Streitsache weist der BFH ohne Bindungswirkung auf folgendes hin:
a) Es ist nicht auszuschließen, daß dem erneuten Bemühen des FG, tatsächliche Feststellungen über den Tätigkeitsort des Klägers zu treffen, der Erfolg versagt bleibt. Zwar ist denkbar, daß sich aus einer Vernehmung von Mitgliedern der Familie Z oder aus den Handakten des Klägers noch zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten erschließen lassen. Es erscheint auch denkbar, daß aus den Abrechnungen des Klägers über den ihm zustehenden AufwendungserSatz (vgl. Zusatzvereinbarung vom 21. Mai 1980) Erkenntnisse über Reisen nach Kanada und die dortigen Aufenthaltszeiten zu gewinnen sind. Das ist jedoch nicht mit Sicherheit vorherzusagen. Insoweit kann bedeutsam werden, daß die Kläger eine Beweismittelbeschaffungslast gemäß § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) trifft (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462).
b) Sollte sich das Verhältnis der auf beide Vertragsstaaten entfallenden Tätigkeiten nicht klar ermitteln lassen, bleibt die Möglichkeit einer Schätzung. Es scheint im Streitfall nicht ausgeschlossen, den Anteil der in Kanada erbrachten Leistungen des Klägers im Schätzungswege zutreffender zu ermitteln als das bisher geschehen ist.
c) Sollte jedoch auch die für eine Schätzung erforderliche Klarheit nicht zu erzielen sein, stellt sich die Frage, wen die Feststellungslast trifft. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung trifft die Feststellungslast grundsätzlich denjenigen, der sich auf steuerbefreiende Tatsachen beruft (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Oktober 1987 V B 61/87, BFHE 151, 251, BStBl II 1988, 45; BFH-Urteil vom 20. Januar 1978 VI R 193/74, BFHE 124, 508, BStBl II 1978, 338). Den Steuerpflichtigen trifft die Feststellungslast insbesondere dann, wenn die aufzuklärenden Tatsachen allein in seiner Verantwortungssphäre liegen (BFH-Urteil vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, BFHE 138, 527, BStBl II 1983, 760, und BFH-Beschluß vom 9. Juli 1986 I B 36/86, BFHE 149, 375, BStBl II 1987, 487).
Im Streitfall beruft sich der Kläger auf die Steuerbefreiung der von ihm unstreitig erzielten Einkünfte nach dem DBA-Kanada. Daraus ergibt sich die grundsätzliche Feststellungslast für die Tatbestandsmerkmale des Art. 15 Abs. 1 DBA-Kanada. Zwar kann den Steuerpflichtigen keine Feststellungslast für ein Nichttätigwerden in der Bundesrepublik treffen. Ungeschehenes ist nicht beweisbar (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1989 VIII R 75/85, BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534). Der Kläger hätte jedoch die Beweismittel beschaffen oder vorhalten können, aus denen sich Umfang und Inhalt seiner Tätigkeit in Kanada ergaben. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die kanadischen Vertreter der X-Ltd. in kurzem zeitlichen Abstand zur Tätigkeit des Klägers zumindest eine Aufteilung seiner Tätigkeit im Verhältnis 20 (Kanada) zu 80 (Bundesrepublik) für sachgerecht hielten und der Kläger als Organ der X-Ltd. diesen Steueranmeldungen nicht widersprach. Unter diesen Umständen dürfte die Feststellungslast bei Nichterweislichkeit einer ausschließlichen Tätigkeit in Kanada oder bei Unmöglichkeit einer schätzungsweisen Aufteilung den Kläger treffen.