BFH

BFHVI R 82/8926.7.1991

Amtlicher Leitsatz:

1. Der in Teil I B V 2a der amtlichen "AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter" angegebene AfA-Satz für PKW- und Kombiwagen von 25 % der Anschaffungskosten entsprechend einer vierjährigen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs ist von den Steuergerichten für das Streitjahr 1985 nicht zu beachten, da er im Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt.

2. Der Senat hat keine Bedenken, wenn die Finanzgerichte in Anlehnung an Abschnitt 38 I 5 LStR 1990 auch für Kalenderjahre vor 1990 grundsätzlich von einer AfA für PKW von 12,5 % der Anschaffungskosten entsprechend einer achtjährigen Nutzungsdauer des Fahrzeugs ausgehen.

3. Macht ein Steuerpflichtiger eine niedrigere Nutzungsdauer als 8 Jahre geltend, so hat er dies entsprechend seinem Kfz-Typ und seiner durchschnittlichen Jahresfahrleistung nachzuweisen.

Normen

§ 7 EStG
§ 9 Abs. 1 EStG

 

Tatbestand:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führt als Steuerbeamter Dienstreisen mit dem eigenen PKW durch, deren Aufwendungen er in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten absetzt. Bei der Ermittlung der Absetzungen für Abnutzung (AfA) der von ihm genutzten Kfz hat er die voraussichtliche Nutzungsdauer jeweils mit vier Jahren angesetzt.

Im Streitjahr 1985 fuhr der Kläger in den Monaten Januar bis September einen VW Santana (Anschaffungskosten 18 939 DM). Am 2. Oktober 1985 erwarb er für 21 326 DM einen PKW VW Passat, den er in der restlichen Zeit des Jahres einsetzte. Von der im Streitjahr 1985 insgesamt zurückgelegten Fahrtstrecke von 20 242 km entfielen 8 999 km auf Dienstreisen. Die Kfz-Kosten hierfür berechnete der Kläger mit einem Kilometerbetrag von 0, 596 DM. Dem lag eine anteilige AfA von jeweils 25 v. H. der Anschaffungskosten des VW Santana für die Monate Januar bis September und für den im Oktober 1985 angeschafften VW Passat für ein halbes Jahr zugrunde.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) wich bei der Einkommensteuerveranlagung 1985 insoweit von der Berechnung des Klägers ab, als er die Nutzungsdauer des vom Kläger in 1983 neu erworbenen und in 1985 verkauften VW Santana mit fünf Jahren und die des 1985 erworbenen PKW VW Passat mit sieben Jahren ansetzte. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte u. a. aus:

Das FA sei zu Recht bei Bemessung der AfA von einer Nutzungsdauer des PKW VW Santana mit fünf Jahren und von der des PKW VW Passat mit sieben Jahren ausgegangen. Unter Zugrundelegung der vom Kläger mitgeteilten durchschnittlichen Jahreskilometerleistung von ca. 20 000 km sei den von ihm gefahrenen PKW nicht von vornherein eine geringere Lebensdauer als sieben Jahre oder eine Gesamtlaufleistung von weniger als 140 000 km zuzumessen. Es sei eher eine längere Nutzungsdauer anzunehmen. Das werde vom Kläger nicht bestritten.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 7. Februar 1975 VI R 133/72 (BFHE 115, 313, BStBl II 1975, 478), das eine AfA von 25 v. H. bei einem teilweise beruflich genutzten PKW angesetzt habe, sei auf den Streitfall nicht anwendbar, weil sich die technische Nutzungsdauer der Fahrzeuge seit Erlaß des Urteils wesentlich verlängert habe. Im übrigen wäre eine Anwendung der in den amtlichen AfA-Tabellen enthaltenen Abschreibungssätze auf den Streitfall nicht gerechtfertigt, da der Ansatz einer solchen, nicht nach PKW-Typen gestaffelten Regelnutzungsdauer zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde.

Der Kläger rügt mit der Revision sinngemäß die unzutreffende Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er bringt u. a. vor:

Für die Berechnung der AfA stehe der Finanzverwaltung für den betrieblichen Bereich die auf Erfahrungswerten beruhende amtliche AfA-Tabelle zur Verfügung. Danach sei bei einem PKW von einer vierjährigen Nutzungsdauer auszugehen (Betriebsprüfungs-Kartei der Oberfinanzdirektionen - OFD - Köln, Düsseldorf und Münster, Teil I Konto: AfA, AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter, Abschn. B V Nr. 2 a). Die AfA-Tabellen stellten Verwaltungsanweisungen dar, von denen nach ständiger Rechtsprechung nur dann abgewichen werden könne, wenn sie zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führten. Unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes sei eine vierjährige Regelnutzungsdauer auch für Fahrzeuge anzusetzen, die - wie bei ihm - zum Privatvermögen eines Steuerpflichtigen gehörten.

Das Forschungsinstitut Roland Berger, München, habe im Auftrag des Bundesministers für Verkehr im Zeitraum Herbst 1987 bis Herbst 1988 eine Erhebung über die jährlichen Fahrleistungen aller PKW durchgeführt. Danach betrage die durchschnittliche Laufleistung privat genutzter PKW 13 500 km, die betrieblich genutzter PKW 19 100 km pro Jahr. Da diese Werte mit geringfügigen Abweichungen auch auf das Streitjahr 1985 übertragbar seien, gehörten seine, des Klägers, Fahrzeuge mit einer jährlichen Laufleistung von ca. 20 000 km zu den Fahrzeugen, die typischerweise von den AfA-Tabellen erfaßt würden.

Der Umstand, daß im Gegensatz zu den zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrzeugen ein Veräußerungsgewinn bei Privatfahrzeugen nicht steuerpflichtig sei, dürfe nicht dazu führen, bei Privatfahrzeugen von vornherein eine längere Nutzungsdauer anzunehmen.

Der Kläger beantragt, die AfA für die Fahrzeuge nach einer vierjährigen Nutzungsdauer so zu bemessen, daß die vom Arbeitgeber nicht erstatteten Fahrtkosten in Höhe von 1 584 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der Vorsitzende des Senats hat den Bundesminister der Finanzen (BMF) mit Schreiben vom 22. Oktober 1990 vergeblich zum Beitritt zum Verfahren aufgefordert.

Entscheidungsgründe

I.

Führt ein Arbeitnehmer Dienstreisen mit seinem PKW durch, so kann er die ihm hierdurch anteilig entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit absetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, Abschn. 25 Abs. 6 Nr. 1 der Lohnsteuer-Richtlinien 1984 - LStR -). Er muß insoweit sämtliche Aufwendungen für das Kfz nachweisen; die Kosten sind dann mit dem Teilbetrag als Werbungskosten abziehbar, der dem Anteil der dienstlich veranlaßten Fahrten an der Gesamtfahrleistung des PKW entspricht (Abschn. 25 Abs. 8 Satz 1 LStR).

Zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gehört auch die für Dienstfahrten anteilig anzusetzende AfA für das Kfz. Es handelt sich insoweit um Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 EStG 1982.

Nach dem Urteil des Senats in BFHE 115, 313, BStBl II 1975, 478 ist bei einem zum Privatvermögen eines Arbeitnehmers gehörenden PKW, der auch beruflich verwendet wird, der als Werbungskosten absetzbare Teil der AfA unter Zugrundelegung der Anschaffungskosten nach der technischen und wirtschaftlichen Lebensdauer des PKW zu bemessen. Dabei ist in der Regel von einer vierjährigen Nutzungsdauer auszugehen. Der Senat hat sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß die Finanzverwaltung bei zum Betriebsvermögen gehörenden Kfz gemäß der Betriebsprüfungskartei der OFD Köln, Düsseldorf und Münster, Teil I Konto: AfA (AfA-Tabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter), Abschn. B Nr. V 2 a in der Regel eine Nutzungsdauer von vier Jahren mit einem Abschreibungssatz von 25 v. H. annimmt. Der Senat führte hierzu aus, dieser Regelsatz würde in der Praxis im allgemeinen auch angewandt, wenn ein Arbeitnehmer sein zum Privatvermögen gehörendes Kfz für berufliche Zwecke verwendet. Dem sei für das Streitjahr 1968 zuzustimmen; denn es sei nicht einzusehen, warum die Nutzungsdauer betrieblicher und privater PKW grundsätzlich voneinander abweichen solle.

Diesem Urteil sind Verwaltung, Literatur und Rechtsprechung teilweise gefolgt (vgl. insbesondere Gruppenbesprechung OFD Köln vom Februar 1986 S 2351 - 23 u. S 2353 - 123, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Einkommensteuergesetz, § 9 Nr. 410; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 RdNr. I 58 f.; Anmerkung zum BFH-Urteil vom 31. Januar 1985 VI R 28/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1986, 291; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 9 EStG Anm. 614; FG München, Urteil vom 13. Februar 1974 V 78/74 E, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1975, 251; FG Düsseldorf, Beschluß vom 10. Februar 1987 V 280/86 A (E), EFG 1987, 402; Niedersächsisches FG, Urteil vom 8. Juni 1990 XIII 120/89, EFG 1991, 196); teilweise wird die Entscheidung in Literatur und Rechtsprechung abgelehnt (vgl. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 7 Anm. 5 b am Schluß mit dem Hinweis auf Kübler, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1988, 377, wonach die Zugrundelegung einer vierjährigen Nutzungsdauer für Kfz in der Regel zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führt, was wegen der hohen Wiederverkaufspreise mancher Fabrikate im Hinblick auf die Nichtsteuerbarkeit der Verkaufserlöse nicht hingenommen werden könne; im gleichen Sinne FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. März 1986 5 K 270/85, EFG 1986, 491; FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 11. Juli 1990 XII K 374/88, EFG 1991, 79).

Andere sind der Ansicht, daß die AfA für Privat-Kfz in gleicher Weise wie für betriebliche Kfz grundsätzlich auf der Grundlage einer vierjährigen Nutzungsdauer zu bemessen sei, wobei hiervon jedoch bei krassen Widersprüchen zu den Gegebenheiten des Einzelfalls abzuweichen sei (vgl. Werndl in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 7 RdNr. B 196, Stichwort: "Kraftfahrzeuge"; Meincke in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 7 RdNr. 119; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: "Kraftfahrzeugbenutzung", Abschn. II 2, S. 708/1). Von gleichen Grundsätzen gehen auch das Hessische FG im Urteil vom 22. April 1983 VIII 235/80 (EFG 1984, 22) und das Niedersächsische FG im Urteil vom 1. September 1988 VI 449/87 (EFG 1989, 352) aus.

II.

Der Senat hält wegen der technischen Entwicklung bei Kfz für das Streitjahr 1985 nicht mehr an seiner im Urteil in BFHE 115, 313, BStBl II 1975, 478 für das Jahr 1968 geäußerten Ansicht fest, bei Bemessung der AfA sei bei betrieblich genutzten PKW ebenso wie bei auf Dienstreisen eingesetzten privaten PKW in der Regel von einer Nutzungsdauer von vier Jahren auszugehen. Er läßt sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

1. Nach § 7 Abs. 1 und 2 EStG ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt (AfA in gleichen Jahresbeträgen). Diese Absetzung bemißt sich nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts.

Diese für die Gewinneinkünfte des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG maßgebende Vorschrift ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG auch bei den Überschußeinkünften i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 EStG und somit auch für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend anwendbar. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es beim Einsatz von Wirtschaftsgütern zur Erzielung von Überschußeinkünften oft zu einem Wechsel mit der Nutzung im privaten Bereich kommen kann. Gemäß den BFH-Urteilen vom 14. Februar 1989 IX R 109/84 (BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922) und vom 15. Dezember 1989 VI R 44/86 (BFHE 160, 145, BStBl II 1990, 692, und der dort erwähnten Literatur und Rechtsprechung) ist daher bei der Bemessung der AfA auf die Nutzungsdauer des Gesamtzeitraums abzustellen, in dem das Wirtschaftsgut - hier der PKW - erfahrungsgemäß teils beruflich und teils privat vom Steuerpflichtigen verwendet oder genutzt zu werden pflegt.

2. Diese Gesamtnutzungsdauer wird ebenso wie die "betriebsgewöhnliche" Nutzungsdauer nicht dadurch verkürzt, daß Wirtschaftsgüter vor Beendigung ihres technischen oder wirtschaftlichen Wertverzehrs veräußert oder zerstört werden (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 7 EStG Anm. 156; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 9 RdNr. I 53; Werndl, ebenda, § 7 Anm. B 73; Schmidt/Drenseck, a. a. O., § 7 Anm. 5 a; vgl. zu Überschußeinkünften auch Urteil des Senats in BFHE 115, 313, BStBl II 1975, 478, sowie BFH-Urteil vom 15. Dezember 1981 VIII R 116/79, BFHE 135, 267, BStBl II 1982, 385, und zu betrieblichen Einkünften Urteil des FG Hamburg vom 31. März 1987 I 15/84, EFG 1987, 612).

Die "betriebsgewöhnliche" Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts wird ebenso wie seine Gesamtnutzungsdauer im Rahmen der Überschußeinkünfte von der technischen und der wirtschaftlichen Abnutzung beeinflußt. Die Steuerpflichtigen können sich insoweit auf die für sie günstigere Alternative berufen (BFH-Urteile vom 2. Dezember 1977 III R 58/75, BFHE 124, 172, BStBl II 1978, 164, Abschn. 2 b a. E. der Entscheidungsgründe, und vom 31. Januar 1986 VI R 78/82, BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355; Werndl, a. a. O., § 7 RdNr. B 118) und z. B. einen wirtschaftlichen Wertverlust geltend machen, wenn dieser höher ist als der technische Verschleiß.

3. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bzw. die Gesamtnutzungsdauer des Wirtschaftsguts ist nach den Gegebenheiten des konkreten Betriebs bzw. nach den tatsächlichen Verhältnissen beim einzelnen Steuerpflichtigen (BFH-Urteile in BFHE 156, 417, BStBl II 1989, 922, und in BFHE 160, 145, BStBl II 1990, 692) unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen; dabei hat sich die Schätzung in der Regel an den Erfahrungen zu orientieren, die mit Wirtschaftsgütern gleicher oder ähnlicher Art gemacht worden sind (BFH-Urteile vom 23. Juli 1959 II 262/58, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Einkommensteuergesetz bis 1974, § 7, Rechtsspruch 55; Werndl, a. a. O., § 7 RdNr. B 74 f.; Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 7 EStG Anm. 185 und die dort jeweils angegebene Rechtsprechung).

4. Zur Vereinheitlichung solcher Schätzungen hat der BMF im Zusammenwirken mit den Finanzministern und Finanzsenatoren der Länder u. a. eine amtliche "AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter" (a. a. O.) herausgegeben. Nach den Vorbemerkungen hierzu beruht die dort angegebene betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Anlagegüter auf Erfahrungen der steuerlichen Betriebsprüfung. Es sind in der Tabelle solche Wirtschaftsgüter aufgeführt, deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer im allgemeinen nicht von der Verwendung in einem bestimmten Wirtschaftszweig abhängig ist. Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen schließt die in den Tabellen angegebene Nutzungsdauer die wirtschaftliche und die technische Abnutzung mit der Maßgabe ein, daß infolge des raschen technischen Fortschritts die Nutzungsdauer eines Anlageguts überwiegend von seiner wirtschaftlichen Abnutzung bestimmt wird. Nr. 6 der Vorbemerkung hebt hervor, daß die AfA-Tabelle "einen Anhalt dafür" geben soll, "ob die Nutzungsdauer eines Anlageguts zutreffend geschätzt worden ist". Wird die Nutzungsdauer unterschritten, so müssen dafür besondere, objektiv nachprüfbare Gründe vorliegen.

Teil I B V 2 a dieser AfA-Tabelle sah für das im Urteil des Senats in BFHE 115, 313, BStBl II 1975, 478 maßgebende Streitjahr 1968 und sieht auch jetzt noch für das Kalenderjahr 1991 für "Personenkraft- und Kombiwagen" eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von vier Jahren und demgemäß einen linearen AfA-Satz von 25 v. H. der Anschaffungskosten vor (Betriebsprüfungskartei der OFD Düsseldorf, Köln und Münster, a. a. O., zuletzt ergänzt durch Lieferung vom Januar 1991).

5. Der BMF hat im Schreiben vom 23. Februar 1978 IV B 2 - S 2190 - 4/78 (Betriebs-Berater - BB - 1978, 434) angeordnet, daß "keine Bedenken" bestehen, die vorgenannte AfA-Tabelle "im außerbetrieblichen Bereich entsprechend anzuwenden". Er hob hervor, dies gelte "um so mehr, als die AfA-Tabelle keine verbindlichen AfA-Sätze vorschreibt, sondern nur einen Anhalt dafür geben soll, ob die voraussichtliche Nutzungsdauer eines Wirtschaftsguts zutreffend geschätzt worden ist". Dem BMF-Schreiben sind die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder gefolgt (vgl. den im Einvernehmen mit dem BMF und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder ergangenen Erlaß des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. März 1978 S 2190 - 19 - V B 1, StEK, § 7 Nr. 115, der mit dem Schreiben des BMF wörtlich übereinstimmt).

Da die vorgenannten Erlasse keine Ausnahmeregelung enthalten, ist für die Überschußeinkünfte i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 7 EStG - und damit auch für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit - im Streitjahr 1985 auch Teil I B V 2 a der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter entsprechend anzuwenden, die eine vierjährige Nutzungsdauer bei Personenkraft- und Kombiwagen vorsieht.

6. Da die AfA-Tabelle nicht in einem Gesetz oder in einer Rechtsverordnung enthalten ist und auch nicht auf einer in § 51 Abs. 4 EStG geregelten Ermächtigung des BMF beruht, kann sie von den Steuergerichten nur unter dem Gesichtspunkt der nach außen hin publizierten Selbstbindung der Verwaltung und im Hinblick auf das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung beachtet werden. Im Hinblick auf diese Rechtsgrundsätze hat der Senat z. B. die von der Verwaltung eingeführten Werbungskosten-Pauschbeträge für beruflich veranlaßte Verpflegungsmehraufwendungen in den LStR akzeptiert und dabei hervorgehoben, daß solche Pauschbeträge der Beweiserleichterung im Bereich der Sachverhaltsermittlung und der Verfahrensökonomie i. S. einer Erleichterung für die Verwaltung dienen, um nicht in allen Fällen die maßgebenden tatsächlichen Umstände erforschen und nachprüfen zu müssen (vgl. Urteil des Senats vom 25. Oktober 1985 VI R 15/81, BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200, 205, linke Spalte, und im nicht veröffentlichten Urteil vom 3. Oktober 1985 VI R 166/82).

7. Der Senat läßt es dahingestellt, ob auch bei der amtlichen "AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter" von einer von den Steuergerichten zu respektierenden Selbstbindung der Verwaltung auszugehen ist (bejahend FG Berlin, Urteil vom 25. September 1985 II 172/82, EFG 1986, 389; FG Düsseldorf in EFG 1987, 402; im Ergebnis wohl ebenfalls BFH-Urteile vom 3. Juli 1980 IV R 31/77, BFHE 131, 229, BStBl II 1981, 255, 258; vom 5. Dezember 1985 IV R 112/85, BFHE 145, 537, BStBl II 1986, 390 - Leitsatz -, und vom 12. Dezember 1985 IV R 225/83, BFHE 145, 533, BStBl II 1986, 392), obwohl diese AfA-Tabelle "keine verbindliche(n) AfA-Sätze vorschreibt", sondern nur "einen Anhalt dafür" gibt, "ob die Nutzungsdauer eines Anlagegutes zutreffend geschätzt worden ist". Auf ihre Anwendung hat der Steuerpflichtige mithin keinen Rechtsanspruch (v. Bornhaupt, a. a. O., RdNr. J 60). Es kommt hinzu, daß diese Verwaltungsanweisungen nur den Fall regeln, daß die angegebene Nutzungsdauer unte rschritten wird. In einem solchen Fall müssen nach der Vorbemerkung 6 der vorgenannten AfA-Tabelle für eine Abweichung "besondere, nachprüfbare Gründe, z. B. Einfluß von Nässe, Säure, außergewöhnlich hohe Beanspruchung oder veränderte wirtschaftliche Verhältnisse, vorliegen". Wie zu verfahren ist, wenn die angegebene Nutzungsdauer ü b e rschritten werden soll, ist den Vorbemerkungen zu der AfA-Tabelle und den vorgenannten Erlassen des BMF und der Finanzminister bzw. Finanzsenatoren der Länder nicht zu entnehmen (vgl. auch die kritischen Stellungnahmen zur Aufstellung von AfA-Tabellen bei den im Kommentar von Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 7 EStG Anm. 195 S. E 126 Abs. 2 erwähnten Autoren).

8. Auf diese Frage kommt es indes im Streitfall deshalb nicht an, weil der Senat Verwaltungserlasse auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung jedenfalls dann nicht respektieren kann, wenn sie im Regelfall zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen.

Hiervon ist im Streitjahr 1985 bei Anwendung der in der amtlichen "AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter" unter I B V 2 a genannten Nutzungsdauer für Personenkraft- und Kombiwagen von vier Jahren entsprechend einem AfA-Satz von 25 v. H. der Anschaffungskosten bei allen Einkunftsarten auszugehen. Ein solcher AfA-Satz führt nach der Lebenserfahrung im Regelfall zu einer unzutreffenden Besteuerung; dies bestätigen die Erhebungen des ADAC (Broschüre "Was kostet der Geschäftswagen?" 1984/85, ADAC-Verlag, S. 76), wonach ein PKW bei einer vierjährigen Nutzung und einer durchschnittlichen Gesamtfahrleistung von 100 000 km erst einen Wertverlust von 50 bis 70 v. H. der Anschaffungskosten erlitten hat. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Betzl/Danner/Faber/Georgi/Langhammer/Wiesweg (Bewertung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern, 4. Aufl., 1981, S. 98/99), wonach nach Ablauf einer Nutzung der Kfz von 48 Monaten ein durchschnittlicher Wertverlust erst von 62 v. H. eingetreten ist; dabei ist der Berechnung bei Kfz bis zu 1 200 ccm eine Leistung von 48 000 km, bei Kfz bis zu 2 000 ccm eine Leistung von 72 000 km und bei Kfz von mehr als 2 000 ccm und Turboantrieb eine Leistung von 96 000 km zugrunde gelegt worden. Diese Berechnungen entsprechen in etwa auch der vom Kläger erwähnten Erhebung des Forschungsinstituts Roland Berger im Auftrag des Bundesministers für Verkehr im Zeitraum Herbst 1987 bis Herbst 1988 (auszugsweise veröffentlicht in der Zeitschrift Internationales Verkehrswesen, 42. Jahrgang - 1990 - 1. Heft, S. 24 f.). Hiernach betrug die durchschnittliche Jahresfahrleistung von 37 v. H. aller PKW unter 10 000 km pro Jahr, von 39 v. H. aller PKW zwischen 10 000 km und 20 000 km, von 14 v. H. aller PKW zwischen 20 000 km und 25 000 km und von 10 v. H. aller PKW von mehr als 25 000 km im Jahr (S. 27). Dies bedeutet, daß 37 v. H. aller Fahrzeuge im Laufe von vier Jahren insgesamt lediglich 40 000 km, weitere 39 v. H. 40 000 km bis 80 000 km und nur 10 v. H. aller Fahrzeuge mehr als 100 000 km gefahren wurden. Es widerspricht der Lebenserfahrung sowie den in den sog. Schwacke-Listen aufgeführten monatlichen Marktberichten für gebrauchte PKW, annehmen zu wollen, daß ein Kfz nach Ablauf von vier Jahren mit einer Gesamtfahrleistung von 40 000 km bzw. 80 000 km, aber auch von 100 000 km in der Regel technisch oder wirtschaftlich voll verbraucht ist. Davon kann nur in Ausnahmefällen bei kleineren Kfz-Typen ausgegangen werden, wenn der PKW eine durchschnittliche Jahresfahrleistung von mindestens 40 000 km aufweist.

Eine allgemeine Typisierung von Abschreibungszeiträumen durch Anweisungen der Finanzverwaltung bei PKW, die nur auf vorstehend bezeichnete Ausnahmefälle zutrifft, verstößt gegen das für alle Einkunftsarten geltende Prinzip der periodengerechten Ermittlung der Einkünfte. Sie ist daher von den Steuergerichten nicht zu beachten. Wie der Große Senat des BFH im Beschluß vom 7. Dezember 1967 GrS 1/67 (BFHE 91, 93, BStBl II 1968, 268, 270) zu gewerblichen Einkünften ausgeführt hat, ist die Abschreibungsnorm des § 7 EStG unter dem Gesichtspunkt der periodengerechten Gewinnermittlung mit der Folge anzuwenden, "daß bei der Ermittlung des Gewinns für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr nur solche Aufwendungen berücksichtigt werden können, die gerade dieses Wirtschaftsjahr betreffen". Die AfA bezwecken den Ausgleich dieses Wertverlustes. Auch § 154 Abs. 1 des damals geltenden Aktiengesetzes (AktG) 1965 beinhaltet nach dieser Entscheidung "die periodengerechte Gewinnermittlung, d. h. bei der AfA die Berücksichtigung nur des anteiligen Wertverlustes im einzelnen Wirtschaftsjahr" (vgl. auch Werndl, a. a. O., § 7 RdNr. A 4, 6, und Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 7 EStG Anm. 9 S. E 25 und die dort erwähnte BFH-Rechtsprechung). Das gilt unabhängig davon, daß ein bei zu hohen Abschreibungsbeträgen sich ergebender Veräußerungsgewinn bei den Gewinneinkünften der Einkommensteuer unterliegt.

Der Grundsatz der periodengerechten Ermittlung der Einkünfte gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG entsprechend auch für Überschußeinkünfte.

9. Bei einer zutreffenden Schätzung der Nutzungsdauer von PKW muß auf den Kfz-Typ und die durchschnittliche jährliche Kilometerleistung abgestellt werden. Hieran orientieren sich auch die handelsüblichen Wertermittlungen gebrauchter PKW nach der sog. Schwacke-Liste sowie die Preisnotierungen im Marktspiegel der Deutschen Automobil-Treuhand (DAT). Von einer solchen Einzelermittlung geht offensichtlich auch Abschn. 38 Abs. 1 Satz 6 der im Streitjahr 1985 allerdings noch nicht anwendbaren LStR 1990 aus, wenn die durchschnittliche Jahresfahrleistung des PKW mehr als 15 000 km beträgt.

Nach Satz 5 dieser Richtlinien soll den AfA bei einem PKW mit einer durchschnittlichen Jahresfahrleistung bis zu 15 000 km regelmäßig eine Nutzungsdauer von acht Jahren zugrunde gelegt werden. Der Senat hat keine Bedenken, wenn die FG diesen Anweisungen auch für Kalenderjahre vor 1990 insoweit folgen, daß bei PKW grundsätzlich ein Abschreibungssatz von 12,5 v. H. entsprechend einer achtjährigen Nutzungsdauer anzusetzen ist, wenn der Steuerpflichtige sich nicht auf eine geringere Nutzungsdauer seines Fahrzeugs beruft. In letzterem Fall hat er die entsprechenden Umstände nachzuweisen, die die Schätzung eines höheren Abschreibungssatzes rechtfertigen können.

Der Ansatz einer auf grundsätzlich acht Jahre begrenzten Nutzungsdauer eines PKW erscheint nach Ansicht des Senats nicht unangemessen, weil nach Ablauf von acht Jahren in der Regel ein so hoher Wertverlust eingetreten ist, daß der Restwert des Kfz sich auch in den Folgejahren nicht mehr wesentlich mindert und daher vernachlässigt werden kann. So beträgt nach Betzl/Danner/Faber/Georgi/Langhammer/Wiesweg (a. a. O.) der durchschnittliche Restwert von Kfz nach Ablauf des achten Jahres nur noch 14 v. H. der Anschaffungskosten.

III.

Die Vorentscheidung entspricht den vorstehenden Grundsätzen.

Das FG hat im Streitfall die Schätzung des FA bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für 1985 bestätigt, wonach die Nutzungsdauer des vom Kläger im Jahr 1983 neu erworbenen und in 1985 verkauften VW Santana mit fünf Jahren und die des in 1985 erworbenen PKW VW Passat mit sieben Jahren anzusetzen ist. Der Senat ist an diese Würdigung des FG gebunden, da der Kläger hiergegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Er hat im Revisionsverfahren keine Gesichtspunkte geltend gemacht, wonach die Nutzungsdauer der beiden PKW aufgrund der bei ihm vorliegenden Gegebenheiten ausnahmsweise niedriger anzusetzen wäre. Er beruft sich lediglich auf den in der amtlichen AfA-Tabelle angegebenen generellen Abschreibungssatz von 25 v. H. entsprechend einer vierjährigen Nutzungsdauer des PKW. Da diese Einwendung jedoch - wie ausgeführt - nicht zum Erfolg führen kann, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

1) S. hierzu jedoch BMF-Schreiben vom 3. Dezember 1992 -IV A 7 - S 1551 - 122/92/IV B 6 - S 2353 - 89/92 - (BStBl I S 734).

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