BFH

BFHVI R 230/8313.2.1987

Amtlicher Leitsatz:

Die einem angestellten Verkaufsberater im Arbeitsvertrag für eine Wettbewerbsenthaltung nach Vertragsbeendigung zugesagte Karenzentschädigung kann eine außerordentliche Einkunft im Sinne von § 34 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Nr. 1 b EStG sein.

Normen

§ 24 Nr. 1a EStG
§ 24 Nr. 1b EStG
§ 34 EStG
§ 74 HGB

FG Bremen

 

Tatbestand:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war bis zum 30. November 1979 als Verkaufsberater für ... tätig und bezog als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Den Arbeitsvertrag hatte er selbst gekündigt. Bei seinem Ausscheiden erhielt er von seinem Arbeitgeber eine Abfindung von ... DM. Rechtsgrundlage für diese Zahlung, mit der ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Dienstverhältnis abgegolten werden sollte, war § 6 des Anstellungsvertrages. Abs. 2 dieser Bestimmung lautet wie folgt:

"Wird das Arbeitsverhältnis durch einen Vertragspartner gekündigt, darf für die Dauer von einem Jahr, gerechnet vom Zeitpunkt der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, von Herrn X keinerlei Vertretertätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen in dem unter § 2 näher bezeichneten Gebiet ausgeübt werden."

§ 6 Abs. 5 des Anstellungsvertrages lautet:

"Bei Vertragsende hat die Firma einen Ausgleich zu leisten, der einer Provision von sechs Monaten zuzüglich Fixum nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit entspricht. Eine Ausgleichszahlung erfolgt nicht, wenn Herr X infolge Vertragsbruchs fristlos entlassen wird. Erfolgt eine Kündigung des Vertrages innerhalb der ersten fünf Jahre der Tätigkeit, steht der Firma das Recht zu, auf das Wettbewerbsverbot zu verzichten. Eine Ausgleichszahlung erfolgt dann ebenfalls nicht."

In § 2 des Anstellungsvertrages ist der Verkaufsbezirk durch verschiedene einzeln aufgeführte Postleitzahlengebiete umrissen.

In seiner Einkommensteuererklärung für 1979 beantragte der Kläger für die genannte Zahlung eine Tarifvergünstigung gemäß § 34 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) entsprach dem Antrag nicht, berechnete die Einkommensteuer allerdings unter Anwendung von § 34 Abs. 3 EStG.

Die Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß die streitige Zahlung keine Entschädigung für die Nichtausübung einer Tätigkeit i. S. des § 24 Nr. 1 b EStG sei. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das FG anschließe, setze eine Entschädigung i. S. von § 24 Nr. 1 EStG voraus, daß die Zahlung nicht in Erfüllung eines bereits bestehenden Anspruchs erfolge, sondern auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhe. Das sei hier nicht der Fall. Richtig sei zwar, daß die Zahlung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden sei. Ihren Rechtsgrund habe sie aber im Anstellungsvertrag. Weiter setze der Begriff der Entschädigung voraus, daß der Anspruch, für den die Entschädigung gewährt werde, unmittelbar durch den Verlust von Einnahmen bedingt sei. Auch diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben. Denn die Entschädigung beruhe auf den Vereinbarungen der Vertragspartner über die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und sei die äquivalente Gegenleistung für das Unterlassen des Wettbewerbs; als solche sei sie nicht tarifbegünstigt (Hinweis auf Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29. Oktober 1969 IV 175/65, BFHE 98, 25, BStBl II 1970, 315).

Schließlich sei darauf hinzuweisen, daß der Kläger die Ursache für die Zahlung dadurch selbst gesetzt habe, daß er das Arbeitsverhältnis gekündigt habe; er habe nichts dafür vorgetragen, daß er die Kündigung im Hinblick auf einen nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck des Arbeitgebers ausgesprochen habe. Dies sei ebenfalls Voraussetzung, um eine Entschädigung annehmen zu können.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 34 Abs. 1 und Abs. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 b EStG. Er weist darauf hin, daß die Zahlung für das Wettbewerbsverbot erst durch die Aufgabe der Tätigkeit fällig werde, der entsprechende Anspruch also erst zu diesem Zeitpunkt entstehe. Er meint, der Begriff der Entschädigung setze nicht voraus, daß die Rechtsgrundlage erst bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses geschaffen werde, sondern daß die Zahlung zu diesem Zeitpunkt fällig werde. Die Frage, ob er die Ursache für die Entschädigungszahlung durch die Kündigung selbst gesetzt habe, sei unerheblich. Im übrigen lägen Entschädigungen in den Fällen des § 24 Nr. 1 b und Nr. 1 c EStG nach der Rechtsprechung auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige an einer Vereinbarung über die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit oder die Beendigung seines Handelsvertretervertrages mitwirke.

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides den Betrag von ... DM mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern.

Das FA beantragt, die Revision aus den Gründen der Vorentscheidung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Nach § 34 Abs. 1 EStG kann auf Antrag der auf außerordentliche Einkünfte entfallende Einkommensteuersatz nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen werden. Als solche außerordentliche Einkünfte kommen nach Abs. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Nach § 24 Nr. 1 b EStG gehören zu den Einkünften i. S. des § 2 Abs. 1 EStG u. a. auch Entschädigungen, die für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gewährt werden.

1. Gegenstand einer Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 b EStG kann auch eine Zahlung für ein Wettbewerbsverbot sein, wenn ein Arbeitnehmer sich - wie im Streitfall - im Arbeitsvertrag von vornherein verpflichtet hat, für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine bestimmte Tätigkeit in einem bestimmten Gebiet für eine festgelegte Zeit (hier für ein Jahr) nicht auszuüben und er hierfür eine Abfindung erhält. Denn es wird insoweit eine "Entschädigung ... für die ... Nichtausübung einer Tätigkeit" gewährt.

Durch eine derartige Abfindung wird ein dem Arbeitnehmer entstandener Schaden ausgeglichen. Wie der Senat im Urteil vom 8. August 1986 VI R 28/84 (BFHE 147, 370, BStBl II 1987, 106) ausgeführt hat, setzt der in § 24 Nr. 1 EStG verwandte Entschädigungsbegriff in seiner allgemeinen, für die Nr. 1 Buchst. a bis c des § 24 EStG gleichmäßig geltenden Bedeutung voraus, daß der Steuerpflichtige infolge einer Beeinträchtigung der durch die einzelnen Vorschriften geschützten Güter einen finanziellen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden auszugleichen.

Der Arbeitnehmer erleidet durch die - in der Regel ihm vom Arbeitgeber aufgedrängte - Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots im allgemeinen eine Beeinträchtigung seiner Rechtssphäre, weil ihm bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses die Verwertung der auch in den Diensten des Arbeitgebers erworbenen Kenntnisse durch eine Tätigkeit innerhalb eines bestimmten Bezirks und eines festgelegten Zeitraums untersagt ist und er hierdurch überhaupt an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit gehindert wird (vgl. v. Bornhaupt, Betriebs-Berater - BB - 1980, Beilage 7, S. 1, 13/14). Die hierfür gezahlte Entschädigung dient dem Ausgleich dieses Schadens, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Möglichkeit gehabt hätte, innerhalb des umgrenzten Gebietes die ihm untersagte Tätigkeit während des betreffenden Zeitraums tatsächlich auszuüben und hierdurch Einnahmen zu erzielen. Wie der Senat in der vorgenannten Entscheidung betont hat, setzt der Entschädigungsbegriff im Rahmen des § 24 Nr. 1 b EStG nicht voraus, daß der Anspruch auf Entschädigung unmittelbar durch den Verlust von Einnahmen bedingt ist.

2. Der Senat sieht es nicht als schädlich an, daß ein solches von vornherein vereinbartes Wettbewerbsverbot nicht auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage, sondern auf dem ursprünglichen Arbeitsvertrag beruht. Die Frage, ob im Rahmen des § 24 Nr. 1 b EStG eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage notwendig ist, blieb im Urteil des Senats in BFHE 147, 370, BStBl II 1987, 106, unbeantwortet. Der Senat entscheidet diese Frage nunmehr im vorgenannten Sinne, da ein solches Erfordernis sich aus dem Wortlaut des § 24 Nr. 1 b EStG nicht ableiten läßt. Die Rechtsprechung hat für die Anwendung des § 24 Nr. 1 a EStG eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage verlangt, da diese Vorschrift Entschädigungen "als Ersatz" für entgangene oder entgehende Einnahmen voraussetzt. Wird etwas geleistet, weil der Anspruch auf Bezug von früheren oder künftigen Einnahmen weggefallen ist, so muß für einen solchen "Ersatz" eine neue Basis, mithin eine neue Rechts- oder Billigkeitsgrundlage vorhanden sein (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 25. März 1975 VIII R 183/73, BFHE 115, 472, BStBl II 1975, 634, und die dort erwähnte Rechtsprechung). Eine Ersatzleistung in diesem Sinne setzt § 24 Nr. 1 b EStG nicht voraus; die Entschädigung ist vielmehr eine Gegenleistung "für" die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit. Daß hierdurch künftige Einnahmen wegfallen könnten, ist, wie erwähnt, eine zwar mögliche mittelbare Folge der Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit. Die Entschädigung wirkt aber nicht als Ersatz hierfür, sondern wird vom Arbeitgeber allein wegen der Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit erbracht. Dieser ist deshalb zur Zahlung einer derartigen Abfindung bereit, weil er durch das mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Wettbewerbsverbot eine mögliche unliebsame Konkurrenz durch den Arbeitnehmer für die erste Zeit seines Ausscheidens aus dem Betrieb vermeiden will.

3. Die vorstehende Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des § 24 Nr. 1 b i. V. m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG. Würde der Senat den § 24 Nr. 1 b EStG im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anders auslegen, so verbliebe für die Annahme von "Entschädigungen, die gewährt worden sind ... für ... die Nichtausübung einer Tätigkeit" kaum noch Raum. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der Gesetzgeber selbst in § 74 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) für Zahlungen zum Ausgleich von Wettbewerbsenthaltungen der hier zu beurteilenden Art den Begriff "Entschädigung" verwendet.

Die steuerliche Begünstigung von Zahlungen wegen eines im Arbeitsvertrag vereinbarten Wettbewerbsverbots nach § 24 Nr. 1 b i. V. m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG wird auch von dem Grundgedanken der beiden letztgenannten Vorschriften getragen, Härten in der Besteuerung für den Fall des Zufließens nicht regelmäßig erzielbarer Einkünfte zu vermeiden. Wie vorstehend erwähnt, dient das Wettbewerbsverbot in erster Linie den Interessen des Arbeitgebers. Bei Abschluß des Arbeitsvertrages wird daher im allgemeinen der Arbeitgeber auf die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots drängen und der Arbeitnehmer muß in vielen Fällen auf ein solches Verlangen eingehen, wenn er nicht auf den Abschluß des Arbeitsvertrages verzichten will. Die spätere Zahlung einer Karenzentschädigung und damit ein mögliches Zusammentreffen von laufenden und außerordentlichen Einkünften beim Arbeitnehmer wird daher in der Regel letztlich vom Arbeitgeber verursacht.

4. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht von anderen BFH-Urteilen ab.

a) Die Entscheidung des Senats steht im Einklang mit den BFH-Urteilen vom 26. Mai 1965 I 84/63 U (BFHE 82, 645, BStBl III 1965, 480) und vom 5. Oktober 1976 VIII R 38/72 (BFHE 120, 471, BStBl II 1977, 198). Soweit der erkennende Senat im Urteil vom 21. April 1966 VI 262/65 (BFHE 86, 173, BStBl III 1966, 396) einen anderen Rechtsstandpunkt vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

b) Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des VIII. Senats des BFH vom 21. September 1982 VIII R 140/79 (BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289), weil es sich dort um einen anderen Sachverhalt gehandelt hat. Der VIII. Senat des BFH mußte in der Entscheidung einen Vertrag zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer A einer GmbH und der X-Aktiengesellschaft beurteilen, in der A sich verpflichtet hatte, an die AG (oder einen von ihr zu bestimmenden Dritten) seine GmbH-Anteile zu verkaufen. In einem weiteren Vertrag war festgelegt, daß A seine Geschäftsführertätigkeit für die GmbH noch etwa ein Jahr fortsetzen sollte, und es war für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Ausscheiden des A ein umfassendes Wettbewerbsverbot festgelegt worden, für das die AG 500 000 DM zu zahlen hatte. Der VIII. Senat des BFH sah in diesem Entgelt eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG und keine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 b EStG. Er führte aus, es habe sich dort nicht um eine Ersatzleistung für andere zu unterlassende Tätigkeiten, sondern um eine vertragliche Hauptleistung gehandelt, mit der eine Entschädigung für die Nichtausübung von mindestens drei steuerbaren Tätigkeiten bzw. für das Entgehen oder Nichterzielen von Einkünften aus mindestens drei Einkunftsarten geleistet worden sei.

Der erkennende Senat braucht nicht zu entscheiden, ob er den Ausführungen des VIII. Senats in vollem Umfange folgen könnte. Denn anders als im Urteil in BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289 bedarf es nach seiner Ansicht für die Besteuerung dann keiner "eigenständigen Begründung aus dem Leistungscharakter der Wettbewerbsabrede", wenn - wie hier - das künftige Wettbewerbsverbot von vornherein in einem Arbeitsvertrag festgelegt wurde. Die Pflicht zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots, das ohnehin nur in eingeschränktem Rahmen zulässig ist (vgl. z. B. §§ 74 ff. HGB), und die hierfür gezahlte Entschädigung sind in einem solchen Fall - bei wirtschaftlicher Gewichtung - keine vertraglichen Hauptleistungen, sondern Ausfluß des an sich beendeten Arbeitsverhältnisses mit der Folge, daß die Entschädigung für das Wettbewerbsverbot unter die nachträglichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG als sog. "andere Bezüge" fällt (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung - LStDV - und BFH-Urteil vom 9. November 1977 I R 254/75, BFHE 124, 35, BStBl II 1978, 195; s. auch Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 19 EStG Anm. 400, Stichworte: Abfindung und Wettbewerbsverbot). Wettbewerbsverbote haben in solchen Fällen im allgemeinen eine untergeordnete Bedeutung, da sie - wirtschaftlich betrachtet - hinter dem Hauptgegenstand des Arbeitsvertrages, nämlich der Pflicht des Arbeitnehmers auf Arbeitsleistung und der Pflicht des Arbeitgebers auf Lohnzahlung zurückzutreten pflegen.

Der vorstehenden steuerrechtlichen Wertung steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - BAG - (Urteil vom 18. November 1967 3 AZR 471/66, BAGE 20, 162, unter IV, m. w. N.) und des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteil vom 19. Dezember 1974 VII ZR 2/74, BB 1975, 197) Karenzentschädigungen nach § 74 ff. HGB bzw. § 90 a HGB nicht als Schadensersatz, sondern als Gegenleistung für die versprochene Wettbewerbsenthaltung anzusehen sind, auf die die Vorschriften über gegenseitige Verträge nach §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzuwenden sind. Denn unbeschadet der Frage, ob die Anwendung der §§ 320 ff. BGB auf vertragliche Hauptleistungspflichten beschränkt ist (dazu kritisch Soergel/Wiedemann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., § 320 Rz. 12, m. w. N.), hat die zivilrechtliche Einordnung darauf zu achten, daß bei Leistungsstörungen der anderen Seite entsprechende Ansprüche zur Verfügung stehen. Die zivilrechtliche Rechtsprechung muß deshalb - anders als im Steuerrecht - die Wettbewerbsabrede auch gesondert von den Hauptleistungspflichten des Arbeitsvertrages, in dem sie vereinbart sind, betrachten und selbständig werten. Das verkennt das FG München in seinem rechtskräftigen Urteil vom 2. September 1986 II 327/82 E (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 57). Im übrigen widerspricht die Annahme, daß sich Wettbewerbsenthaltung und Karenzentschädigung im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinbarung äquivalent gegenüberstehen, nicht der Auffassung des Senats; denn auch § 24 Nr. 1 b EStG verlangt, daß die Zahlung "für" die Nichtausübung einer Tätigkeit geleistet wird.

c) Die Entscheidung des Senats steht auch nicht im Widerspruch zu dem Urteil des IV. Senats vom 29. Oktober 1969 IV 175/65 (BFHE 98, 25, BStBl II 1970, 315). In dieser Entscheidung hatte der IV. Senat eine Entschädigung aufgrund des Wettbewerbsverbots bei einem selbständigen Handelsvertreter nicht als Leistung i. S. des § 24 Nr. 1 b EStG angesehen, weil sie auf einer Vereinbarung des Unternehmers mit dem Steuerpflichtigen über die Zeit nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses beruhte und eine äquivalente Gegenleistung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots darstellte. Das entsprach der früheren Auffassung der Rechtsprechung bei der Anwendung des § 24 Nr. 1 b EStG, die einvernehmliche Regelungen mit Wollen und Zustimmung des Arbeitnehmers für schädlich hielt (vgl. BFHE 86, 173, BStBl III 1966, 396). Von dieser Ansicht ist der erkennende Senat schon im Urteil vom 2. April 1976 VI R 67/74 (BFHE 119, 141, BStBl II 1976, 490) abgerückt. Der letztgenannten Entscheidung haben sich auch andere Senate des BFH angeschlossen (vgl. z. B. Urteil in BFHE 120, 471, BStBl II 1977, 198). Der neueren Rechtsprechung ist offensichtlich auch der IV. Senat in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 12. Oktober 1978 IV R 199/75 gefolgt. In dieser Entscheidung ging es u. a. um die Frage, ob der Kläger, ein Rechtsanwalt, der zum Testamentsvollstrecker bestimmt war, den Betrag dem begünstigten Steuersatz nach § 24 Nr. 1 b EStG i. V. m. § 34 Abs. 1 und 2 EStG unterwerfen konnte, den er aufgrund einer Vereinbarung mit dem Nacherben "zum Ausgleich für den Verzicht auf weitere zehn Jahre angeordneter Nachlaßverwaltung" erhielt. Der IV. Senat verneinte dies nicht im Hinblick darauf, daß diese Entschädigung auf einer Vereinbarung beruhte und eine äquivalente Gegenleistung für das Unterlassen der Nachlaßverwaltung für weitere zehn Jahre darstellte. Maßgebend war für den IV. Senat vielmehr die Erwägung, daß der Kläger als Rechtsanwalt keine von der freiberuflichen Berufstätigkeit abgrenzbare Tätigkeit aufgegeben hatte.

5. Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so ergibt sich, daß der an den Kläger gezahlte Betrag von ... DM eine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 b EStG ist. Denn die Zahlung diente dazu, den Kläger dafür zu entschädigen, daß er in dem von ihm betreuten Bezirk nicht für ein Konkurrenzunternehmen seines Arbeitgebers tätig werden durfte und ihm deshalb unter Umständen Einnahmen, mit denen er aufgrund seiner branchenspezifischen Kenntnisse in diesem Bezirk mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hätte rechnen können, entgingen. Die Wettbewerbsabrede hatte gegenüber den anderen im Arbeitsvertrag vereinbarten gegenseitigen Verpflichtungen auch keine gleichwertige wirtschaftliche Bedeutung; denn mit ihr sollten - wie regelmäßig - nur die Interessen des Arbeitgebers für den Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewahrt werden. Im konkreten Fall kommt noch hinzu, daß bei Abschluß des Vertrages auf Grund des § 6 Abs. 5 nicht einmal feststand, ob es zur Zahlung der Karenzentschädigung kommen würde.

Die Vorentscheidung, die auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, ist aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Dem Kläger ist der ermäßigte Steuersatz zu gewähren. Das FG hat festgestellt, der Kläger sei bis zum 30. November 1979 bei seinem Arbeitgeber tätig gewesen und habe "bei seinem Ausscheiden" den Betrag von ... DM erhalten. Danach liegt im Streitjahr eine Zusammenballung von Einnahmen vor, wie sie § 34 Abs. 1 zusätzlich zu den Voraussetzungen des Abs. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 b EStG für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes verlangt. Die vom FA vorgenommene Verteilung nach § 34 Abs. 3 EStG ist rückgängig zu machen, da die Entschädigung nicht für eine mehrjährige Tätigkeit, sondern für die Nichtausübung einer Tätigkeit gezahlt worden ist.

Die Einkommensteuer 1979 berechnet sich wie folgt ...

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