Normen
§ 4 Abs. 4 EStG
§ 5 Abs. 2 EStG
Tatbestand:
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erweiterte seinen Betrieb. Der dadurch entstandene erhöhte Bedarf an elektrischer Energie konnte durch den vorhandenen Anschluß an das Niederspannungsnetz nicht gedeckt werden. Ein Anschluß an das Mittelspannungsnetz wurde erforderlich, weshalb der Kläger eine Schalt- und Umspannungsstation (Trafo) baute. Den Anschluß des Trafos an das Mittelspannungsnetz führte die EW durch. Sie berechnete dem Kläger X DM als Abnehmerbeitrag. Im Stromlieferungsvertrag verpflichtete sich die EW, für den Kläger eine Stromleistung von 80 kW zur Entnahme bereitzuhalten, wogegen sich der Kläger verpflichtete, die zur Deckung seines gesamten Licht- und Kraftbedarfs benötigte Energie während der Dauer des Vertrags von der EW zu beziehen. Die im Jahre 1974 auf den Abnehmerbeitrag geleistete Zahlung von Y DM aktivierte der Kläger in der Bilanz zum 31. Dezember 1974 und schrieb ab 1975 mit 10 v. H. ab. Die im Jahre 1975 geleisteten Restzahlungen von zusammen Z DM buchte der Kläger im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebsausgabe.
Während einer Betriebsprüfung revidierte der Kläger seinen Standpunkt. Er hielt den Abnehmerbeitrag nicht mehr für aktivierungspflichtig. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte in den gemäß § 225 der Reichsabgabenordnung (AO) berichtigten Einkommensteuerbescheiden 1974, 1975 der Auffassung des Betriebsprüfers, wonach der Abnehmerbeitrag in voller Höhe von X DM in der Bilanz zum 31. Dezember 1974 zu aktivieren und ab 1975 mit 5 v. H. abzuschreiben sei.
Der Einspruch und die Klage blieben im Streitpunkt erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, nach § 5 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei auch für immaterielle Wirtschaftsgüter ein Aktivposten anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben worden seien. Im vorliegenden Falle sei ein immaterielles Wirtschaftsgut anzunehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers habe dieser das Wirtschaftsgut "gesicherte Stromversorgung" nicht selbst geschaffen, sondern durch den Abnehmerbeitrag von der EW erworben. Allerdings liege der entgeltliche Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts nicht schon dann vor, wenn im Zusammenhang mit dem Erwerb Aufwendungen entstanden seien. Erforderlich sei vielmehr weiter, daß die Aufwendungen nach dem Inhalt des Vertrags oder jedenfalls nach den Vorstellungen beider Vertragsteile Gegenleistung für den von einem Dritten erlangten betrieblichen Vorteil seien (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Februar 1975 I R 72/73, BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13, und I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443). Im Streitfall habe der Kläger den Vorteil der gesicherten Stromversorgung von der EW erlangt. Die Zahlung des Abnehmerbeitrags sei Voraussetzung dafür gewesen, daß die EW sich ihrerseits verpflichtet habe, den Trafo des Klägers an ihr Mittelspannungsnetz anzuschließen und den Betrieb des Klägers ausreichend mit Strom zu versorgen. Nach dem Inhalt der zwischen dem Kläger und der EW abgeschlossenen Verträge stünden danach die Zahlungen des Abnehmerbeitrags und die von der EW übernommene Verpflichtung zur ausreichenden Stromversorgung im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Der Einwand des Klägers, ein entgeltlicher Erwerb sei deswegen nicht anzunehmen, weil der vom Kläger erlangte Vorteil der gesicherten Stromversorgung vorher nicht in den Händen der EW gewesen sei, sei nicht begründet. Denn für die Annahme eines entgeltlichen Erwerbs komme es nicht darauf an, daß das immaterielle Wirtschaftsgut bereits bestanden und als solches durch einen entgeltlichen Erwerbsvorgang seinen Besitzer gewechselt habe. Es reiche vielmehr aus, daß die Aufwendungen beim Zahlungsempfänger eine Verpflichtung begründeten, die beim Zahlenden eine entsprechende Berechtigung und damit ein immaterielles Wirtschaftsgut entstehen lasse.
Mit der Revision wird die Verletzung von § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 2 EStG gerügt. Durch die Aufwendungen des Klägers sei zwar ein immaterielles Wirtschaftsgut entstanden. Dieses Wirtschaftsgut sei indes nicht vom Kläger erworben, sondern selbst geschaffen worden. Das FG habe sein Urteil noch auf die ältere Rechtsauffassung gestützt. Die neuere BFH-Rechtsprechung habe dagegen die Unterscheidung zwischen originärem und abgeleitetem Erwerb schärfer herausgearbeitet. Aus dem Urteil vom 26. Februar 1980 VIII R 80/77 (BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687) ergebe sich, daß im vorliegenden Fall kein Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts vorliege.
Der Kläger beantragt, die Einkommensteuer 1974 unter Berücksichtigung einer Gewinnminderung und die Einkommensteuer 1975 unter Berücksichtigung einer Gewinnerhöhung (Wegfall der Abschreibung für Abnutzung - AfA -) vorzunehmen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision. Es liege ein entgeltlicher Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts vor. Denn die Zahlung des Abnehmerbeitrags sei eine konkrete Gegenleistung für die Leistung der EW. Der Fall des Urteils in BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687 sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Der wesentliche Unterschied liege darin, daß in jenem Fall der Vorteil nicht nur dem Kläger, sondern auch sonstigen Verkehrsteilnehmern zugute gekommen sei. Im Streitfall sei dagegen der Vorteil ausschließlich für den Betrieb des Klägers geschaffen worden.
Entscheidungsgründe
Die streitigen Aufwendungen sind als Betriebsausgaben sofort abziehbar (§ 4 Abs. 4 EStG). Die Aktivierung eines Wirtschaftsguts "gesicherte Stromversorgung" ist nicht zulässig (§ 5 Abs. 2 EStG).
Es erscheint als zweifelhaft, ob der durch die Beitragszahlung des Klägers mitfinanzierte Anschluß seines Betriebs an das Mittelspannungsnetz der EW zu einem immateriellen Wirtschaftsgut "gesicherte Stromversorgung" geführt hat. Diese Frage mag indes auf sich beruhen. Denn jedenfalls fehlt es an einem entgeltlichen Erwerb.
Die Aktivierung eines immateriellen Wirtschaftsguts ist lediglich dann geboten, wenn das Wirtschaftsgut entgeltlich erworben wurde (§ 5 Abs. 2 EStG). Darunter ist ein abgeleiteter Erwerb auf dem Markt zu verstehen, im Gegensatz zur eigenen Herstellung eines Wirtschaftsguts (BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 32/73, BFHE 115, 238, BStBl II 1975, 443). Entgegen der Auffassung des FG kann im vorliegenden Falle ein abgeleiteter Erwerb nicht angenommen werden. Allein der Umstand, daß Gelder an Dritte bezahlt werden mußten, um die technischen Voraussetzungen für eine verbesserte Stromversorgung zu schaffen, rechtfertigt nicht die Annahme, ein Wirtschaftsgut "gesicherte Stromversorgung" sei erworben worden.
Die Abgrenzung zwischen abgeleitetem Erwerb und eigener Herstellung eines Wirtschaftsguts war mehrfach Gegenstand der neueren Rechtsprechung des BFH. So hat der erkennende Senat im Urteil vom 26. Februar 1980 VIII R 80/77 (BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687) die aufgrund einer bloßen Kostenbeteiligung zum Ausbau einer Straße erzielte bessere Verkehrsanbindung nicht als abgeleiteten Erwerb angesehen. Im Anschluß an diese Rechtsprechung hat der I. Senat im Urteil vom 25. August 1982 I R 130/78 (BFHE 136, 409, BStBl II 1983, 38) ausgesprochen, daß Aufwendungen, die lediglich einen Beitrag zu den Kosten einer vom Steuerpflichtigen mitbenutzten Einrichtung (städtische Kläranlage) darstellen, zu den Ausgaben für eine ursprüngliche Schaffung, nicht aber für einen abgeleiteten Erwerb eines Nutzungsvorteils gehören.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, daß der Kläger kein Wirtschaftsgut von einem anderen erworben hat. Ebenso wie im Falle in BFHE 136, 409, BStBl II 1983, 38 hat der Kläger lediglich dafür gezahlt, daß der Anschluß seines Betriebs an eine von einer Vielzahl von Personen genutzte Einrichtung (das Stromversorgungsnetz) leistungsfähiger als bisher ausgestaltet wurde. Solche Kosten für die bloße Mitbenutzung einer Einrichtung gehören zu den nicht aktivierbaren Aufwendungen für eine ursprüngliche Schaffung, nicht dagegen für einen abgeleiteten Erwerb des Nutzungsvorteils (BFHE 130, 155, BStBl II 1980, 687).
Auch der Auffassung des FG, der Abnehmerbeitrag sei als Gegenleistung für das ständige Bereithalten einer Stromleistung von 80 kW seitens der EW zu sehen, der Kläger habe mithin ein Strombezugsrecht entgeltlich erworben, kann angesichts der zwischen dem Kläger und der EW getroffenen Vereinbarungen nicht gefolgt werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben der EW an den Kläger vom 29. August 1974, daß die Zahlung des Klägers als dessen Beteiligung an den Aufwendungen, die der EW im Zusammenhang mit den Anschlußarbeiten entstehen, anzusehen ist. Beitragszahlung einerseits und Anschlußarbeiten andererseits stehen sonach im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Das Bereithalten des Stroms seitens der EW wurde hiervon unabhängig ausgehandelt. Dies ergibt sich aus dem zweiten Teil des genannten Schreibens und dem dort vorgeschlagenen Stromlieferungsvertrag, der schließlich in der Weise zustande kam, daß die EW stets eine bestimmte Stromleistung bereithalten mußte, wogegen sich der Kläger verpflichtete, die für seinen Betrieb benötigte elektrische Energie nur von der EW zu beziehen.
Das Urteil in BFHE 115, 243, BStBl II 1976, 13 erfordert keine von der vorstehenden Rechtsauffassung abweichende Beurteilung. Der entgeltliche Erwerb eines Bierlieferungsrechts durch eine Brauerei ist dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. In jenem Falle standen sich die Einräumung der Bierlieferungsrechte durch die Gastwirte und die Gewährung von Zuschüssen durch die Brauerei als Leistung und Gegenleistung gegenüber, die Brauerei hatte daher die Bierlieferungsrechte entgeltlich erworben. Im Streitfall steht der Zahlung des Abnehmerbeitrags als Gegenleistung nicht die gesicherte Stromversorgung, sondern, wie bereits dargelegt, die Durchführung der Anschlußarbeiten durch die EW gegenüber, die kein selbständiges Wirtschaftsgut darstellt.