Normen
§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 1940
§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG 1940
§ 3 GrEStG 1940
Tatbestand:
An einer GmbH, deren Stammkapital zunächst 32 000 DM betrug, waren der Kläger und Revisionskläger (Kläger) mit 1 600 DM, die er am 17. Dezember 1963 käuflich von einem Dritten erworben hatte, und sein Vater mit 30 400 DM beteiligt. Am 18. Juni 1969 wurde eine Kapitalerhöhung auf 500 000 DM vorgenommen. Alle neuen Geschäftsanteile von 468 000 DM hat der Kläger erworben (Bareinlage zu 150 v. H.). Am 6. Oktober 1970 übertrug der Vater des Klägers seine Geschäftsanteile zum Preise von 30 400 DM auf den Kläger. Zu diesem Zeitpunkt gehörten zum Vermögen der GmbH vier Grundstücke. Dieser Sachverhalt wurde anläßlich einer verkehrsteuerlichen Prüfung bei der GmbH in den Jahren 1974 mit 1977 festgestellt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) sah in dem Erwerb des Geschäftsanteils von 30 400 DM eine Anteilsvereinigung i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), gewährte bezüglich des letzten Anteilserwerbs vom Vater Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG und setzte mit drei Bescheiden vom 29. September 1977 Grunderwerbsteuer auf 93,92 v. H. der Einheitswerte für die in Niedersachsen belegenen Grundstücke fest (Steuer 7 915,60 DM, 2 912,50 DM bzw. 5 095,20 DM).
Nach erfolglosem Einspruch hat der Kläger Klage erhoben und beantragt, die Steuer auf 27 DM, 9,50 DM und 17,35 DM herabzusetzen. Er ist der Auffassung, daß auch der anläßlich der Kapitalerhöhung erworbene Anteil von der Grunderwerbsteuer freizustellen sei.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit der in Entscheidungen der Finanzgerichte 1982, 35 veröffentlichten Entscheidung abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß personenbezogene Befreiungsvorschriften bei einer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Anteilsvereinigung keine Anwendung finden können.
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung alle Anteile an dieser Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt würden. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterwirft die Vereinigung aller Anteile an einer solchen Gesellschaft in einer Hand der Grunderwerbsteuer, wenn der Übertragung kein schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist.
Die Steuerpflicht wird allein durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der Vorgang, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment; Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung aller Anteile in einer Hand. Diese nämlich ist die rechtliche Grundlage dafür, dem Inhaber der vereinigten Anteile die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen (vgl. dazu auch Martin, Betriebs-Berater 1980, 410).
Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (vgl. Beschluß des Senats vom 19. April 1972 II B 36/71, BFHE 105, 302, BStBl II 1972, 590). Diese grunderwerbsteuerrechtliche Konstruktion verbietet es, personenbezogene Befreiungsvorschriften, die entweder auf das Verhältnis zum Veräußerer des Anteils (z. B. § 3 Nr. 6 GrEStG) oder auf den Rechtsgrund des Anteilserwerbs (z. B. § 3 Nr. 2 GrEStG) abheben, auf die nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG der Steuer unterliegenden Vorgänge anzuwenden. Denn die Anteile an der grundstücksbesitzenden Gesellschaft sind nicht Grundstücksbruchteilen gleichgestellt, was sich schon daraus erhellt, daß der Erwerb eines Anteils als solcher grunderwerbsteuerrechtlich ohne Bedeutung ist. An der bisher vertretenen Auffassung, daß der Erwerb der einzelnen Anteile, also alle Vorgänge, die letztlich zur Anteilsvereinigung geführt haben, darauf zu untersuchen sei, ob ein an seiner Stelle gedachter Erwerb eines Grundstücksbruchteils steuerfrei gewesen wäre (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs vom 14. April 1931 II A 654/30, RFHE 29, 33, und ihm folgend Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. Juni 1966 II 165/62, BFHE 86, 520, BStBl III 1966, 554), wird nicht mehr festgehalten. Diese Auffassung stand auch im Widerspruch zu der Erkenntnis, daß sich die Anteilsvereinigung immer auf die der Gesellschaft im Zeitpunkt der Verwirklichung des Steuertatbestandes grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnenden Grundstücke bezieht und damit so viele Steuerfälle auslöst, als die Gesellschaft an Grundstücken in ihrem Vermögen hält (vgl. Urteil des BFH vom 28. Juni 1972 II 77/64, BFHE 106, 138, BStBl II 1972, 719).