Normen
§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG 1974
§ 12 Nr. 1 EStG 1974
Tatbestand:
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) lebte mit seiner Ehefrau bis April 1974 in B als alleinigem Familienwohnsitz. Dort bezog er in den Streitjahren 1974 und 1975 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Mai 1974 verlegten die Eheleute zur Linderung eines chronischen Bronchialasthmaleidens der Ehefrau ihren Wohnsitz nach A. Die Ehefrau des Klägers lebte in der Folgezeit ständig in A, während der Kläger sich nur an den Wochenenden dort aufhielt und im übrigen weiterhin seiner Berufstätigkeit in B nachging. Dort bewohnte er ein Einzelzimmer. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1974 sondierte der Kläger die Möglichkeiten einer dienstlichen Versetzung in die Nähe von A, wurde jedoch abschlägig beschieden.
In seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger Aufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte dies ab, weil die Aufwendungen nicht beruflich veranlaßt seien.
Nach erfolglosem Einspruch verfolgte der Kläger mit der Klage sein Begehren weiter. Er legte dem Finanzgericht (FG) die Durchschrift einer am 8. August 1978 - einen Tag vor Klageerhebung - verfaßten Bewerbung um einen in der Nähe von A zu besetzenden Dienstposten vor. Das FG gab der Klage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1980 S. 68 (EFG 1980, 68) veröffentlichten Urteil statt. Es führte im wesentlichen aus: Bei Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes 1974/1975 (EStG) könne nicht einseitig auf private oder berufliche Gründe für die Einrichtung eines zweiten Haushalts abgestellt werden. Denn die Haushaltsführung im allgemeinen und die doppelte Haushaltsführung im besonderen seien stets von privaten und beruflichen Motiven mitbestimmt. Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung seien dann Werbungskosten, wenn ein Steuerpflichtiger aus zwingenden gesundheitlichen Gründen den Familienwohnsitz an einen anderen Ort verlege und wegen der Notwendigkeit, seiner bisherigen Beschäftigung weiterhin am alten Ort nachgehen zu müssen, dort einen weiteren Hausstand einrichte. Dies gelte insbesondere, wenn der Steuerpflichtige sich - wie im Streitfall der Kläger - darum bemühe, eine Arbeitsstätte in der Nähe des neuen Familienwohnsitzes zu finden. Es bestehe kein einleuchtender Grund, diesen Fall anders zubehandeln als den häufiger vorkommenden Sachverhalt, daß ein Steuerpflichtiger wegen der Aufnahme einer Beschäftigung an einem anderen Ort dort so lange einen zweiten Hausstand einrichte, bis die Familie dorthin ziehen könne.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung zu § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1977 geltenden Fassung ausgesprochen, daß notwendige Mehraufwendungen infolge einer doppelten Haushaltsführung nur dann als Werbungskosten abziehbar sind, wenn die Entstehung und Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung beruflich veranlaßt sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. September 1977 VI R 114/76, BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26 und vom 16. April 1980 VI R 7/77, BFHE 130, 388, BStBl II 1980, 512). Dabei hat er stets die Entstehung der doppelten Haushaltsführung nur dann als beruflich veranlaßt angesehen, wenn die Gründung des zweiten Hausstandes auf einem beruflichen Anlaß beruhte (BFH-Urteil vom 9. März 1979 VI R 11/78, BFHE 128, 189, BStBl II 1979, 648). Dagegen hat er Mehraufwendungen in den Fällen nicht als Werbungskosten zum Abzug zugelassen, in denen aus privaten Gründen ein vom Beschäftigungsort weiter entfernt liegender zweiter Hausstand gegründet worden war (BFH-Urteil vom 26. November 1976 VI R 153/74, BFHE 120, 520, BStBl II 1977, 158). Nach dieser Rechtsprechung ist die Frage der beruflichen Veranlassung der Entstehung der doppelten Haushaltsführung mithin danach zu entscheiden, ob der Gründung des zweiten Hausstandes ein beruflicher oder ein privater Anlaß zugrunde gelegen hat (vgl. auch BFH-Urteil vom 10. November 1978 VI R 112/75, BFHE 126, 518 BStBl II 1979, 222). Der Senat hat diesen Grundsatz nur eingeschränkt im Falle einer Eheschließung und die Gründung oder Beibehaltung eines doppelten Haushalts dann als beruflich veranlaßt behandelt, wenn beide Ehegatten an verschiedenen Orten ihrem Beruf nachgehen, dort wohnen und eine der beiden Wohnungen zur gemeinsamen Familienwohnung machen (BFH-Urteil vom 13. Juli 1976 VI R 172/74, BFHE 119, 281, BStBl II 1976, 654). Ein solcher Sachverhalt ist jedoch im Streitfall nicht gegeben.
II. Der Senat hält an diesen Grundsätzen fest. Sie entsprechen seiner Auffassung dem Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG und der Systematik des Einkommensteuerrechts. Zudem liegt diese Rechtsprechung auf einer Linie mit den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Gestaltung der ab 1980 zu beachtenden Gesetzesfassung.
1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG liegt eine doppelte Haushaltsführung vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Obwohl der Wortlaut dieser Vorschrift an sich einer weiten Auslegung zugänglich ist, hat der Senat sie stets unter Hinweis auf den Zusammenhang mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dahin interpretiert, daß von ihr nur Aufwendungen aus Anlaß einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung erfaßt werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. November 1971 VI R 96/70, BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134 unter 1. und vom 14. Februar 1975 VI R 125/74, BFHE 115, 322, BStBl II 1975, 607). Diese Verknüpfung einer steuerrechtlich relevanten doppelten Haushaltsführung mit dem dem allgemeinen Werbungskostenbegriff entstammenden Element der beruflichen Veranlassung macht es erforderlich, die Frage nach dem Anlaß der doppelten Haushaltsführung danach zu beantworten, durch welche Umstände die Gründung des zweiten Hausstandes veranlaßt war. Da von der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG nur Mehraufwendungen erfaßt werden, kann von einer beruflichen Veranlassung insoweit nur gesprochen werden, wenn eben die zu diesen Mehraufwendungen führenden Umstände beruflich veranlaßt waren. Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung muß also gerade die diese Mehraufwendungen mit sich bringende Veränderung in der Haushaltsführung geeignet sein, den Beruf des Steuerpflichtigen zu fördern. Diese Veränderung aber tritt in den Fällen der doppelten Haushaltsführung im wesentlichen durch die Gründung des zweiten Hausstandes ein. Daher muß bei der Frage nach der beruflichen Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung auf die zur Gründung dieses zweiten Hausstandes führenden Beweggründe abgestellt werden.
Dagegen wird in der Rechtsprechung einiger FG die berufliche Veranlassung für die doppelte Haushaltsführung auch dann bejaht, wenn der Steuerpflichtige nach der aus privaten Gründen vorgenommenen Wegverlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort von seiner an diesem Ort begründeten oder beibehaltenen Zweitwohnung seinem bisherigen Beruf weiter nachgeht (Urteil des FG Düsseldorf, Senate in Köln, vom 21. Juni 1974 VII 69/74 L, EFG 1974, 466; Urteil des FG Bremen vom 20. Februar 1980 I 159/78, EFG 1980, 232). Ein solches Ergebnis beruht nach Auffassung des Senats darauf, daß diese Gerichte den in Frage stehenden Sachverhalt aus einem verkürzenden Aspekt betrachten und nur daraufhin untersuchen, ob der Vorgang der doppelten Haushaltsführung auch berufsbedingte Elemente enthält. Eine derartige Sicht des in Rede stehenden Sachverhalts wird jedoch nicht dem sich aus dem Sinnzusammenhang der Vorschriften des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG und § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG ergebenden Erfordernis gerecht, den Gesamtkomplex der die doppelte Haushaltsführung ergebenden Umstände auf ihre überwiegende Veranlassung bei Gründung des zweiten Hausstandes hin zu untersuchen.
2. Diese aus dem Sinnzusammenhang der Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 mit § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG gewonnene Auslegung stimmt überein mit der nach der Systematik des Einkommensteuergesetzes erforderlichen Abgrenzung zwischen beruflich veranlaßten Aufwendungen und den nichtabziehbaren Aufwendungen der allgemeinen Lebensführung des § 12 Nr. 1 EStG (BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134).
Nach der Auffassung des FG im Streitfall, die sich insofern mit der des FG Düsseldorf, Senate in Köln (EFG 1974, 466) und des FG Bremen (EFG 1980, 232) deckt, soll eine beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung immer schon dann anzunehmen sein, wenn der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort oder in dessen unmittelbarer Umgebung einen und an einem dritten Ort einen weiteren Hausstand unterhält. Dies würde entgegen der Rechtsprechung des BFH auch dann zu gelten haben, wenn der Steuerpflichtige nur aus privaten Gründen seinen Familienwohnsitz vom bisherigen Wohn- und Beschäftigungsort wegverlegte. So könnte er beispielsweise eine Ferienwohnung zu seinem Familienwohnsitz bestimmen mit der Folge, daß die durch die Nutzung derselben entstandenen Kosten zum Teil steuermindernd zu berücksichtigen wären. Dieses Ergebnis widerspräche jedoch dem in § 12 Nr. 1 EStG niedergelegten systematischen Grundgedanken des Einkommensteuerrechts, nach dem Aufwendungen für die Lebensführung den Gewinn bzw. Überschuß nicht schmälern dürfen, wenn nicht eine Ausnahmeregelung dies gestattet.
Der Senat kann auch nicht den Erwägungen beitreten, die das FG zur Begründung seiner Auffassung anführt. Er verkennt nicht, daß Haushaltsführung für sich betrachtet stets eine private Angelegenheit i. S. des § 12 Nr. 1 EStG ist und daß auch bei einer - nach der Rechtssprechung des BFH - anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung stets private Motive bei der Begründung eines zweiten Hausstandes mitspielen. Daraus darf jedoch nicht der Schluß gezogen werden, in Fällen der vorliegenden Art die Suche nach einem allgemeinen Kriterium zur Abgrenzung der beruflichen von der privaten Veranlassung generell aufzugeben. Daß bei einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung - in jedem Fall - das private Moment des Wohnens bei der Abziehbarkeit der durch die doppelte Haushaltsführung veranlaßten Mehraufwendungen zu vernachlässigen ist, folgt bereits aus der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Wie sich aus der Rechtsprechung des BFH ergibt, ist eine sachgerechte Entzerrung des stets zu einer doppelten Haushaltsführung führenden Geflechts von privaten und beruflichen Motiven möglich. Denn in den vom Senat bestätigten Fällen einer steuerrechtlich relevanten doppelten Haushaltsführung war - mit Ausnahme der Entscheidung in BFHE 119, 281, BStBl II 1976, 654 - Anlaß für die Gründung eines zweiten Hausstandes stets ein dem Beruf entstammendes Erfordernis (vgl. BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134 sowie die Urteile vom 2. Februar 1979 VI R 108/75, BFHE 127, 37, BStBl II 1979, 338 und vom 9. März 1979 VI R 223/77, BFHE 127, 524, BStBl II 1979, 520).
Abzulehnen ist die Auffassung einiger FG, diese Betrachtung des Senats verzerre die Realität, daß in die zur Einrichtung eines zweiten Hausstandes oder - statt dessen - zur Verlegung des Familienwohnsitzes in die Nähe der Arbeitsstätte oder zur Inkaufnahme einer größeren Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führenden Überlegungen auch Erwägungen der allgemeinen Lebensführung eingehen. Die Gegenmeinung verkennt insoweit die Begriffe "privat" und "persönlich". Es ist unbezweifelbar, daß die Entscheidung zwischen diesen in Frage kommenden Möglichkeiten und den damit verbundenen Aufwendungen von der jeweiligen Persönlichkeit des Steuerpflichtigen und damit von der Wertschätzung seines Privatlebens für ihn abhängt (vgl. auch BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26). Mit der Entscheidung, einen doppelten Haushalt zu begründen, wird der Anlaß für die hierdurch entstehenden Mehraufwendungen aber noch nicht "privat". Denn in jeder der genannten Alternativen steht das ihnen gemeinsame "berufliche" Erfordernis im Vordergrund, den täglichen Weg des Steuerpflichtigen zur Arbeitsstätte zu bewältigen.
Aus diesem Grunde läßt sich auch aus einem Vergleich der gesetzlichen Behandlung der Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG) mit den Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nichts für die vom FG vertretene Auffassung herleiten (anders jedoch FG Düsseldorf, Senate in Köln, EFG 1974, 466). Dies gilt um so mehr, als der Gesetzgeber durch die Formulierung "Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte" (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG) und durch die Einführung des sog. Entfernungskilometers (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) gezeigt hat, daß - als Ausnahme von der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG - bei der Fahrt des Arbeitnehmers von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück die private Mitveranlassung ausnahmsweise in den Hintergrund treten und die Entfernung der Wohnung von der Arbeitsstätte in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen soll.
3. Die Rechtsprechung des Senats wurde im übrigen inzwischen durch den Gesetzgeber bestätigt. Denn die berufliche Veranlassung bei der Begründung einer doppelten Haushaltsführung als Voraussetzung der Abziehbarkeit der hierdurch veranlaßten notwendigen Mehraufwendungen ist nunmehr in den Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG i. d. F. vom 21. Juni 1979 - EStG 1979 - (BGBl I 1979, 721, BStBl I 1979, 379) mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 1978 (§ 52 Abs. 11a EStG 1979) übernommen worden. Bei dieser Änderung ging es dem Gesetzgeber zwar in erster Linie darum, der aus dem Werbungskostenbegriff abgeleiteten Rechtsprechung des Senats, auch die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung müsse beruflich veranlaßt sein (vgl. BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26), die Grundlage zu entziehen. Es war aber auch Zweck der Gesetzesänderung, die bisherige Rechtsprechung des Senats festzuschreiben, daß die Begründung einer doppelten Haushaltsführung beruflich veranlaßt sein muß und daß folglich eine Verlegung des Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort an einen anderen Ort oder die Begründung eines zweiten Wohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes keinen beruflichen Anlaß für eine doppelte Haushaltsführung darstellt (vgl. Bundestags-Drucksache 8/2501, S. 15, 18).
Nach alledem verbietet sich die Betrachtungsweise, eine berufliche Veranlassung bei Begründung der doppelten Haushaltsführung liege bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige zwar aus privaten Gründen seinen Hauptwohnsitz vom bisherigen Beschäftigungs- und Wohnort wegverlegt, aber aus beruflichen Gründen einen weiteren Hausstand am Beschäftigungsort beibehält oder begründet.
III. Dieser Grundsatz erleidet nach Auffassung des Senats keine Ausnahme, wenn der Steuerpflichtige wegen der Gesundheit eines Angehörigen eine doppelte Haushaltsführung durch Wegverlegung seines Familienwohnsitzes vom Beschäftigungsort begründet.
1. Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger in diesem Zusammenhang erbringt, stellen sich, da es entscheidend nur auf den Anlaß der Wegverlegung ankommt, als Ausgaben zur Linderung von Leiden oder zur Gesundung von Angehörigen dar. Solche Aufwendungen sind grundsätzlich Kosten der privaten Lebensführung (BFH-Urteile vom 4. Oktober 1968 IV R 59/68, BFHE 94, 442, BStBl II 1969, 179 und vom 17. April 1980 IV R 207/75, BFHE 130, 491, BStBl II 1980, 639). Sie können zwar nach der Rechtsprechung des BFH Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein, wenn der Steuerpflichtige gesundheitliche Schäden im Zusammenhang mit seinem Beruf oder Betrieb erleidet (BFHE 94, 442, BStBl II 1969, 179). Das ist jedoch nicht der Fall, wenn der Veranlassungszusammenhang in erheblichem Maße durch Umstände beeinflußt wird, die - wie im vorliegenden Fall - dem nichtberuflichen Bereich zuzuordnen sind (vgl. BFHE 130, 491, BStBl II 1980, 639).
Der Senat sieht keine Veranlassung, diese sich aus dem Werbungskostenbegriff ergebende Begrenzung der Abziehbarkeit von Aufwendungen für die Wiederherstellung der Gesundheit oder die Linderung von Leiden im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erweitern. Er läßt sich dabei insbesondere von der Erwägung leiten, daß die steuerliche Geltendmachung von krankheitshalber entstandenen Kosten - unabhängig von ihrer Abziehbarkeit im Einzelfall - nach der Systematik des Einkommensteuerrechts dem Bereich der außergewöhnlichen Belastungen des § 33 EStG als allgemeinem steuerrechtlichen Entlastungstatbestand angehört. Doch auch diese Vorschrift hat der Senat in ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, daß grundsätzlich nur unmittelbare Krankheitskosten (Urteile vom 14. Februar 1980 VI R 218/77, BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295; vom 22. August 1980 VI R 138/77, BFHE 131, 381, BStBl II 1981, 23 und VI R 196/77, BFHE 131, 378, BStBl II 1981, 25), nicht aber - wie hier - die mit einer Krankheit verbundenen Folgekosten als außergewöhnliche Belastungen anzusehen sind (Urteil vom 1. Dezember 1978 VI R 149/75, BFHE 126, 302, BStBl II 1979, 78).
IV. Durch die aufgezeigte Auslegung des Begriffs der doppelten Haushaltsführung werden Grundrechte des Klägers nicht verletzt.
1. Entgegen der Auffassung des FG Bremen (EFG 1980, 232) verstößt die unterschiedliche Behandlung der Mehraufwendungen durch eine doppelte Haushaltsführung je nach dem zur Gründung des zweiten Hausstandes führenden Anlaß nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Das FG meint, es könne keinen Unterschied machen, ob aus beruflichem Anlaß ein zweiter Hausstand begründet oder aus beruflichem Anlaß der bisherige Haushalt beibehalten werde. Das Motiv des Steuerpflichtigen (der Anlaß) sei in beiden Fällen das gleiche. Zur Verdeutlichung seiner Ansicht führt es das Beispiel zweier Arbeitnehmer an, die seit 20 Jahren jeweils einen doppelten Haushalt führten, jedoch der eine aus Gründen einer beruflichen Veränderung, der andere aus privaten Motiven. Beide Sachverhalte würden sich nach der Gründung des zweiten Haushalts nicht voneinander unterscheiden.
Diese Gedankenführung ist jedoch nicht schlüssig.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats zu dem vor dem 1. Januar 1978 geltenden Begriff der doppelten Haushaltsführung (§ 52 Abs. 11a EStG 1979) bestand nur in den ersten zwei Jahren nach der beruflich veranlaßten Entstehung der doppelten Haushaltsführung eine widerlegbare Vermutung dafür, daß auch die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung beruflich veranlaßt war. Nach Ablauf von zwei Jahren hatte der Steuerpflichtige den Nachweis für die berufliche Veranlassung ihrer Beibehaltung zu erbringen (BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26). Demnach konnte es also nach der damaligen Rechtslage zu der vom FG Bremen unterstellten Ungleichbehandlung der Beispielsfälle nicht kommen, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis nicht führen konnte. Konnte der Nachweis geführt werden, dann bestand zwar nach dem Urteil in BFHE 123, 444, BStBl II 1978, 26 keine zeitliche Begrenzung für die steuerrechtliche Anerkennung der doppelten Haushaltsführung. Doch rechtfertigte sich die damit verbundene Ungleichbehandlung aus dem Umstand, daß in einem solchen Fall weiterhin ein berufliches Hindernis für die Führung nur eines Haushalts bestand.
Die seit dem 1. Januar 1978 zu beachtende Gesetzesfassung des § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG, die nicht mehr auf die Gründe für die Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung abstellt, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Denn es handelt sich hier um eine steuerrechtliche Ausnahmevorschrift mit Entlastungscharakter. Durch sie soll aus arbeitsmarktpolitischen Gründen (vgl. Bundestags-Drucksache 8/2501, S. 15, 18) auf die Prüfung der beruflichen Veranlassung von Mehraufwendungen in solchen Fällen verzichtet werden. Sie sagt aber nichts darüber aus, ob in den Fällen einer länger dauernden doppelten Haushaltsführung eine berufliche Veranlassung für ihre Beibehaltung besteht.
b) Im übrigen ist dem FG Bremen (EFG 1980, 232) - wie erwähnt - bereits in seiner Betrachtungsweise bei der Darstellung der zu vergleichenden Sachverhalte nicht zu folgen, da es die Ausgangs- und die Endphasen von länger dauernden Lebensvorgängen außer Betracht läßt und theoretische Rumpfsachverhalte vergleicht. Letztere aber besagen für die Frage der Berechtigung einer unterschiedlichen Behandlung der Beispielsfälle nichts. Im Fall der beruflich veranlaßten Begründung des zweiten Haushalts ist vielmehr noch nach Jahren der Beibehaltung der doppelten Haushaltsführung eine enge Beziehung der Mehraufwendungen zum Beruf des Steuerpflichtigen denkbar. Diese läßt sich u. a. dadurch kennzeichnen, daß in diesem Fall der Steuerpflichtige die Aufwendungen als Opfer an das Berufsleben ansehen wird, während er im Gegenbeispiel die Aufwendungen nur als Opfer an das Privatleben einordnen wird. Sie ist weiter dadurch gekennzeichnet, daß der Steuerpflichtige nach Wegfall des beruflichen Hindernisses für das Halten nur eines Hausstandes die doppelte Haushaltsführung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit beenden wird. Dies ist bei einer privat veranlaßten Gründung des zweiten Haushalts nicht in gleichem Maße zu erwarten.
c) Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die vom FG Bremen (EFG 1980, 232) aufgeführten Beispielsfälle aus einem weiteren Grund nicht "vergleichbar" sind. Denn es beschränkt sich bei seiner Darstellung auf die Beschreibung äußerer Merkmale der verglichenen Sachverhalte (zwei Haushalte, Mehraufwendungen). Bei der Erfassung von steuerrechtlich relevanten Sachverhalten ist im Einzelfall aber auch auf innere Vorgänge (Vorstellungen, Motive) abzustellen (BFH-Urteil vom 6. Februar 1981 VI R 30/77, BFHE 132, 461, BStBl II 1981, 362). Sie bedingen, daß nach äußeren Merkmalen gleichliegende Sachverhalte einkommensteuerrechtlich verschieden zu beurteilen sein können. Der Große Senat des BFH hat dies in seinem Beschluß vom 28. November 1977 GrS 2-3/77 (BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105) am Beispielsfall des auf einer beruflichen Fahrt durch Hinzutreten privater Motive verursachten Verkehrsunfalls (Abschn. B II 3 b der genannten Entscheidung) aufgezeigt.
2. Ebensowenig liegt in der Rechtsprechung des Senats zur doppelten Haushaltsführung ein Verstoß gegen Art. 6 GG. Zwar handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine wertentscheidende Grundsatznorm (Maunz/Dürig/Herzog, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 6 Anm. 6), mit der der Grundgesetzgeber Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung unterstellt hat. Aus ihr lassen sich jedoch keine Folgerungen für die Auslegung des Begriffs der beruflichen Veranlassung und damit des Werbungskostenbegriffs ziehen. Diese rein steuerrechtlichen Begriffe sind weitestgehend grundrechtsneutral. Durch sie wird das Institut von Ehe und Familie nicht berührt. Die Gestaltung der ehelichen und familiären Beziehungen, insbesondere der Lebens- und Wohnverhältnisse, ist grundsätzlich eine private Angelegenheit der Eheleute bzw. der Familienmitglieder. Sie ist in das Belieben der Familie gestellt. Ein aus Art. 6 GG ableitbarer Anspruch gegen die Allgemeinheit, die mit der Gestaltung des Familienlebens verbundenen Aufwendungen zum Teil zu tragen, besteht somit nicht (vgl. auch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 29. Juni 1981 1 BvR 226/75, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1981 S. 579).
Zudem ergibt sich im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des Streitfalles keine andere Auslegung des Art. 6 GG. Denn auch in ihrem Lichte gebietet der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, die Normen des Steuerrechts in Übereinstimmung mit den für andere Fallgruppen, für die die Grundrechtsnorm nicht einschlägig ist, geltenden Regeln auszulegen. Zwar ist es ständige Rechtsprechung des BVerfG, daß die Normen des einfachen Rechts im Lichte der Grundrechtsnormen auszulegen sind (vgl. zum Schutz von Ehe und Familie Beschluß vom 17. Januar 1957 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55, 72) . Doch kann dies nur so weit reichen, als die auszulegende Norm des einfachen Rechts den Schutzbereich eines Grundrechts überhaupt berührt (vgl. BVerfG-Beschluß vom 14. April 1959 1 BvL 23, 34/57, BVerfGE 9, 237, 242). Das ist nach vorstehenden Ausführungen nicht der Fall. Daher können zwingende Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger für seine Angehörigen erbringt, auch im Lichte des Grundrechtsverständnisses des BVerfG nur unter dem steuerrechtlichen Gesichtspunkt erörtert werden, zu dem sie nach der Systematik des Einkommensteuerrechts gehören. Das ist aber - wie erwähnt - der der außergewöhnlichen Belastung.
V. Der Senat kann es dahinstehen lassen, ob etwas anderes gilt, wenn der Steuerpflichtige sich bereits vor der Begründung des zweiten Hausstandes nachweislich um eine berufliche Versetzung in die Nähe des neuen Familienwohnsitzes bemüht hat. Denn im Streitfall konnte der Kläger zwar nachweisen, sich am 29. Oktober 1974 und am 7. August 1978 um einen Dienstposten in der Nähe von A beworben zu haben. Dieser Umstand vermag jedoch bei der Beurteilung der zur Verlegung des Familienwohnsitzes führenden Vorgänge keine Rolle zu spielen, da die Eheleute ihr Einfamilienhaus in A bereits im Mai 1974 bezogen hatten. Das "Vorausschicken" der Familie an einen anderen Ort, an dem man künftig unter Umständen beabsichtigt, ein Arbeitsverhältnis einzugehen, ist aber ein steuerrechtlich irrelevantes Wegverlegen des Wohnsitzes vom Arbeitsort jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer am neuen Familienwohnsitz überhaupt noch kein konkretes Arbeitsverhältnis im Auge hat (BFHE 130, 388, BStBl II 1980, 512).
Die Sache ist spruchreif, weil das FG lediglich durch Zugrundelegung einer anderen Rechtsauffassung zur Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides und Neufestsetzung der geschuldeten Einkommensteuer gelangt ist. Daher war das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.