Normen
§ 126 Abs. 1 FGO
§ 124 FGO
§ 82a EStDV
§ 82b EStDV
Tatbestand:
Streitig ist die steuerliche Behandlung der Aufwendungen für den Wohnungsumbau und die Beseitigung von Schäden in einem Mietwohnhaus.
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin (Klägerin) wandte im Jahre 1967 insgesamt 195 398 DM für Arbeiten an ihrem um die Jahrhundertwende erbauten Mietwohnhaus auf. Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (FA) behandelte 24 292 DM dieser Aufwendungen für den Einbau einer Ölzentralheizung anstelle der 14 Jahre alten Gaszentralheizung als Erhaltungsaufwand, 258 DM als Privataufwendungen und die übrigen Kosten als Herstellungsaufwand. Die AfA bemaß er auf 2,5 v. H.
Während der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, hatte die Klage zum Teil Erfolg. Das FG sah die Klage als zulässig an, obwohl die sich nach dem Antrag der Klägerin ergebende Einkommensteuer von 50 283 DM höher war als die vom FA festgesetzte Einkommensteuer von 45 514 DM, weil sich die steuerliche Behandlung der Aufwendungen durch das FA in den Folgejahren zuungunsten der Klägerin auswirke. Von den Privataufwendungen abgesehen seien sämtliche Aufwendungen der Klägerin zur Wiederherstellung des Hauses Herstellungsaufwand. Jedoch könne die Vergünstigung des § 82 a EStDV in größerem Umfange zugelassen werden. So gehöre die Anbringung von Leichtmetall-Jalousetten zum Umbau von Fenstern i. S. der Nr. 10 der Anlage 7 zur Einkommensteuer-Durchführungsverordnung. Aufwendungen für Wasserleitungen und Entlüftung seien begünstigt, weil die Leitungen und Entlüftungen Voraussetzung für die unter Nrn. 3, 4 7 und 9 der Anlage aufgeführten Anlagen und Einrichtungen seien. Auch der Einbau von Glasbausteinen anstelle eines alten Holzfensters sei als Umbau eines Fensters i. S. der Nr. 10 der Anlage anzusehen.
Die nach § 7 Abs. 4 EStG zu bemessende AfA sei auf 2,63 v. H. festzusetzen (Hinweis auf Urteil des BFH vom 25. November 1970 I R 165/67, BFHE 100, 524, BStBl II 1971, 142).
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA mit folgender Begründung: Die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG sei auf 2,5 v. H. zu bemessen. Ein höherer Satz sei nach dem in Bezug genommenen BFH-Urteil nur möglich, wenn bereits vor dem Anfall der Baukosten eine höhere AfA als 2,5 v. H. anerkannt wurde. Die Anbringung der Jalousetten gehöre nicht zum Umbau des Fensters. Die Glasbausteine bildeten kein Fenster. Wasserleitungen und Entlüftungen gehörten nicht zu den in Anlage 7 der EStDV aufgezählten Anlagen, sondern seien lediglich deren Voraussetzung.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben, bei der Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer für 1967 eine AfA von 10 v. H. für die Einbaumöbel anzuerkennen, im übrigen jedoch die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen. In ihrer Anschlußrevision beantragt sie ferner, das Urteil des FG aufzuheben und bei ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer für das Jahr 1967 55 717 DM der Aufwendungen für das Haus als Erhaltungsaufwand gemäß § 82 b EStDV zu 1/5 zum Abzug als Werbungskosten zuzulassen und eine AfA auf Einrichtungsgegenstände von 67,50 DM zusätzlich zu berücksichtigen sowie die Kosten des Verfahrens vor dem FG nach § 136 FGO zu verteilen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unzulässig, weil Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Revision u. a. ist, daß der Rechtsmittelführer durch die von ihm angefochtene Entscheidung beschwert ist (vgl. hierzu Beschluß des Großen Senats des BFH vom 15. November 1971 GrS 7/70, BFHE 103, 456 [459], BStBl II 1972, 120). Das FA ist durch die Entscheidung des FG jedoch nicht beschwert. Aus dem Beschluß des BFH GrS 7/70 geht hervor, daß es für die Zulässigkeit der Revision des FA entscheidend nicht in erster Linie auf die formelle Beschwer ankommt. Vielmehr berechtigt das FA jede durch das FG-Urteil eingetretene materielle Verschlechterung der Rechtslage gegenüber dem vom Steuerpflichtigen angegriffenen Bescheid, Revision einzulegen. An einer solchen materiellen Verschlechterung der Rechtslage gegenüber dem von der Klägerin angegriffenen Bescheid fehlt es jedoch. Wird von dem Antrag ausgegangen, den der Vertreter des FA in der mündlichen Verhandlung gestellt hat, die Klage -- abgesehen von einer geringfügigen Änderung zugunsten der Klägerin -- abzuweisen, so verfolgt das FA mit seiner Revision die Herabsetzung der strittigen Einkommensteuer von dem in der FG-Entscheidung festgesetzten Betrag auf den in der angegriffenen Einspruchsentscheidung veranlagten Betrag. Da lediglich die Rechtmäßigkeit des festgesetzten Steuerbetrags Streitgegenstand des Steuerprozesses ist, nicht aber die Begründung der Steuerfestsetzung (vgl. BFH-Beschluß vom 17. Juli 1967 GrS 1/66, BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344), ist eine Beschwer des FA nicht erkennbar. Auch für zukünftige Steuerabschnitte ergibt sich keine Beschwer. Denn das FA kann die AfA-Sätze, die Anlaß zum Rechtsstreit gegeben haben, in jedem Steuerabschnitt neu ermitteln, ohne grundsätzlich an die Ermittlungen für die Vorjahre gebunden zu sein.
Wird demgegenüber von der Begründung der Revision ausgegangen, die sich mit dem Antrag auf Klageabweisung nicht deckt, wohl aber mit dem weiteren Antrag auf Zurückweisung der Anschlußrevision im Einklang steht, wonach die allgemeine AfA für das Haus, die das FG auf 2,63 v. H. bemessen hat, und die besondere AfA von 10 v. H., die das FG für Modernisierungsaufwand gemäß § 82 a EStDV gewährt hat, auf 2,5 v. H. reduziert werden soll, so ergibt sich allerdings auch für das Streitjahr eine höhere Einkommensteuer gegenüber der im FG-Urteil festgesetzten Steuer. Mit diesem Begehren setzt sich das FA jedoch in Gegensatz zu der Rechtsposition, die es im Steuerprozeß einnimmt. Es kann lediglich die Angriffe des Klägers gegen den Verwaltungsakt abwehren und die durch den angefochtenen Verwaltungsakt -- hier in der Form der Einspruchsentscheidung -- im öffentlichen Interesse festgelegte Position verteidigen (vgl. BFH-Beschluß GrS 7/70). Da das FG aufgrund des zulässigen Antrags der Klägerin in seinem Urteil die strittige Einkommensteuer höher als in der Einspruchsentscheidung festgesetzt hat, konnte das FA zwar seine Rechtsposition innerhalb dieses Spielraums verteidigen. Es kann aber nicht die Festsetzung einer höheren Steuer verlangen. Dieses Verlangen ist unzulässig. Auswirkungen auf zukünftige Steuerabschnitte hat die Entscheidung des FG nicht, so daß auch insoweit keine Beschwer vorliegt, wie bereits ausgeführt.
Demgegenüber war die Klägerin durch den Steuerbescheid beschwert, in dem das FA die Aufwendungen der Klägerin für die Heizungsanlage in vollem Umfange als Werbungskosten berücksichtigte, statt sie dem Antrag der Klägerin entsprechend gemäß § 82 b EStDV auf fünf Jahre zu verteilen. Hätte die Klägerin dies unwidersprochen hingenommen, so wäre sie des mit der Verteilung verbundenen steuerlichen Vorteils in den Folgejahren verlustig gegangen. Denn die Aufwendungen wären im Streitjahr steuerlich "verbraucht" gewesen, so daß § 82 b EStDV nicht mehr hätte angewandt werden können. Um sich den Steuervorteil zu erhalten, mußte die Klägerin den Steuerbescheid mit der Folge angreifen, daß die Steuer höher festgesetzt wurde. Ihr Einspruch und ihre Klage waren daher zulässig. Im Rahmen dieses zulässigen Rechtsbehelfs und Rechtsmittels konnte die Klägerin dann auch den Steuerbescheid in anderen Streitpunkten angreifen.
Die Anschlußrevision der Klägerin ist jedoch unzulässig, weil sie als unselbständige Anschlußrevision nur zulässig wäre, wenn auch die Revision, an die sie sich anschloß, zulässig ist (vgl. BFH-Urteil vom 12. Januar 1968 VI R 140/67, BFHE 90, 395, BStBl II 1968, 121). Wegen der Unzulässigkeit der Anschlußrevision der Klägerin kann der Senat über ihre Einwendungen gegen die Kostenentscheidung des FG nicht befinden.