BFH

BFHII R 71/7123.4.1975

Amtlicher Leitsatz:

1. Einlagen der Kommanditisten einer GmbH & Co. KG, die nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb der Kommanditanteile geleistet worden sind, unterlagen der Gesellschaftsteuer nach dem Kapitalverkehrsteuergesetz 1959.

2. Zur Zulässigkeit einer alternativen Urteilsbegründung.

Normen

§ 2 Nr. 2 KVStG 1959
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959
§ 6 Abs. 2 KVStG 1959
§ 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO

 

Tatbestand:

Die Klägerin, die mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 27. April 1967 gegründet und am 11. Mai 1967 in das Handelsregister eingetragen worden ist, beteiligte sich als persönlich haftende Gesellschafterin an einer mit Gesellschaftsvertrag vom 27. April 1967 vereinbarten KG, die am 11. Mai 1967 ihre Tätigkeit aufgenommen hat.

Das beklagte FA erließ gegen die Klägerin wegen der "von den Kommanditisten geleisteten Kommanditeinlagen in Höhe von 50 000 DM" am 26. Februar 1969 einen Gesellschaftsteuerbescheid über 1 250 DM.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, daß § 2 Nr. 1 KVStG 1959, den das FG für verwirklicht gehalten habe, deshalb nicht anwendbar sei, weil bis zum 11. Mai 1967, dem Tag, an dem sie ins Handelsregister eingetragen worden sei, noch keine Kommanditeinlagen geleistet gewesen seien und deshalb eine Gegenleistung für den Erwerb der Kommanditanteile nicht festgestellt werden könne. Auf § 2 Nr. 2 KVStG 1959 könne die Steuerpflicht nicht gestützt werden, weil diese Vorschrift wegen Nichtigkeit des § 6 Abs. 2 KVStG 1959 nicht auf die Leistungen der Kommanditisten einer GmbH & Co. angewendet werden könne.

Entscheidungsgründe

Zwar kann dem Urteil des FG nicht eindeutig entnommen werden, ob und inwieweit bei der Gründung der KG eine Gegenleistung erbracht worden ist, die Besteuerungsmaßstab für den Erwerb der Kommanditanteile sein könnte (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 24. Juli 1972 II R 69/71, BFHE 107, 58, BStBl II 1972, 907). Dem angefochtenen Urteil kann aber entnommen werden, daß die Kommanditeinlagen geleistet waren, als der angefochtene Steuerbescheid erlassen wurde. Hierüber besteht auch kein Streit.

Sollte eine Steuer aus § 2 Nr. 1 KVStG 1959 möglicherweise nicht entstanden sein, so läge in diesem Falle jedenfalls eine Leistung im Sinne des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 vor, die zu einer Gesellschaftsteuer in der gleichen Höhe wie bei Verwirklichung des Tatbestandes des § 2 Nr. 1 KVStG 1959 führte. Das reicht aus, um die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung nicht etwa deshalb gehindert, weil er nur die alternative Aussage machen kann, daß entweder der Tatbestand des § 2 Nr. 1 oder der des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 verwirklicht worden ist. Denn der zu beurteilende Lebenssachverhalt, auf Grund dessen der angefochtene Steuerbescheid ergangen ist, bleibt der gleiche, wenn auch die Frage nicht eindeutig geklärt worden ist, in welchem Zeitpunkt die Kommanditeinlagen geleistet wurden.

Was die Frage nach dem Steuerschuldner angeht, so hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, daß Steuerschuldner auch in den Fällen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 die Kapitalgesellschaft war (vgl. Urteil vom 16. Juni 1970 II R 22/70, BFHE 99, 423, BStBl II 1970, 668).

Die Klägerin ist allerdings der Meinung, daß § 2 Nr. 2 KVStG 1959 bei einer GmbH & Co. KG nicht verwirklicht werden konnte, weil § 6 Abs. 2 KVStG 1959 nichtig gewesen sei und Kommanditisten deshalb im Sinne des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 nicht als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft hätten angesehen werden können. Der Senat hält demgegenüber daran fest, daß der Tatbestand des § 2 Nr. 2 KVStG 1959 auch bei einer GmbH & Co. KG verwirklicht werden konnte (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1969 II 141/65, BFHE 97, 320, BStBl II 1970, 99). § 6 Abs. 2 KVStG 1959 war nicht insoweit nichtig, als er die Inhaber von Kommanditanteilen an einer GmbH & Co. KG ansprach. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 3. Dezember 1964 II 12/61 S (BFHE 81, 55, BStBl III 1965, 19) geäußert, daß § 6 Abs. 2 KVStG 1959 in diesem Umfange nichtig sei. Hiermit sollte jedoch nur ausgesagt werden, daß § 6 Abs. 2 KVStG 1959 wegen der angenommenen Nichtigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 insoweit gegenstandslos sei. Nachdem nunmehr aber mit Gesetzeskraft (Art. 94 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, § 31 Abs. 2 Satz 1, § 13 Nr. 6 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht) festgestellt ist, daß § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 verfassungsmäßig war (BVerfGE 24, 174), entfällt die über § 6 Abs. 2 KVStG 1959 gemachte Aussage.

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