Normen
§ 7 Abs. 2 S. 1 EStG
Tatbestand:
Streitig ist, ob Lufterhitzer, die in einer Fabrikhalle aufgestellt sind, als bewegliche Anlagegüter anzusehen sind und demgemäß nach § 7 Abs. 2 EStG degressiv abgeschrieben werden können.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, stellt in einer 3 500 qm großen Fabrikhalle Kippformmaschinen zur Fertigung von Betonwaren (Bord-, Pflaster-, Randsteine usw.) her. Die Halle wird auf folgende Weise beheizt:
Von einem im Freien befindlichen Öltank (Fassungsvermögen: 20 000 Liter) führen Leitungen durch die Hallenwand zu einem anderen an der Innenwand der Halle angebrachten Ölbehälter, dem sogenannten "Ausgleichsgefäß". Von diesem Behälter wird das Öl durch Leitungen zu drei an verschiedenen Stellen in der Halle aufgestellten Lufterhitzern gepumpt. Die drei Lufterhitzer selbst sind nicht fest mit dem Hallenboden verbunden; ihre Abgase werden mit Hilfe von Blechrohren, die unmittelbar an den Heizautomaten angebracht sind, durch das Hallendach geleitet.
Ein weiterer kleiner Lufterhitzer, der der Beheizung des -- von den übrigen Räumen abgetrennten -- Spritzraumes dient, ist an der Wand zwischen der Fabrikhalle und dem Spritzraum angebracht. Die Warmluft wird von diesem Lufterhitzer durch einen Wanddurchbruch in den Spritzraum abgegeben.
Von dem an der Halleninnenwand angebrachten Ölbehälter (Ausgleichsgefäß) führt außerdem eine Ölleitung durch die ganze Halle zu einem anderen Ölbehälter, von dem mit Hilfe einer Pumpe die Radiatorenheizung des im vorderen Teil der Halle untergebrachten Betriebsbüros mit Heizöl versorgt wird.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) vertrat im Anschluß an eine die Streitjahre 1963 bis 1967 umfassenden Betriebsprüfung die Auffassung, die gesamte Heizungsanlage sei als wesentlicher Bestandteil der Halle anzusehen. Als Gebäudebestandteil könne sie nur linear abgeschrieben werden; dabei sei eine jährliche AfA von 10 v. H. anzusetzen. Diese Auffassung legte das FA den gemäß § 222 AO berichtigten Bescheiden über die einheitliche Gewinnfeststellung für die Jahre 1963 bis 1965 und den endgültigen Bescheiden für die Jahre 1966 und 1967 zugrunde.
Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, die Lufterhitzer seien selbständige, von den Öltanks und den Ölzuleitungen zu trennende bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens; sie könnten daher gemäß § 7 Abs. 2 EStG degressiv abgeschrieben werden. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Auch die Klage hatte im Streitpunkt keinen Erfolg.
Zur Begründung seines Urteils führte das FG aus, es handle sich bei den Lufterhitzern um wesentliche Bestandteile des Gebäudes i. S. des § 94 Abs. 2 BGB. Der Umstand, daß die Heizanlagen im Streitfall nicht fest mit dem Boden verbunden seien, ändere daran nichts. Die Lufterhitzer könnten steuerrechtlich nicht anders behandelt werden als der Öltank und der Ausgleichstank. Es handle sich bei der Anlage um ein einheitliches Ganzes, das durch ein Leitungs- und Pumpsystem miteinander verbunden und dazu bestimmt sei, den Fabrik- und Spritzraum zu beheizen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 7 Abs. 2 EStG und des § 94 Abs. 2 BGB. Die Klägerin vertritt auch weiterhin die Auffassung, daß die Lufterhitzer selbständig zu bewertende bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens seien und daher nach § 7 Abs. 2 EStG degressiv abgeschrieben werden können. Ob ein Anlagegegenstand wesentlicher Bestandteil des Gebäudes sei, richte sich nach den Vorschriften des Zivilrechts (Beschluß des BFH vom 31. August 1971 VIII R 61/68, BFHE 103, 141, 143/144, BStBl II 1971, 768). Hiernach sei eine Heizungsanlage, die ohne feste Verbindung mit dem Gebäude frei im Raum aufgestellt sei, kein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes i. S. der §§ 93 und 94 Abs. 2 BGB (BFH-Urteile vom 23. August 1966 I 261/64, BFHE 87, 201, BStBl III 1967, 67; vom 17. Mai 1968 VI R 55/67, BFHE 92, 375, BStBl II 1968, 564). Die Lufterhitzer seien nicht Teil eines geschlossenen Systems der Wärmeerzeugung; vielmehr erfülle jeder Lufterhitzer für sich unabhängig von den anderen Lufterhitzern seine Aufgabe. Jeder Lufterhitzer werde durch einen besonderen Raumthermostaten selbständig gesteuert, habe eine eigene Leitung für die Abgase und eine besondere Ölzuleitung. Die Lufterhitzer seien nicht in das Gebäude eingefügt; sie könnten an jedem beliebigen Ort der Fabrikhalle aufgestellt werden und -- einmal an einen bestimmten Ort gebracht -- ohne Schwierigkeiten an einen anderen Ort gestellt werden.
Die Klägerin beantragt, den Gewinn
für das Jahr 1963 um 1 262 DM,
für das Jahr 1964 um 1 296 DM,
für das Jahr 1965 um 1 054 DM,
für das Jahr 1966 um 1 013 DM und
für das Jahr 1967 um 171 DM
zu mindern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Die von der Klägerin begehrte Art der Abschreibung ist nur zulässig, wenn die von ihr verwendeten Lufterhitzer "bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" (§ 7 Abs. 2 EStG) sind. Das setzt voraus, daß die Lufterhitzer von den übrigen Teilen der Heizanlage abtrennbar sind und als selbständige Wirtschaftsgüter bewertet werden können.
Ob ein Heizkörper ein selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut darstellt, läßt sich nur nach den besonderen Umständen des Einzelfalls entscheiden. An einem selbständig bewertbaren Wirtschaftsgut fehlt es jedenfalls, wenn der Heizkörper mit anderen Teilen einer Heizanlage derart verbunden ist, daß er mit diesen anderen Teilen eine Einheit bildet und nur zusammen mit diesen Teilen genutzt werden kann (vgl. BFH-Urteil VI R 55/67).
Hiernach sind die vom Kläger verwendeten Lufterhitzer keine selbständigen beweglichen Wirtschaftsgüter. Der Umstand, daß sie nicht mit dem Boden fest verbunden sind, ändert hieran nichts. Denn jedenfalls sind die Lufterhitzer nach den Feststellungen des FG nur zusammen mit den zu ihnen führenden Ölleitungen und den hiermit verbundenen Pumpanlagen verwendbar. Bei dieser Sachlage stellen sich die Heizkörper lediglich als unselbständige Teile der Gesamtanlage dar.
Aus den von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung zitierten Urteilen des BFH läßt sich für den Streitfall nichts Gegenteiliges entnehmen. In dem Fall, der dem BFH-Urteil I 261/64 zugrunde lag, hatte der Mieter einer Werkhalle eine Heizungsanlage anbringen lassen, die in seinem Eigentum verblieb und nach ihrer Beschaffenheit im ganzen wieder abtransportiert werden konnte. Auch dieses Urteil geht davon aus, daß die Heizanlage im ganzen zu bewerten sei. In dem BFH-Urteil VI R 55/67 ist darüber hinaus ausdrücklich entschieden, daß der einzelne Lufterhitzer, auch wenn er nicht mit dem Boden fest verbunden ist, kein selbständig bewertbares bewegliches Wirtschaftsgut sei.
2. Die Heizanlage der Klägerin kann auch in ihrer Gesamtheit nicht als bewegliches Wirtschaftsgut angesehen werden; sie ist vielmehr unselbständiger Gebäudebestandteil.
Zur Bewertungseinheit eines Gebäudes gehören alle Gebäudebestandteile, die zu dem Gebäude in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, 249, BStBl II 1974, 132). Diese Teile werden nach bürgerlichem Recht vielfach die Eigenschaft von wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes (§§ 93 ff. BGB) haben; für die einkommensteuerrechtliche Betrachtung kommt es hierauf indessen -- entgegen einer früher in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1970 VI R 88/68, BFHE 100, 394, BStBl II 1971, 95; vom 1. Dezember 1970 VI R 358/69, BFHE 101, 1, BStBl II 1971, 162) -- nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH GrS 5/71 nicht mehr entscheidend an. Maßgebend für die Zugehörigkeit zum Wirtschaftsgut "Gebäude" ist vielmehr der Nutzungs- und Funktionszusammenhang.
Heizungsanlagen haben in erster Linie die Funktion, das Gebäude als solches besser nutzbar zu machen. Ein Gebäude ohne Heizungsanlage kann normalerweise seine Aufgabe, Menschen als Wohn- oder Arbeitsraum zu dienen, nicht erfüllen. Deshalb ist eine in das Gebäude eingebaute Heizanlage in der Regel Gebäudebestandteil (Urteil des RFH vom 25. Januar 1934 III A 5/34, RStBl 1934, 364; BFH-Urteil vom 4. Dezember 1970 VI R 157/68, BFHE 101, 5, BStBl II 1971, 165).
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die Heizanlage nicht der Benutzung des Gebäudes selbst, sondern einem anderen Zweck, nämlich dem im Gebäude ausgeübten Betrieb als Betriebsvorrichtung dient und in diesem Sinne in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht. Als Betriebsvorrichtung wäre z. B. eine Klimaanlage in Chemiefaserfabriken oder Tabakfabriken anzusehen; denn eine solche Anlage dient nicht in erster Linie dem Aufenthalt der Menschen in dem Gebäude, sondern dem Fertigungsprozeß (vgl. den Gemeinsamen Ländererlaß zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen vom 31. März 1967, BStBl II 1967, 120, 127, Nr. 15 Abs. 2).
Etwas derartiges lag hier indessen nicht vor. Wie das FG festgestellt hat, diente die vom Kläger verwendete Heizanlage der Benutzung der Fabrikhalle bzw. der hiermit verbundenen anderen Räumlichkeiten.
3. Handelt es sich aber um Gebäudebestandteile, so kann die Heizungsanlage nur zusammen mit der Fabrikhalle abgeschrieben werden (BFH-Beschluß GrS 5/71).
Ob allerdings die Buchwerte der bisher gesondert bilanzierten Heizungsanlagen bereits bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Streitjahre mit dem Buchwert des Gebäudes zusammenzufassen sind mit der Folge, daß sich aus der nach dem Gebäudewert (einschließlich der Heizungsanlage) und der Gebäudenutzungsdauer sich errechnenden AfA ein insgesamt höherer Gewinn ergibt als bei der bisherigen Bilanzierungsweise, kann offenbleiben. Denn im Hinblick auf das Verbot der Verböserung (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 1971 I R 169/69, BFHE 101, 498, BStBl II 1971, 424) darf im Klageverfahren der vom FA festgestellte Gewinn nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden.