BFH

BFHI R 26/7221.2.1973

Amtlicher Leitsatz:

Der Senat hält an seiner Auffassung im Urteil vom 25. Oktober 1966 I 26/64 (BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92) fest, daß Zinsen für Schulden, die zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen worden sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden können, soweit die Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung den Betrag der Schuldzinsen nicht decken.

Normen

§ 9 KStG
§ 13 KStG

 

Tatbestand:

Die Klägerin und Revisionsklägerin, eine GmbH, nahm im Jahr 1961 einen Kredit zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung auf. Die Zinsen für diesen Kredit und die Gewinnanteile aus der Schachtelbeteiligung entwickelten sich wie folgt:

1962 1963 1964 1965

DM DM DM DM

Schuldzinsen 64 000,02 54 078,35 34 033,41 8 089,45

zugeflossene

Gewinnanteile -- 60 000,-- 180 000,-- 210 000,--

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) vertrat nach einer Betriebsprüfung den Standpunkt, die Zinsen könnten nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, da sie mit den steuerfreien Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung zusammenhingen (§ 13 KStG).

Der Einspruch blieb in diesem Punkt ohne Erfolg.

Das FG hat im zweiten Rechtsgang die Körperschaftsteuerbescheide 1962 und 1965 geändert und die Klage gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1963 und 1964 abgewiesen. Nach Auffassung des FG darf die Klägerin die Zinsen für den Kredit zum Erwerb der Schachtelbeteiligung nur im Streitjahr 1962 abziehen, weil in diesem Jahr den Zinsen keine schachtelbegünstigten Einnahmen gegenübergestanden hätten. Diese Entscheidung stützt das FG auf die Urteile des BFH vom 25. Oktober 1966 I 26/64 (BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92) und vom 21. April 1971 I R 97/68 (BFHE 102, 468, BStBl II 1971, 694).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, die auf zwei Überlegungen gestützt wird:

1. Die Voraussetzungen der Nichtabzugsfähigkeit der Zinsen nach § 13 KStG lägen nicht vor, weil die Schachtelerträge keine steuerfreien Einnahmen seien. Denn die von der Untergesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer gehe unmittelbar zu Lasten der Einnahmen der Obergesellschaft.

2. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Schachteleinnahmen und den Zinsen liege im Streitfall nicht vor, da sie -- die Klägerin -- die Schachtelbeteiligung auch erworben hätte, wenn der Kredit nicht gewährt worden wäre.

Einen förmlichen Revisionsantrag hat die Klägerin nicht gestellt. Ihr Begehren ist indes aus der Revisionsbegründung hinreichend ersichtlich.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Der Senat hat in dem Urteil I 26/64 mit eingehender Begründung entschieden, daß Zinsen für Schulden, die zum Erwerb einer Schachtelbeteiligung aufgenommen worden sind, als Betriebsausgaben abgezogen werden können, soweit die Einnahmen aus der Schachtelbeteiligung den Betrag der Schuldzinsen nicht decken. In dem Urteil I R 97/68 hat der Senat nach nochmaliger Prüfung der Rechtsfrage und mit zusätzlicher Begründung an seiner Auffassung festgehalten. Er bleibt auch im Streitfall bei seiner Rechtsansicht und nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die angeführten Urteile Bezug.

Die Einwendungen der Klägerin gegen das Urteil des FG geben dem Senat Anlaß zu folgenden zusätzlichen Bemerkungen:

1. Mit der Ansicht, die Gewinnanteile aus der Schachtelbeteiligung seien bereits versteuert, hat sich der Senat bereits in dem Urteil I 26/64 auseinandergesetzt. Er hat ausgeführt, die Besteuerung bei der Untergesellschaft könne nicht als Besteuerung der Obergesellschaft angesehen werden. Auch die Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG mache die Erträge aus der Schachtelbeteiligung nicht zu versteuerten Einnahmen der Obergesellschaft, da sie ihrem Sinn und Zweck nach eine Ergänzung der von der Untergesellschaft gezahlten ermäßigten Körperschaftsteuer darstelle. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Dem § 13 KStG kann -- trotz seines ungenauen Wortlauts -- nach seinem Sinn und Zweck entnommen werden, daß Ausgaben nicht abgezogen werden können, soweit sie mit Beträgen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, die an sich geeignet wären, Einkommensteile zu bilden, die aber bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben (BFH-Urteil I 26/64). Die Erträge aus der Schachtelbeteiligung zählen zum Gewinn der Obergesellschaft und würden damit zu deren Einkommen rechnen (§§ 5, 6 Abs. 1 Satz 1 KStG, § 5 EStG), wenn sie nicht kraft besonderer gesetzlicher Vorschrift (§ 9 KStG) bei der Ermittlung des Einkommens der Obergesellschaft außer Ansatz blieben. Darauf, wer wirtschaftlich die Körperschaftsteuer zu tragen hat, kommt es dabei nicht an. Die Körperschaftsteuer, die die Untergesellschaft entrichtet hat, ist eine Steuer auf das Einkommen der Untergesellschaft und keine Steuer auf das Einkommen der Obergesellschaft.

Daran ändert auch die Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG nichts. Denn diese Vorschrift macht nicht die Steuerfreiheit der Gewinnanteile aus der Schachtelbeteiligung nach § 9 Abs. 1 KStG rückgängig, mit der Folge, daß diese Gewinnanteile doch als Teile des Einkommens der Obergesellschaft zu versteuern wären. Sie unterwirft vielmehr die Gewinnanteile außerhalb des Einkommens der Obergesellschaft einer besonderen Körperschaftsteuer, die sich als Ergänzung der Körperschaftsteuer der Untergesellschaft darstellt und die daher nur anfällt, soweit sich die Gewinnanteile bei der Untergesellschaft tatsächlich als berücksichtigungsfähige Ausschüttungen auf den Steuersatz ausgewirkt haben (BFH-Urteil vom 3. Februar 1971 I R 22/68, BFHE 101, 364, BStBl II 1971, 406). Im steuerpflichtigen Einkommen der Obergesellschaft sind die Gewinnanteile aus der Schachtelbeteiligung, die der besonderen Nachsteuer des § 9 Abs. 3 KStG unterliegen, somit nicht enthalten, sie sind daher bei der Obergesellschaft steuerfrei im Sinn des § 13 KStG.

Richtig ist, daß die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 KStG im wirtschaftlichen Ergebnis aufgehoben wird, soweit Ausgaben, die mit den steuerfreien Schachtelerträgen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nach § 13 KStG nicht abgezogen werden dürfen. Das entspricht aber dem Willen des Gesetzgebers, wie er in § 13 KStG zum Ausdruck gekommen ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin versteht sich die Steuerfreiheit der Erträge aus einer Schachtelbeteiligung nicht von selbst. Dem Gesetzgeber kann es daher nicht verwehrt werden, Vorschriften zu erlassen, die im Ergebnis auf eine Einschränkung der Steuerfreiheit hinauslaufen.

2. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Zinsen und den Erträgen aus der Schachtelbeteiligung, wie ihn § 13 KStG voraussetzt, kann nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin die Schachtelbeteiligung auch ohne Kredit hätte erwerben können. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang erfordert keine kausale Beziehung in dem Sinne, daß die Kreditaufnahme nicht hinweggedacht werden könne, ohne daß der Erwerb der Schachtelbeteiligung entfiele. Er verlangt vielmehr eine finale Beziehung zwischen den Zinsen und den Erträgen aus der Schachtelbeteiligung in dem Sinn, daß der Kredit aufgenommen wird, mit dem Ziel, die Schachtelbeteiligung zu erwerben. Bereits das Urteil des Senats I 26/64 hat auf die Zweckbestimmung der Ausgaben abgestellt und es genügen lassen, daß die Ausgaben zum Erwerb der Schachtelbeteiligung gemacht werden und daß der Erwerber damit auch den Zweck verfolge, Gewinne zu erzielen. Soweit aus dem von der Klägerin erwähnten Urteil des Senats vom 19. August 1958 I 123/58 (HFR 1964, 346) etwas anderes entnommen werden könnte, hält der Senat daran nicht fest.

Die Auffassung des Senats steht im Einklang mit dem BFH-Urteil vom 5. Dezember 1958 VI 207/58 S (BFHE 68, 145, BStBl III 1959, 58). Dort ist zum Kreditaufnahmeverbot für das steuerbegünstigte Sparen nach § 10 EStG ausgeführt, bei der Prüfung des Zusammenhanges zwischen der Kreditaufnahme und dem Sparen komme es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Sparbeiträge aus eigenem Einkommen oder Vermögen hätte leisten können. Entscheidend sei vielmehr, wie er tatsächlich vorgegangen sei.

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