Normen
§ 1 Abs. 3 Nr. 1 Bayerisches GrEStG i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 1969 (GVBl 1969, 170)
§ 5 Abs. 1 Bayerisches GrEStG i.d.F. der Bekanntmachung vom 16. Juli 1969 (GVBl 1969, 170)
Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. A Bayerisches Gesetz über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Änderung der Unternehmensform und bei Betriebsinvestitionen in volkswirtschaftlich förderungswürdigen Gebieten vom 27. Juli 1970 (GVBl 1970, 335)
§ 69 Abs. 3 FGO
Tatbestand:
Gesellschafter der Beschwerdegegnerin sind Herr X als Komplementär und Frau X als Kommanditistin; letztere ist gleichzeitig Prokuristin der Beschwerdegegnerin. Beide genannten Personen waren außerdem die einzigen Gesellschafter der Y Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie erklärten in notariell beurkundeter Form, daß sie ihre Anteile an der genannten GmbH auf die Beschwerdegegnerin übertragen und an diese abtreten; sie nahmen die Abtretung wechselseitig für die Beschwerdegegnerin an. Anschließend wurde "entsprechend dem Umwandlungsgesetz vom 6. November 1969 ..." das Vermögen der GmbH auf die Beschwerdegegnerin als alleinige Gesellschafterin übertragen.
Für den erstgenannten Vorgang setzte der Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 1969 (GVBl 1969, 170) 6 356 DM Grunderwerbsteuer fest; den letzteren Vorgang behandelte er als steuerfrei nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Gesetzes über Grunderwerbsteuerbefreiung bei Änderung der Unternehmensform und bei Betriebsinvestitionen in volkswirtschaftlich förderungswürdigen Gebieten vom 27. Juli 1970 (GVBl 1970, 335) -- UmwInvGrEStG --.
Gegen den Steuerbescheid hat die Beschwerdegegnerin Sprungklage erhoben. Gleichzeitig hat sie beantragt, gemäß § 69 FGO die Vollziehung des angefochtenen Bescheides auszusetzen; das FG hat diesem Antrag entsprochen und der Beschwerde des Beschwerdeführers nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 69 Abs. 2 und 3 FGO).
1. Nach den notariell beurkundeten Erklärungen haben die beiden Gesellschafter der Beschwerdegegnerin dieser die GmbH-Anteile übertragen und abgetreten. Ob mit dem ersteren dieser beiden an sich gleichbedeutenden Ausdrücke das Verpflichtungsgeschäft gemeint sein soll, mag zweifelhaft sein. Die entsprechenden Annahmeerklärungen erwähnen nur die Abtretungen. Auf alle Fälle konnte der Beschwerdeführer davon ausgehen, daß die Beteiligten die Abtretung der Anteile nicht ohne Rechtsgrund vorgenommen hatten. Sollten sie das Verpflichtungsgeschäft nur schriftlich oder mündlich abgeschlossen haben, so wurde es nach § 15 Abs. 4 GmbHG mit der notariellen Beurkundung des dinglichen Rechtsgeschäftes wirksam. Der Senat hat daher keine ernstlichen Zweifel daran, daß ein nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Tatbestand vorliegt.
2. Soweit der bisherige Sach- und Streitstand erkennen läßt, kann die Beschwerdegegnerin auch keine Steuervergünstigung in Anspruch nehmen.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, daß die Steuervergünstigung nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwInvGrEStG (hier in Verbindung mit den §§ 3, 20 und 24 Abs. 1 des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften -- UmwG --) nicht die hier besteuerte Verpflichtung zur Übertragung der GmbH-Anteile erfaßt. Sie befreit nach ihrem Wortlaut nur den Grundstückserwerb "durch" die Umwandlung, nicht aber weitere Rechtsvorgänge, die aus Anlaß der Umwandlung oder zu deren Vorbereitung erfolgen. Auch der Sinn des Gesetzes läßt keine andere Auslegung zu. Es beschränkt die Steuerbefreiung auf einzelne steuerbare Vorgänge, die ihrerseits eine bestimmte Rechtslage voraussetzen. Offenbar sollte nicht jede Unternehmenskonzentration begünstigt werden. Andernfalls wäre allgemein der Erwerb von betrieblich genutzten Grundstücken durch Einzelunternehmer oder Gesellschaften begünstigt worden. Setzt das Gesetz aber einen bestimmten Rechtszustand voraus, so kann der steuerbare Vorgang, der diesen Zustand erst schafft, nicht seinerseits durch die gleiche Vorschrift begünstigt sein.
Die Ansicht der Beschwerdegegnerin, daß der Erlaß des Senators für Finanzen Berlin vom 15. Dezember 1969 -- III 13 S 4430 -- (DB 1970, 82) auch eine Steuervergünstigung für Sachverhalte der hier besteuerten Art in Aussicht gestellt habe, trifft nicht zu. Abgesehen davon, daß dieser Erlaß auf die in Bayern maßgebende Rechtslage keinen Einfluß haben konnte, bezeichnet er ausdrücklich die Einbringung von Mitunternehmer anteilen als voraussichtlich steuerfreien Tatbestand. Diese Einbringung wird auch in Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c UmwInv-GrEStG von der Steuer befreit. Mitunternehmeranteile stehen aber nur den Gesellschaftern einer Personengesellschaft zu, weil diese keine eigene Rechtspersönlichkeit hat und ihre Gesellschafter gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind. Inhaber des von einer GmbH betriebenen Unternehmens ist dagegen diese Gesellschaft selbst, weil sie rechtsfähig ist; ihre Gesellschafter sind keine Mitunternehmer.
b) Entgegen der Ansicht des FG hat der Senat jedoch auch keine ernstlichen Zweifel daran, daß hier eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 GrEStG ausscheidet. Allerdings gilt diese Vorschrift grundsätzlich für alle steuerbaren Tatbestände des § 1 GrEStG und damit auch für solche nach § 1 Abs. 3 des Gesetzes. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz von Boruttau/Klein (9. Auflage 1970 Anm. 21 zu § 5). Dort wird lediglich bemerkt, daß bei der Vereinigung aller Anteile nach § 1 Abs. 3 GrEStG die Vorschrift des § 5 im allgemeinen nicht in Betracht kommen wird. Als denkbarer Fall für eine entsprechende Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG wird aber angeführt, daß ein Erwerber sämtlicher GmbH-Anteile diese auf eine OHG überträgt, an welcher er beteiligt ist. Das GrEStG stellt den Erwerb sämtlicher Anteile nach § 1 Abs. 3 einem Erwerb des der GmbH gehörenden Grundstückes gleich. Dieser Umstand könnte es rechtfertigen, auch die anschließende Veräußerung der Anteile an eine Personengesellschaft wie eine Veräußerung des Grundstückes selbst zu behandeln und damit die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG zu gewähren. Dagegen gibt es keine Vorschrift, die auch den Erwerb einzelner GmbH-Anteile grunderwerbsteuerrechtlich dem Erwerb von Miteigentumsanteilen an dem der GmbH gehörenden Grundstück gleichsetzt. Man kann daher auch im vorliegenden Fall nicht den Gesellschaftern der GmbH grunderwerbsteuerrechtlich den Grundbesitz der GmbH anteilmäßig zurechnen und § 5 Abs. 1 GrEStG anwenden. Dem Senat ist kein Grund ersichtlich, welcher Anlaß zu ernstlichen Zweifeln an dieser Auslegung des Gesetzes geben könnte. Nach dem GrEStG wird der Erwerb sämtlicher GmbH-Anteile durch die Beschwerdegegnerin grundsätzlich so behandelt, als habe diese das Grundstück von der GmbH erworben. Die Vorschrift des § 5 GrEStG gilt aber nicht für den Übergang eines Grundstückes von einer juristischen Person auf eine Gesamthand.