Umsatzsteuer: Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts im Zusammenhang mit einem durch eine GmbH errichteten Einfamilienhaus, das an den Stifter der als Alleingesellschafterin fungierenden Privatstiftung vermietet wurde (fortgesetztes Verfahren)
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2022:RV.2101231.2020
Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0100. Zurückweisung mit Beschluss v. 30.08.2023.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerden der ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die Rabel & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Hallerschloßstraße 1, 8010 Graz, vom 31.01.2018 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 26.09.2017 betreffend Umsatzsteuer 2007 und 2008 nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Stiftungsurkunde vom 03.10.2005 errichtete ***X*** als Stifter die ***X-Privatstiftung*** (in der Folge: Privatstiftung), deren Vorstandsmitglied er auch ist.
Mit Kaufvertrag vom 21.11.2005 erwarb die Privatstiftung um den Kaufpreis von 305.750 Euro zwei Grundstücke im Gesamtflächenausmaß von 1.223 m2.
Am 14.02.2006 wurde die Beschwerdeführerin (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) durch Erklärung errichtet. Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin ist die Privatstiftung. Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist ***X***. Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin ist das "Objektmanagement für Immobilien, insbesondere die Anschaffung, die Veräußerung, die Vermietung und Verpachtung von immobilen Vermögen jeder Art sowie die Verwaltung von Vermögen; ferner die Durchführung baulicher Maßnahmen, insbesondere die Sanierung und Neuerrichtung von Bauwerken aller Art."
Im Frühjahr 2006 beantragte die Beschwerdeführerin eine Bewilligung zur Errichtung des Einfamilienhauses mit Abstellflächen für zwei Kraftfahrzeuge (siehe Baubeschreibung vom 04.03.2006).
Mit Bescheid vom 05.10.2006 erteilte die Baubehörde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Errichtung eines "Einfamilienwohnhauses" und von zwei Pkw-Abstellplätzen sowie von Geländeveränderungen.
Ab Herbst 2006 errichtete die Beschwerdeführerin auf der Liegenschaft das Gebäude (Entwurf und Planung ab März 2006). Das Gebäude besteht aus einem Untergeschoss, einem Erdgeschoss (mit zwei Pkw-Abstellplätzen) und einem Obergeschoss (etwa 250 m2) in moderner Architektenbauweise mit Außenwänden aus Stahlbeton (mit Aluminiumverkleidung), Holzriegeln und Glas, einer Dachkonstruktion aus Holz und einem (aufgrund der Hangneigung unter dem Gebäude liegenden) Außenpool. Das Anlagenverzeichnis zum Jahresabschluss 2009 weist für das gesamte Gebäude Anschaffungskosten im Betrag von 1,431.776 € aus.
Mit Nachtrag vom 19.02.2007 wurde zwischen der Privatstiftung und den Verkäufern der Liegenschaft unter Beitritt der Beschwerdeführerin vereinbart, dass der Kaufvertrag vom 21.11.2005 dahingehend abzuändern sei, dass anstelle der Privatstiftung nunmehr die Beschwerdeführerin als Käuferin bezeichnet sei. Die Beschwerdeführerin trete daher - wie vor grundbücherlicher Eigentumsübertragung übereingekommen - mit Unterfertigung des Nachtrages in sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag anstelle der Privatstiftung ein. Die Vertragsteile kämen weiters überein, den Kaufvertrag vom 21.11.2005 dahingehend zu ergänzen, dass als weiterer Kaufgegenstand das gemäß Teilungsplan neu gebildete Trennstück 1 des Grundstückes 368/6 im unverbürgten Flächenausmaß von 710 m2 aufgenommen werde. Als Kaufpreis für das zusätzlich erworbene Trennstück wurde ein Betrag von 177.500 Euro vereinbart (Punkt 4.6 der Vertragsurkunde).
Schließlich erwarb die Beschwerdeführerin noch von den Verkäufern der Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 30.05.2007 ein weiteres (angrenzendes) Grundstück im Flächenausmaß von 476 m2 um den Kaufpreis von 41.174 Euro.
In der Folge vermietete die Beschwerdeführerin laut einem im Prüfungsverfahren vorgelegten Mietanbot (mit beiliegendem "Hauptmietvertrag") sämtliche Grundstücksflächen (2.409 m2) samt dem darauf befindlichen Einfamilienhaus (250 m2, mit Ausnahme des im Kellergeschoss westlich gelegenen Büros im Ausmaß von ca. 60 m2) ab 1.1.2008 auf unbestimmte Zeit zu Wohnzwecken an ***X***. Als Mietzins wurde ein monatliches Nutzungsentgelt von 3.000 Euro sowie die Zahlung der auf die Liegenschaft entfallenden Steuern und öffentlichen Abgaben sowie der in §§ 21 bis 24 MRG genannten Betriebskosten (vierteljährlich pauschal vorauszahlbar), jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, vereinbart (Punkt III des Mietvertrages). Die Vermieterin (= Beschwerdeführerin) ist verpflichtet, das Bestandobjekt einschließlich der Außenhaut und die für dieses bestimmten Einrichtungen (insbesondere Elektroleitungen, Gasleitungen, Wasserleitungen, Beheizungs- und sanitäre und technische Anlagen und Geräte, etc.) in einwandfreiem und gutem Zustand zu erhalten und Instand zu halten sowie sämtliche Reparaturen auf eigene Kosten durchzuführen (Punkt V des Mietvertrages).
Weiters vermietete die Beschwerdeführerin die Räumlichkeiten im Kellergeschoss (Nutzfläche rund 60 m2) zu Bürozwecken an die ***X2-GmbH-alt*** (nun: ***X2-GmbH-neu***).
Strittig ist im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Vorsteuern (strittiger Betrag: 218.786 Euro), ob die Überlassung des Wohngebäudeteiles an ***X*** als eine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" ("zweiter Fall" im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004) einzustufen ist.
Unstrittig ist in sachverhaltsmäßiger Hinsicht, dass die (anteiligen) Grundstückskosten 516.072,21 € und die (anteiligen) Errichtungskosten 1,235.645,15 €, die Gesamtkosten somit 1.751.717,36 € betragen.
Die Beschwerdeführerin hat die mündliche Verhandlung beantragt. Den Antrag auf Entscheidung durch den Senat hat die Beschwerdeführerin zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerden im fortgesetzten Verfahren erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit (aufhebendem) Erkenntnis vom 10.02.2016, 2013/15/0284, dem Bundesfinanzgericht im Beschwerdefall rechtlich bindend vorgegeben hat, dass für die Einstufung der Überlassung eines Wohngebäudes als eine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" ("zweiter Fall" im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004), die zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führt, anhand der "Angemessenheit der Miete" anzustellen sei, wobei eine "abstrakte Renditeberechnung" dann gerechtfertigt sei, wenn es für das von der Beschwerdeführerin errichtete Mietobjekt keinen funktionierenden Mietenmarkt gäbe. Falls der Vorgang jedoch eine "bloße Gebrauchsüberlassung" ("erster Fall" im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004) darstelle, die nicht als wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit einzustufen sei, komme entscheidendes Gewicht dem Gesamtbild der Verhältnisse zu. Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23.02.2010, 2007/15/0003, auf die Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" als Vergleichsmaßstab abgestellt habe, dann sei damit jene Rendite gemeint gewesen, die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt werde.
Mit (nicht den Beschwerdefall betreffendem) Erkenntnis vom 29.06.2016, 2013/15/0301, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, dass eine abstrakte Renditeberechnung jedenfalls dann nicht gerechtfertigt ist, wenn es für das von der Revisionswerberin errichtete Mietobjekt einen funktionierenden Mietenmarkt gibt (vgl. Rz. 30 des Erkenntnisses).
Mit (nicht den Beschwerdefall betreffendem) Erkenntnis vom 15.09.2016, 2013/15/0256, hat der Verwaltungsgerichtshof weiter klargestellt, dass mit der Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" jene Rendite gemeint ist, "die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt wird". Maßgeblich ist demnach jener Renditesatz der sich bei optimaler Veranlagung des Gesamtbetrages der Anschaffungs- und Herstellungskosten (gegebenenfalls des höheren Verkehrswerts des Objekts) in Immobilien ergibt, wobei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen ein Renditezinssatz in der Bandbreite von 3 bis 5 % (idR in Abhängigkeit von den Marktverhältnissen beim Beginn der Vermietung) zu erzielen sein müsste (vgl. Rz. 13 des Erkenntnisses). Eine solche abstrakte Renditeberechnung wäre allerdings dann nicht geboten, wenn es für das von der Körperschaft errichtete Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt gäbe, sodass ein wirtschaftlich agierender, (nur) am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarerer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde, was vom Steuerpflichtigen nachzuweisen ist (vgl. Rz. 14 des Erkenntnisses).
Mit (nicht den Beschwerdefall betreffenden) Erkenntnissen vom 18.10.2017, Ra 2016/13/0050, und vom 31.01.2018, Ra 2015/15/0006, hat der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung bestätigt, indem er gleichlautend ausgeführt hat, dass die Höhe einer angemessenen Miete kann daraus abgeleitet werden kann, was unter einander fremd gegenüberstehenden Personen vereinbart worden wäre, und damit insbesondere auch daraus, was ein Investor als Rendite aus der Investition der konkret aufgewendeten Geldsumme erwartet. Eine abstrakte Renditeberechnung ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn es für das zu beurteilende Mietobjekt keinen funktionierenden Mietenmarkt gibt. Gibt es hingegen für ein Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt, sodass ein wirtschaftlich agierender, (nur) am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde, ist eine derartige abstrakte Renditeberechnung nicht geboten (vgl. Rz. 26 bzw. Rz. 15 der Erkenntnisse).
Mit (nicht den Beschwerdefall betreffendem) Erkenntnis vom 22.03.2018, Ra 2017/15/0047, hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls seine Rechtsprechung bestätigt, indem er ausgeführt hat, dass eine abstrakte Renditeermittlung (mit idR 3% bis 5% des maßgeblichen Wertes) dann nicht geboten ist, wenn es für das von der Körperschaft errichtete Mietobjekt in der gegebenen Bauart und Ausstattung einen funktionierenden Mietenmarkt gäbe, sodass ein wirtschaftlich agierender, (nur) am Mietertrag interessierter Investor Objekte vergleichbarerer Gediegenheit und Exklusivität (mit vergleichbaren Kosten) errichten und am Markt gewinnbringend vermieten würde, was vom Steuerpflichtigen nachzuweisen ist (vgl. Rz. 14 des Erkenntnisses).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Bundesfinanzgericht im Beschwerdefall mit (aufgehobenen) Erkenntnis vom 22.11.2019, RV/2100890/2018, festgestellt, dass die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen hat, dass es für ihr Mietobjekt einen funktionierenden Mietenmarkt gibt (Seite 36), und dass das vereinbarte Nutzungsentgelt deutlich unter der Renditemiete liegt (Seite 36).
Dem (aufgehobenen) Erkenntnis ist dazu entnehmen, dass die anhand der abstrakten Renditeberechnung (unter Zugrundelegung von Anschaffungs-/Herstellungskosten von 1,751.717,37 € (richtig: 1,751.717,36 €) und Anwendung von Renditezinssätzen in der vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Bandbreite) ermittelte Renditemiete zwischen 87.585,87 €/Jahr (bei 5% Renditezinssatz) und 52.551,52 €/Jahr (bei 3% Renditezinssatz) beträgt. Im Vergleich liegt das tatsächlich vereinbarte Nutzungsentgelt von 36.000 €/Jahr somit zwischen 59% (bei 5% Renditezinssatz) und 31% (bei 3% Renditezinssatz) unter dem fremdüblichen Renditemietzins (Seite 36).
Das Bundesfinanzgericht stufte deshalb die Überlassung des Wohngebäudes im (aufgehobenen) Erkenntnis als eine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel", die zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 führt ("zweiter Fall" im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004), ein (Seite 37).
Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts mit Erkenntnis vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, wobei er darauf hinwies, dass es in Bezug auf die verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" ("zweiter Fall") entscheidend sei, dass Wirtschaftsgüter einer Körperschaft, deren Anschaffung oder Herstellung rein causa societatis veranlasst sei, von vorneherein nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen der Körperschaft zählten. Solche Wirtschaftsgüter einer Körperschaft, deren Anschaffung allein gesellschaftsrechtlich veranlasst sei und die ein sorgfältiger, nur auf die wirtschaftlichen Interessen der Körperschaft bedachter Geschäftsleiter gar nicht angeschafft hätte, bildeten (hinsichtlich der laufenden Besteuerung) steuerneutrales Vermögen der Körperschaft. Erreiche die tatsächliche Miete bei der Überlassung solcher nicht dem steuerlichen Betriebsvermögen zuzuordnender Gebäude nicht eine (nahezu) fremdübliche Höhe (die Hälfte einer fremdüblichen Miete wäre hier nicht ausreichend), werde eine mit der Vermietung in Zusammenhang stehende Vorleistung vom Vermieter zur Gänze für verdeckte Ausschüttungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 bezogen und trete damit der Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ein (vgl. Rz. 32 des Erkenntnisses).
Die Beschwerdeführerin hat auch im fortgesetzten Verfahren nicht nachgewiesen, dass es für ihr Mietobjekt einen funktionierenden Mietenmarkt gibt. Was die Feststellung im (aufgehobenen) Erkenntnis, dass der Mietzins im Beschwerdefall unter dem fremdüblichen Renditemietzins liegt (siehe oben), betrifft, hat die Beschwerdeführerin nun behauptet, dass unerwartete Baukostenüberschreitungen aufgetreten seien und diese nicht in die Renditeberechnung einbezogen werden dürften. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass es bei einem Mietobjekt, für das kein funktionierender Mietenmarkt vorliegt, im Wesen eines kalkulatorisch angemessenen Mietzinses liegt, dass sämtliche Kosten, auch wenn sie nicht erwartet wurden, in die Berechnung des Mietzinses einfließen. Abgesehen davon würde die Mietrendite auch unter Außerachtlassung der von der Beschwerdeführerin behaupteten nicht erwarteten Baukosten von 471.645,15 €, jedoch unter Berücksichtigung eines - gemäß dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Sachverständigengutachten (OZ 13/20) anzusetzenden - Baukostenrisikos von 10% der erwarteten Baukosten von 764.000 € (764.000 € * 1,1 = 840.400 €), noch immer unter den vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen regelmäßig zu erwartenden 3% bis 5% des maßgeblichen Wertes liegen (36.000 € / (840.400 € + 516.072,21 €) = 0,0265 = 2,65%).
Für den Beschwerdefall hat der Verwaltungsgerichtshof im zweiten aufhebenden Erkenntnis für die Beurteilung, ob eine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" ("zweiter Fall") vorliegt, zusätzlich folgende (das Bundesfinanzgericht im Beschwerdefall bindende) Rechtsansichten vorgegeben:
- 1. Maßgeblich ist jener Renditesatz, der sich bei Veranlagung des Gesamtbetrages der Anschaffungs- und Herstellungskosten in gut rentierliche Immobilien (also in Immobilien von jener Art, die eine hohe Rendite erwarten ließen) ergibt, wobei nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen ein Renditesatz in der Bandbreite von 3 bis 5 % (hier gemeint als Verhältnis von Jahresmieterlösen zum Betrag des investierten Kapitals) zu erzielen sein müsste (vgl. Rz. 35 des Erkenntnisses).
- 2. Die "Vorgangsweise" der Beschwerdeführerin kann dann als durch die Erzielung von Mieteinnahmen veranlasst angesehen werden, wenn die von der Körperschaft tatsächlich erzielten Mieten jene Höhe erreichen, die sich im Falle der Investition des vorgegebenen Kapitals in Immobilien jener Art, die erfahrungsgemäß gute Renditen erwarten lassen (z.B. kleinere Wohnungen im urbanen Bereich), ergeben würden. Ein funktionierender Mietenmarkt im Sinne der Rechtsprechung wird also im Ergebnis nur vorliegen, wenn der Nachweis erbracht ist, dass das konkrete Wohnobjekt der Körperschaft Mietrenditen erbringe, wie sie bei solchen gut rentierlichen Objekten erzielbar sind (vgl. Rz 37 des Erkenntnisses).
- 3. Die verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel" bedarf auch der Sachverhaltsfeststellung, dass das Gebäude (etwa als besonders repräsentatives Wohnhaus) schon der Erscheinung nach für die privaten Wohnzwecke einer der Körperschaft nahestehenden Person bestimmt ist (vgl. Rz. 42 des Erkenntnisses). Das Bundesfinanzgericht kann in die Beurteilung, ob die Baulichkeit schon der Erscheinung nach für die privaten Wohnzwecke einer der Körperschaft nahestehenden Person bestimmt ist, auch die geographische Lage des Objektes einbeziehen (vgl. Rz. 51 des Erkenntnisses).
Das Bundesfinanzgericht hat die Abgabenbehörde deshalb mit Schreiben vom 01.12.2021 beauftragt, das zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes erforderliche Ermittlungsverfahren wie folgt zu ergänzen:
1. Ermittlung, ob und inwieweit im Falle der Investition des vorgegebenen Kapitals (1.751.717,36 €) in Immobilien jener Art, die erfahrungsgemäß gute Renditen erwarten lassen (z.B. kleinere Wohnungen im urbanen Bereich), ein höheres Nutzungsentgelt als das vereinbarte Nutzungsentgelt (3.000 €/M) zu erzielen gewesen wäre.
2. Ermittlung, ob und inwieweit die Errichtungskosten (1,235.645,15 €) zu Vermietungsbeginn über den durchschnittlichen Errichtungskosten für Ein- oder Zweifamilienwohnhäuser lag, wobei dafür beispielsweise der Bericht "Wohnbautätigkeit 2002" (https://www.statistik.at/web_de/static/wohnbautaetigkeit_2002_bewilligungen_und_fertigstellungen_2002_wohnbaukost_023947.pdf ) und zur Valorisierung der Baupreisindex der Statistik Austria herangezogen werden kann.
3. Ermittlung, ob und inwieweit der Baugrundstückspreis (516.072,21 €) zu Vermietungsbeginn über den durchschnittlichen Baugrundstückspreisen lag.
4. Ermittlung jener Umstände, die die Beurteilung der Lage des Grundstückes als hochwertig, sehr gut, gut oder mäßig ermöglichen.
Zu 1. Nutzungsentgeltvergleich
Vorweg ist auf das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Sachverständigengutachten (OZ 13) zu verweisen. Darin wird vom Sachverständigen ausgeführt, dass sich für Einfamilienhäuser trotz geringerer Grundstückskosten je m2 Grundstücksfläche allein nur aufgrund der geringeren Dichte wesentlich höhere Investitionskosten für zu schaffenden (und vermietbaren) Wohnraum als bei Wohnungen in Mehrparteienwohnhäusern errechneten. Da trotz insgesamt höherer Investitionskosten aber nicht höhere Nutzungsentgelte je m2 NRF erwartet werden könnten, ließen sich mit Einfamilienhäusern im Vergleich zu Wohnungen in Mehrparteienwohnhäusern zwangsläufig keine gleich hohen Mietrenditen erzielen (Seite 9 des Gutachtens). Damit liege die erzielbare Mietrendite von Einfamilienhäusern um ca. 34% unter der erzielbaren Mietrendite von Wohnungen in Mehrparteienwohnhäusern (Seite 10 des Gutachtens). Bei Investition in Wohnungen in Mehrparteienwohnhäuser ließen sich generell erheblich höhere Nutzungsentgelte (und damit eine erheblich höhere "Mietrendite" erzielen lassen als bei Investition derselben Investitionssumme in Einfamilienhäuser.
Der jährliche Mietzins im Beschwerdefall beträgt 36.000 €.
Nach dem Immobilienpreisspiegel der WKO betrug im Jahr 2007 in Graz (Stadt) der durchschnittliche m2-Preis für eine Eigentumswohnung - Erstbezug (sehr guter Wohnwert) 2.844,90 € (siehe auch das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten OZ 13 Seite 11; der höhere Vergleichsmietzins im Vergleich zur bei der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Berechnung wirkt sich zugunsten der Beschwerdeführerin aus).
Bei einem Nettoinvestitionsbetrag von 1.751.717,36 € ergeben sich daraus 615,74 m2.
615,74 m2 ergeben 12,31 Eigentumswohnungen mit einer Fläche von 50 m2 oder 8,8 Eigentumswohnungen mit einer Fläche von 70 m2 (Nachkommastellen bei der Wohnungsanzahl wirken sich als entsprechend größere Flächen aus).
Nach dem Immobilienpreisspiegel der WKO betrug im Jahr 2007 in Graz (Stadt) der durchschnittliche m2-Mietzins für Mietwohnungen (frei vereinbarter Mietzins) bis 60 m2 8,70 € und für Mietwohnungen (frei vereinbarter Mietzins) ab 60 m2 7,90 €.
Daraus errechnet sich bei Vermietung von 12,31 Eigentumswohnungen mit einer Fläche von 50 m2 ein jährlicher Mietzins von 64.258,20 € und bei Vermietung von 8,8 Eigentumswohnungen mit einer Fläche von 70 m2 ein jährlicher Mietzins von 58.396,80 €.
Daraus ergibt sich, dass der jährliche Mietzins im Beschwerdefall 56,02% (Differenz 28.258,20 €) bzw. 61,65% (Differenz 22.396,80 €) eines mit der Vermietung von Eigentumswohnungen erzielbaren jährlichen Mietzinses beträgt.
Bei einem Nettoinvestitionsbetrag von 1.356.472,21 € (also unter Außerachtlassung der von der Beschwerdeführerin behaupteten nicht erwarteten Baukosten von 471.645,15 €, jedoch unter Berücksichtigung eines - gemäß dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Sachverständigengutachten [OZ 13/20] anzusetzenden - Baukostenrisikos von 10% der erwarteten Baukosten von 764.000 €) ergibt sich, dass der jährliche Mietzins im Beschwerdefall 72,29% (Differenz 13.798,80 €) bzw. 79,66% (Differenz 9.191,16 €) eines mit der Vermietung von Eigentumswohnungen erzielbaren jährlichen Mietzinses beträgt.
Ein "Bodenwert Freiland" im Betrag von 39.532,92 € (siehe das Sachverständigengutachten OZ 13/19) war nicht abzuziehen, weil es sich um ein angrenzendes Grundstück handelt, welches den privaten Wohnwert des Wohngebäudes erhöht (z.B. durch Verhinderung zukünftiger Bebauung durch Dritte).
Auf die beiliegenden Berechnungsblätter wird verwiesen.
Zu 2. Errichtungskostenvergleich:
Die (Netto-)Errichtungskosten im Beschwerdefall betragen 1,235.645,15 €.
Die Abgabenbehörde hat unter Heranziehung des Mikrozensus der Statistik Austria ermittelt, dass die durchschnittliche Nutzfläche eines in der Steiermark gelegenen Einfamilienhauses im Jahr 2008 133,6 m2 betragen hat.
Die Abgabenbehörde hat weiter unter Heranziehung der Statistik Austria ermittelt, dass die (indexierten) durchschnittlichen m2-Baukosten im Jahr 2008 1.590 € betragen haben.
Daraus errechnen sich durchschnittliche Errichtungskosten von 212.424 €.
Daraus ergibt sich, dass die (Netto-)Errichtungskosten im Beschwerdefall 581,69% (Differenz 1.023.221,15 €) der durchschnittlichen Errichtungskosten betragen.
Bei (Netto-)Errichtungskosten von 764.000 € (also unter Außerachtlassung der von der Beschwerdeführerin behaupteten nicht erwarteten Baukosten von 471.645,15 €, jedoch unter Berücksichtigung eines - gemäß dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Sachverständigengutachten [OZ 13/20] anzusetzenden - Baukostenrisikos von 10% der erwarteten Baukosten von 764.000 €) ergibt sich, dass diese Kosten im Beschwerdefall 395,62% (Differenz 627.976 €) der durchschnittlichen Errichtungskosten betragen.
Auf die beiliegenden Berechnungsblätter wird verwiesen.
Zu 3. Grundstückspreisvergleich
Der Grundstückspreis im Beschwerdefall beträgt 516.072,21 €.
Nach dem Immobilienpreisspiegel der WKO betrug im Jahr 2007 in Graz (Stadt) der m2-Preis für Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser (sehr gute Wohnlage) 252,50 € (der höhere Vergleichspreis im Vergleich zur bei der mündlichen Verhandlung vorgehaltenen Berechnung wirkt sich zugunsten der Beschwerdeführerin aus).
Die Abgabenbehörde hat unter Heranziehung der Preisveröffentlichungen der WKO und zwei Banken ermittelt, dass die durchschnittliche Größe von Baugrundstücken in Graz 800 m2 bis 900 m2 betragen hat.
Daraus errechnet sich bei einer Fläche von 800 m2 ein durchschnittlicher Baugrundstückspreis von 202.000 € bzw. bei einer Fläche von 900 m2 ein durchschnittlicher Baugrundstückspreis von 227.250 €.
Daraus ergibt sich, dass der Baugrundstückspreis im Beschwerdefall 255,48% (Differenz 314,072,21 €) bzw. 227,09% (Differenz 288.822,21 €) des durchschnittlichen Baugrundstückspreises beträgt.
Auf die beiliegenden Berechnungsblätter wird verwiesen.
Zu 4. Lagebeurteilung
Die Abgabenbehörde beurteilt die Lage der Liegenschaft (in ruhiger Lage) aus dem Privatnutzungsgesichtspunkt als sehr gut bis gut, aus Ertragsgesichtspunkten (ca. 7 km vom Stadtzentrum und rund 1 km vom nächsten öffentlichen Verkehrsmittel entfernt) als mäßig.
Somit ergibt sich für den Beschwerdefall, dass das Mietobjekt der Beschwerdeführerin nach dem Gesamtbild der Verhältnisse den "Wohngebäuden, die schon ihrer Erscheinung nach (etwa besonders repräsentative Wohngebäude) bloß für die private Nutzung durch den Gesellschafter bestimmt sind" zuzurechnen ist, weil es dafür in Graz keinen funktionierenden Mietenmarkt gibt, das vereinbarte Nutzungsentgelt deutlich unter der Renditemiete liegt, der Mietzins im Beschwerdefall deutlich niedriger ist als ein mit der Vermietung von Eigentumswohnungen erzielbarer Mietzins, die (Netto-)Errichtungskosten ein Mehrfaches der durchschnittlichen Errichtungskosten betragen, der Baugrundstückspreis ein Mehrfaches des durchschnittlichen Baugrundstückspreises beträgt und die Lage zwar aus dem Privatnutzungsgesichtspunkt als sehr gut bis gut, aus (Fremd-)Vermietungsgesichtspunkten jedoch als mäßig zu bezeichnen ist.
Ein Vergleich mit den Beurteilungskriterien eines rationalen Kapitalanlegers war nicht anzustellen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Vergleichsperson ein wirtschaftlich agierender, (nur) am Mietertrag interessierter Investor ist (siehe oben). Eine Wertsteigerung (die Beschwerdeführerin geht von einem um 0,73% p.a. - dies entspricht bei Investitionskosten von 1.751.717,35 € einem Betrag von 12.787 € - höheren realen Wertsteigerungspotential von Einfamilienhäusern im Vergleich zu Wohnungen in Mehrparteienhäusern aus; siehe Seite 12 des Gutachtens, OZ 13) war - ebenso wie das Renditerisiko - nicht zu berücksichtigen, weil der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesfinanzgericht im aufhebenden Erkenntnis bindend vorgegeben hat, dass "mit der Renditeerwartung eines "marktüblich agierenden Immobilieninvestors" jene Rendite gemeint ist, "die üblicherweise aus dem eingesetzten Kapital durch Vermietung erzielt wird" (siehe Rz. 35 des Erkenntnisses). Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin bzw. des Sachverständigengutachtens war daher nicht einzugehen.
Dass es im gegenständlichen Fall nicht darauf ankommt, dass es bautechnisch möglich ist, das Gebäude durch spätere Baumaßnahmen umzubauen und dadurch die Wohnfläche zu verkleinern, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im aufhebenden Erkenntnis ausgesprochen, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin bzw. des Sachverständigengutachtens nicht einzugehen war.
Vor diesem Hintergrund war die Überlassung des Wohngebäudes als eine verdeckte Ausschüttung "an der Wurzel", die zum Ausschluss des Vorsteuerabzuges nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit a UStG 1994 führt ("zweiter Fall" im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 07.12.2020, Ra 2020/15/0004), einzustufen.
Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am 12. Oktober 2022
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise: | VwGH 22.03.2018, Ra 2017/15/0047 |