Hat der Arbeitnehmer den österreichischen Wohnsitz aufgegeben, als er in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet war?
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101559.2015
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, 1. über die Beschwerde vom 21.12.2011 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 12.12.2011, zugestellt am 19.12.2011, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009, 2. über die Beschwerde vom 18.03.2014 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 15.11.2013, zugestellt am 21.11.2013, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010, 3. über die Beschwerde vom 16.09.2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 14.08.2013, zugestellt am 19.08.2013, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 und 4. über die Beschwerde vom 18.03.2014 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom 13.02.2014, zugestellt am 18.02.2014, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 entschieden:
1. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen, die Höhe der Abgabe und der Fälligkeitstag sind der Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2013 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
2. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
3. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen, die Höhe der Abgabe und der Fälligkeitstag sind der Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2013 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
4. Die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. In den Streitjahren 2009 bis 2012 wurde der Beschwerdeführer (Bf.) von seinem österreichischen Arbeitgeber in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet.
2. Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009:
Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 vom 12.12.2011 veranlagte das Finanzamt die inländischen Einkünfte des Bf. laut Lohnzettel und ausländische Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug. Der Bescheid wurde am 19.12.2011 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 21.12.2011 angefochten.
In der Beschwerde wurde vorgebracht, der Bf. sei von seinem österreichischen Arbeitgeber für den Zeitraum vom 04.01.2009 bis voraussichtlich 31.12.2011 in die Vereinigten Arabischen Emirate entsandt worden. Er sei für den österreichischen Arbeitgeber während des gesamten Veranlagungsjahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig gewesen. Er habe seinen österreichischen Wohnsitz für die Dauer seiner befristeten Entsendung aufgegeben und habe einen Wohnsitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten begründet. Deshalb sei der Bf. im Kalenderjahr 2009 in Österreich beschränkt steuerpflichtig. Gemäß Art 4 Abs 2 DBA Österreich/VAE dürfen die Vereinigten Arabischen Emirate als Ansässigkeitsstaat das gesamte Welteinkommen des Bf. besteuern. Gemäß Art 15 DBA Österreich/VAE dürfe Österreich nur die auf österreichische Arbeitstage entfallenden Bezüge besteuern. 2009 habe der Bf. an 249 Tagen gearbeitet. 3 Arbeitstage von 249 Arbeitstagen habe er in Österreich gearbeitet; 246 von 249 Arbeitstagen in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Drittländern. Der Bf. beantragte die Veranlagung laut berichtigten Lohnzetteln.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2013 wurde der angefochtene Bescheid abgeändert und dazu begründend ausgeführt: Der Bf. habe nichts vorgebracht, was darauf schließen lasse, dass er seinen österreichischen Wohnsitz aufgegeben habe; er habe nur bestätigt, dass sein österreichischer Wohnsitz auch der Wohnsitz seiner Eltern sei. Laut Entsendungsvertrag vom 18.12.2008 sei er vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 entsendet worden und habe kein lokal begründetes Dienstverhältnis in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er sei am Wohnsitz seiner Eltern de dato gemeldet und könne dort jederzeit uneingeschränkt wohnen. Er halte sich wiederholt aus dienstlichen und privaten Gründen in Österreich auf, sei österreichischer Staatsbürger, sei in Österreich sozialversichert und sei durch ständige Hauptwohnsitzmeldung im Elternhaus in Österreich verwurzelt, weshalb von einer unbeschränkten Steuerpflicht und einem unverändert in Österreich liegenden Mittelpunkt der Lebensinteressen auszugehen sei. Auch werde der Mittelpunkt der Lebensinteressen bei ausschließlich wirtschaftlich bedingt begründeten Wohnsitzen im Tätigkeitsstaat nicht automatisch in den Tätigkeitsstaat verlegt. Der Bf. habe nichts vorgebracht, was auf engere persönliche Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten hinweise. Österreich sei Ansässigkeitsstaat im Sinne von Art 4 DBA Österreich/VAE. Die Einkünfte seien zu splitten. Die Drittstaatentage seien mit den österreichischen Arbeitstagen zu addieren. Die auf den Entsendungsstaat entfallenden Einkünfte-Anteile seien Progressionsvorbehalt befreite Einkünfte. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 21.11.2013 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit Vorlageantrag vom 18.03.2014 angefochten.
Im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bf. mehr als 6 Jahre entsendet wurde; bei einer mehr als 5 Jahre dauernden Entsendung sei laut EStR 2000 Rz 7596 davon auszugehen, dass der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert worden sei.
3. Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010:
Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 vom 15.11.2013 veranlagte das Finanzamt nicht erklärungskonform und verwies begründend auf die Beschwerdevorentscheidung 2009. Der Bescheid wurde am 21.11.2013 zugestellt und war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar. Der Bf. brachte die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde vom 18.03.2014 innerhalb offener verlängerter Rechtsmittelfrist ein.
In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Bf. bis 31.12.2014 und damit mehr als 6 Jahre in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet war und dass bei einer mehr als 5 Jahre dauernden Entsendung laut EStR 2000 Rz 7596 davon auszugehen sei, dass der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert worden sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.03.2015 wurde die Beschwerde abgewiesen und im Wesentlichen begründend ausgeführt, der Bf. habe keine von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 17.03.2015 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit Vorlageantrag vom 17.04.2015 angefochten.
Im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bf. bis 31.12.2014 in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet war, das Arbeitsverhältnis mit dem österreichischen Arbeitgeber mit Beginn 2015 aufgelöst und einen lokalen Vertrag mit seinem österreichischen Arbeitgeber in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgeschlossen habe.
4. Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011:
Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 vom 14.08.2013 veranlagte das Finanzamt die nichtselbständigen Einkünfte des Bf. laut Lohnzettel. Der Bescheid wurde am 19.08.2013 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 16.09.2013 angefochten. Das Beschwerdevorbringen stimmte inhaltlich mit dem Vorbringen in der Beschwerde vom 21.12.2011 überein.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 15.11.2013 wurde der angefochtene Bescheid abgeändert und begründend auf die Beschwerdevorentscheidung 2009 verwiesen. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 21.11.2013 zugestellt und war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar. Der Bf. stellte wiederholt innerhalb offener Rechtsmittelfrist Fristverlängerungsansuchen und brachte den Vorlageantrag vom 30.09.2015 innerhalb offener Rechtsmittelfrist ein.
Im Vorlageantrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Bf. sei bis 31.12.2014 und damit mehr als 6 Jahre in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet worden; bei einer mehr als 5 Jahre dauernden Entsendung sei laut EStR 2000 Rz 7596 davon auszugehen, dass der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert worden sei.
5. Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012:
Im Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 vom 13.02.2014 veranlagte das Finanzamt die Einkünfte des Bf. laut Lohnzettel. Der Bescheid wurde am 18.02.2014 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar und wurde mit der Beschwerde vom 21.12.2011 angefochten.
In der Beschwerde wurde vorgebracht, dass der Bf. 2012 in den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig war und dass er während dieser Zeit einen abgeleiteten Wohnsitz (elterlichen Wohnsitz) in Österreich hatte. Sein österreichischer Arbeitgeber habe den Bf. vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet und habe diese befristete Entsendung bis 31.12.2014 verlängert, weshalb der Bf. durchgehend 6 Jahre dorthin entsendet sei. Gemäß EStR 2000 Rz 7596 sei bei länger als 5 Jahre dauernden Entsendungen davon auszugehen, dass sich der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert habe, weshalb der Bf. als in den Vereinigten Arabischen Emirate ansässig zu betrachten sei.
Die Fragen im Ermittlungsverfahren des Finanzamtes beantwortete der Bf. am 12.6.2015 wie folgt: "Eine Abmeldung von dieser Postadresse während der Entsendung in die Arabischen Emirate erfolgte zwecks Weiterbestehens der Möglichkeit des Erhalts von Postsendungen nicht. Da jedoch mangels regelmäßiger Benutzung der Wohnung weder die Beibehaltung eines Zimmers im elterlichen Haus, noch eine Postadresse im elterlichen Haus für die Begründung eines steuerlichen Wohnsitzes ausreicht, ist … im Veranlagungsjahr 2012 beschränkt steuerpflichtig in Österreich".
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.08.2015 wurde die Beschwerde abgewiesen, begründend auf die Berufungsvorentscheidung für 2009 verwiesen und darauf hingewiesen, dass der Bf. eine Ansässigkeitsbescheinigung nicht vorgelegt habe. Die Beschwerdevorentscheidung wurde am 31.08.2015 zugestellt, war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Vorlageantrag anfechtbar und wurde mit Vorlageantrag vom 30.09.2015 angefochten.
Im Vorlageantrag wiederholte der Bf. sein bisheriges Vorbringen und brachte ergänzend vor, dass er mit seinem österreichischen Arbeitgeber einen zweijährigen lokalen Vertrag in den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen habe. Das österreichische Dienstverhältnis habe er mit 31.12.2014 ruhend gestellt. Der Bf. sei daher durchgehend 8 Jahre in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet. EStR 2000 Rz 7596 sei anzuwenden und es sei davon auszugehen, dass sich der Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert habe. 2012 habe der Bf. nur 6 Urlaubstage in Österreich verbracht. Er sei daher in den Jahren 2009 bis 2014 nur 37,5 Tage in Österreich anwesend gewesen. Da die Vereinigten Arabischen Emirate die Einkommensteuer nicht einbehalten, habe er keine Einkommensteuer in den Vereinigten Arabischen Emiraten bezahlt und könne deshalb nicht nachweisen, dort Einkommensteuer bezahlt zu haben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
A. Alle Vorlageanträge sind frist- und formgerecht eingebracht. Deshalb scheiden alle Beschwerdevorentscheidungen mit dieser Entscheidung aus dem Rechtsbestand aus und werden zum Vorhalt. Da alle Beschwerden auch frist- und formgerecht eingebracht sind, ist über die Beschwerden "in der Sache" zu entscheiden.
B. In der Sache ist strittig, wo der Bf. ansässig ist und wer welche nichtselbständigen Einkünfte des Bf. besteuern darf.
C. Sach- und Beweislage
Der Entscheidung ist ausschließlich die Sach- und Beweislage in den Streitjahren 2009 bis 2012 und damit zugrunde zu legen: Der Bf. ist österreichischer Staatsbürger, ist in Österreich sozialversichert und gemeldet, hat eine österreichische Postadresse am Wohnsitz seiner Eltern und die Beziehung zu seinen in Österreich lebenden Eltern ist die einzige persönliche Beziehung, die der Bf. bekannt gegeben hat. Er hat einen österreichischen Arbeitgeber, der ihn in die Vereinigten Arabischen Emirate entsendet hat. Der Bf. hat keine von und für die Vereinigten Arabischen Emirate ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung und hat nicht nachgewiesen, dass er in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine für seine Wohnzwecke geeignete Wohnung gekauft oder gemietet hat. Dass seine Post an eine österreichische Postadresse gesendet wird, ist nur dadurch erklärbar, dass es in den Vereinigten Arabischen Emiraten keinen Ort gibt, an den seine Post gesendet werden kann. Der Bf. hält sich nicht ausschließlich in den Vereinigten Arabischen Emiraten sondern auch in Drittländern auf.
D. Rechtslage
Gemäß Art 4 Abs 1 Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen, BGBl. III, Nr. 88 vom 29.07.2004 idgF bedeutet eine im Sinne dieses Abkommens "in einem Vertragsstaat ansässige Person" a) in Österreich u.a. eine natürliche Person, die nach österreichischem Recht auf Grund ihres Wohnsitzes steuerpflichtig ist und b) in den Vereinigten Arabischen Emiraten u.a. eine natürliche Person, die nach dem Recht der Vereinigten Arabischen Emirate auf Grund ihres Wohnsitzes als ansässig gilt.
Ist nach Absatz 1 des Abkommens eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt gemäß Art 4 Abs 2 des Abkommens Folgendes: a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen); b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist; d) ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
Gemäß § 26 Abs 1 Bundesabgabenordnung - BAO idgF hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird und hat den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt (§ 26 Abs 2 BAO idgF).
E. Rechtliche Würdigung und Entscheidung
Da der Bf. in den weit von Österreich entfernten Vereinigten Arabischen Emiraten arbeitet, muss er dort zumindest einen Raum haben, in dem er wohnen kann. Er hat daher zumindest seinen gewöhnlichen Aufenthalt wenn nicht einen Wohnsitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten, hat jedoch nicht nachgewiesen, dort ansässig zu sein, da er keine von den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt hat.
Der Bf. muss aber in Österreich zumindest einen gewöhnlichen Aufenthalt wenn nicht einen Wohnsitz haben, denn wer eine österreichische Postadresse hat, kann sie nur dort haben, wo er wohnt (was für einen Wohnsitz spricht) und kann seine Post nur dann beheben, wenn er sich regelmäßig in Österreich aufhält (was für einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich spricht).
Der Bf. hat zwar behauptet, seinen österreichischen Wohnsitz aufgegeben zu haben, jedoch kann er nicht nachweisen, dies getan zu haben. Deshalb ist entscheidungsrelevant, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. ist.
Mit seinen in Österreich lebenden Eltern hat der Bf. einen persönlichen Bezug zu Österreich und da er nach eigenen Angaben in den Vereinigten Arabischen Emiraten weder eine Ehe führt noch eine Lebenspartnerschaft hat, hält er sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten offenbar nur aus wirtschaftlichen Gründen auf. Da persönliche Beziehungen wichtiger als wirtschaftliche Interessen sind, ist schon aus diesem Grund davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. in Österreich befindet. Dass der Bf. die österreichische Staatsbürgerschaft nicht aufgegeben hat und in Österreich sozialversichert ist, spricht auch für einen nach wie vor in Österreich liegenden Mittelpunkt seiner Lebensinteressen.
Befindet sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich, ist der Bf. nicht deshalb als in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig anzusehen, weil er dorthin mehrere Jahre entsendet ist. Die Vereinigten Arabischen Emirate dürfen daher das Welteinkommen des Bf. unabhängig davon, ob sie dies tatsächlich tun oder nicht tun, nicht besteuern.
Die v.a. Ausführungen zusammenfassend ist das Beschwerdebegehren abzuweisen und wird mit dieser Entscheidung abgewiesen.
Das Finanzamt hat die Einkommensteuerbescheide (Arbeitnehmerveranlagung) 2009 und 2011 mit den Beschwerdevorentscheidungen vom 15.11.2013 abgeändert. Da die Beschwerdevorentscheidungen mit diesem Erkenntnis aus dem Rechtsbestand ausscheiden, waren die Bescheide dadurch abzuändern, dass die Sprüche der Beschwerdevorentscheidungen zu Bestandteilen der Bescheidsprüche dieses Erkenntnisses erklärt werden.
F. Revision: Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste das Bundesfinanzgericht nicht beantworten, da die Frage, ob der Bf. seinen österreichischen Wohnsitz aufgegeben hat oder nicht, keine Rechtsfrage sondern eine Sach- und/oder Beweisfrage ist. Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am 30. November 2020
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
