BFG RV/2100776/2019

BFGRV/2100776/201929.7.2020

Zwingende Abhängigkeit des Einkommensteuerbescheides vom Gewinnfeststellungsbescheid

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100776.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0108. Zurückweisung mit Beschluss vom 20.10.2021.; VfGH-Beschwerde zur Zahl E 3044/2020 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 7.10.2020 abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch ***V*** als Vorsitzender und die weiteren Senatsmitglieder ***R*** als Richter, ***L1*** (Arbeiterkammer Steiermark) und ***L2*** (Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft Steiermark) in der Beschwerdesache ***Bf.***, ***G***, vertreten durch Die Ärzte Berater GmbH, Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft, Langefelderstraße 3, 8793 Trofaiach und Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt, Keesgasse 11, 8010 Graz und WPI-Steuerberatungs GmbH, Zahläckerweg 38, 8054 Graz, über die Beschwerde vom 12. Dezember 2008, gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 5. November 2008, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2005 und Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer), vertreten durch Mag. Andreas Kurahs, in der Sitzung am 29. Juli 2020, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Schriftführers ***S*** zu Recht erkannt:

 

1) Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2) Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer) wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat die gemäß § 295 Abs. 1 BAO am 5. November 2008 ergangenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2005 folgendermaßen begründet:

"Die Änderung gemäß § 295 BAO erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes ***W*** zu Steuernummer ***000/0000*** vom 31.10.2008."

Mit gleichem Datum hat das Finanzamt unter Bezugnahme auf den aus dem abgeänderten Einkommensteuerbescheid 2003 resultierenden Nachforderungsbetrag in Höhe von € 100.125,70 gemäß § 205 BAO Anspruchszinsen in Höhe von € 14.706,26 bescheidmäßig festgesetzt.

 

Gegen diese Bescheide hat der Beschwerdeführer (Bf.), der an der ***X***. GmbH & Co KEG als Kommanditist beteiligt ist, mit folgender Begründung Beschwerde erhoben:

"Die Bescheide werden insoweit angefochten, als sie von den beim FA ***W*** zu StNr. ***000/0000*** eingereichten Erklärungen abweichen."

 

Das Finanzamt hat die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen wie folgt begründet:

2003 und 2005
"Im gemäß § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 bzw. 2005 vom 05.11.2008 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der ***X***. GmbH & Co KEG (Steuernummer: ***00***-***000/0000***) in Höhe von
€ -99.750,59 (2003) bzw. € -321,33 (2005) berücksichtigt.

Dieser Anteil der Einkünfte wurde vom Finanzamt ***W*** im Bescheid über die Feststellung von Einkünften 2003 bzw. 2005 zu Steuernummer ***000/0000*** vom 31.10.2008 gemäß § 188 BAO festgestellt.

Da dieser Feststellungsbescheid 2003 bzw. 2005 rechtskräftig ist - die Beschwerde vom 02.12.2008 wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 10.04.2019 (GZ. RV/7100476/2009) als unbegründet abgewiesen - war Ihre Beschwerde gegen den davon abgeleiteten, gemäß § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 bzw. 2005 vom 05.11.2008 ebenfalls als unbegründet abzuweisen."

2004
"Im gemäß § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 05.11.2008 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der ***X***. GmbH & Co KEG (Steuernummer: ***00***-***000/0000***) in Höhe von € -267,87 berücksichtigt. Dieser Anteil der Einkünfte wurde vom Finanzamt ***W*** im Bescheid über die Feststellung von Einkünften 2004 zu Steuernummer ***000/0000*** vom 31.10.2008 gemäß § 188 BAO festgestellt.

Da dieser Feststellungsbescheid 2004 rechtskräftig ist, war Ihre Beschwerde gegen den davon abgeleiteten, gemäß § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 05.11.2008 als unbegründet abzuweisen."

 

Mit nachstehender Begründung hat das Finanzamt im Wege einer Beschwerdevorentscheidung auch die Beschwerde gegen die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer) als unbegründet abgewiesen:

"Im Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 vom 05.11.2008 wurden die Anspruchszinsen für die Nachforderung von Einkommensteuer 2003 von € 100.125,70, die im gemäß § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 vom 05.11.2008 festgesetzt wurde, mit einem Betrag in Höhe von € 14.706,26 berechnet.

Da die Beschwerde gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2003 vom 05.11.2008 als unbegründet abgewiesen wurde, ergibt sich keine Änderung des Nachforderungsbetrages. daher war auch die Beschwerde gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 als unbegründet abzuweisen."

 

Dagegen hat der bevollmächtigte, mittlerweile verstorbene Rechtsanwalt des Bf. mit gesonderten Schriftsätzen, aber mit völlig gleichlautender Begründung, den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt.

Nach wortwörtlicher Wiedergabe der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen wird wie folgt ausgeführt:

"3. Es wird höflich angeregt, diesen Rechtssachverhalt dem Verfassungsgerichtshof gem. Art. 89 Abs. 2 vorzulegen und wird eine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt.

4. Des Weiteren wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen.

5. Zusätzlich wird wie folgt ausgeführt.

6. Der der Beschwerdevorentscheidung vom 23.5.2019 zugrundeliegende Bescheid vom 5.11.2008 wurde der ***X***. GmbH & Co KEG nicht zugestellt, daher nicht rechtswirksam zugestellt und ist somit auch aus diesem Grund nichtig.

7. In der Entscheidung selbst wird auf die Unmöglichkeit der Kontaktaufnahme mit der ***X***. GmbH & Co KEG verwiesen, woraus sich die Nichtigkeit dieser Entscheidung ergibt, da in diesem Fall das Bundesfinanzgericht verpflichtet gewesen wäre, beim Handelsgericht als Firmenbuchgericht einen Kurator zu beantragen. Völlig unzulässig war es, ein Verfahren ohne Parteiengehör zu führen.

Diese Art von Verfahrensführung ist mit der richterlichen Pflicht eines Gerichtes frei von Zweifeln an dessen Unbefangenheit nicht vereinbar und damit die Entscheidung nichtig.

8. Es wird daher höflich gestellt der

ANTRAG

auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Senatsentscheidung wegen der Beschwerde vom 12.12.2008 gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 5. November 2008 sowie gegen den Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer) vom 5. November 2008 sowie

ANTRAG

auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch einen Senat und Senatsentscheidung wegen der Vorlageanträge an das Bundesverwaltungsgericht.

III. ANTRÄGE

9. Zusätzlich werden die

ANTRÄGE

auf Vorlage an das Bundesfinanzgericht (Antrag auf Entscheidung),

auf ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Beschwerdevorentscheidungen,

auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung,

auf Entscheidung durch einen Senat sowie

die Rechtssachen dem Verfassungsgerichtshof gem. Art. 89 Abs. 2 B-VG zur Überprüfung vorzulegen."

 

In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien Nachstehendes vorgebracht:

Die bevollmächtigte Vertreterin des Bf. legt dem Senat einen Schriftsatz, datiert mit 29. Juli 2020 vor, der ihr mündliches Vorbringen vor dem Senat zum Gegenstand hat.

Der Vorsitzende trägt den Inhalt des Schriftsatzes wörtlich vor.

Danach nimmt der Vorsitzende Bezug auf vorliegende Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem (Abfragedatum 15. Juni 2020). Demnach ist als Vertreter gem. § 81 BAO für die ***X*** GmbH & Co KEG der Beschwerdeführer ***Bf.***, ***G***, seit 28.11.2008 ausgewiesen. Des Weiteren ist aus dem AIS ersichtlich, dass für die ***X*** GmbH & Co KEG Frau ***FF*** als Zustellungsbevollmächtigte seit 17. Juli 2019 ausgewiesen ist. Daraus ergibt sich eindeutig, dass im Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses vom 10. April 2019, RV/7100476/2009 am 18. April 2019 der Beschwerdeführer ***Bf.*** zustellungsbevollmächtigt war.

Daraufhin erwidert die bevollmächtigte Vertreterin des Bf., dass sie an ihrem Vorbringen in dem an den Senat vorgelegten Schriftsatz weiterhin festhält und führt ergänzend aus, dass die Notgeschäftsführung seit 2013 bestellt ist und damit die Zustellung des Wiener Erkenntnisses rechtswidrig erfolgt und damit nicht rechtskräftig ist. Überdies wird bemerkt, dass im Wiener Verfahren das Parteiengehör nicht gewahrt worden ist.

 

Der Vertreter der Amtspartei führt Folgendes aus:

Die ursprünglichen Feststellungsbescheide 2003-2005 der ***X*** GmbH & Co KEG vom 31.10.2008 wurden an die damalige zustellungsbevollmächtigte WPI Steuerberatungs GmbH zugestellt und sind somit diese Bescheide korrekt zugestellt.

Aus dem Firmenbuch der ***X*** GmbH ist zu entnehmen, dass die Notgeschäftsführerin ***FF*** erst am 13.08.2019 eingetragen worden ist. Somit war die Notgeschäftsführerin im Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses nach außen nicht erkennbar.

Die Vertreterin des Bf. bestreitet das Vorbringen des Amtsvertreters und führt aus, dass das BFG Wien verpflichtet gewesen wäre beim Handelsgericht Wien Erkundigungen über die Notgeschäftsführung der ***X*** GmbH & Co KEG einzuholen. Dabei wäre hervorgekommen, dass die Notgeschäftsführung durch ***FF*** seit 2013 besteht. Sollte niemand von Seiten der Gesellschaft erreichbar gewesen sein, hätte man zumindest einen Kurator bestellen müssen. Das sei im vorliegenden Fall aber keinesfalls notwendig gewesen, da ohnedies Frau ***FF*** als Notgeschäftsführerin eingesetzt war. Jedenfalls wäre das Parteiengehör zwingend notwendig gewesen.

 

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 192 BAO lautet:

"In einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, werden diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist."

§ 295 Abs. 1 BAO lautet:

"Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Falle der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."

Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann gemäß § 252 Abs. 1 BAO der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

 

Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide für abgeleitete Bescheide) sind insbesondere Feststellungen von Einkünften (§ 188 BAO) [vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 192, Tz 2, zweiter Aufzählungspunkt].

Daher besteht eine Bindung im Einkommensteuerverfahren an die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 192, Tz 3, erster Aufzählungspunkt und die dort zitierte Judikatur).

Die Bindungswirkung für abgeleitete Bescheide (Folgebescheide), die sich bereits aus den Bescheidwirkungen (nämlich der Bindungswirkung) ergeben würde, betont § 192. Aus der Bindungswirkung ergibt sich, dass abgeleitete Bescheide nicht hinsichtlich der Richtigkeit derjenigen Bescheidelemente, an die sie gebunden sind, angefochten werden können; § 252 enthält diese Aussage ausdrücklich.

Weiters sieht § 295 Abs. 1 und 2 die Anpassung abgeleiteter Bescheide an nachträglich erlassene oder nachträglich geänderte Grundlagenbescheide vor (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 295, Tz 1).

Auf § 295 Abs. 1 oder 2 gestützte Bescheide setzen die Abhängigkeit (somit ein Verhältnis Grundlagenbescheid zu abgeleitetem Bescheid) voraus. Weiters darf ein auf § 295 gestützter Bescheid nur ergehen, wenn ein Grundlagenbescheid nachträglich (somit nach Zustellung des abgeleiteten Bescheides) erlassen oder abgeändert wird und wenn dieser nachträgliche Bescheid dem Adressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam ist (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 295, Tz 3 und die dort zitierte Judikatur).

Änderungen (Aufhebungen) gemäß § 295 haben gegebenenfalls zwingend (kein Ermessen) zu erfolgen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 295, Tz 12 und die dort zitierte Judikatur).

§ 252 Abs. 1 bis 3 schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen und nicht als unzulässig zurückzuweisen. Eine solche Abweisung setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 252, Tz 3).

Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO sind Grundlagenbescheide für Einkommensteuerbescheide (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2017, § 252, Tz 9, erster Aufzählungspunkt und die dort zitierte Judikatur).

 

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage konnte der Beschwerde aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

 

1) Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005

Das für die ***X***. GmbH & Co KEG zuständige Finanzamt ***W*** hat nach Durchführung einer Außenprüfung, datiert mit 31. Oktober 2008 gemäß § 188 BAO Gewinnfeststellungsbescheide erlassen. Die gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2003 und 2005 von der Gesellschaft erhobene Beschwerde ist vom Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 10. April 2019, RV/7100476/2009 als unbegründet abgewiesen worden. Dieses Erkenntnis wurde lt. aktenkundigem Rückscheinabschnitt an die für die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person, an den Bf., am 18. April 2019 nachweislich zugestellt. Da das Erkenntnis im Spruch den nach § 101 Abs. 1 BAO für die Wirksamkeit der Zustellfiktion erforderlichen Hinweis, dass mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an den gemeinsamen Bevollmächtigten die Zustellung an alle Mitglieder als vollzogen gilt, ist das Erkenntnis jedenfalls rechtswirksam ergangen.

Der von der bevollmächtigten Vertreterin des Bf. in der mündlichen Verhandlung erhobene Vorwurf, dass die an den Bf. nachweislich erfolgte Zustellung des Erkenntnisses vom 10. April 2019, RV/7100476/2009, nichtig sei, da er als Kommanditist nicht befugt gewesen sei, Zustellungen entgegenzunehmen, erweist sich aus nachstehenden Gründen als unberechtigt:

Aus aktenkundigen Abfragen (Abfragedatum 15. Juni 2020) aus dem Abgabeninformationssystem (AIS) geht hervor, dass der Bf. seit 28. November 2008 als Vertreter gemäß § 81 BAO und damit als Zustellungsbevollmächtigter für die ***X*** GmbH & Co KEG fungiert hat. Erst mit 17. Juli 2019 hat diese Funktion ***FF*** übernommen.

Daraus ergibt sich wohl eindeutig und unzweifelhaft, dass im Zeitpunkt der Zustellung des Erkenntnisses vom 10. April 2019, RV/7100476/2009, am 18. April 2019, der Bf. zustellungsbevollmächtigt war. Denn nach § 81 Abs. 2 BAO ist die von der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit als vertretungsbefugt namhaft gemachte bzw. von der Abgabenbehörde bestellte Person zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt. Die Gesellschafterstellung ist dafür unbeachtlich.

Soweit die Ausführungen in diesem Schriftsatz behauptete Verfahrensmängel im Beschwerdeverfahren betreffend die ***X*** GmbH & Co KEG betreffen, hat sich der Senat im gegenständlichen Einkommensteuerverfahren nicht damit zu befassen. Diese wären im Wege einer Revision gegen das Erkenntnis geltend zu machen gewesen; davon bzw. von einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde jedoch Abstand genommen.

Gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2004 ist keine Beschwerde erhoben worden.

Demnach hat das Finanzamt auf Grund der am 31. Oktober 2008 ergangenen Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 2003 bis 2005 rechtlich zutreffend, die im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 in Abänderung der am 15. Jänner 2007 ergangenen Einkommensteuerbescheide 2003 und 2004 sowie des am 12. September 2008 ergangenen Einkommensteuerbescheides 2005 gemäß § 295 Abs. 1 BAO zwingend erlassen.

Das Finanzamt hat in den Beschwerdevorentscheidungen vom 23. Mai bzw. bezüglich des Jahres 2004 vom 27. Mai 2019 völlig zutreffend auf die Bindungswirkung für abgeleitete Bescheide hingewiesen.

Der vom bevollmächtigten Vertreter des Bf. in den Vorlageanträgen erhobene Vorwurf, dass die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 vom 5. November 2008 mangels Zustellung an die ***X***. GmbH & Co KEG nicht rechtswirksam zugestellt und daher auch aus diesem Grund nichtig seien, ist für das Bundesfinanzgericht rechtlich nicht nachvollziehbar. Weshalb die für den Bf. als Einkommensteuersubjekt bestimmten und an ihn adressierten Einkommensteuerbescheide der ***X***. GmbH & Co KEG, an der er als Gesellschafter beteiligt war, bei sonstiger Nichtigkeit zugestellt hätten werden sollen, ist rechtlich nicht begründbar.

Auch den unter Punkt 7. der Vorlageanträge gemachten Ausführungen, die das Beschwerdeverfahren im Gewinnfeststellungsverfahren betreffen, sind im gegenständlichen Verfahren allein schon deshalb rechtlich unbeachtlich, weil gemäß § 252 Abs. 1 BAO Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde diesbezüglich als unbegründet abzuweisen. Im Übrigen ist gegen das Erkenntnis vom 10. April 2019, RV/7100476/2009 keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden.

Bezüglich des Antrages in den Vorlageanträgen, das Bundesfinanzgericht möge "diesen Rechtssachverhalt dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 89 Abs. 2 B-VG zur Prüfung vorzulegen", ist Folgendes zu bemerken:

Das Bundesfinanzgericht hat gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§ 192, 295 Abs. 1 und 252 Abs. 1 BAO nicht zuletzt deshalb keine Bedenken, weil auch der Verwaltungsgerichtshof, wie die unzähligen, dazu ergangenen Erkenntnisse beweisen, diese Bestimmungen angewendet und keine diesbezüglichen Anträge auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gestellt hat.

Somit war auch vom Bundesfinanzgericht kein Antrag auf Aufhebung der zur Anwendung gelangten verfahrensrechtlichen Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Damit war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2) Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer)

Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt den Nachforderungsbetrag in Höhe von € 100.125,70 mit den entsprechenden Tageszinssätzen gemäß § 205 BAO verzinst und die Berechnung der Anspruchszinsen nachvollziehbar, detailliert dargestellt. Gegen die Berechnung hat der Bf. keinen Einwand vorgebracht.

Da die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abzuweisen war, ergibt sich keine Änderung des Nachforderungsbetrages und damit auch keine Änderung der festgesetzten Anspruchszinsen.

Somit war auch die Beschwerde gegen die Festsetzung der Anspruchszinsen 2003 (Einkommensteuer) als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. In der Beschwerde werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG eine grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Entscheidung der Streitfrage der zwingenden Abänderung der Einkommensteuerbescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO nach Erlassung von Gewinnfeststellungsbescheiden als Grundlagenbescheiden entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere VwGH 5.9.2012, 2012/15/0062); die Revision ist somit nicht zulässig.

 

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

 

Graz, am 29. Juli 2020

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 05.09.2012, 2012/15/0062

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