BFG RV/5101022/2019

BFGRV/5101022/20198.1.2020

Nachträglicher Vorsteuerabzug trotz anfänglicher privater Nutzung einer Wohnung ("Einlagenentsteuerung")

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101022.2019

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Walter Aiglsdorfer in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerden vom 15. Juni 2018, 15. März 2019 und 26. Juli 2018 gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 18. Mai 2018, 5. März 2019 und 25. Juni 2018 (St.Nr.: xxx) betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 04-06/2017, Abweisungsbescheid 2016 und Umsatzsteuer 2015 zu Recht erkannt:

Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

 

Im Zuge einer Außenprüfung wurden folgende hier streitgegenständliche Feststellungen getroffen (Bericht bzw. Niederschrift):
Tz. 6 Anschaffungskosten:
2010 wurde von der Foundation (Liechtenstein) über die zu errichtende Eigentumswohnung N Straße ein Anwartschaftsvertrag sowie ein Kaufvertrag mit dem Bauträger abgeschlossen.
Lt. erhaltener Auskunft ist die ursprüngliche Absicht gewesen, die Wohnung zu vermieten.
Nach Fertigstellung der Wohnung, wurde diese 2012 vom Beschwerdeführer samt Familie bezogen (private Nutzung - It. ZMR 9.2.12 bzw. 17.4.12).
Am 6. August 2015 wurde über die Wohnung ein Mietvertrag mit Frau A abgeschlossen.
Bei der Foundation handelt es sich um eine transparente Stiftung, die Einkünfte sind (und wurden) dem Beschwerdeführer zuzurechnen (zugerechnet).

a) Vorsteuerkorrektur 2015: 6.091,83 €; 4-6/2017: 4.993,34 €
Im Prüfungs- bzw. Nachschauzeitraum wurden positive Vorsteuerkorrekturen hinsichtlich Gebäude und Möblierung vorgenommen. Es wurde beim Gebäude, ein Korrekturzeitraum von 10 Jahren und bei der Möblierung von 5 Jahren zugrunde gelegt.
Bei Vermietung von Grundstücken zu Wohnzwecken gilt ein Vorsteuerberichtigungszeitraum von 19 Jahren unter der Voraussetzung, dass neben der erstmaligen Verwendung oder Nutzung des Gebäudes im Anlagevermögen des Vermieters auch der Mietvertrag nach dem 31. März 2012 abgeschlossen wird.

§12 (10) UStG 94: Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind. Bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neunzehn Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zwanzigstel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.

§ 12 (11) UStG 94: Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist.

Im vorliegenden Fall liegen weder ein Anwendungsfall gem. § 12 (10) UStG 94 noch gem. § 12 (11) UStG 94 vor.
Die Änderung der Verhältnisse muss im Unternehmensbereich eingetreten sein. D. h. die Unternehmereigenschaft muss sowohl im Zeitpunkt des Bezugs der Vorleistung als auch im Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gegeben sein.
Die Zuführung von Gegenständen aus dem nichtunternehmerischen Bereich führt weder zu einem nachträglichen Vorsteuerabzug noch zu einer positiven Vorsteuerberichtigung.
Die durchgeführten Vorsteuerkorrekturen sind nicht anzuerkennen.

Mit Umsatzsteuerbescheiden vom 18. Mai 2018 (2017), 24. Mai 2018 (2016) und 25. Juni 2018 (2015) wurden die entsprechenden Steuern in Anlehnung an die Feststellungen der Außenprüfung festgesetzt.

Mit Eingaben vom 15. Juni 2018 (FSU 04-06/2017) und 26. Juli 2018 (Umsatzsteuer 2015) wurden Beschwerden gegen die entsprechenden Bescheide eingereicht.
Anmerkung Richter: hier werden nur mehr die nunmehr streitgegenständlichen Inhalte widergegeben.

Im Jahr 2010 wurde von der Foundation mit einem Bauträger ein Anwartschaftsvertrag sowie ein Kaufvertrag über den Kauf einer zu errichtenden Eigentumswohnung in der N Straße (xxxAnteile) abgeschlossen.

Bei der Foundation handelt es sich um eine transparente Stiftung mit Sitz im Fürstentum Liechtenstein, deren Einkünfte dem Beschwerdeführer zuzurechnen sind.

Der Beschwerdeführer beabsichtigte beim Kauf der Wohnung, diese nach Fertigstellung fremdüblich zu vermieten. Diese Absicht ist auch im Betriebsprüfungsbericht vom 11. Mai 2018, Tz 6, dokumentiert.

Zum Zeitpunkt des Erwerbes der gegenständlichen Wohnung im Jahr 2010 war der Beschwerdeführer für die B GmbH in Österreich tätig. Es war zum Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnung angedacht, dass der Beschwerdeführer in den nächsten Jahren Geschäftsführer der C (Mutter der B GmbH) in den Vereinigten Amerikanischen Staaten wird. Aufgrund dessen war auch ein baldiger Umzug der Familie des Beschwerdeführers nach Amerika und damit einhergehend die Vermietung der Wohnung geplant, da eine Nutzung durch unseren Klienten aufgrund der angedachten Auslandstätigkeit nicht möglich gewesen wäre.

Aufgrund der festen Absicht, die Wohnung umsatzsteuerpflichtig zu vermieten und der daraus folgenden festen Überzeugung, Unternehmer iSd UStG zu sein, forderte der Beschwerdeführer den Bauträger auf, eine Rechnung auszustellen, in welcher die Umsatzsteuer iSd § 11 UStG ausgewiesen wird. Er war sich seiner Unternehmerstellung iSd UStG derart sicher, dass er im Zusammenhang mit der korrekten Rechnungslegung und dem USt-Ausweis sogar ein Gerichtsverfahren anstrengte. Dieses endete mit einem Vergleich. In diesem wurde festgehalten, dass der Bauträger eine umsatzsteuergerechte Rechnung über 200.000,00 € zuzüglich USt 40.000,00 € somit insgesamt 240.000,00 € zu Handen des Beschwerdeführers (Foundation) auszustellen hat (yyy des Landesgerichts).

Nach Fertigstellung der Wohnung im Jahr 2012 wurde diese jedoch entgegen der ursprünglichen Planung nicht vermietet, sondern von der Familie des Beschwerdeführers bezogen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Beschwerdeführer entgegen der geplanten Geschäftsführertätigkeit in Amerika weiterhin in Österreich beschäftigt war.

Am 6. August 2015 wurde über die gegenständliche Wohnung ein Mietvertrag mit Frau A abgeschlossen. Der Beschwerdeführer vermietet seit damals die Wohnung umsatzsteuerpflichtig an oben genannte Mieterin. Das Mietverhältnis ist zum jetzigen Zeitpunkt noch immer aufrecht.

Aufgrund der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung führte der Beschwerdeführer in den gegenständlichen Zeiträumen 2015 sowie 4-6/2017 positive Vorsteuerkorrekturen hinsichtlich der Wohnung durch, wobei beim Gebäude ein Korrekturzeitraum von 10 Jahren und bei der Möblierung von 5 Jahren zugrunde gelegt wurde.

Die Betriebsprüfung anerkannte diese positiven Vorsteuerkorrekturen jedoch nicht, mit der Begründung, dass die Unternehmereigenschaft des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Bezugs der Vorleistung, somit im Zeitpunkt des Wohnungskaufs, nicht gegeben war.

Diese Ansicht wird von uns aus folgenden Gründen bestritten:

Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nach EuGH 26.9.1996, C-230/94 "Enkler" geht aus Art 4 Abs. 1 der 6. MwSt-RL (nunmehr Art 9 Abs. 1 MwSt-RL) hervor, dass der Zweck und das Ergebnis einer Tätigkeit als solche bei der Ermittlung des Anwendungsbereiches der MwSt-RL unerheblich sind; die Vermietung eines Gegenstandes sei jedenfalls eine wirtschaftliche Tätigkeit iS der RL, wenn sie zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird.

Bei der Errichtung von Wohnraum, der der privaten Nutzung ebenso dienen kann wie der Vermietung, muss nach der Rsp die Absicht künftiger Vermietung entweder in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag gefunden haben oder auf Grund sonstiger, über die Absichtserklärung hinausgehender Umstände mit ziemlicher Sicherheit feststehen. Der auf die steuerpflichtige Vermietung gerichtete Entschluss muss klar und eindeutig nach außen in Erscheinung treten. Dieser Entschluss kann im konkreten Fall damit belegt werden, dass der Beschwerdeführer eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG zivilgerichtlich erstritten hat (yyy des Landesgerichts), in welcher die Umsatzsteuer ausgewiesen wird und er dadurch einen höheren Kaufpreis bezahlen musste als ursprünglich im Anwartschaftsvertrag festgelegt wurde. Die Klage dokumentiert auch den Auftritt nach außen hin. Denn bereits zum Zeitpunkt des Kaufes wollte er die Wohnung zukünftig langfristig mit Umsatzsteuer vermieten. Da die Fertigstellung der Wohnung erst einige Jahre später erfolgte (Fertigstellung im Jahr 2012), hatte der Beschwerdeführer noch genügend Zeit einen geeigneten Mieter zu finden. Die Durchsetzung der vorsteuergerechten Rechnung macht wirtschaftlich nur dann Sinn, wenn man von seiner Unternehmereigenschaft überzeugt ist, da es ansonsten zu einem um 20% höheren Kaufpreis käme.

Grundsätzlich ist ein Vorsteuerabzug auch in Zeiträumen möglich, in denen Umsätze noch nicht getätigt wurden. Vorsteuern können daher auch im Zusammenhang mit Leistungen geltend gemacht werden, die lediglich der Vorbereitung oder der Abwicklung der unternehmerischen Tätigkeiten dienen. Jedoch konnte der Beschwerdeführer im Jahr des Kaufes der Wohnung (2010) aufgrund einer fehlenden Rechnung, welche die Umsatzsteuer ausweist, keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Die korrekte Rechnung (Rechnungsdatum 20. März 2012) wurde erst durch den gerichtlichen Vergleich im Jahr 2012 vom Verkäufer ausgestellt und erst im selben Jahr an den Beschwerdeführer übermittelt. Somit hätte erst im Jahr 2012 ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden können.

Im Jahr 2012, nach Fertigstellung der Wohnung, zog der Beschwerdeführer mit seiner Familie in die Wohnung ein. Zu diesem Zeitpunkt lag bzgl. der Vermietung der Wohnung keine Unternehmenseigenschaft mehr vor, da er die Wohnung entgegen der ursprünglich angedachten Nutzung nicht vermietete, sondern selbst nutzte. Im Jahr 2012 wurde daher keine Umsatzsteuererklärung eingereicht und somit konnte auch die Vorsteuer iHv 40.000,00 € aus dem Kauf der Wohnung nicht geltend gemacht werden. Auch aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde keine Umsatzsteuererklärung im Jahr 2012 eingereicht, denn im Jahr 2012 hätte die Vorsteuer und zugleich eine negative Vorsteuerkorrektur gem. § 12 Abs. 11 UStG geltend gemacht werden müssen.

Zusammenfassung:

Der Beschwerdeführer hat die gegenständliche Wohnung im Jahr 2012 als Unternehmer erworben. Er wollte zum Zeitpunkt der Anschaffung der Wohnung diese zukünftig umsatzsteuerpflichtig vermieten. Es wurde im Jahr 2010 nur deswegen kein Vorsteuerabzug vorgenommen, da eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG nicht vorgelegen ist. Diese wurde jedoch im Rechtsweg erstritten, womit nochmals eine nach außen hin erkennbare Absicht zur angedachten zukünftigen umsatzsteuerpflichtigen Vermietung von unseren Klienten sichtbar ist. Wäre im Jahr 2010 eine vollständig korrekte Rechnung im Sinne des § 11 UStG vorgelegen, hätte unser Klient jedenfalls einen Vorsteuerabzug vorgenommen. Der Beschwerdeführer hat eine den Anforderungen des § 11 UStG entsprechende Rechnung erst im Anschluss an den gerichtlichen Vergleich erhalten. Im Jahr 2012 wurde aus verwaltungsökonomischen Gründen keine Umsatzsteuererklärung abgegeben, da sich die Verhältnisse für die Vorsteuer in diesem Veranlagungszeitraum geändert haben (Jahr der erstmaligen Verwendung) und somit gemeinsam mit dem Vorsteuerabzug auch gleichzeitig eine Vorsteuerkorrektur gem. § 12 Abs. 11 UStG durchzuführen gewesen wäre.

Die Wohnung wurde, da die Unternehmereigenschaft im Jahr 2010 vorgelegen ist, für das "Unternehmen" (Vermietung der Wohnung) erworben. Es liegt somit im gegenständlichen Fall keine Einlage aus der Privatsphäre im Jahr 2015 vor. Daher ist auch die im Jahr 2015 beantragte positive Vorsteuerkorrektur gem. § 12 Abs. 10 UStG aufgrund der umsatzsteuerlichen Vermietung und Verpachtung zu gewähren.

Mit Eingabe vom 25. Juli 2018 wurde beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 24. Mai 2018 gemäß § 299 BAO aufzuheben.
Begründend wurde auf die Beschwerde betreffend Umsatzsteuerbescheid 2015 verwiesen.

In der Stellungnahme der Betriebsprüferin vom 21. Dezember 2018 wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen im Bericht verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 20. Februar 2019 wurden die Beschwerden betreffend Umsatzsteuer 2015 sowie FSU 04-06/2017 als unbegründet abgewiesen.

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die gegenständliche Wohnung aus der Privatsphäre in das Unternehmen des Beschwerdeführers gelangt sei, wofür nach EuGH C-1990/97 (Rs Lennartz) kein Vorsteuerabzug zustehe (vgl. RZ 1807 UStR). Im Zeitraum danach würde nach Ruppe/Achatz, UStG, Rz. 294 zu § 12, auch keine positive Vorsteuerkorrektur in Betracht kommen, weil die ursprüngliche Leistung (Lieferung der Wohnung) nicht für das Unternehmen erfolgt sei.
Beweise dafür, dass diese Lieferung wie behauptet schon für ein Unternehmen erfolgt wäre, seien aber keine angeboten worden, und zwar weder im Zuge der Außenprüfung noch im Beschwerdeverfahren.

Mit Eingabe vom 25. Februar 2019 wurde beantragt, die Beschwerden betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer 04-06/2017 sowie Umsatzsteuer 2015 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Begründend wurde auf die bereits in den Beschwerden angeführten Begründungen verwiesen.

Mit Abweisungsbescheid 2016 vom 5. März 2019 wurde der Antrag auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides vom 24. Mai 2018 abgewiesen.
Begründend wurde auf die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatzsteuer 2015 bzw. FSU 04-06/2017 verwiesen.

Mit Eingabe vom 15. März 2019 (eingelangt bei der belangten Behörde am 21. März 2019) wurde Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid 2016 vom 5. März 2019 eingereicht.
Begründend wurden die Beschwerdeausführungen der Beschwerden hinsichtlich Umsatzsteuer 2015 wiederholt.

Mit Bescheid vom 28. März 2019 (Beschwerdevorentscheidung) wurden seitens der belangten Behörde folgendes festgestellt (bezüglich Beschwerde vom 15. März 2019):
"Ihre Beschwerde vom 21.03.2019 gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 5.03.2019 wird als unbegründet abgewiesen.
Es wird auf die abweisende BVE zur Umsatzsteuer 2015 verwiesen, deren Begründung nochmals angeführt wird:
Das Finanzamt geht davon aus, dass die gegenständliche Wohnung aus ihrer Privatsphäre in ihr Unternehmen gelangt ist, wofür nach EuGH C-1990/97 (Rs Lennartz) kein Vorsteuerabzug zusteht (vgl. RZ 1807 UStR). Im Zeitraum danach kommt nach Ruppe/Achatz, UStG, Rz. 294 zu § 12, auch keine positive Vorsteuerkorrektur in Betracht, weil die ursprüngliche Leistung (Lieferung der Wohnung) nicht für das Unternehmen erfolgt ist.
Beweise dafür, dass diese Lieferung wie behauptet schon für ein Unternehmen erfolgt wäre, wurden aber keine angeboten, und zwar weder im Zuge der Außenprüfung noch im Beschwerdeverfahren."

Anmerkung Richter: Die Beschwerde hat sich nicht gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 gerichtet, sondern gegen den Abweisungsbescheid hinsichtlich Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Mit Eingabe vom 4. April 2019 (eingelangt am 8. April 2019) wurde ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde vom 15. März 2018 (richtig wohl "2019") gegen den Umsatzsteuerbescheid 2016 vom 24. Mai 2018 sowie gegen den Abweisungsbescheid 2016 vom 5. März 20019 eingereicht (Vorlageantrag).
Begründend wurde auf die bereits in der Beschwerde angeführte Begründung verwiesen.

Mit Vorlagebericht vom 11. Juli 2019 wurden folgende Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
< Beschwerde vom 15. Juni 2018 (Festsetzung Umsatzsteuer 04-06/2017)
< Beschwerde vom 26. Juli 20018 (Umsatzsteuer 2015)
< Beschwerde vom 15. März 2019 (Abweisungsbescheid Antrag Bescheidaufhebung)

Mit Schreiben vom 26. September 2019 seitens des nunmehr zuständigen Richters des Bundesfinanzgerichtes wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, weitere Unterlagen nachzureichen bzw. auf vorläufige Rechtsansichten verwiesen:
"Vorweg möchte ich festhalten, dass betreffend das Jahr 2016 eine Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid 2016 vom 5. März 2019 anhängig ist und nicht gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 24. Mai 2018. Für den weiteren Verfahrensverlauf ist dies allerdings nicht wesentlich von Belang.

1.) In der Beschwerde vom 26. Juli 2016 wurde dargestellt, dass sie einen Umzug in die Vereinigten Amerikanischen Staaten geplant hatten.
Gibt es diesbezüglich Vereinbarungen mit dem (damaligen) Arbeitgeber bzw. bereits Kontakte?
Gab es allenfalls bereits Kontakte bezüglich Schulbesuch/Ausbildung der Kinder? Arbeitsmöglichkeiten der Lebensgefährtin?
Ersuche um Vorlage aussagekräftiger Unterlagen, welche auf eine baldige bzw. konkrete Übersiedlung der gesamten Familie schließen lassen.

2.) Welche Tätigkeit(en) hat die Partnerin im Jahr 2010 ausgeübt bzw. welche Schule haben die Kinder besucht?
Hat es auch bereits konkrete Berufsaussichten für die übrigen Familienmitglieder gegeben?
Ersuche um Vorlage aussagekräftiger Unterlagen hierzu.

3.) Darstellung der Wohnverhältnisse bis zum Kauf der Wohnung; Größe und Ausstattung dieser Wohnung; wer hat darin gewohnt?

4.) Ersuche um Vorlage folgender Unterlagen:
< Anwartschaftsvertrag der Foundation vom 21.5.2010
< Klage vom 26.1.2012 (LG D bzgl. USt-Rechnung)
< Kaufvertrag vom 13.8.2010 bzw. 14.9.2010
< Rechnungen betreffend den Kauf (ursprüngliche Rechnung - ohne USt; korrigierte Rechnung - mit USt).

…"

Mit Eingabe vom 15. November 2019 wurde hierauf wie folgt geantwortet:
Schriftliche Vereinbarungen mit dem damaligen Arbeitgeber würden nicht vorliegen. Kontakte mit dem damaligen Arbeitgeber hätte es von Beginn an gegeben, zumal der Beschwerdeführer auch Gesellschafter dieser Gesellschaft gewesen sei. Es hätte sich dabei um die Firma B GmbH gehandelt, bei der der Beschwerdeführer Geschäftsführer, sowie um deren Mitunternehmen, bei welchem der Beschwerdeführer Gesellschafter gewesen sei.
Dadurch sei der Beschwerdeführer in USA für den Aufbau des Unternehmens gefordert und es sei angedacht gewesen, in USA mehr Agenden zu übernehmen, weswegen die Übersiedelung nach USA relevant geworden sei. Der Nachweis der Geschäftsführerfunktion sei aus dem beiliegenden Firmenbuchauszug zu entnehmen.

Kontakte betreffend Schulbesuch/Ausbildung der Kinder bzw. Arbeitsmöglichkeiten der Lebensgefährtin hätte es gegeben, jedoch würde es keine schriftlichen Nachweise darüber geben. Ein diesbezüglicher Nachweis wäre selbst damals nicht zumutbar gewesen, zumal solche Nachweise nur durch verbindlich abgeschlossene Vereinbarungen zu erbringen gewesen wären, dazu sei es jedoch nicht gekommen.
Diesem Schreiben sei auch eine Bestätigung der Firma Top Real beigelegt, aus dem hervorgehe, dass der Beschwerdeführer sofort nach Zerschlagung der Übersiedlung nach USA in D mit der Suche nach einem Haus begonnen hätte, um die besagte Wohnung, wie ursprünglich angedacht, vermieten zu können.

2. Die Partnerin E sei in einer Notariatskanzlei tätig gewesen. Die Tochter sei in der Volksschule eingeschrieben gewesen.
Berufsaussichten hätte es bei der Tochter noch keine gegeben, sie hätte jedenfalls weiterhin eine Grundschule in den USA besuchen können.

3. Bis zum Kauf der Wohnung hätte die Familie in einer Mietwohnung gelebt. In der Wohnung hätten die Tochter, die Lebensgefährtin sowie der Beschwerdeführer gewohnt. Die Fläche der Wohnung hätte 85m² betragen.

4. Anwartschaftsvertrag, Kaufvertrag, Vergleichsausfertigung, Tonprotokoll, Nachtrag zum Kaufvertrag, Bestätigung Top Real, Firmenbuchauszug sowie Bescheid Landesgericht würden beiliegen.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung werde zurückgezogen.

Beilagen:
< Vergleichsausfertigung:
"… Die beklagte Partei verpflichtet sich … der klagenden Partei eine umsatzsteuergerechte Rechnung über EUR 200.000,00 zuzüglich 20% USt EUR 40.000,00, insgesamt EUR 240.000,00, zu Handen des Klagevertreters auszustellen. …"

< Bescheid LG:
"… Einvernehmlich wird festgestellt, dass der Kaufpreis aus dem Kaufvertrag EUR 200.000,00 zuzüglich 20% USt EUR 40.000,00, insgesamt EUR 240.000,00 beträgt. Die beklagte Partei verpflichtet sich, … der klagenden Partei eine umsatzsteuergerechte Rechnung … auszustellen. …"

Aus den vorgelegtem Anwartschaftsvertrag ist keine beabsichtigte Nutzung ersichtlich.

< Bestätigung Top Real (vom 6. November 2019):
"Ich bestätige hiermit, dass mein Unternehmen Top Real Immobilien vom Beschwerdeführer im Jänner 2011 beauftragt wurde, ein Einfamilienhaus mit ca. 150m² Wohnfläche in D zu suchen. Im Rahmen der Suche wurden von mir und dem Beschwerdeführer mehrere Häuser über einen Zeitraum von mehreren Jahren besichtigt.
- Haus Weg1 …
- Haus Straße1
- Haus Straße2 …"

Der Beschwerdeführer hat auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet.

Mit Datum 3. Dezember 2019 wurde gegenständlicher Vorhalt sowie Antwortschreiben der belangten Behörde zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme übermittelt.
Dabei wurde auch angemerkt, dass in Anlehnung en die Rechtsprechung des EuGH vom 25.7.2018, Rs C140/17, Gmina Ryjewo, eine Stattgabe der Beschwerde nicht auszuschließen sei.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurde keine Stellungnahme seitens der belangten Behörde übermittelt.

 

 

ENTSCHEIDUNG

 

A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Stiftung Foundation hat mit Anwartschaftsvertrag (21.5.2010) bzw. Kaufvertrag (14.9.2010) vom Bauträger HIJ die Wohnung Nr. 10 (in N um einen Gesamtkaufpreis von 235.000,00 € erworben.
Da es sich hierbei um eine transparente Stiftung handelt, sind die Tätigkeiten dieser Stiftung unmittelbar dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt bei einer international tätigen Firma beschäftigt (Geschäftsführer).
Nach Angaben des Beschwerdeführers war damals angedacht, Agenden für diese Firma in den USA zu übernehmen und somit in die USA zu übersiedeln; die erworbene Wohnung sollte vermietet werden.

Mit Klage vom 26. Jänner 2012 begehrte die klagenden Partei Foundation vom Verkäufer der Wohnung eine die Umsatzsteuer auszuweisende Rechnung gemäß § 11 UStG 1994.
In einem Vergleich vom 12. März 2012 wurde einvernehmlich festgestellt, dass eine umsatzsteuergerechte Rechnung über 200.000,00 € zuzüglich 20% USt in Höhe von 40.000,00 € auszustellen sei.

Mit Datum vom 20. März 2020 wurde eine derartige Rechnung ausgestellt und in einem Nachtrag zum Kaufvertrag (3. April 2012) der Kaufpreis diesem Vergleich angepasst.

Nachdem der Beschwerdeführer nicht in die USA auswanderte, nutzte er die Wohnung samt seiner Familie (Lebensgefährtin und Tochter) ab Fertigstellung (2012) selbst.

Nachdem sich der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin im Jahr 2015 eine weitere Wohnung gekauft hatte (in Straße2), vermietete er seine Wohnung N an die Verkäuferin der neuen Wohnung.

 

B) Beweiswürdigung:

Der Kauf des streitgegenständlichen Objektes ist dem aktenkundigen Anwartschaftsvertrag bzw. dem Kaufvertrag zu entnehmen.
Aus dem ebenfalls aktenkundigen Vergleich bzw. dem Bescheid des Landesgerichtes ist nachgewiesen, dass der ursprüngliche Kaufpreis (235.000,00 €) geändert wurde; auf nunmehr 240.000,00 € inklusive 20% Umsatzsteuer.
Mit Datum 20. März 2012 wurde eine dementsprechende Rechnung ausgestellt.

Tatsächlich wurde das streitgegenständliche Objekt ab Fertigstellung von der Familie des Beschwerdeführers selbst bewohnt (Abfrage ZMR).

Nach dem Kauf einer weiteren Wohnung durch den Beschwerdeführer sowie seiner Lebensgefährtin (Kaufvertrag vom 7. August 2015; Kaufpreis 305.000,00 €; Straße2) erfolgte die Vermietung des streitgegenständlichen Objektes (Mietvertrag vom 6. August 2015) durch die Stiftung.

Strittig ist also, ob von Beginn an beabsichtigt war, das streitgegenständliche Objekt zur Erzielung von Einkünften zu nutzen oder nicht.
Bindende Vereinbarungen hinsichtlich der tatsächlich beabsichtigten Nutzung sind nicht bekannt.

 

C) Rechtliche Würdigung:

a) Umsatzsteuerbescheide 2015 und FSU 04-06/2017:
§ 12 Abs. 10 UStG 1994:
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.

Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrundeliegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.

Bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.

Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder die Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.

§ 12 Abs. 11 UStG 1994: Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer für sein Unternehmen hergestellt oder erworben hat oder bei sonstigen Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, die Voraussetzungen, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist, sofern nicht Abs. 10 zur Anwendung gelangt, eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung eingetreten ist.

Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Grundstücken ist also ein Berichtigungszeitraum von 9 Jahren (1/10Berichtigung) relevant, wenn die tatsächliche Nutzung vor dem 1. April 2012 begonnen hat.
Der Beschwerdeführer hat die Wohnung vor diesem Datum tatsächlich in Nutzung genommen, somit ist ein Berichtigungszeitraum von 9 Jahren zu beachten. Für nachträgliche Investitionen ist ein Berichtigungszeitraum von 19 Jahren anzuwenden (1. StabG 2012, BGBl I 2012/22 ab 1.4.2012).

Wie schon oben erwähnt, ist das Urteil des EuGH 25.7.2018, Rs C-140/17 , Gmina Ryjewo, gegenständlich von zentraler Bedeutung.

Auch wenn sich dieses Urteil auf die Beurteilung hinsichtlich Körperschaften des öffentlichen Rechtes bezieht, sind die darin herausgearbeiteten Kriterien jedenfalls auch auf privatrechtliche Unternehmer übertragbar.

Kann ein ("privatrechtlicher") Unternehmer nachträglich noch einen Vorsteuerabzug geltend machen, wenn sich später die Verwendung des vorsteuerbelasteten Gegenstandes geändert hat?

Folgende Kriterien sind nach Ansicht des EuGH maßgeblich (stichwortartige Auszüge aus dem Urteil):
Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006: Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufen. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

Art. 63 der Richtlinie bestimmt:
Steuertatbestand und Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenständen bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird

Art. 167 der Richtlinie bestimmt:
Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.

Art. 168 dieser Richtlinie sieht vor:
Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
…"

In Art. 184 der Richtlinie heißt es:
Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird berichtigt, wenn der Vorsteuerabzug höher oder niedriger ist als der, zu dessen Vornahme der Steuerpflichtige berechtigt war.

Art. 185 Abs. 1 der Richtlinie lautet:
Die Berichtigung erfolgt insbesondere dann, wenn sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Mehrwertsteuererklärung geändert haben, zum Beispiel bei rückgängig gemachten Käufen oder erlangten Rabatten.

Die Art. 187 und 189 der Richtlinie 2006/112 enthalten Vorschriften über die Berichtigung bei Investitionsgütern, die u. a. den Zeitraum der Berichtigung betreffen, der bei als Investitionsgut erworbenen Grundstücken gilt.

Bereits in einem Beschluss vom 5. Juni 2014, Rs C-500813, Gmina Miedzyzdroje, hat der Gerichtshof festgestellt, dass dann, wenn eine Gemeinde die Verwendung einer als Investitionsgut erworbenen Immobilie geändert habe, dieser Gegenstand dabei zunächst einer Verwendung, die kein Recht auf Abzug der Vorsteuer eröffne, und sodann einer Verwendung zugeordnet sei, die dieses Recht eröffne, grundsätzlich einer Berichtung zugänglich sei.

Anzumerken ist auch, dass es ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystem ist, dass ein Steuerpflichtiger für die von ihm auf einer vorausgehenden Umsatzstufe erworbenen Gegenstände und empfangenen Dienstleistungen als Mehrwertsteuer geschuldeten Beträge, als Vorsteuer abziehen darf (vgl. EuGH 21.3.2018, Rs C-533/16 , Volkswagen).
Der Gerichtshof hat wiederholt hervorgehoben, dass das in den Art. 167 ff der Richtlinie 2006/112 geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer ist und grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann.

Artikel 187 der Richtlinie bezieht sich auf Fälle der Berichtigung der Vorsteuerabzüge, bei denen ein Investitionsgut, dessen Verwendung kein Abzugsrecht eröffnet, später einer Verwendung zugeordnet wird, die ein solches Recht eröffnet.

Um dieses Recht auch "nachträglich" verwirklichen zu können, sind allerdings materielle Anforderungen und Bedingungen maßgeblich:
< Der Steuerpflichtige muss bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes des Gegenstandes als solcher handeln und grundsätzlich berechtigt sein, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für diesen Gegenstand abzuziehen, wenn er den Gegenstand für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet (vgl. EuGH 11.7.1991, Rs C97/90, Lennartz).
Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht grundsätzlich bei Lieferung des Gegenstandes.

Ob also der Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt des Erwerbes als Steuerpflichtiger gehandelt hat oder nicht, ist unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Sachverhaltes zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer hat auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer verzichtet. Weiters hat er im Klagswege auf Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuer gedrängt und im Vergleichswege auch Recht bekommen.
Unter diesen Umständen ist es also durchaus nicht abwegig anzunehmen, dass der Beschwerdeführer von Beginn an eine unternehmerische Nutzung zumindest nicht ausgeschlossen hat.
Der Beschwerdeführer hat von Beginn an vorgebracht, dass er das streitgegenständliche Objekt zur Erzielung von Einnahmen zu verwenden beabsichtige.
Eine ausschließliche gegenteilige Zuordnung zum nichtwirtschaftlichen Bereich hat der Beschwerdeführer keinesfalls vorgenommen.
Zum Zeitpunkt des Erwerbes hat es keine eindeutige Zuordnung des Objektes gegeben.

Der Beschwerdeführer hat zum Zeitpunkt des Erwerbes noch keine Möglichkeit gehabt, sich die Vorsteuer abzuziehen, da er nicht im Besitz einer entsprechenden Rechnung war - diese hat er sich erst im Klagswege "erstritten"; im Jahr 2012.
Erst im Jahr 2015 - erstmalige unternehmerische Nutzung - wurde die Berichtigung der Vorsteuer beantragt.
Diese Vorgangsweise lässt ebenfalls auf keine klare Zuordnung zum nichtunternehmerischen Bereich schließen.

Auch die Art des Objektes lässt nicht zwangsläufig auf eine bereits zum Zeitpunkt des Kaufes vorgegebene Nutzung schließen.
Eine Wohnung kann sowohl für eigene Zwecke (Privatnutzung), aber auch für unternehmerische Zwecke (zum Beispiel Vermietung und Verpachtung) verwendet und genutzt werden; also sowohl für nicht besteuerte als auch für besteuerte Tätigkeiten.

Vergleichbar ist dies allenfalls mit der im Urteil des EuGH (vgl. EuGH 12.2.2009, C-515/07 ; VNLTO) entwickelten "Sphärentheorie".
Der hier zu beurteilende Sachverhalt vor den Zeiträumen der tatsächlichen Vermietung (ab 2015) ist nach Ansicht des erkennenden Richters allenfalls der "dritten Sphäre" (nicht wirtschaftliche Sphäre aber nicht völlig unternehmensfremde Sphäre) zuzurechnen.
Ein Vorsteuerausschluss (privat) wäre allerdings erst bei einer konkreten Zuordnung in die private Schäre gegeben.
Das Objekt wurde zwar zu Beginn nicht wirtschaftlich genutzt, es kann aber auch nicht als völlig unternehmensfremd (privat) eingestuft werden, da eine künftige unternehmerische Nutzung bzw. Nutzungsmöglichkeit jedenfalls nicht ausgeschlossen werden konnte - die Nutzung zu Beginn für die Befriedigung privater Wohnbedürfnisse war nicht von vornherein klar ersichtlich und vorgegeben - auch eine wirtschaftliche Nutzung war jedenfalls im Rahmen des Möglichen. Der Beschwerdeführer hatte zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich Möglichkeiten seine Wohnbedürfnisse auch anders abzudecken - er hatte bereits eine Wohnung.
Die tatsächliche Änderung der Verhältnisse ist also im "nicht völlig unternehmensfremden" Bereich eingetreten, da die ursprüngliche Nutzung für wirtschaftliche Zwecke jedenfalls nicht auszuschließen war. Die tatsächliche Vorgangsweise (z. B. Klage auf Berichtigung der Rechnung) lässt jedenfalls auf die konkrete Absicht einer unternehmerischen Nutzung schließen.

Es ist auch nicht von Bedeutung, dass das streitgegenständliche Objekt nicht unmittelbar für besteuerte Umsätze verwendet worden ist, da die Verwendung nur den Umfang des Vorsteuerabzuges oder der etwaigen späteren Berichtigung bestimmt, nicht jedoch die Entstehung des Abgabenanspruches berührt (vgl. EuGH 30.6.2006. Rs C-184/04 , Uudenkaupungin kaupunki).

Garade wegen des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer ist bei einer als Investitionsgut erworbenen Immobilie das Recht auf Berichtigung einer entrichteten Vorsteuer gegeben, wenn beim Erwerb des Investitionsgutes dieses zum einen seiner Art nach sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden kann und der Beschwerdeführer auch nicht ausdrücklich bekundet hat, dieses Investitionsgut für nichtunternehmerische Zwecke verwenden zu wollen.

Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Kaufes keine klare Zuordnung des Objektes gemacht hat.
Aufgrund privater und beruflicher Umstände hat er allerdings das Objekt nach Fertigstellung (2012) tatsächlich zunächst für eigene Zwecke genutzt und erst nach drei Jahren (2015) für unternehmerische Zwecke (Vermietung und Verpachtung).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Erwerbes der Wohnung die Absicht hatte, diese im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu nutzen.

Die tatsächliche zeitliche Nutzung eines Gegenstandes sollte keine entscheidende Rolle für die Belastung mit einer Steuer spielen.
Es sollte keine unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen haben, ob ein Gegenstand zunächst für unternehmerische Zwecke genutzt wird und anschließend für nichtunternehmerische oder umgekehrt.
Dazu ist aber die nunmehr angewendete "Einlagenentstrickung" notwendig.
Einem zunächst für nicht unternehmerische Zwecke genutzten Gegenstand muss eine Berichtigung der (anteiligen) Vorsteuer zugänglich sein, um dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer im unternehmerischen Bereich Rechnung zu tragen.
Diese weite Auslegung übernimmt der Gerichtshof ausdrücklich und verweist auf eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall, für die diverse Indizien maßgeblich sind (vgl. EuGH 25.7.2018, Rs C-140/17 ).

Zusammengefasst sind dies im wesentlichen folgende Indizien:
< keine ausdrückliche Zuordnungsentscheidung des Beschwerdeführers
< Gegenstand ist seiner Art nach nicht typischerweise ausschließlich für den nichtunternehmerischen Bereich bestimmt - eine spätere unternehmerische Nutzung ist nicht ausgeschlossen.

Den aktenkundigen Unterlagen war keine ausdrückliche Zuordnungsentscheidung des Beschwerdeführers zu entnehmen. Der Gegenstand (eine Wohnung) ist jedenfalls sowohl einer unternehmerischen als auch einer nichtunternehmerischen Nutzung zugänglich.

Die tatsächliche Berechnung der Berichtigung für die einzelnen Jahre ist zu korrigieren.
Eine Rechnung (Elektro: VSt 330,00 €) ist doppelt erfasst - als Einzelrechnung und auch in der Schlussrechnung).
Die beantragte Vorsteuerkorrektur ist demnach um einen Betrag von 33,00 € zu kürzen (im Zeitraum 2015 bis 2021).
- Vorsteuerkorrektur 2015: 6.058,83 €
- Vorsteuerkorrektur FSU 04-06/2017: 4.960,34 €

Unter Beachtung dieser Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließende Anmerkung:
Abschließend ist auch noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in weiterer Folge mehrere Immobilieninvestitionen tätigte und auch in Folgejahren (z. B. im Jahr 2014) wirtschaftliche Tätigkeiten (Vermietung und Verpachtung) im Zusammenhang mit Immobilien durchführte. Vor allem auch die Vermögens- und Einkommenssituation des Beschwerdeführers lässt es nicht als unschlüssig erkennen, dass er von Beginn an (also bereits ab dem Jahr 2010) beabsichtigt hat, in Immobilien zu investieren und hierbei eine wirtschaftliche Tätigkeit zu entfalten.
- Gesamtbetrag der Einkünfte 2010: 301.023,33 €
- Gesamtbetrag der Einkünfte 2011: 674.660,99 €
- Gesamtbetrag der Einkünfte 2012: 2.077.555,48 €

 

b) Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO:

Gemäß § 299 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf Bescheidaufhebung rechtzeitig beim zuständigen Finanzamt eigebracht.
Gemäß obigen Ausführungen weist der Bescheid vom 24. Mai 2018 (Umsatzsteuer 2016) einen nicht richtigen Spruch auf.

Der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid 2016 war demnach Folge zu geben.
Der Bescheid vom 24. Mai 2018 ist also aufzuheben und durch einen neuen Bescheid zu ersetzen.

Beim neu zu erlassenden Bescheid Umsatzsteuer 2016 ist eine Vorsteuerberichtigung in Höhe von 6.058,83 € vorzunehmen.

 

D) Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ist einer ordentlichen Revisionsmöglichkeit zuzustimmen, da sich gegenständliches Urteil des EuGH vom 25.7.2018 ausschließlich auf eine Körperschaft öffentlichen Rechtes bezieht und eine Rechtsprechung betreffend privatrechtlichen Unternehmer noch nicht vorliegt.
Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu gegenständlichem Sachverhalt liegt auch nicht vor.

 

 

Linz, am 8. Jänner 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 9 RL 2006/112/EG , ABl. Nr. L 347 vom 11.12.2006 S. 1
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

EuGH 21.03.2018, C-533/16
EuGH 12.02.2009, C-515/07
EuGH 25.07.2018, C-140/17

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