BFG RV/1100289/2015

BFGRV/1100289/201516.1.2020

Ertragsteuerliche Anerkennung einer Fruchtgenussvereinbarung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100289.2015

 

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia Mauthner in der Beschwerdesache Bf. vertreten durch Vertreter, dieser wiederum vertreten durch Advokaten Pfeifer Keckeis Fiel Scheidbach OG, Drevesstraße 2, 6800 Feldkirch, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom 20. Jänner 2015 über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2012 und 2013 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Auf Grund des Kaufvertrages vom 10. April 1995 sind die beiden Beschwerdeführer, die Ehegatten Bf (im Folgenden abgekürzt Bf.), zu je 88/2282-Anteilen, mit welchem Wohnungseigentum an der Wohnungseigentumseinheit W 8 verbunden ist, Miteigentümer der Liegenschaft EZ XX, bestehend aus GST XXX, GB XXXX, mit der Adresse XXXXX.  

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 1. Jänner 2010 räumte A.A. seiner Gattin beginnend mit 1. Jänner 2010 für 10 Jahre (also bis zum 31.12.2019) ein unwiderrufliches Fruchtgenussrecht auf obige Wohnung ein. In der Vereinbarung wurde festgehalten, dass die Mieteinkünfte vollumfänglich der Gattin zufließen sollten, die insofern zur Einkommensteuer und Umsatzsteuer heranzuziehen sei. Die Gattin übernehme alle aus der Wohnung erfließenden Kosten allein. Sie werde allen steuerlichen und gesetzlichen Erfordernissen nachkommen und ihren Gatten von sämtlichen eventuellen steuerlichen Ansprüchen freistellen.

Nach Vereinbarung einer grundbücherlichen Sicherstellung des gegenständlichen Fruchtgenussrechts als Dienstbarkeit mit Vertrag vom 11. Juni 2012 erfolgte die Intabulierung dieses Rechts.  

Mit gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassenen Bescheid vom 14. November 2013 wurden die Einkünfte der Miteigentümergemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung für 2012 zwar erklärungsgemäß mit 3.569,38 € festgestellt. Die Zurechnung an die Ehegattin erfolgte jedoch erklärungswidrig nur zur Hälfte (die andere Hälfte wurde A.A. zugerechnet).

Für das Jahr 2013 erfolgte mit dem gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig erlassenen Bescheid vom 27. Juni 2014 wiederum eine erklärungsgemäße Feststellung der Einkünfte der Miteigentümergemeinschaft aus Vermietung und Verpachtung mit 3.615,18 € sowie eine erklärungswidirge Zurechnung dieser Einkünfte an die Ehegatten nur zur Hälfte.

Mit Bescheiden vom 20. Jänner 2015 wurden die für die Jahre 2012 und 2013 gegenüber der Miteigentümergemeinschaft erlassenen vorläufigen Feststellungsbescheide für endgültig erklärt. In den gegen diese Bescheide fristgerecht seitens der rechtlichen Vertretung eingebrachten Beschwerden wird eine Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausschließlich an BB sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Begründend wurde auf die obig dargestellte Vereinbarung vom 1. Jänner 2010 verwiesen sowie darauf, dass am 11. Juni 2012 zusätzlich eine den Erfordernissen des Grundbuchsgesetzes entsprechende schriftliche Urkunde verfasst und unterfertigt worden sei. Diese Urkunde erfülle jedenfalls das Publizitätserfordernis, die Fruchtgenusseinräumung sei im Grundbuch einverleibt worden. Der Mieter sei vom Fruchtgenuss verständigt worden und die Mieten würden auf ein Konto von BB überwiesen.

Die Fruchtgenusseinräumung sei unter anderem deshalb erfolgt, weil BB seit der Anschaffung der gegenständlichen Wohnung sämtliche damit verbundenen Aufgaben und Arbeiten übernommen und ausgeführt habe. Außerdem beziehe sie keine Eigenpension und sei daher von der finanziellen Unterstützung ihres Ehegatten abhängig. Zwar sei AA gegenüber seiner Gattin unterhaltspflichtig und erfülle diese Verpflichtung auch; trotzdem sollten die Einkünfte aus der Vermietung ein - wenn auch geringes - zusätzliches Einkommen für BB bringen.

Im Gegenzug habe sich BB gegenüber ihrem Ehegatten verpflichtet, sämtliche Aufwendungen und Risiken im Zusammenhang mit der gegenständlichen Wohnung zu tragen. Ihr verbleibe somit der Nettofruchtgenuss. Eine Wohnungsvermietung bedeute immer auch ein finanzielles Risiko. Zu denken sei an Mieter, die keine Mietzins bezahlten oder an Investitionen, die zur Nutzbarkeit des Mietobjektes notwendig seien. Insbesondere würden Betriebskosten unabhängig davon anfallen, ob die Wohnung vermietet sei oder nicht.

A.A. habe seiner Gattin durch die Einräumung des Fruchtgenussrechtes somit eine Einkunftsquelle übertragen, weshalb sämtliche Einkünfte iSd § 2 Abs. 2 und 3 EStG 1988 ausschließlich BB zuzurechnen seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. März 2015 wurden die Beschwerden abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, die Zurechnung der Einkünfte erfolge an denjenigen, der die Einkunftsquelle innehabe. Die Zurechnung von Einkünften müsse sich nicht mit dem zivilrechtlichen Eigentum an der Einkunftsquelle decken. Die Einkunftsquelle könne sich auf das wirtschaftliche Eigentum, auf ein Mietrecht, auf ein Recht zur Weiter- und Untervermietung, auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen (Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 2 Anm 34f).

Zurechnungssubjekt der Einkünfte sei der, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trage, der die Möglichkeit besitze, die sich ihm bietenden Marktchancen zu nutzen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern (Doralt/Toifl, EStG, § 2 Tz 142).

Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht seien zwar grundsätzlich dem Fruchtgenussbesteller zuzurechnen. In bestimmten Fällen könnten sie aber auch dem Fruchtgenussberechtigten als eigene Einkünfte zugerechnet werden. Eine Zurechnung zum Fruchtgenussberechtigten setze aber jedenfalls voraus, dass dieser auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehme, indem er am Wirtschaftsleben teilnehme (eventuell durch einen Bevollmächtigten) und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestalte; dazu gehöre, dass der Fruchtgenussberechtigte die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses trage (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben, Hypothekarzinsen, usw., siehe §§ 512f ABGB; vgl. VwGH 28.11.2007, 2003/14/0065, betreffend Betriebskosten einer Eigentumswohnung). Dem Fruchtgenussberechtigten verbleibe daher nur der Nettoertrag (Einnahmen abzüglich Aufwendungen; Nettofruchtgenuss; anders beim Bruttofruchtgenuss, siehe dazu Tz 151). Außerdem müsse der Fruchtgenuss für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position bestellt sein. Ein Zeitraum von 10 Jahren könne üblicherweise als ausreichend angesehen werden (Doralt/Toifl, EStG, § 2 Tz 147).

Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sei eine die Deckung der zivilrechtlichen Fruchtnießung an einem Bestandobjekt entsprechende steuerliche Überlassung einer Einkunftsquelle durch eine den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen entsprechende Gestaltung erforderlich. Im Wesentlichen werde vorausgesetzt, dass der Fruchtnießer Vertragspartner beim Abschluss neuer Mietverträge, Ansprechpartner für die Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen und Empfänger der Mieten (auf sein Konto oder bar) sei, den Mietern gegenüber als neuer Vermieter auftrete sowie grundsätzlich die ihm nach §§ 512 und 513 ABGB obliegenden Lasten zu tragen habe.

Im Beschwerdefall habe A.A. seiner Gattin bereits mit 1. Jänner 2010 das unentgeltliche und alleinige Fruchtgenussrecht eingeräumt. Am 11. Juni 2012 sei zusätzlich eine schriftliche Urkunde verfasst und das Fruchtgenussrecht in weiterer Folge im Grundbuch einverleibt worden. Ebenso sei eine Verständigung der Mieter erfolgt und würden die Mieten auf ein Konto von BB überwiesen.

Zu überprüfen sei jedoch, ob eine für die Einkünftezurechnung erforderliche Teilnahme am Wirtschaftsleben vorliege, sodass von einer Übertragung der Einkunftsquelle ausgegangen werden könne.

Von der herrschenden Lehre (Doralt/Toifl, EStG, § 2 Tz 147; Doralt, RdW 1998, 519) und auch von der jüngsten Rechtsprechung des BFG (BFG 8.1.2015, RV/1100224/2012) werde dies allerdings abgelehnt. Im Rahmen der Vermögensverwaltung (Vermietung und Verpachtung oder Kapitaleinkünfte) seien die Gestaltungsmöglichkeiten des Fruchtnießers zum Teil so gering, dass regelmäßig keine für die Einkünftezurechnung erforderliche Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellbar sei (Doralt/Toifl, EStG, § 2 Tz 147). Beim unentgeltlichen Fruchtgenuss fehle im Bereich der Vermögensverwaltung somit das Risiko des Fruchtnießers; eine Gefahr für den Fruchtnießer, Verluste zu erwirtschaften, bestehe nicht oder sei als gering einzustufen. Die Gefahr erschöpfe sich darin, dass die erhofften Einnahmen ausbleiben würden (Doralt, RdW 1998, 519). Gewisse Betriebskosten würden zwar unabhängig davon anfallen, ob die Wohnung vermietet werde oder nicht. Dieser Umstand erhöhe allerdings das Risiko nicht in signifikanter Weise. Weiters könne der Fruchtnießer bei der Vermögensverwaltung die Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere bei einem Mietgebäude, kaum nach eigenen Intentionen gestalten. Allenfalls könne eine Gestaltung nach eigenen Intentionen dann erfolgen, wenn investiert werde (Doralt, RdW 1998, 519).

Zusammengefasst sei festzuhalten, das bei der Vermögensverwaltung die Teilnahme am Wirtschaftsleben aufgrund des geringen finanziellen Risikos fehle. Der unentgeltliche Fruchtgenuss könne in diesem Bereich somit keine abweichende Zurechnung der Einkünfte begründen.

Mit Schriftsatz vom 25. März 2015 wurde beantragt, die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Mit Schreiben des BFG vom 28. August 2019 wurden die Bf. um Vorlage der folgenden Unterlagen ersucht:

In Beantwortung des Ergänzungsersuchens des BFG vom 28. August 2019 wurden dem Verwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2019 folgende Unterlagen vorgelegt:

Gleichzeitig wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht geht aufgrund der vorgelegten Akten sowie der mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2019 nachgereichten Unterlagen von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Die Bf., die Ehegatten A.A. und BB, sind auf Grund des Kaufvertrages vom 10. April 1995 Hälfteeigentümer einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus.

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 1. Jänner 2010 räumte A.A. seiner Gattin hinsichtlich seines Hälfteanteils an der Eigentumswohnung beginnend mit 1. Jänner 2010 für 10 Jahre (also bis zum 31.12.2019) ein unentgeltliches und unwiderrufliches Fruchtgenussrecht ein. Danach erwirbt die Gattin das Recht auf sämtliche Mieteinkünfte, hat aber sämtliche anfallenden Kosten einschließlich der aus notwendigen Erhaltungsmaßnahmen resultierenden Aufwendungen zu tragen und die damit verbundenen Risiken zu bestreiten.

Das Fruchtgenussrecht wurde 2012 auch ins Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 27.4.2012 wurden die Mieter nachweislich von den Hälfteeigentümern des Bestandsobjekts über die erfolgte Einräumung des Fruchtgenussrechtes in Kenntnis gesetzt und darüber, dass die Fruchtnießerin Ansprechpartnerin in allen Wohnungsangelegenheiten ist. Zudem wurde veranlasst, dass die Mieten auf ein Konto überwiesen werden, dessen Inhaberin auch die Fruchtnießerin ist.

Im schriftlichen Mietvertrag vom 12.01.2016 wurde einzig die Fruchtnießerin als Vermieterin angeführt.

Sämtliche nach Abschluss der Fruchtgenussrechtsvereinbarung angefallenen, das Bestandsobjekt betreffenden Rechnungen lauten allein auf die Fruchtnießerin. Letztere hat auch gegenüber den ehemaligen Mietern des Bestandsobjektes wegen am Mietobjekt entstandenen Schäden einen Kautionsanspruch geltend gemacht.

Die Mieteinnahmen wurden in den Streitjahren auf ein Konto überwiesen, für das sowohl A.A. als auch BB verfügungsberechtigt sind. Vom genannten Konto wurden auch die die Vermietung betreffenden Ausgaben getätigt.

III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Streit besteht über die steuerliche Anerkennung der in Rede stehenden, grundbücherlich festgehaltenen Fruchtgenussvereinbarung. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Fruchtnießerin die Mieteinkünfte der Jahre 2012 und 2013 zur Gänze zuzurechnen sind. Dabei ist auch zu prüfen, ob die zu Grunde liegende Vereinbarung den Kriterien der Fremdüblichkeit entspricht.

Unter Fruchtgenuss ist das dingliche Recht auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz zu verstehen. Beim Fruchtgenuss handelt es sich um eine Personaldienstbarkeit, welche in der Regel mit dem Tod des Fruchtgenussberechtigten erlischt. Das Fruchtgenussrecht an Liegenschaften entsteht durch Verbücherung (§ 481 ABGB). Der Fruchtgenussberechtigte kann die Sache in jeder Hinsicht nutzen, ist verpflichtet, diese nach den Regeln der ordentlichen Wirtschaftsführung gemäß § 513 ABGB  zu erhalten und kann sich mit der Servitutenklage schützen. Nach § 511 ABGB steht ihm der volle Ertrag einschließlich Zubehör und Zuwachs zu. Die Aufwendungen hat er bis zur Höhe der Erträge zu übernehmen (vgl. Jakom/Laudacher, EStG, 2019, § 2, Rz 43 ff).

Im Beschwerdefall erfolgte die Vereinbarung eines Fruchtgenussrechtes zwischen nahen Angehörigen. Dieser Umstand ist nach der Judikatur zwar nicht grundsätzlich ungewöhnlich (vgl. VwGH 24.11.1982, 81/13/0021; 27.1.2009, 2006/13/0166). Da es aber bei nahen Angehörigen in der Regel an dem zwischen Fremden üblicherweise bestehenden Interessensgegensatz, der aus dem Bestreben nach Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, fehlt, sind die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 20 , § 2 Tz 157/1). Verträge zwischen nahen Angehörigen werden ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit im Steuerrecht nur dann anerkannt, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).

Im Beschwerdefall wurde die Fruchtgenussvereinbarung grundbücherlich festgehalten, sodass das Publizitätserfordernis jedenfalls erfüllt ist. Die Vereinbarung hat nach Auffassung des BFG auch einen klaren und eindeutigen Inhalt. Zudem erfolgte die Fruchtgenusseinräumung in Erfüllung einer Unterhaltspflicht, ein Umstand, den der Verwaltungsgerichtshof nicht als schädlich erachtete (siehe dazu z.B. VwGH 4.3.1986, 85/14/0133; 20.3.2014, 2011/15/0174; UFS 13.1.2004, RV/0219-G/03). Nach Auffassung des BFG hält der vorliegende Fruchtgenussvertrag somit den Anforderungen, welche die Judikatur an Verträge mit nahen Angehörigen stellt, stand.

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter- oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder eine bloße Tätigkeit gründen (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 2 Tz 142 mit weiteren Verweisen).

Wird der Fruchtgenuss wie im Beschwerdefall ohne Übereignung der Sache eingeräumt, bleibt also das zivilrechtliche Eigentum unverändert, handelt es sich um einen Zuwendungsfruchtgenuss. In Bezug auf einen Zuwendungsfruchtgenuss hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt judiziert (z.B. VwGH 4.3.1986, 85/14/0133, Slg 6082/F; 25.1.1993, 92/15/0024; 28.11.2007, 2003/14/0065), dass Voraussetzung für die Beurteilung der Einkünfte eines Fruchtnießers als (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG die Übertragung der Einkunftsquelle ist. Unmaßgeblich ist, ob die Einkunftsquelle in Erfüllung einer Unterhaltspflicht, freiwillig, entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Wird eine Einkunftsquelle nicht übertragen, dann bleiben die aus dieser Quelle fließenden Einkünfte grundsätzlich solche des Inhabers der Einkunftsquelle, auch wenn er die "Einkünfte" im Voraus einem anderen abtritt. Die Verfügung des Steuerpflichtigen über die ihm zuzurechnenden Einkünfte bedeutet in einem solchen Fall lediglich eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung (siehe dazu VwGH 4.3.1986, 85/14/0133; 28.11.2007, 2003/14/0065).

Eine Einkunftsquelle gilt dann als dem Fruchtnießer überlassen, wenn dieser das Unternehmerwagnis, also die Verlustgefahr, trägt. Der Fruchtnießer muss einen gestalterischen Einfluss auf die Einkünfteerzielung haben, also die Möglichkeit besitzen, die Marktchancen auszunützen und Leistungen zu erbringen oder zu verweigern, am Wirtschaftsleben teilzunehmen und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen zu gestalten. Dazu gehört, dass der Fruchtnießer die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben, Hypothekarzinsen, etc.; vgl. § 512f ABGB) trägt (siehe dazu z.B. VwGH 25.1.1993, 92/15/0024; 28.11. 2007, 2003/14/0065; 20.3.2014, 2011/15/0174; 22.10.2015, 2012/15/0146). Auch muss der Fruchtnießer bei einer Fruchtnießung an einem Gebäude, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fließen, den Bestandnehmern gegenüber als Bestandgeber auftreten (bei Übernahme bestehender Verträge ist die Vertragsübernahme den Bestandnehmern zumindest anzuzeigen). Der Fruchtnießer muss (neue) Bestandzinsvereinbarungen mit den Bestandnehmern treffen, er muss Anspruchspartner für die Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis sein und die Mieten müssen auf sein Konto überwiesen werden.

Die bloß rechtliche Begründung der Fruchtnießung genügt in Anbetracht der im Einkommensteuerrecht maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht. Vielmehr müssen auch die tatsächlichen den rechtlichen Verhältnissen entsprechend gestaltet werden (vgl. VwGH 4.3.1986, 85/14/0133; BFG 10.1.2017, RV/1100056/2013; BFG 6.3.2017, RV/6100496/2011). So muss der Fruchtgenussberechtigte nicht nur in der Lage ist, die Dispositionen zur Erzielung der Einkünfte selbst zu treffen, der Fruchtgenuss muss auch für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt werden (siehe dazu Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 20 , § 2 Tz 142, wonach ein Zeitraum von zehn Jahren von der Verwaltungspraxis üblicherweise als ausreichend angesehen wird; siehe auch BFG 28.5.2014, RV/110465/2012, wonach keine definierte Mindestvertragsdauer besteht).

Im Beschwerdefall wurde der Fruchtgenussberechtigten ein unwiderrufliches Fruchtgenussrecht für 10 Jahre eingeräumt. Dem Fruchtgenussbesteller ist daher eine einseitige Auflösung der Fruchtgenussvereinbarung vor Ablauf von 10 Jahren nicht möglich. Das Erfordernis einer rechtlich abgesicherten Position für eine gewisse Dauer ist somit im Beschwerdefall erfüllt.

Zu prüfen verbleibt, ob die Fruchtgenussberechtigte Dispositionen zur Erzielung der Einkünfte selbst treffen konnte bzw. solche auch tatsächlich traf.

Diesbezüglich wurde von der Abgabenbehörde unter Verweis auf Doralt, Der außerbetriebliche unentgeltliche Fruchtgenuss – ein Steuersparmodell, in RdW 1998, 519, die Rechtsauffassung vertreten, dass im Bereich der Vermögensverwaltung die Gestaltungsmöglichkeiten des Fruchtgenussberechtigten derart gering sind, dass lediglich im Fall von Investitionen von einer für die Einkünftezurechnung erforderlichen möglichen Teilnahme am Wirtschaftsleben bzw. von einer Dispositionsmöglichkeit gesprochen werden kann. Zumindest beim unentgeltlichen Fruchtgenuss ist daher aus der Sicht der Abgabenbehörde aufgrund des überdies fehlenden Verlustrisikos bzw. des mangelnden Unternehmerwagnisses nicht von einer Übertragung der Einkunftsquelle auf den Fruchtnießer auszugehen (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 20 , § 2 Tz 147).

In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichthofs zum Fruchtgenussrecht im Immobilienbereich wird demgegenüber nicht strikt die Meinung vertreten, dass im Fall einer unentgeltlichen Fruchtgenussrechteinräumung die Einkunftsquelle stets beim Fruchtgenussbesteller verbleibt (siehe dazu z.B. VwGH 20.3.2014, 2011/15/0174; 22.10.2015, 2012/15/0146; 15.9.2016, Ra 2014/15/0012). Allerdings kommt nach der höchstgerichtlichen Judikatur eine Mieteinkünftezurechnung an den Fruchtnießer dann nicht in Betracht, wenn keine hinreichende unternehmerische Initiative entfaltet wird bzw. werden kann, wenn beispielsweise ein bestehender Mietvertrag bloß aufrechterhalten wird oder wenn Investitionsentscheidungen von der Wohnungseigentumsgemeinschaft getroffen werden (siehe dazu z.B. VwGH 20.3.2014, 2011/15/0174; 22.10.2015, 2012/15/0146; 15.9.2016, Ra 2014/15/0012; 29.3.2017, Ra 2015/15/0052).

Im Beschwerdefall hat die Fruchtnießerin insofern am Wirtschaftsleben teilgenommen bzw. eine unternehmerische Initiative entfaltet, als sie über die Mietvertragsverlängerungen entschieden hat, Indexanpassungen durchgeführt hat und gegenüber den ehemaligen Mietern des Bestandsobjektes wegen am Mietobjekt entstandenen Schäden einen Kautionsanspruch geltend gemacht hat. Darüber hinaus hat sie auch Investitionsentscheidungen getroffen, indem Reparaturen im Sanitärbereich verlasst wurden, Malerarbeiten initiiert und ein defekter Geschirrspüler ersetzt wurde.

Da bei Ehegatten die Zurechnung von Einnahmen nicht davon abhängig ist, auf welches Konto der beiden Ehegatten die Zahlung überwiesen worden ist (siehe dazu z.B. Doralt/Toifl, a.a.O., Tz 145/2 mit Judikaturhinweisen), wird im Beschwerdefall auch nicht als maßgeblich erachtet, dass die Mieteinnahmen und die damit in Zusammenhang stehenden Ausgaben über ein Konto abgewickelt wurden, über das jeder der Ehegatten allein verfügen darf („Oder-Konto“; BFG 20.2.2014, RV/3100092/2012 unter Verweis auf BVerfG 7.11.1995, 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34).

Gesamthaft kommt das BFG daher zum Ergebnis, dass die gegenständliche grundbücherlich festgehaltene Fruchtgenussvereinbarung steuerlich anzuerkennen ist und daher die Mieteinkünfte der Jahre 2012 und 2013 der Fruchtnießerin zur Gänze zuzurechnen sind.

Abschließend ist anzumerken, dass die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO nach dem Gesetzeswortlaut eine Beteiligung mehrerer Personen an den Einkünften erfordert (VwGH 27.10.1976, 0491/76). Da die Mieteinkünfte der Streitjahre gänzlich der Fruchtnießerin zuzurechnen sind, ist mangels gemeinsamer Einkunftserzielung eine Feststellung der Einkünfte nicht durchzuführen. Der angefochtene Feststellungsbescheid ist daher aufzuheben.

IV. Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall nicht bloße Sachverhaltsfragen, sondern Rechtsfragen zu beurteilen waren, folgt das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Somit wurden im Beschwerdefall Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nicht berührt, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Feldkirch, am 16. Jänner 2020

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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