BFG RV/2200021/2018

BFGRV/2200021/20186.11.2019

Aussetzungszinsen

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.2200021.2018

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der BF, Adresse, vertreten durch V, Adresse1, über die Beschwerde vom 30. Oktober 2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Graz vom 29. September 2015, Zahl aa, betreffend Aussetzungszinsen zu Recht erkannt: 

Der angefochtene Bescheid wird – ersatzlos – aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid des Zollamtes Graz vom 29. September 2015, Zahl aa, wurden für die Beschwerdeführerin für den Zeitraum 17. Juli 2015 bis 28. August 2015 Aussetzungszinsen in der Höhe von 4.882,98 Euro festgesetzt und die Beschwerdeführerin aufgefordert, diese zu entrichten. In der Begründung wurde ausgeführt, aufgrund des Aussetzungsantrages vom 15. Juli 2015, der mit Bescheid vom 25. August 2015, Zahl bb, abgewiesen worden sei, seien Aussetzungszinsen in der im Spruch angeführten Höhe angefallen.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom 30. Oktober 2015. Die Beschwerdeführerin, vertreten durch die (nunmehrige) V, wiederholte darin neben Ausführungen betreffend die Feststellungsverfahren nach § 10 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) die in der Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid vom 25. August 2015, Zahl bb, gemachten Ausführungen, und stellte den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom 20. Jänner 2016, Zahl cc, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, mit der Anmerkung des Aussetzungsantrages vom 15. Juli 2015 auf dem Abgabenkonto sei die Hemmung von Einbringungsmaßnahmen bewirkt gewesen, mit dem Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung vom 25. August 2015 sei diese Hemmungswirkung wieder weggefallen. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Aussetzungszinsen knüpfe bereits an den Zeitpunkt, ab welchem infolge eines Antrages, über den noch nicht entschieden worden sei, Einhebungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürften, somit an die Antragstellung selbst. Mit der bescheidmäßigen Erledigung des Antrages auf Aussetzung der Einhebung sei das Verfahren abgeschlossen worden und die Aussetzungszinsen somit zwingend vorzuschreiben gewesen. Dass Aussetzungszinsen gegebenenfalls erst nach Durchlaufen des Rechtszuges der bezughabenden Verfahren festgesetzt werden dürften, weil erst dann feststehe, ob und in welcher Höhe eine Aussetzung erteilt werde, sei weder aus § 212a BAO noch aus sonstigen Verfahrensbestimmungen ableitbar. Es könne für die Beschwerdeführerin aufgrund der Abgabenbezogenheit der Aussetzung auch kein Nachteil erwachsen, da aufgrund des § 212a Abs. 9 BAO bei einer nachträglichen Herabsetzung der betroffenen Abgabenschuld die Aussetzungszinsen rückwirkend zu berichtigen seien. Infolge der rechtsrichtigen Anwendung der betroffenen Gesetzesbestimmungen des § 212a BAO durch das Zollamt sei daher der Beschwerde der Erfolg zu versagen gewesen.

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom 19. Februar 2016. Die Beschwerdeführerin brachte vor, die Feststellungsverfahren für sämtliche vom angefochtenen Bescheid implizit erfassten Grundstücke seien noch nicht abgeschlossen. Es könne keine Rede davon sein, dass die Beschwerde gegen den Sammelbescheid (mit dem der Altlastenbeitrag vorgeschrieben worden sei) wenig erfolgversprechend sei, was sich auch auf die Frage der allfälligen Vorschreibung von Aussetzungszinsen durchschlage. Es unterliege keinem Zweifel, dass der Ausgang der Feststellungsverfahren nach § 10 ALSAG von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über diese Beschwerde sei. Hierbei handle es sich im Ergebnis somit um ein Verfahren wegen einer gleichen Rechtsfrage im Sinne des § 271 BAO. Das Verwaltungsgericht solle daher die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde bis zur endgültigen Entscheidung über die Feststellungsverfahren gemäß § 10 ALSAG aussetzen. Weiters wurden die Anträge gestellt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde stattzugeben.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2018 verwies die Beschwerdeführerin auf die Niederschrift vom 11. September 2014 über eine durchgeführte Außenprüfung; dieser habe die Beschwerdeführerin zugestimmt. Aufgrund der Entscheidungen in den Feststellungsverfahren sei der Beschwerde gegen den Sammelbescheid und somit auch der gegen den gegenständlichen Bescheid stattzugeben. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerde in der Hauptsache wenig erfolgversprechend sei. Die belangte Behörde bekräftigte ihren Standpunkt, wonach die gegenständliche Beschwerde abzuweisen sei.

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 12. Juni 2018, Zahl RV/2200005/2016, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen; dieses wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. November 2018, Ra 2018/16/0160, aufgehoben.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 zog die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im verfahrensgegenständlichen Fall stand fest, dass die belangte Behörde mit den als Sammelbescheid bezeichneten Bescheiden vom 8. Juni 2015, Zahl dd, der Beschwerdeführerin für das erste bis vierte Kalendervierteljahr 2009, für das erste bis vierte Kalendervierteljahr 2010, für das erste bis vierte Kalendervierteljahr 2011, für das erste bis vierte Kalendervierteljahr 2012, und für das erste bis vierte Kalendervierteljahr 2013 (Anmeldungszeiträume) gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Z 3 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) Altlastenbeitrag in der Höhe von insgesamt 2.119.914,40 Euro vorgeschrieben und Säumniszuschlag und Verspätungszuschlag jeweils in der Höhe von 42.398,28 Euro festgesetzt hat.

Gegen diese Abgabenbescheide wurde mit Schriftsatz vom 15. Juli 2015 Beschwerde erhoben und der Antrag gestellt, die Einhebung der vorgeschriebenen Abgaben auszusetzen.

Mit Bescheid vom 25. August 2015, Zahl bb, wurde der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO abgewiesen.

Mit dem verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid vom 29. September 2015 wurden Aussetzungszinsen festgesetzt, im Wesentlichen mit der Begründung, die Aussetzung der Einhebung sei versagt worden. Der Berechnung der verfahrensgegenständlichen Aussetzungszinsen wurden die mit den als Sammelbescheid bezeichneten Bescheiden vom 8. Juni 2015, Zahl dd, vorgeschriebenen Abgaben zugrunde gelegt.

Der gegen den Bescheid vom 25. August 2015 erhobenen Beschwerde hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom 29. Mai 2018 Folge gegeben und die Einhebung der mit den Bescheiden vom 8. Juni 2015 vorgeschriebenen Abgaben ausgesetzt.

Mit den Erkenntnissen des Bundesfinanzgerichtes vom 27. Dezember 2018, Zahl RV/2200017/2018 (Spruchpunkt 2), 20. Mai 2019, Zahl RV/2200006/2016, und vom 28. Oktober 2019, Zahl RV/2200036/2019, wurde der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung des Altlastenbeitrages, des Verspätungszuschlages und des Säumniszuschlages für alle vom Sammelbescheid erfassten Zeiträume stattgegeben und die angefochtenen Bescheide wurden aufgehoben.

§ 212a Abs. 9 BAO bestimmt Folgendes:
Für Abgabenschuldigkeiten sind
a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nicht entschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder
b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt,
Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufs der Aussetzung nicht festzusetzen.

Im verfahrensgegenständlichen Fall stand fest, dass der Beschwerde vom 15. Juli 2015 gegen die als Sammelbescheid bezeichneten Bescheide vom 8. Juni 2015 (vollinhaltlich) stattgegeben worden ist und die Abgabenbescheide für alle Anmeldungszeiträume aufgehoben worden sind. Da der Beschwerde gegen die als Sammelbescheid bezeichneten Bescheide vollinhaltlich stattgegeben worden ist und die der Berechnung der Aussetzungszinsen zugrunde gelegten Abgaben weggefallen sind, fallen keine Aussetzungszinsen an. Der angefochtene Aussetzungszinsenbescheid war daher aufzuheben (Stoll, BAO-Kommentar, 2285).

Gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, eine Revision ist nicht zulässig.

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Graz, am 6. November 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

§ 212a Abs. 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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