BFG RV/7105652/2019

BFGRV/7105652/201930.10.2019

Zurückweisung wegen Verspätung

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105652.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0209. Zurückweisung mit Beschluss vom 17.06.2020.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt vom 18.06.2019, über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum vom Februar 2017 bis November 2017 beschlossen:

Die Beschwerde 02.08.2019 wird gemäß § 260 Abs. 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt erließ nach einem Ermittlungsverfahren den Bescheid vom 18.06.2019 über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, mit welchem zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (1.118,00 €) und Kinderabsetzbetrag (584,00 €) für die am xx.xx.2017 geborene L. X. für den Zeitraum Feb. 2017 bis Nov. 2017 gemäß § 26 FLAG 1967 und § 33 EStG 1988 zurückgefordert wurden. Der Gesamtrückforderungsbetrag betrug 1.702,00 €.

Begründet wurde dieser Bescheid folgendermaßen:

Gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland haben.
Nach Überprüfung der Ein- und Ausreisen laut Reisepass wurde der überwiegende Aufenthalt des Kindes in der Türkei festgestellt.

In der Rechtmittelbelehrung wurde ausgeführt, dass gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem oben angeführten Amt das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht werden könne. Die Beschwerde sei zu begründen.

Der Rückforderungsbescheid ist am 18.06.2019 ergangen.

Die Bf. brachte am 02.08.2019 Beschwerde beim Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt ein. Begründend wurde ausgeführt:
"Mein Lebensmittelpunkt war zur damaligen Zeit, als meine Tochter das Licht der Welt erblickte und das hat sich bis dato nicht geändert, Österreich, Wr. Neustadt. Selbiges gilt für meine Tochter, die bei mir in meiner Wohnung wohnt hier auch Hauptwohnsitz gemeldet ist. Ich betreue meine Tochter zur Gänze hier in Österreich. Es stimmt, dass ich nach der Geburt meiner Tochter bis in den November hinein verstreut über 10 Monate hinweg rund 148 Tage in der Türkei bei meinem Mann und meinem anderen Teil der Familie 2017 verbracht habe, aber das nur aus dem Grund, weil mein Mann damals noch keine Aufenthaltsbewilligung bekommen hatte und er als Vater auch das Recht hat seine Tochter zu sehen, um Zeit mit ihr verbringen zu können.
Mittlerweile hat mein Mann eine Rot Weiß Rot Karte Plus, die ihn berechtigt, sich zumindest befristet niederzulassen und welche ihm offiziellen Zugang zum Arbeitsmarkt gestattet. Sie führen in der Begründung an, dass nach Überprüfung der Ein- und Ausreisen laut Reisepass, der überwiegende Aufenthalt des Kindes in der Türkei festgestellt wurde.
Dass sie in ihrer Begründung sich auf ein einziges Indiz - meine mehrmaligen Auslandsaufenthalte - stützen und alles andere außer Acht lassen, ist mir unverständlich; dies wurde mir auch bei einem längeren Telefonat im Familienministerium mit einem Sektionschef bestätigt, der sich gesondert von meinem Einspruch, mit diesem Fall genau beschäftigen und diesen prüfen wird.
Zusammengefassung
Meine Lebensmittelpunkt ist seit ich denken kann in Österreich und das wird auch so bleiben. Meine Tochter wohnt seit ihrer Geburt vor zwei Jahren, xx.xx.2017, bei mir und auch ihr Lebensmittelpunkt ist hier in Österreich, in Wr. Neustadt, ergo verstehe ich die Rückforderung gar nicht und fordere diesbezüglich eine Sachverhaltsdarstellung über ihre Auslegung in der Begründung des Bescheides über § 2 Abs. 8 Familienausgleichslastengesetz 1967 (Flag 1967); Was ist mit der überwiegende Aufenthalt des Kindes in der Türkei festgestellt wurde? Um wie viele Tage handelt es sich da konkret?
Gibt es diesbezüglich konkrete Richtlinen, oder liegt das im Ermessen des Beamten bzw. der Beamtin etc.? Sie haben sich diesbezüglich auf absolut Nichts bezogen auf welcher bestimmenden Grundlage sie zu dieser Feststellung gelangt sind etc. In weiterer folge bitte ich um Einstellung der Rückforderung, da sie meines Erachtens nach keine nachvollziehbare Grundlage besitzt."

In einem Schreiben vom 19.08.2019 führte das Finanzamt aus, dass auf Grund der Aufenthalte anhand des Reisepasses der Bf. in der Türkei in dem strittigen Zeitraum hervorgehen, die Bf. ihren Lebensmittelpunkt nicht in Österreich habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019 wies das Finanzamt die Beschwerde gemäß § 260 BAO zurück und begründete dies, weil die Beschwerde nicht fristgerecht eingebracht worden sei.

Die Bf. stellte einen Vorlageantrag, mit der gleichlautenden Begründung wie in der oa. Beschwerde vom 02.08.2019, die sich ausschließlich gegen sachinhaltliche Belange richtete.

Mit Bericht vom 18.10.2019 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus, dass die Bf. in dem Vorlageantrag kein die Verspätung rechtfertigendes Vorbringen angeführt habe, die Beschwerde sei daher als verspätet zurückzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der angefochtene Bescheid ist am 18.06.2017 ergangen.

Am 02.08.2019 wurde von der Bf. die Beschwerde beim Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt persönlich eingebracht.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2019 als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Am 04.09.2019 langte der Vorlageantrag bei der belangten Behörde ein. Ein die Verspätung rechtfertigendes Vorbringen wurde von der Bf. nicht angeführt.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen

Gem. § 243 BAO sind Beschwerde (Bescheidbeschwerden) gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Gemäß § 245 Abs 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. …..

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 26 Zustellgesetz lautet:
§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag vom 18.06.2019 wurde am 02.08.2019 beim Finanzamt persönlich abgegeben.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist im Abgabenverfahren und zufolge § 2 lit. a BAO auch im Beihilfenverfahren ein Monat.

Wie den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen ist, erging der angefochtene Bescheid am 18.06.2019.

Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz gilt die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Das ist im vorliegenden Fall der 21.06.2019.
Da das Ende der Frist auf einen Sonntag (21.07.2019) gefallen ist, gilt der 22.07.2019 als Ende der Beschwerdefrist.

Da die Beschwerde erst am Montag, 02.08.2019 beim Finanzamt persönlich eingereicht wurde, ist diese - wie das Finanzamt zutreffend in der Beschwerdevorentscheidung ausführt - verspätet.

Weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag brachte die Bf. ein rechtfertigendes Vorbringen betreffend die Verspätung ein, die Begründung in dem Vorlageantrag ist (ausschließlich) gleichlautend mit der in der eingangs angeführten Beschwerde.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

 

 

 

Wien, am 30. Oktober 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG

betroffene Normen:

§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967

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