Trotz Fehlens eines förmlichen Zusammenlegungs-/Flurbereinigungsverfahrens nach dem Flurbereinigungs-Grundsatzgesetz 1951 oder eines förmlichen behördlichen Baulandumlegungsverfahrens konnte für den vorliegenden Grundstückstausch die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 4 EStG 1988 zur Anwendung gelangen, da die Tauschvorgänge durch behördliche Maßnahmen ausgelöst wurden.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102676.2015
Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2019/13/0022. Mit Erk. v. 19.03.2021 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache NameBf, AdresseBf, vertreten durch GattinBf, AdresseBf, über die Beschwerde vom 19.01.2015 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom 15.12.2014 betreffend Einkommensteuer 2013 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers (Bf) gegen den Abgabenbescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2013 dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.
Strittig ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob bei dem vorliegenden, ein Grundstück betreffenden Tauschvorgang dieser Tausch im Rahmen eines Flurbereinigungs- oder Baulandumlegungsverfahrens erfolgte und daher der Befreiungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 EStG 1988 hätte zur Anwendung kommen müssen.
Dieser Frage liegt folgendes Verwaltungsgeschehen zu Grunde:
Der Bf bezieht Pensionseinkünfte und war Eigentümer einer Liegenschaft in Y. Im Zuge einer Änderung des Flächenwidmungsplanes wurde diese Liegenschaft einer Teilung unterzogen.
Der Bf erwarb in der Folge mit Tauschvertrag vom 10.7.2013 aus der Liegenschaft EZ *** Grundbuch Y, bestehend aus dem Grundstück 680/2 im Ausmaß von 4.755m² die neu geschaffenen Grundstücke Nr 680/3 und Nr 680/4. Er gab dafür seine Restliegenschaft EZ **** Grundbuch Y, bestehend aus den Grundstücken Nr 682/5 und 682/6 hin.
Mit Vermessungsurkunde des Dipl.-Ing. ***** vom 26.4.2013 wurden beide Liegenschaften (EZ 286 und EZ ****) in jeweils mehrere Teilflächen und Grundstücke geteilt. Dabei gingen einige Teilflächen der Liegenschaft EZ **** des Bf in das öffentliche Gut über. Die Restgrundstücke wurden einem Tausch unterzogen. Im Tauschvertrag wurde festgehalten, dass beide Liegenschaften zwar flächenmäßig nicht gleich groß wären, allerdings bezüglich Ausformung und nach erfolgter Abtretung in das öffentliche Gut wertgleich wären. Es wurde ein gemeiner Wert für die Liegenschaften in der Höhe von EUR 46.170,00 festgestellt. Die Option des § 6 Abs 2 UStG wurde von keiner der Vertragsparteien ausgeübt, weshalb für diesen Vorgang keine Umsatzsteuer anfiel.
Am 15.12.2014 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2013. Die Einkommensteuer wurde darin mit EUR 6.926,00 festgesetzt. Diese stammte ausschließlich aus Einkünften aus der privaten Grundstücksveräußerung und wurde in der gesonderten Bescheidbegründung wie folgt berechnet:
Kaufpreis: EUR 46.170,00
Davon 60 %: EUR 27.702,00
Davon 25% ImmoESt: EUR 6.925,50
Abgesehen davon wurde keine weitere Einkommensteuer vorgeschrieben, denn das Einkommen des Bf betrug lediglich EUR 4.928,28. Auch der aus ausländischen Einkünften in Höhe von EUR 8.024,41 resultierende Progressionsvorbehalt änderte aufgrund des erhöhten Pensionistenabsetzbetrages daran nichts.
Der Bf erhob daraufhin binnen offener Frist Beschwerde und brachte darin vor:
Nach Erachten des Bf müsste die Steuerbefreiung für Tauschvorgänge im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens zur Anwendung kommen. Die Gemeinde Y hätte den Bau einer Straße geplant, weswegen ca 45 % des seinerzeitigen Grundbesitzes unentgeltlich an die Gemeinde hätte abgetreten werden müssen. Um das Vermögen zu erhalten, sei man auf das Angebot zum Grundstückstausch im Zuge der Neuvermessung eingegangen, da die nach der Abtretung verbleibenden Restflächen auf Grund ihrer Maße als Baugrundstück ungeeignet gewesen wären. Nach Erachten des Bf liege kein Veräußerungsgewinn vor, da beim Tauschvorgang kein Geld geflossen sei. Der Bf sei seit 2007 krankheitsbedingt in Pflegestufe 7 und werde von der Gattin rund um die Uhr zu Hause betreut, weshalb diese ihren Beruf hätte aufgeben müssen und kein eigenes Einkommen habe. Darüber hinaus wurde die Aussetzung der Einhebung beantragt.
Das Finanzamt entschied über die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 3.2.2015 und wies die Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung führte es aus, dass angesprochener Befreiungstatbestand nicht vorgelegen sei. Im Vertrag hätte sich auch kein Hinweis darauf gefunden, dass jener Tausch aufgrund eines von der Gemeinde Y betriebenen Baulandumlegungsverfahrens erfolgt sei. Außerdem sei es unerheblich, ob die erhaltenen Parzellen als Weingärten oder Bauland genutzt würden, es komme einzig und allein darauf an, dass eine entgeltliche Übertragung durch einen Tauschvertrag stattgefunden habe.
Die Gattin des Bf stellte daraufhin innerhalb offener Frist einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht, welchen sie wie folgt begründete:
Die beiden vormals im Eigentum ihres Mannes befindlichen Parzellen 682/5 und 682/6 grenzten direkt an die Aufschließungszone BW A1.1 und BW A1.2. Dort seien 2008 erste Vermessungen der Gemeinde für eine geplante Straßengrundabtretung in Auftrag gegeben worden. In weiterer Folge hätte der Verein, welcher zwischen Juli 2010 und Juli 2012 für den Bf als Sachwalter bestellt war, der Gemeinde Y die Liegenschaften gegen den Willen des Bf zum Kauf angeboten. Im Zuge dessen hätte die Gemeinde ein Gutachten beauftragen lassen, aus welchem eindeutig hervorgehe, dass es bei der erforderlichen Teilung zu unentgeltlichen Abtretungen ins öffentliche Gut kommen werde.
In der Gemeinderatssitzung vom 12.12.2012 sei die Öffnung der Aufschließungszone BW A1.3 und BW8 beschlossen worden, in welchen sich die vormals im Eigentum des Bf stehenden Parzellen befanden. Die notwendige Errichtung einer Straße zwischen der Zone BW A1.1 und BW 1.2 sowie der Aufschließungszone BW A1.3 und BW A8 hätte eine Neuvermessung der angrenzenden Parzellen der Zone BW A1.3 und BW A8 bedingt.
Durch den Tauschvorgang sei es zu keinem Veräußerungsgewinn für den Bf gekommen. Im Gegenteil, es seien bisher Ausgaben in Höhe von EUR 1.615,96 für GrESt und EUR 508,00 für Grundbuchsgebühren angefallen.
Mit Schreiben vom 5.3.2015 richtete das Finanzamt ein Auskunftsersuchen an die Gemeinde Y, um zu erfragen, ob der Grundstückstausch im Rahmen eines behördlichen Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs- oder Baulandumlegungsverfahrens stattgefunden habe.
Mit Schreiben vom 11.3.2015 antwortete die Gemeinde Y auf dieses Auskunftsersuchen und teilte mit, dass das nicht der Fall gewesen sei. Außerdem ist dem Schreiben zu entnehmen, dass im Zuge einer Änderung des Flächenwidmungsplanes die Grundstücke EZ **** von Bauland-Aufschließungszone in Bauland-Wohngebiet umgewidmet und mit einer öffentlichen Straße erschlossen worden seien.
Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Bf ist in Pflegestufe 7 und besachwaltert. Sachwalter war von Juli 2010 bis Juli 2012 der Verein, seit Juli 2012 die Gattin des Bf.
Der Bf erzielte im Streitjahr 2013 Pensionseinkünfte in der Höhe von 7.271,72 Euro.
Der Bf war auf Grund eines Schenkungsvertrages seit 1986 grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ **** der Katastralgemeinde Y bestehend aus den Grundstücken mit den Nummern 682/5 und 682/6 im Gesamtausmaß von 2.061 m2.
Die Liegenschaft wurde durch den Gemeinderatsbeschluss vom 12.12.2012 in Bauland-Wohngebiet umgewidmet, sodass ab diesem Zeitpunkt erstmals die Bebauung möglich war.
Mit Vermessungsurkunde vom 26.4.2013 wurde die Liegenschaft geteilt und Teilflächen des Grundstückes Nr 682/6 mussten unentgeltlich an das öffentliche Gut abgetreten werden. Ebenso wurde das Grundstück mit der Nr 682/5 unterteilt und Teilflächen davon unentgeltlich an das öffentliche Gut abgetreten. Die Restteilflächen der Grundstücke wurden in die benachbarten Grundstücke anderer Liegenschaftseigentümer einbezogen.
Auf dem öffentlichen Gut wurde eine Strasse errichtet, mit der die verbliebenen Grundstücke erreichbar sind.
Zum Ausgleich erhielt der Bf am 10.7.2013 im Zuge eines Tauschvertrages von den anderen Liegenschaftseigentümern, denen die Restgrundstücke zugeschrieben worden waren, aus deren Liegenschaft EZ *** Grundbuch Y, bestehend aus dem Grundstück 680/2 im Ausmaß von 4.755m² die neu gebildeten Teilgrundstücke Nr 680/3 und Nr 680/4 im Ausmaß von insgesamt 1.215 m².
Keine der beiden Parteien hatte aufgrund des Vertrags eine Ausgleichszahlung zu leisten, es wurde Gleichwertigkeit der Liegenschaften angenommen. Für die Grundstücke wurde ein Wert von EUR 46.170,00 festgestellt.
Der Tausch wurde nicht im Rahmen eines förmlichen Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs- oder Baulandumlegungsverfahrens durchgeführt.
Das Bundesfinanzgericht gelangte auf Grund nachstehender Beweiswürdigung zum festgestellten Sachverhalt:
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Tauschvertrag vom 10.7.2013, aus den Ausführungen der Gattin des Bf in der Beschwerde und im Vorlageantrag sowie aus der Beantwortung des Auskunftsersuchens durch die Gemeinde Y vom 11.3.2015. An der Glaubwürdigkeit dieser Angaben bestehen keine Zweifel.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Nach Feststellung des Sachverhaltes hat das Bundesfinanzgericht über die vorliegende Beschwerde rechtlich erwogen:
Durch das 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl I 22/2012, wurde die Besteuerung privater Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen neu geregelt. Von der Neuregelung betroffen sind Grundstücksveräußerungen nach dem 31.3.2012.
Gemäß § 2 Abs 3 EStG 1988 idF 1. StabG 2012 unterliegen der Einkommensteuer neben anderen Einkünften auch Sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG 1988. Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 2 EStG 1988 sind Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen (§ 30) und aus Spekulationsgeschäften (§ 31).
§ 30 Abs 1 EStG 1988 lautet:
Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.
§ 6 Z 14 lit a EStG 1988 bestimmt, dass beim Tausch von Wirtschaftsgütern jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vorliegt. Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusetzen.
Einkünfte begründender Tatbestand des § 30 Abs 1 EStG 1988 ist die Veräußerung eines Grundstückes. Unter Veräußerung ist jede entgeltliche Übertragung zu verstehen. Zum Veräußerungserlös gehören alle wirtschaftlichen Vorteile, die dem Veräußerer aus der Veräußerung erwachsen (vgl VwGH 28.11.2000, 97/14/0032).
Der Regelfall eines Anschaffungs- oder Veräußerungsvorganges besteht im Kauf bzw Verkauf eines Grundstückes. Ebenso gilt aber auch der Tausch als Anschaffung bzw Veräußerung. Werden Grundstücke getauscht, liegt bei jedem der Tauschpartner eine steuerpflichtige Veräußerung vor. Als Veräußerungserlös ist hierbei der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes anzusehen (§ 30 Abs 1 iVm § 6 Z 14 lit a EStG 1988 idgF; vgl VwGH 23.2.2017, Ro 2014/15/0043).
Nach Ansicht der Gattin des Bf als Sachwalterin erfolgte jedoch die Zusammenlegung im Rahmen eines Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs- oder Baulandumlegungsverfahrens, weshalb der Befreiungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 EStG 1988 greifen hätte müssen.
Die angeführte Bestimmung lautet:
Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte aus Tauschvorgängen von Grundstücken im Rahmen eines Zusammenlegungs- oder Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951, BGBl 103/1951, sowie im Rahmen behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland, insbesondere nach den für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften. Das in solchen Verfahren erworbene Grundstück tritt hinsichtlich aller für die Ermittlung der Einkünfte relevanter Umstände an die Stelle des hingegebenen Grundstückes.
Diese Bestimmung verweist einerseits auf das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 und erfasst andererseits den Tatbestand behördlicher Maßnahmen zur besseren Gestaltung von Bauland. Dies erfordert daher eine begriffliche Klarstellung, was eine Baulandumlegung bzw ein Zusammenlegungs-/Flurbereinigungsverfahren darstellt.
Ziel eines Zusammenlegungs-/Flurbereinigungsverfahrens im Sinne des § 1 Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 idgF ist es, dauerhafte und zeitgemäße Produktionsgrundlagen für die Land- und Forstwirtschaft zu schaffen und zu erhalten.
Die Zusammenlegung der Teilflächen erfolgte nicht, um bessere Produktionsgrundlagen für die Land- und Forstwirtschaft zu schaffen. Vielmehr erfolgten die Änderungen durch den Bau einer Straße und der Umwidmung von Grünflächen in Bauland. Es wurde somit von der Gemeinde kein Verfahren im Sinne des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes zur Zusammenlegung- und Flurbereinigung für Zwecke der Landwirtschaft durchgeführt.
Bestätigend hat die Gemeinde Y über Anfrage des Finanzamtes auch mitgeteilt, dass es sich bei den Änderungen im Flächenwidmungsplan und den damit verbundenen Teilungen und Änderungen der Grundstücke nicht um ein behördliches Zusammenlegungs-oder Flurbereinigungsverfahren gehandelt habe, sondern lediglich um eine Änderung des Flächenwidmungsplanes.
Unter Baulandumlegung versteht man grundsätzlich die Umstrukturierung der Grundstücksgrenzen in einem zusammenhängenden, aus mehreren Grundstücken bestehenden Baulandgebiet auf Grund von behördlichen Maßnahmen nach den zur besseren Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften.
Nach der Intention des 1. StabG 2012 kam die Befreiung nur dann zur Anwendung, wenn die Umgestaltung im Rahmen eines Umlegungsverfahrens durchgeführt wurde. Allerdings gab es in einer Reihe von Bundesländern keine entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich).
In der Folge wurde mit dem AbgÄG 2012 rückwirkend zum 1. April 2012 bei der Bestimmung des § 30 Abs 2 Z 4 EStG das Wort "insbesondere" eingefügt. Dadurch muss die behördliche Maßnahme nicht mehr auf Basis von für die Baulandumlegung geltenden Vorschriften erfolgen; allerdings muss das öffentliche Interesse nachgewiesen werden. Nach den erläuternden Bemerkungen zum AbgÄG 2012 kann das öffentliche Interesse insbesondere durch Gemeinderatsbeschlüsse nachgewiesen werden. Daraus lässt sich ableiten, dass der Gesetzgeber die Steuerbefreiung nur dann angewendet wissen will, wenn die Initiative zur Baulandumlegung von der öffentlichen Hand ausgegangen ist. Dem Gesetzgeber ist offenbar jener Fall vor Augen gestanden, in dem auf Betreiben der Gemeindeverwaltung die Grundeigentümer private Tausch- und Ringtauschvereinbarungen schließen, um eine bessere Bebaubarkeit des Gebietes herzustellen (Hammerl/Bodis in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 17. Lieferung, § 30, Rz 205).
Im vorliegenden Fall ging die Initiative zu den getroffenen Tauschvereinbarungen von der Behörde aus, die eine Änderung des Flächenwidmungsplanes beschlossen hat und in der Folge die Errichtung einer Straße zur Erschließung dieses Baugebietes geplant hat. Es wurden von der Gemeinde auch Vermessungen in Auftrag gegeben, um das Ausmaß der für die Errichtung der Straße abzutretenden Grundstücksflächen an das öffentliche Gut festzustellen. Für die Errichtung dieser Straße wurden Teilflächen der Liegenschaft des Bf benötigt, welche die Behörde auch im Wege des Enteignungsverfahrens hätte beanspruchen können. Der Bf hat dem Tausch somit zugestimmt, um ein drohendes behördliches Verfahren und die Entwertung seiner Liegenschaft, die nach dem verbliebenen Ausmaßen einer Bebauung nicht mehr zugänglich gewesen wäre, abzuwenden. Der Tausch erfolgte somit nicht auf Grund einer privaten Initiative des Bf, sondern auf Grund der behördlichen Initiative, von der seine Liegenschaft unmittelbar betroffen war.
Nach der Auskunft der Gemeinde Y erfolgten die die Liegenschaft betreffenden Vorgänge zwar nicht im Rahmen eines formellen Umlegungsverfahrens, jedoch wurde die Umgestaltung auf Grund der behördlichen Initiative und Pläne angestoßen. Es liegt somit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ein Fall vor, der von der Intention des Gesetzgebers mit der Hinzufügung des Wortes "insbesondere" bedacht und erfasst wurde, sodass für die Anwendung dieser Befreiungsbestimmung ein förmliches Umlegungsverfahren nicht mehr unabdingbare Voraussetzung ist.
Diesen Ausführungen zufolge kann die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 4 EStG 1988 im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangen. Der vorliegende Tauschvorgang ist damit keiner Besteuerung zu unterziehen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da für die vorliegende Rechtsfrage, ob die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs 2 Z 4 EStG 1988 für Tauschvorgänge auch dann zur Anwendung gelangen kann, wenn ein förmliches Baulandumlegungsverfahren nicht durchgeführt wurde, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt, wurde die Revision zugelassen.
Beilage: Ein Berechnungsblatt Einkommensteuer 2013
Wien, am 7. Februar 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |