Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides und Zurückverweisung der Sache zur Erledigung an das FA (§ 278 Abs1 BAO), da der entscheidungsrelevante Sachverhalt fehlt.
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100283.2018
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin DSW in der Beschwerdesache XX (vormals: Z GmbH), Adresse1, vertreten durch YY gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Salzburg-Stadt vom 30.03.2012 betreffend Umsatzsteuer 2010 beschlossen:
Gemäß § 278 Abs 1 BAO wird der Umsatzsteuerbescheid 2010 sowie die in weiterer Folge erlassene Beschwerdevorentscheidung aufgehoben und die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I.Verfahrensgang:
Bei der Bf, die auf dem Gebiet der Planung und Erstellung von technischen Anlagen tätig ist, fand eine Außenprüfung statt. Gegen den in der Folge ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2010 erhob die Bf Beschwerde. Die Bf brachte dabei vor, dass dieser Bescheid Umsätze aus einer fälschlich ins Rechnenwerk aufgenommenen Rechnung enthielt und Vorsteuern aus Rechnungen der Fa I GmbH (I GmbH) an die Bf nicht von der Umsatzsteuerzahllast in Abzug gebracht wurden. Die vorgelegten Rechnungen der Fa I GmbH an die Bf betrafen zum einen die Überlassung von Mitarbeitern (1 Rechnung), zum anderen Materialverbrauch (3 Rechnungen) und Nutzung Telefon (1 Rechnung).
Das Finanzamt erließ eine - im strittigen Punkt der Berücksichtigung zusätzlicher Vorsteuern - abweisende BVE. Die vorgelegten Rechnungen berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug. Die Erfordernisse des § 11 Abs 1 Z 3 UStG sind nicht erfüllt. Weiters fehlen jegliche Hinweise auf eventuelle Beilagen.
Nach Vorlage der Beschwerde führte das BFG die von der Bf beantragte mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser und einer weiteren Verhandlung wurden die in den Rechnungen angeführten unspezifischen Begriffe Material, Telefon und Mitarbeiter durch vom Bf vorgelegte Beilagen (Rechnungskopien diverser Firmen; Rechnungsadressat: Fa I GmbH) belegt und zahlenmäßig abgeglichen.
Die Beschwerde wurde aufgrund der ungenügenden Beschreibung des Liefer- und Leistungsgegenstandes in den ausgestellten Rechnungen unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut, unter Verweis auf die Judikatur des VwGH und unter Verweis auf die Judikatur des EuGH mit Erkenntnis vom 10.08.2016, RV/6100089/2013 im Sinne der BVE entschieden.
In der Folge wurde von der Bf die ao Revision begehrt.
Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof geprüft, mit dem Ergebnis, dass diese zulässig und begründet ist.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 29.05.2018, Ra/15/0068-12) lautet auszugsweise wie folgt:
Der EuGH hat mit Urteil vom 15. September 2016, C-516/14 , Barlis 06, entschieden, dass eine Rechnung nach Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 die Angabe von Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen enthalten muss. Der Wortlaut der Bestimmung impliziert, dass es erforderlich ist, Umfang und Art der erbrachten Dienstleistungen zu präzisieren. Die Angaben sollen es den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und gegebenenfalls das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren (Rn. 26 und 27).
Da das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, darf die Steuerverwaltung das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein deswegen verweigern, weil eine Rechnung nicht die in Art. 226 Nr. 6 der Richtlinie 2006/112 aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, wenn sie über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die für dieses Recht geltenden materiellen Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei darf sich die Steuerverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Sie hat auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen (Rn. 42 bis 44 des Urteils in der Rechtssache Barlis 06).
Zu den materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts geht aus Art. 17 Abs. 2 lit. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 168 lit. a der Richtlinie 2006/112 ) hervor, dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen vom Steuerpflichtigen auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden und dass diese Gegenstände oder Dienstleistungen auf einer vorausgehenden Umsatzstufe von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden (vgl. EuGH 22.10.2015, C-277/14 , PPUH Stehcemp Rn. 28).
Im angefochtenen Erkenntnis wurde die Unzulässigkeit des Vorsteuerabzugs mit dem Vorliegen formeller Rechnungsmängel begründet, weil mit den Pauschalbezeichnungen „Materialverbrauch, Nutzung Telefon, Überlassung der Mitarbeiter" weder ein Liefergegenstand noch ein Leistungsgegenstand in einer so konkreten Weise umschrieben werde, dass im Zusammenhang mit den übrigen Verfahrensergebnissen die Überprüfung der Berechtigung des Vorsteuerabzuges sichergestellt sei.
Das Bundesfinanzgericht hat sich mit den von der Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen (offenbar Eingangsrechnungen der I GmbH, die an die Revisionswerberin weiterverrechnet worden waren) in keiner Weise auseinandergesetzt hat. Dass eine Überprüfung der materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug nicht möglich sei, erweist sich solcherart als an Hand der Erwägungen des Bundesfinanzgerichts nicht nachvollziehbare Behauptung.
Soweit das Finanzamt in der Revisionsbeantwortung die festgestellten (geringfügigen) Differenzen zwischen den detaillierten Eingangsrechnungen der I GmbH und den pauschalen Weiterverrechnrnrgen an die Revisionswerberin als Grund für die Versagung des Vorsteuerabzugs aus materiellen Gründen benennt, ist dem entgegenzuhalten, dass das Bundesfinanzgericht „auf etwaige Ungereimtheiten wie die unstrittigen Differenzen zwischen den pauschalen Rechnungsgesamtbeträgen und den als Beilage vorgelegten saldierten Rechnungseinzelbeträgen" ausdrücklich nicht eingehen wollte, weil der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen einer den Formvorschriften entsprechenden Rechnung als materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ansehe. Dazu wurde ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen geführt, das vor der abweichenden Rechtsprechung des EuGH ergangen ist (vgl. nunmehr VwGH 25 .4.2018, 2018/13/0001).
Sodann hat das Bundesfinanzgericht auf zwischenzeitig ergangene Rechtsprechung des EuGH verwiesen und die unzureichende Bezeichnung des Umfangs und der Art der Leistungen in den Rechnungen als Begründung dafür genommen, dass eine Überprüfung der materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug nicht möglich sei. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, es handle sich um weiterverrechnete Kosten der I GmbH erfolgte nicht. Insbesondere wurde das Vorbringen der Revisionswerberin, dass die Weiterverrechnung deswegen erfolgt sei, weil die Revisionswerberin die neuen Aufträge der I GmbH erfüllt habe und dazu die Ressourcen der I GmbH (Material, Telefon, Mitarbeiter) verwendet habe, in keiner Weise gewürdigt. Gerade dieses Vorbringen stellte jedoch einen Zusammenhang der strittigen Eingangsumsätze mit den von der Revisionswerberin erklärten - offenbar steuerpflichtigen - Ausgangsumsätzen her. Dieser Zusammenhang ist aber nach der Rechtsprechung des EuGH entscheidend für das Recht auf Vorsteuerabzug (vgl. nochmals Rechtssache PPUH Stehcemp, Rn. 28).
In der Folge hat der VwGH das angefochtene Erkenntnis des BFG am 29.05.2018 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufgehoben.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs 3 VwGG).
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1.) Feststellungen:
Die von der Bf erhobene Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 02.08.2012 ist somit unerledigt und Gegenstand dieses Verfahrens.
Die Beschwerde enthielt einen Antrag auf mündliche Verhandlung.
Bei der Bf der Fa XX, GF MM (vormals: XXX, GF: MM; vormals XXXX, GF: MM; jetzt: XX, GF: MM) handelt es sich um ein Unternehmen mit dem Geschäftszweig Planung und Erstellung von Lüftungs-Klima-Heizungs- und Elektroanlagen.
In der Beschwerde beantragte die Bf - soweit für das streitgegenständliche Verfahren noch von Bedeutung - dass bisher nicht berücksichtigte Vorsteuern in Höhe von € 24.330,59 aus Rechnungen der Fa I GmbH (GF: MM) von der Umsatzsteuerzahllast in Abzug zu bringen seien. Es handle sich dabei um weiterverrechnte Kosten der Fa I GmbH an die Bf. Mit diesen Ressourcen hätte die Bf neue Aufträge der Fa I GmbH erfüllt.
Da der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen einer den Formvorschriften entsprechenden Rechnung als materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug bis zur abweichenden Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 15.September 2016, C-516/14 , Barlis; 15.9.2016, C-518/14 ,Senatex) ansah, sah sich weder die belangte Behörde im Rahmen der Außenprüfung (Februar 2010) noch das BFG in ihrer Entscheidung vom 10.08.2016 veranlasst, sich mit den vorgelegten Rechnungen auseinanderzusetzen.
Für die Beurteilung des streitgegenständlichen Sachverhaltes stehen folgende Unterlagen zur Verfügung:
- 5 Ausgangsrechnungen (AR 10-2245; AR 10-2641;AR 10-3941; AR 10-4741; AR 10-5251) der Fa I GmbH an die Bf ohne Angabe von Umfang und Art der erbrachten Leistungen.
- 1 Ordner, vorgelegt von der Bf - anlässlich der mündlichen Verhandlungen vor dem BFG im August 2016 - mit über 300 Einzelrechnungen diverser Firmen, offenbar Eingangsrechnungen der Fa I GmbH, die an die Bf weiterverrechnet worden waren. Auf den Rechnungen finden sich unterschiedliche Kundenangaben ua Kunde1, Kunde2, Kunde3, Kunde4 sowie Rechnungsdaten zwischen 01 und 12/2010.
- Eine Aufsaldierung aller Erlöse der Bf ab 22.04.2010 bis 15.12.2010. Die Nettoumsätze laut Aufstellung (€ 544.866,15) wurden von der Betriebsprüfung so ermittelt und in den Umsatzsteuerbescheid 2010 zunächst so übernommen (später Korrektur durch die Abgabenbehörde auf € 439.753,15). Als Rechnungsadressaten finden sich auf den Listen ua Kunde1, Kunde5, Kunde6, Kunde7, Kunde8, Kunde9.
- Eine Ausgangsrechnung der Fa I GmbH vom 01.03.2010, mit Rechnungsadressat Kunde10, mit der Arbeiten an Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs,- und Entwässerungsanlagen abgerechnet wurden.
- Der Umsatzsteuerbescheid 2010 der Fa I GmbH, in dem Vorsteuern von € 21.487,75 ausgewiesen sind.
2.) Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes und auf die Ergebnisse der vom Gericht durchgeführte Ermittlungen.
3.) Rechtliche Beurteilung:
a.) Ungeachtet eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann gemäß § 274 Abs 3 iVm Abs 5 BAO dann davon abgesehen werden, wenn gemäß § 278 Abs 1 BAO eine Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erfolgt. Das Absehen von der Verhandlung liegt in den Fällen des § 274 Abs 3 BAO im Ermessen des Senates bzw des Richters. Die Ermessensentscheidung mit der dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht Rechnung getragen wird, ist zu begründen und liegt im streitgegenständlichen Fall am fehlenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt (VwGH vom 17.10.2018, Ra2017/13/0087).
b.) Gemäß § 278 Abs 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 278 Abs 2 BAO tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
Gemäß § 115 Abs 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.
Gemäß § 115 Abs 2 BAO ist den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Zweck der Kassationsmöglichkeit des § 278 Abs 1 BAO ist die Entlastung der Rechtsmittelinstanz und die Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelbehörde, anstatt ihre Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen (vgl. Ritz, BAO6, § 278 Tz 5ff).
Die Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde setzt voraus, dass Ermittlungen (§115 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderlassung hätte unterbleiben können.
Entscheidend ist, ob die Unterlassung der Ermittlungen "wesentlich" ist. Dies ist aus objektiver Sicht zu beurteilen; ein diesbezügliches Verschulden der Abgabenbehörde ist für die Anwendbarkeit des § 278 Abs 1 BAO nicht erforderlich.
Eine derartige Unterlassung von Ermittlungen kann sich auch daraus ergeben, dass in der Beschwerde Umstände relevant werden und die Abgabenbehörde vor Bescheidvorlage keine diesbezüglichen Ermittlungen durchgeführt hat.
Im gegenständlichen Fall begründeten die Abgabenbehörde und das BFG die Unzulässigkeit des Vorsteuerabzugs im Umsatzsteuerbescheid 2010 mit dem Vorliegen formeller Rechnungsmängel und folgten damit der damals gängigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Weder Abgabenbehörde noch BFG mussten sich mit den weiterverrechnten Kosten der I GmbH auseinandersetzen. Sie mussten auch nicht das Vorbringen würdigen, dass die Weiterverrechnung deswegen erfolgte, weil die Bf die neuen Aufträge der I GmbH mit den Ressourcen der I GmbH erfüllte.
Aufgrund der zwischenzeitig geänderten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind die von der Bf beigebrachten zusätzlichen Informationen (1 Ordner mit über 300 Einzelrechnungen diverser Firmen, die offenbar an die Bf weiterverrechnet wurden, wobei diese Ressourcen mit den von der Bf erklärten Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen sollen) mit den bereits bekannten Unterlagen (Saldenlisten aller Erlöse der BF zwischen 22.04.2010 und 15.12.2010; eine Ausgangsrechnung der Fa I GmbH vom 01.03.2010, mit der diese offensichtlich auch Arbeiten an Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs,- und Entwässerungsanlagen abgerechnet hat; der Umsatzsteuerbescheid 2010 der Fa I GmbH, in dem Votsteuern ausgewiesen sind;) zu würdigen.
Bei den ausstehenden Ermittlungshandlungen, bei denen der Zusammenhang der strittigen Eingangsrechnungen mit den von der Bf erklärten offenbar steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen zu überprüfen ist, geht es nicht nur um punktuell und lückenschließend vorzunehmende Ermittlungshandlungen. Die der Abgabenbehörde zukommende Ermittlungspflicht müsste geradezu originär substituiert werden und erreicht damit den Umfang einer Außenprüfung.
Wenn das Bundesfinanzgericht gleichsam als Abgabenbehörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt erstmals ermittelt, kann nicht von einer erheblichen Kostenersparnis gesprochen werden.
Abgesehen davon werden im Falle eines Erkenntisses des BFG der Bf kostenfreie Entscheidungsinstanzen genommen.
Auch die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit, die Abgabenbehörde mit weiteren Ermittlungen gemäß § 269 Abs 2 BAO zu beauftragen, ist vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles schon deshalb nicht zweckmäßig, weil der Sachverhalt nicht nur ergänzungsbedürftig erscheint, sondern vielmehr erstmalig zu erheben ist.
Würde das noch ausstehende notwendige aufwändige Ermittlungsverfahren vom Bundesfinanzgericht geführt, müsste im Hinblick auf das kontradiktorische Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht jedes Vorbringen der Bf der belangten Behörde als Amtspartei zur Stellungnahme übermittelt und umgekehrt jedes Vorbringen der belangten Behörde der Bf zur Stellungnahme vorgehalten werden. Diese Vorgangsweise würde das Verfahren erheblich verzögern.
Zur Ermessensübung ist auszuführen, dass das Kriterium der Billigkeit dafür spricht, gegenüber einer Partei bereits im Verfahren vor der Abgabenbehörde ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren und somit insgesamt ein mängelfreies, die Parteienrechte wahrendes Ermittlungsverfahren nach den §§ 114 ff BAO durchzuführen. Die Anordnungen des Gesetzgebers würden aber unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens wesentlicher Ermittlungsschritte einer Verwaltungsbehörde zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor das Verwaltungsgericht käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn ein Verwaltungsgericht, statt seine (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Organisation ist, die erstmals alle Aspekte des entscheidungswesentlichen Sachverhalts ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.
Im Hinblick auf das Kriterium der Zweckmäßigkeit stehen keine öffentlichen Interessen einer Aufhebung unter Zurückverweisung entgegen.
Die Beschwerdevorentscheidung ist ebenfalls aufzuheben, da ihre Wirkung durch den Vorlageantrag nicht berührt wird (vgl. Ritz, BAO6, § 278 Tz 7; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 278 Anm 3).
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist unzulässig, weil die Frage, ob der Umfang der vom Bundesfinanzgericht zur Erforschung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes selbst vorzunehmenden Ermittlungen im konkreten Einzelfall jenes Ausmaß überschreitet, das eine Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertigt, eine Sachfrage (nämlich Fehlen wesentlicher Sachverhaltsermittlungen) ist, die in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde.
Salzburg-Aigen, am 4. Februar 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |